Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Memmelsdorf (Gemeinde Untermerzbach, Kreis Haßberge) 
Jüdische Geschichte / Synagoge 
   

Zur jüdischen Geschichte in Memmelsdorf siehe die Seiten bei  
www.synagoge-memmelsdorf.de 

  

Bei "Alemannia Judaica" finden Sie:  

bulletEine Seite zum jüdischen Friedhof in Memmelsdorf (interner Link)  
bulletEinige Berichte / Anzeigen zu Memmelsdorf aus jüdischen Periodika des 19./20. Jahrhundert  
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer 
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde   
Anzeigen  
Sonstiges 
Kennkarte aus der NS-Zeit    
bulletFotos     
bulletErinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte  
bulletLinks und Literatur   
bulletA short english article on the jewish history of Memmelsdorf  

       
Einige Berichte / Anzeigen zu Memmelsdorf aus jüdischen Periodika des 19./20. Jahrhunderts 
      
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer     
Ausschreibungen der Stelle des jüdischen Lehrers / Vorbeters / Schochet 1884 / 1889 / 1921   

Memmelsdorf Israelit 28081884.jpg (70950 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. August 1884: "Die hiesige israelitische Elementar-Schulverweserstelle mit Vorsänger- und Schächterstelle wird hiermit zur Bewerbung ausgeschrieben. 
Die Stelle trägt nebst freier Wohnung und freier Beheizung: a) von der Kultusgemeinde inklusive Staatszuschusses Mark 600, b) Zur Ausübung der Schächterfunktion Mark 300, c) weitere Nebenverdienste circa Mark 200,  d) für wöchentlich 2maligen Religionsunterricht in dem ¼ Stunde entfernten Untermerzbach Mark 120. 
Außerdem steht einem tüchtigen Lehrer noch eine weitere Zulage aus Privatmitteln zu Gebote. Gesuche sind bis zum 15. September dieses Jahres an den unterzeichneten Vorstand einzusenden.
Memmelsdorf (Amts-Ebern), den 23. August 1884. Ab. Nordheimer, Kultus-Vorstand".  
      
Memmelsdorf Israelit 20061889.jpg (58680 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 20. Juni 1889: "Die hiesige israelitische Elementar- und Schulverweserstelle mit Vorsänger- und Schächterstelle wird hiermit zur Bewerbung ausgeschrieben. 
Die Stelle trägt nebst freier Wohnung und Heizung:  a) Von der Kultusgemeinde inklusive Staatszuschusses 600 Mark, b. für die Ausübung der Schächterfunktion hier und Merzbach ca. 300 Mark, c. weitere Nebenverdienste ca. 200 Mark, d. für wöchentlich 2maligen Religionsunterricht in dem ¼ Stunde entfernten Untermerzbach 120 Mark, außerdem steht einem tüchtigen Lehrer noch eine weitere Zulage aus Privatmitteln zu Gebote. 
Gesuche sind bis zum 1. Juli dieses Jahres an den unterzeichneten Vorstand einzureichen. 
Memmelsdorf (Amt Ebern). J. Langstädter, Kultusvorstand."  
   
Memmelsdorf Israelit 19051921.jpg (40795 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. Mai 1921: "Die Israelitische Kultusgemeinde Memmelsdorf (Unterfranken) sucht zu sofortigen Eintritt einen guten Vorbeter und Schochet, der auch Religionsunterricht erteilen kann. Schöne Wohnung vorhanden. Angebote an Vorstand Lauchheimer." 

  
Ausschreibung der Stelle eines Vorbeters zu Jom Kippur (1898)  
  

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. September 1898: "Die Kultusgemeinde Memmelsdorf bei Ebern, sucht zum Jom Kippur für Schacharit- und Minchogebet einen Vorbeter, gegen entsprechende Vergütung. 
Näheres bei Isidor Langstädter, Kultusvorstand."    

      
Zum Tod des Lehrers Moses Mack (1899)  

Aufhausen Israelit 14121899.jpg (72384 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. Dezember 1899: "Aufhausen bei Bopfingen. Lehrer Moses Mack, welcher seit 12 Jahren in der hiesigen Gemeinde lebte und sich einer allgemeinen Achtung erfreuen durfte, wurde heute zu Grabe getragen. Lehrer B. Adler widmete dem im Schulamte ergrauten Lehrer eine erhebende Grabrede. Der sanft Entschlummerte, welcher nahezu das selten hohe Alter von 85 Jahren erreicht, wirkte 51 Jahre in den bayrischen Gemeinden Memmelsdorf (bis 1868) und Reckendorf als Elementarlehrer. Dem Verblichenen wurde die hohe Auszeichnung zuteil, dass er bei seinem 50jährigen Lehrerjubiläum von der königlichen Regierung Bayerns die Verdienstmedaille des Ludwigsordens verliehen bekam."

    
    
Aus der Zeit des Lehrers Leopold Anfänger (Lehrer in Memmelsdorf von 1901 bis 1905)            
    
Geschick und dessen Wille zu einem guten christlich-jüdischen Miteinander vor Ort auch in mehreren in der Zeitschrift "Der Israelit" erschienenen Artikeln zum Ausdruck kamen. In seinem Beitrag über 'Kleinigkeiten' hebt er hervor, wie die oft unscheinbaren religiösen Traditionen in Haus und Synagoge für eine anschauliche religiöse Erziehung von Bedeutung sein können.  Im Aufsatz über das "Schächten und die Sonntagsruhe" setzt er sich für ein Beachten der Sonntagsruhe auch durch Juden ein – eine Einstellung, die wohl kaum einmal von Seiten der christlichen Bevölkerung eine entsprechende Reaktion im Blick auf die Respektierung der Sabbatruhe gefunden hat. 
   
Zur Biographie von Leopold Anfänger (nach Reiner Strätz: Biographisches Handbuch Würzburger Juden 1900-1945. 1989 S. 57-58):     
Leopold Anfänger, geb. 9. August 1868 in Waltershausen/Unterfranken als Sohn von Jakob Anfänger und der Rosa geb. Fleischmann. Leopold Anfänger war nach der Ausbildung an der Israelitischen Lehrerbildungsanstalt in Würzburg (Examen 1888), Religions- und Volksschullehrer in Schonungen, Willmars und Memmelsdorf, bis er 1905 als Nachfolger von Jakob Weißbart an die Israelitische Lehrerbildungsanstalt nach Würzburg berufen wurde. Hier wirkte er fast drei Jahrzehnte (zuletzt als Seminar-Oberlehrer), bis er 1933 pensioniert wurde und nach Köln verzog, wo er am 24. Juli 1936 verstorben ist. Er wurde in Köln beigesetzt. 
Leopold Anfänger war seit 1895 (in Schonungen) verheiratet mit Hedwig geb. Steinberger (geb. 6. Dezember 1875 in Schonungen als Tochter des Viehhändlers Lazarus Steinberger und der Eva geb. Linz). Aus der Ehe stammten die Kinder Karl Anfänger (geb. 21. April 1896 in Willmars, später als Kaufmann in Halberstadt, Stockholm, ab 1924 in Köln tätig, emigrierte in die USA, gest. Juli 1979 in Miami Beach), Herbert Anfänger (geb. 26. Juli 1897 Willmars, gefallen 17. April 1917 in Frankreich), Ludwig Anfänger (geb. 1899 in Willmars, nach Studium der Medizin ab 1926 als Arzt in Berlin tätig, emigrierte 1933 oder danach nach Zürich), Berta verh. Kaufmann (geb. 1901 in Memmelsdorf, lebte mit ihrem Mann Moritz Kaufmann später in Dortmund, emigrierte in die USA), Rosa verh. Grünert (geb. 16. September 1908 in Würzburg).  
     
"Kleinigkeiten. Pädagogische Plauderei" von Leopold Anfänger in Memmelsdorf in "Der Israelit" vom 13. Februar 1902  

Memmelsdorf Israelit 13021902.jpg (289861 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 13. Februar 1902: "Kleinigkeiten. Pädagogische Plauderei von Leopold Anfänger in Memmelsdorf. 
Es ist eine erfreuliche Tatsache, dass im Prinzip die Rückkehr zum altüberlieferten Väterglauben, zur Rechtgläubigkeit, als großer Zug durchs ganze Judentum geht. Umso betrübender und befremdender Ist aber andererseits die Tatsache, dass in Bezug aufs religiöse Leben und die vielen hierbei zu beobachtenden Regeln, Gebräuche und Observanzen oft die krasseste Unwissenheit herrscht, die verkehrtesten Ansichten und Anschauungen zutage treten. Es ist ein großes Unrecht, hierfür allein die Schule und ihre Organe verantwortlich zu machen, was leider nur zu oft geschieht; ohne Selbstüberschätzung darf es ausgesprochen werden, dass die große Mehrheit des jüdischen Lehrerstandes mit heiligem Eifer bemüht ist, die Jugend Israels zu festigen in Torakenntnis und Gottesfurcht. Einige Hinweise und Andeutungen auf wertvolle Hilfsmittel zur Förderung dieses Strebens möchte diese kleine Plauderei bieten.  
Der Unterricht entbehrt vielfach der Anschaulichkeit, die reichlich vorhandenen Anschauungsmittel werden nicht ausgenützt, sie erscheinen zu sehr als 'Kleinigkeiten'. 
Man bemüht sich, Pläne und Modelle des Stiftszeltes und seiner Einrichtung etc. zu konstruieren, um sie dem kindlichen Geiste verständlich zu machen, ganz schön, - aber welchen Vorteil hat das 'religiöse Leben' der Jetztzeit davon? Andererseits klagt man über den Mangel an Veranschaulichungsmittel, die als begründende Anknüpfungspunkte dienen könnten und schreibt häufig diesem vermeintlichen Mangel den oft geringen 'praktischen' Erfolg des religiösen Unterrichts zu, und bedenkt nicht, dass Synagoge und Schule, Haus und leben uns eine Fülle der Anschauung bieten, die nur der Ausnützung harren. Hatte wohl das alte 'Cheder' (Lernstube) solch' eine reiche Ausstattung an 'modernen' Anschauungsmitteln, dass es uns in seinen praktischen Erfolgen bzw. religiösen Wissens und religiösen Lebens heutzutage kaum erreichbar scheint? Nein, aber es kannte und nützte jene 'Kleinigkeiten'. Sehen auch wir uns ein wenig nach ihnen um!       
Wohl jedes jüdische Haus hat seinen jüdischen Kalender, Luach. – Wie viele Kinder sind imstande, aus diesem umfassenden 'Religionsbuch' zu lesen, seine Zeichen und Abbreviaturen, seine Andeutungen und Tabellen zu lesen, zu verstehen, zu deuten? Es sind ja nur 'Kleinigkeiten!'
Jedes Kind hat ein Gebetbuch, eine Tefila, und fast bei jedem Gebete finden wir angaben über 'was, wann, warum, wie', bald in rabbinischer, bald in jüdisch-deutscher Schrift, bald in Abkürzungen; wie viele kennen sie, wissen davon, beachten sie? 'Kleinigkeiten!'
Gehen wir zum Gotteshause! Neben der Eingangspforte fällt uns eine Quarder (gemeint der Hochzeitsstein, Chuppa-Stein) ins Auge, die eingemeißelt einen Davidsstern, einen Kelch und die Buchstaben 'M'T' zeigt. Wie viele wissen heutzutage, da man die Trauungen in Gasthaussälen stattfinden lässt, von der sinnigen Zeremonie, die sich an diese Quarder knüpft, der sie diente? 'Kleinigkeiten!'
Wir treten ein in das Gotteshauses heilige Räume: "erkenne, vor wem du stehst", leuchtet es uns in goldenen Lettern vom Aron haKodesch (Toraschrein) her entgegen, die Keter Tora (Torakrone) und eine Krone sehen wir auf dem Parochet (Toraschreinvorhang), dasselbe auf den Toramäntelchen. Kann es herrlichere Veranschaulichungsmittel geben für die Heiligkeit und Würde des Gotteshauses, für die Bedeutung der Tora, für die Wertschützung der Tora und ihrer Träger, - aber wie viele können jene Buchstaben enträtseln, jene Zeichen deuten, ja wie viele gehen achtlos an ihnen vorüber, ohne eine Ahnung von ihrem Vorhandensein, wie viele, die an Sabbaten und Festen die Torarollen mit den silbernen, sog. Ez Chaiim schmücken, sind des Verses eingedenk: 'Der Lebensbaum ist es um…' wie viele beherzigen ihn? 'Kleinigkeiten!'
Es ist in manchen Gegenden fromme Sitte, das Linnenstück, auf dem das Kind beim heiligen Akte der Miloh (Bescheinigung) ruhte, später zur Umwickelung der Torarollen zu verwenden und mit dem bekannten Inhalt, Namen und Geburtszeit des Kindes und dem Wunsche, es möge heranwachsen zur Tora und zu guten Taten zu bemalen oder zu besticken. Spricht dieser Gebrauch und dieser Inhalt nicht mehr als Bücher und Bände über Elternpflichten und Kindererziehung? Und doch, Hand aufs Herz, wie viele Eltern kennen Sinn und Bedeutung der Worte, die sie wohl gar selbst nach Vorzeichnung gemacht oder gestickt haben? 'Kleinigkeiten!'
Es ist Gottesdienst! Mit Zylindern und Feierkleidern stehen die Gemeindeglieder da, jeder hat seinen Talis (Gebetsschal) und jeder hat die Berocho (Segensspruch) gesprochen 'um zu tragen die Zizit'
; aber gar Manche haben sich nicht in den Talis gehüllt, sondern – sit venia verbo – ein Halstuch umschlungen! *Kleinigkeiten'.
Und so würde sich noch gar Vieles und Vielerlei finden, das in seiner Anschaulichkeit als Ausgangspunkt für praktisch-religiöse Belehrung dienen könnte, und dann erst ist ein wirklicher Erfolg erzielt, wenn es zur allgemeinen Überzeugung geworden ist: Im religiösen Leben gibt es keine 'Kleinigkeiten!'." 

  
"Das Schächten und die Sonntagsruhe" von Leopold Anfänger in Memmelsdorf in "Der Israelit" vom 17. April 1902  

Memmelsdorf Israelit 17041902.jpg (325851 Byte) Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17. April 1902: "Das Schächten und die Sonntagsruhe. Von Leopold Anfänger – Memmelsdorf. 
Die heilige und geheiligte Institution der Schechita mag wohl zur Zeit die am heftigsten befehdete Einrichtung des Judentums sein. Allerdings ließe sich auch hier interpretieren: 'Viel Feind' – viel Ehr'! – Gerade durch die maßlosen Angriffe gegen die jüdische Schlachtmethode wurden ja auch jene monumentalen Gutachten der größten Kapazitäten auf den einschlägigen gebieten veranlasst, die für jeden, der sehen und hören will, die Vorzüglichkeit des Schächtens als Tötungsart kipp und klar erweisen. Aber fortwährend gilt es, auf der Warte zu sein, denn offen und heimlich wird gegen das Schächten weiter gewütet und gewühlt, und insbesondere sollte von jüdischer Seite sorgfältig alles vermieden werden, was ohne eigentlich mit der Schechita als Gottesgebot im Zusammenhang zu stehen, doch auf Schächten und Schächter und Schächtinteressenten irgend ein Odium werden könnte, was bei der andersgläubigen Bevölkerung Befremden, Ärgernis erregen dürfte und hier möchte ich besonders vor dem Schächten an den Sonntagen und christlichen Feiertagen warnen.  
Vor einigen Wochen brachte erst ein solches Vorkommnis – Schächten am Sonntag, mehrere beteiligte Personen in Berührung mit dem Strafrichter. Ein Lehrer, zugleich Schochet, hatte in seiner Filialgemeinde, die er in der Regel am Sonntag besucht, um Religionsunterricht zu erteilen, bei einer solchen Gelegenheit auch für einige Privatleute Großvieh geschlachtet und erhielt nun, ebenso die betr. Privaten, sowie einige weitere jüdische Einwohner, die zugeschaut und vielleicht durch einige Handgriffe aus Gefälligkeit Beihilfe geleistet hatten, staatsanwaltliches Strafmandat nebst Kostenbelastung. Auf die natürlich eingelegte Berufung kam es zur Verhandlung und das Schöffengericht verurteilte alle Beteiligten zu Geldstrafen von 5-25 Mark nebst Kostenbelastung. Jedenfalls eine 'teure Schechita' und eine harte Lehre.
In einem anderen Falle hatte ein Metzger am Sonntages schlachten lassen, wurde aber vom Schöffengerichte freigesprochen, da er glaubwürdig nachweisen konnte, dass er unbedingt Fleisch gebraucht habe, als jüdischer Metzger dies aber auf keine andere Weise als durchs Schächtenlassen erlangen könne.
In verschiedenen Gegenden besteht die Auffassung – jedenfalls hervorgerufen durch darauf bezügliche Entscheidungen der Versicherungskammern – dass das Schächten ein Gewerbebetrieb sei und demnach die Ladenstunden der offenen Geschäfte auch als Schächtstunden zu gelten hätten. Ob aus dieser Praxis sich nicht ebenfalls Kollisionen mit der richterlichen Auffassung vom Wesen der Sonntagsruhe ergeben dürften oder vielleicht schon ergeben haben, ist mir nicht bekannt.
Sp verschiedenartig nun auch die herrschende Praxis sowohl als die individuelle Rechtsanschauung oder Rechtsauffassung sein mag: man sollte sich stets hüten, in diesem Punkte, wo ja in den allermeisten Fällen ein Ausweg ohne große Müh und Beschwerde gangbar sich bietet, einen Anstoß zu erregen; der ins Wasser geworfene Stein zieht eben immer weitere Kreise. Selbst wenn wir überzeugt wären, das Recht auf unserer Seite zu haben, möchte ich in diesem Punkte zur äußersten Vorsicht, zum weitesten nachgeben raten, um nicht durch einen zweifelhaften kleinen Erfolg Größeres und Wichtigeres aufs Spiel zu setzen. Im Wesentlichen werden wohl nur die Landgemeinden von dieser Angelegenheit berührt werden, denn die größeren Städte haben ja ihre Schlachthäuser und Schlachthöfe mit genau regulierten Schlachtzeiten, auf dem lande aber wird und sollte sich umso leichter und eher die feste Maxime einfügen und durchführen lassen: 'Am Sonntag wird nicht geschächtet.'
Am Schluss an Vorstehendes kann ich nicht umhin, noch auf einen weiteren Überstand hinzuweisen, der namentlich bezüglich des Geflügelschächtens leider in gar vielen Landgemeinden anzutreffen ist, wo man eines entsprechenden Schächtraumes für Geflügel ermangelt. Da wird gar oft im offenen Hofe vor aller Augen, mitunter in Gegenwart zahlreicher Kinder als Zuschauer, geschlachtet und die schnell versammelte Gassenjugend gaudiert sich an de Todeszuckungen.
Im Winter, zur so genannten Gänsezeit, wird nicht selten der Schochet ins Haus der Interessenten zitiert und in diesem Falle muss mitunter selbst der Garten oder gar die Dorfstraße als Schächtplatz herhalten; an Zuschauern, die ihre Witze reißen, fehlt es da natürlich erst recht nicht, und in der Regel werden noch einige christliche Nachbarinnen und gute Freundinnen aufgefordert, mit Schüsselchen und Töpfchen das Blut aufzufangen, und was dergleichen Annehmlichkeiten mehr sind. Dass dadurch die Schechita profanisiert, ihres heiligen Charakters entkleidet wird – natürlich nicht in ihrem Wesen, nur in der Meinung der Menge – wer wollte da wohl bestreiten?
Ich hatte vor nunmehr ca. 5 Jahren Gelegenheit, mit dem leider viel zu früh heimgegangenen Distriktsrabbiner von Kissingen, M.L. Bamberger s.A., über diese Angelegenheit eingehend zu konferieren und er erschien bald darauf eine Zirkularverfügung für den Rabbinatsbezirk (ca. 30 Gemeinden), deren wesentlichste Punkte ich aus dem Gedächtnis zitierte: 1) Das Schäch-
Memmelsdorf Israelit 17041902a.jpg (49117 Byte)ten darf nur in vollständig abgeschlossenem Raum stattfinden. 2) Der Transport der Schlachttiere hat stets in Säcken, Körben und dergleichen zu geschehen; wo solche fehlen, ist die Schechita zu verweigern. 3) Kein Tier darf, ehe es völlig tot und verblutet ist, weggetragen werden.
Die strikte Befolgung und Einhaltung dieser Vorschriften kann unendlich viel Gutes stiften. Der Kampf gegen die bewegten Missstände erfordert wohl viel Energie, aber wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg, und der beabsichtigte Zweck .- die Anerkennung und Wertschätzung der Schechita als Ausübung eines heiligen Gottesgebotes vor der Welt - ist wohl des 'Schweißes der Edlen wert."
  
Memmelsdorf Israelit 24071902.jpg (92702 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. Juli 1902: "Etwas vom Kollektieren." Der von L. Anfänger verfasste Artikel ist nur teilweise abgebildet. 

   
Die Berachot im Religionsunterricht - Beitrag von Lehrer Leopold Anfänger (Beitrag von 1902)     

Memmelsdorf Israelit 23121902.jpg (394073 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. Dezember 1902:         
Memmelsdorf Israelit 23121902a.jpg (71740 Byte)     

   
"Die großen Schritte - Betrachtung zu Paraschat Mischpotim" von Leopold Anfänger in Memmelsdorf in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. Februar 1903     
Anmerkung: Paraschat Mischpotim (= Mischpatim) ist der Toraabschnitt zum Schabbat Paraschat Mischpatim, der am 21. Februar 1903 war. 

Memmelsdorf Israelit 19021903.jpg (247238 Byte)Artikel wird nicht abgeschrieben - bei Interesse: zum Lesen bitte Textabbildung anklicken.  
Memmelsdorf Israelit 19021903a.jpg (260853 Byte)   
   
Memmelsdorf FrfIsrFambl 03071903.jpg (79479 Byte)Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 3. Juli 1903: "Ernste Zeiten - ernste Mahnungen. (Leopold Anfänger - Memmelsdorf.)  Links ist nur der Anfang dieses längeren Artikels wiedergegeben.

   
Gedicht zum 15. Sch'wat von Leopold Anfänger (1904)   

Memmelsdorf Israelit 28011904.jpg (137740 Byte)

Zum 15. Sch'wat. Von Leopold Anfänger - Memmelsdorf
Noch hält des dräuenden Winters Macht 
Die Erde in Banden geschlagen, 
Doch tief im Innern, da keimts und träumts 
Von kommenden, schöneren Tagen. 
Es steigen die Säfte, sie füllen die Zellen, 
Und lassen allmählich die Knospen schwellen. 
Und wie nach dem Winter der Lenz erscheint 
Und eisige Fesseln löset, 
Und Freude dem Schmerz folgt - und Leben dem Tod, Da die Seele ja nimmer verweset. 
So wird auch einst Israels Schicksal sich wenden: 
Es kommt der Erlöser - das Golus muss enden.
Wenn Not und Unglück den Menschen trifft, 
Sein Leben sich trübe gestaltet: 
Ein Glauben und Ahnen im Herzen spricht, 
Dass ewig die Vorsehung waltet. 
Verdecken den Himmel auch trübe Wolken, 
Auf Regen muss doch der Sonnenschein folgen.
Drum lass in düsterer Golusnacht 
Den Lebenssaft nicht erstarren, 
Volk Juda! Die Tora, Dein Lebensborn 
Bei ihr sollst Du treulich verharren. 
Wirst treu Du nach ihren Satzungen leben, 
So wird sie Dir stets neue Lebenskraft geben. 
Und wenn des lauernden Todes Hand 
Ein liebendes Herz uns entrissen, 
Gar tief im Innern, da glaubt's und hofft's 
Ob wir's auch hienieden vermissen: 
Am Ende der Zeiten - ein neues Erstehen, 
Im ewigen Jenseits - ein Wiedersehen. 
Die Pflanzensäfte, gestiegen empor, 
Trotz Wintersdunkel und Kälte, 
Erzeugen Blüten- und Früchtepracht 
Auf weitem, sonnigen Felde. 
Die Liebe, der Friede im Weltenraume, 
Sind Früchte am jüdischen Lebensbaume. 
Auch Du, Volks Israel, liegst gebannt 
Im Golus, von Hassern umgeben; 
Und doch, wie pulsieret so stark in Dir 
Ein herrliches, geistiges Leben: 
Die Heileszukunft, sie winkt in der Ferne, 
Das Golus erhellend wie nächtliche Sterne.

         
"Das Andenken Amaleks" - von Leopold Anfänger in Memmelsdorf (1904)    

Memmelsdorf Israelit 01021904.jpg (380158 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. Februar 1904  
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"Die Bundestafeln als Einheit, Betrachtung zu Ki Tissa - von Leopold Anfänger in Memmelsdorf (1904)  
(Ki Tissa ist der Wochenabschnitt aus der Tora des dem Erscheinungstag der Zeitung folgenden Schabbat: Schabbat Paraschat Ki Tissa = 5. März 1904; Ki Tissa umfasst 2. Mose 30,11-34,35 

Memmelsdorf Israelit 29021904.jpg (325088 Byte)Artikel - beginnend auf der Titelseite - der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. Februar 1904 
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"Die höhere Pflicht. Betrachtung zum Abschnitte Kedoschim" - von Leopold Anfänger in Memmelsdorf (1904)  
(Kedoschim ist der Wochenabschnitt aus der Tora des dem Erscheinungstag der Zeitung folgenden Schabbat: Schabbat Kedoschim = 23. April 1904; Kedoschim umfasst 3. Mose 19,1-20,27)     

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. April 1904:  "Die höhere Pflicht. Betrachtung zum Abschnitte Kedoschim. Von Leopold Anfänger - Memmelsdorf.
Artikel wird nicht abgeschrieben - bei Interesse: zum Lesen bitte Textabbildung anklicken.        
Memmelsdorf Israelit 21041904a.jpg (399976 Byte)    

  
Gedicht zum Wochenfeste (Schawuot) von Leopold Anfänger (1904)     

Memmelsdorf Israelit 19051904.jpg (175546 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. Mai 1904:  
Artikel wird nicht abgeschrieben - bei Interesse: zum Lesen bitte Textabbildung anklicken.      

   
Beitrag zum Wochenabschnitt Nisa von Leopold Anfänger (1904)    

Memmelsdorf Israelit 25051904.jpg (367186 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom  25. Mai 1904: "Glaube, Liebe, Hoffnung als Grundlagen des Priestersegens. Betrachtung zum Abschnitte Nisa..."  
Artikel wird nicht abgeschrieben - bei Interesse: zum Lesen bitte Textabbildung anklicken.       
Memmelsdorf Israelit 25051904a.jpg (172982 Byte)  

   
Beitrag zur Geschichte der jüdischen Schule in Memmelsdorf von Leopold Anfänger (1907)    

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 31. Januar 1907: "Aus der Geschichte einer jüdischen Schule. von Seminarlehrer K. Anfänger in Würzburg..."  
Artikel wird nicht abgeschrieben - bei Interesse: zum Lesen bitte Textabbildung anklicken.       
  

     
Todesanzeige und Nachruf für Leopold Anfänger (1936)    

Memmelsdorf Israelit 30071936.jpg (44616 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. Juli 1936: "Mein innigstgeliebter Mann, unser gütigster Vater und Schwiegervater, Großvater, Schwager und Onkel Herr Leopold Anfänger Seminaroberlehrer i.R. ist im 68. Lebensjahre am 5. Aw kurz von Kabbalat Schabbat verschieden. Köln-Lindenthal, den 24. Juli 1936. Leichtensternstr. 19. Im Namen der Trauernden Hedwig Anfänger geb. Steinberger. Köln-Sülz, Zürich, Essen, Berlin."
  
Artikel in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 15. September 1936: "Leopold Anfänger seligen Andenkens. Am 24. Juli starb in Köln nach längerem Krankenlager Herr Seminaroberlehrer Leopold Anfänger. Just vor 50 Jahren verließ der Verblichene die Israelitische Lehrerbildungsanstalt Würzburg, wirkte dann als Religions- und Volksschullehrer in Schonungen, dann in Willmars in der Rhön, in Schlesien, in Memmelsdorf und seit 1905 annähernd 3 Jahrzehnte in hingebungsvoller Treue an der Israelitischen Lehrerbildungsanstalt Würzburg im Dienste der Lehrerbildung. Generationen von Lehrern, die nun in aller Welt wirken, hat Leopold Anfänger heranbilden helfen. Reich begabt mit jüdischem und profanem Wissen, dabei unermüdlich weiterstrebend, verstand er es meisterhaft, seine Schüler zu bilden und zu formen und ihnen das Rüstzeug für die spätere Praxis zu vermitteln. Sein Unterricht in Deutsch und Geschichte erfüllte schon vor Jahrzehnten die Forderung. Durchdringung profanen Bildungsgutes mit jüdischem Geist; sein Bibelunterricht vermochte nicht nur Begeisterung zu erwecken für die erhabenen Ideen der Propheten und die klassische Schönheit ihrer Sprache, er führte seine Schüler auch in den Gebrauch alter und neuerer Kommentare ein und seine originelle, streng wissenschaftliche Art der Darbietung erzog sie zur selbständigen Erarbeitung der biblischen Quellen. 
Für seine Schüler war er nicht nur der Lehrer, zu dem sie mit Ehrfurcht emporblickten, er war ihnen auch ein väterlicher Freund und Berater, dessen goldenes Herz ihn jederzeit bereit sein ließ, sich auch für ihre persönlichen Belange tatkräftig einzusetzen. Seine tiefe Gerechtigkeitsliebe, seine unerbittliche Strenge, wenn es galt, ein Schülervergehen zu ahnden, waren stets gepaart mit der edlen Tugend einer Entscheidung zugunsten von jemandem und dies sicherte ihm die Liebe und Wertschätzung all seiner Schüler, denen die ehrwürdige Gestalt mit dem gütigen, stets Wohlwollen ausstrahlenden Antlitz unvergesslich bleiben wird. 
Mit Leopold Anfänger wurde eine edle Persönlichkeit und ein tüchtiger Schulmann, dessen Wirksamkeit auch stets die Anerkennung der staatlichen Behörden gefunden hatte, zu Grabe getragen und sein Andenken wird fortleben in den Herzen aller derer, die das Glück hatten, seine Schüler zu sein. 
Bei der am 26. Juli auf dem Friedhof der Adass Jeschurun in Köln stattgefundenen Beerdigung zeichnete Herr Rabbiner Dr. Siegmund Stein ein getreues Lebensbild des Verstorbenen und umriss in tief empfundenen Worten die schmerzvolle Trauer der Familie und darüber hinaus eines großen Kreises von Freunden und Verehrern. Für die Familie und auch im Namen des Jüdischen Lehrervereins für Bayern sprachen Lehrer Marx (Speyer) und Steinberger (Bad Kissingen) herzliche Worte des Abschieds, für die Israelitische Lehrerbildungsanstalt und die früheren Schüler Seminarlehrer Stolberg. S."   

 
 
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde   
Zum Tod von Abraham Nordheimer (1891)   

Memmelsdorf Israelit 11051891.jpg (78142 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. Mai 1891: "Memmelsdorf (Bayern). Nach längerem Krankenlager hauchte H. Abraham Nordheimer Parascha Schemini (gemeint wohl am Schabbat mit der Toralesung Schemini = 3. Mose 9,1 - 11,47, das war 4. April 1891) seine reine Seele aus. 
Die hiesige Gemeinde verliert in dem Verblichenen eines ihrer würdigsten Mitglieder, einen Mann von edlen Eigenschaften und großem Wohltätigkeitssinn. Während einer langen Reihe von Jahren war er Vorstand der hiesigen israelitischen Kultusgemeinde, in deren Dienste er viele Stunden seines Lebens opferte. An den Traditionen des alten, unverfälschten Judentums hing der Verstorbene mit jeder Faser seines Herzens. Strenge, Rechtschaffenheit, ungeschmückte Wahrhaftigkeit und ungeheuchelte Aufrichtigkeit schmückten sein ehrwürdiges Haut mit der (hebräisch und deutsch) Krone eines guten Namens. 
Vor dem Trauerhause schilderte Lehrer Freudenberger in längerer Rede den Lebensgang, die Tugenden und die vielfachen Verdienste des Entschlafenen."

  
Zum Tod von Simon Kaufmann (1903)  

Memmelsdorf Israelit 12011903.jpg (139445 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 12. Januar 1903: "Memmelsdorf i.J., 4. Januar (1903). Die hiesige jüdische Gemeinde hat einen schweren Verlust erlitten. Im Alter von 73 Jahren, nach kurzem, aber sehr schmerzlichen Leiden, wurde Herr Simon Kaufmann am Erew Schabbat Koddesch Wejidasch (d.h. Freitag vor dem Schabbat mit der Toralesung Wajigasch = 1. Mose 44, 18 - 47,27, das war Freitag, 2. Januar 1903) in die ewige Heimat abberufen, und heute wurde seine irdische Hülle der Erde zurückgegeben. Der Verblichene, der vor etwa 20 Jahren aus Altenstein, wo sich die jüdische Gemeinde auflöste, hierher gezogen, war eine der Hauptstützen des hiesigen Gemeindewesens. Treu hing er an allen Einrichtungen unserer Religion, gewissenhaft erfüllte er die göttlichen Gebote, und zeichnete sich besonders aus durch hervorragende Wohltätigkeit. An seiner Bahre trauern seine Witwe und 12 Kinder, nebst zahlreichen Enkeln. Von des Verstorbenen Ansehen und Beliebtheit in weitesten Kreisen zeugte die imposante Beteiligung an seinem Leichenzug. Aus Nah und Fern waren seine Freunde herbeigeeilt, Glaubensbrüder wie Andersgläubige, um ihm den letzten Tribut der Liebe und Verehrung zu zollen. 
Den eigentlichen Hesped (Trauerrede) hielt Herr Lehrer Leopold Anfänger - Memmelsdorf, unter Anlehnung an Jesaja 55,10-12 etc. 'Denn wie Regen und Schnee herabkommt vom Himmel, dahin aber nicht zurückkehrt...' Die Rede wird demnächst im Drucke erscheinen. Herr Lehrer Carl Kaufmann - Zeckendorf, Sohn des Verblichenen, sowie Herr Lehrer Moses Katz - Hagenbach, als Schwiegersohn, widmeten tief empfundene Worte des Nachrufes und Abschiedes. Die Lokalblätter der Gegend widmeten dem Heimgegangenen ebenfalls die ehrendsten Nachrufe. H.S."

 
Zum Tod von Jacob Nordheim (1908)  

Memmelsdorf FrfIsrFambl 04121908.jpg (44204 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. Dezember 1908: "Memmelsdorf in Bayern. In Hamburg verschied der von hier gebürtige Kaufmann Jacob Nordheim im Alter von 84 Jahren. Der Verstorbene genoss wegen seiner Wohltätigkeit, die auch seiner Heimatgemeinde zugute kam, großes Ansehen; besonders durch seine Gründung seines Seemannshauses wurde sein Name in Hamburg allgemein bekannt."

    
Auszeichnung von Siegfried Langstädter mit dem Eisernern Kreuz (1915) 

Memmelsdorf Israelit 22071915.jpg (44814 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 22. Juli 1915: "Würzburg, 9. Juli (1915). Der Armierungssoldat Siegfried Langstädter, Sohn des Isidor Langstädter in Memmelsdorf, Lehrer an der Israelitischen Volksschule Venningen (Pfalz), früherer Schüler der Israelitischen Lehrerbildungsanstalt Würzburg, wurde mit dem Eisernen Kreuz ausgezeichnet, 'weil er seinen Kameraden durch Fleiß und Unerschrockenheit ein leuchtendes Vorbild ward.' Er befindet sich zur Zeit als Verwundeter im Israelitischen Verwundetenlazarett zu Würzburg."  

    
Hinweis auf die Großindustriellen Adolf und Ignaz Bing in Nürnberg   

Bing Spielwaren 010.jpg (27795 Byte)Adolf und Ignaz Bing waren Söhne des jüdischen Färbermeisters Salomon Bing in Memmelsdorf (Ignaz ist 1840 geboren). Beide waren später in Nürnberg Großindustrielle, Inhaber der "Nürnberger Metallwarenfabrik Gebrüder Bing", die in den 1920er-Jahren größte Spielwarenfabrik der Welt. 
Weitere Informationen siehe auf Nürnberger Seite
 
 Geburtshaus von Ignaz Bing 
in Memmelsdorf 
(Fotos: Jürgen Hanke, Kronach, 
Aufnahmen vom 24.9.2013) 
Memmelsdorf 24092013 001.jpg (94799 Byte) Memmelsdorf 24092013 002.jpg (103201 Byte) Memmelsdorf 24092013 003.jpg (159798 Byte)
   Blick auf das Geburtshaus von Ignaz Bing in der Judengasse 16 mit der Gedenktafel: "Geburtshaus des Nürnberger Großunternehmers und Höhlenforschers Ignaz Bing   1840-1918) 

  
  
Anzeigen   
Verlobungsanzeige für Jenny Langstädter und Arthur A. Apelt (1920)    

Anzeige im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 13. Februar 1920: 
"Jenny Langstädter - Arthur A. Apelt. Verlobte.  
Memmelsdorf i. U.
- Frankfurt am Main   -  Frankfurt am Main, Niddastraße.  
Empfang Samstag, 21. Februar, 2. Adar / Sonntag, 22. Februar, 3. Adar. vorm. 11 - 1 1/2 Uhr Röderbergweg 11".       

   
Der Torarollenschreiber Zeitin bietet seine Dienste an (1929)   

Memmelsdorf Israelit 22081929.jpg (72758 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 22. August 1929: 
"Bund gesetzestreuer israelitischer Gemeinden Bayerns. 
Wir setzen hiermit unsere Mitgliedsgemeinden davon in Kenntnis, dass der 
Sopher
 
Herr Zeitin aus Mainz ab 1. September mit dem Sitz in Memmelsdorf in unsere Dienste tritt. Herr Zeitin ist verpflichtet zur Instandsetzung von Tefillin, Mesusoth und Siphrethoroth (Torarollen) auf Weisung des Bundes gesetzestreuer israelitischer Gemeinden Bayerns nach den einzelnen Orten zu gehen und die Arbeiten nach einem mäßigen, mit uns festgesetzten Tarif auszuführen. Gemeinden, die den Besuch des Sophers wünschen, wollen sich an den Vorsitzenden des Bundes: Rabbiner Dr. Stein, Schweinfurt wenden. 
Schweinfurt, August 1929. Die Vorstandschaft: Dr. Stein."  

    
    
Sonstiges        
Erinnerungen an die Auswanderungen im 19. Jahrhundert: 
Grabstein in New York für Mayer Gitterman (- 1848, aus Memmelsdorf) und seine Frau Sisa (1797?-1877, aus Burgpreppach)  
   
Anmerkung: das Grab befindet sich in einem jüdischen Friedhof in NY-Brooklyn.      

Burgebrach New York Salem 1673a.jpg (86528 Byte)   Burgebrach New York Salem 1673.jpg (66874 Byte)   links Grabstein für "our dear father Mayer Gitterman 
born in Memmelsdorf Bavaria  
died Dec 18th 1840  Aged 37 years   und für 
"our dear mother Sisa  
born in Burgbebrach (statt: Burgpreppach) Bavaria  
died  Oct 17th 1877  aged 80 years".  

  
Grabstein in New York für Yetta Drucker aus Memmelsdorf (1834-1908)    
   
Anmerkung: das Grab befindet sich in einem jüdischen Friedhof in NY-Brooklyn. Der Geburtsname von Yetta Drucker wird nicht mitgeteilt.         

Memmelsdorf New York Salem 1673a.jpg (83786 Byte)   Memmelsdorf New York Salem 1673.jpg (101418 Byte)Grabstein für
 "Our Bloved Mother 
Yetta Drucker
 
Born in Memmelsdorf
Germany April 28, 1834  
Died April 6, 1908".  

       

Kennkarte aus der NS-Zeit            
               
Am 23. Juli 1938 wurde durch den Reichsminister des Innern für bestimmte Gruppen von Staatsangehörigen des Deutschen Reiches die Kennkartenpflicht eingeführt. Die Kennkarten jüdischer Personen waren mit einem großen Buchstaben "J" gekennzeichnet. Wer als "jüdisch" galt, hatte das Reichsgesetzblatt vom 14. November 1935 ("Erste Verordnung zum Reichsbürgergesetz") bestimmt. 
Hinweis: für die nachfolgenden Kennkarten ist die Quelle: Zentralarchiv zur Erforschung der Geschichte der Juden in Deutschland: Bestände: Personenstandsregister: Archivaliensammlung Frankfurt: Abteilung IV: Kennkarten, Mainz 1939" http://www.uni-heidelberg.de/institute/sonst/aj/STANDREG/FFM1/117-152.htm. Anfragen bitte gegebenenfalls an zentralarchiv@uni-hd.de       
 
 Kennkarte des in Memmelsdorf geborenen 
Lehrers Louis Langstädter
 
 Memmelsdorf KK MZ Langstaedter Louis.jpg (94215 Byte)
   Kennkarte (Bingen 1939) für Louis Langstädter (geb. 6. April 1879 in Memmelsdorf), Lehrer i.R. , wohnhaft zuletzt in Mainz, 
am 30. Dezember 1942 deportiert ab Darmstadt vermutlich nach Treblinka, ermordet; 
Louis (Ludwig) Langstädter war von 1908 bis 1933 Lehrer an der Höheren Bürgerschule in Ingelheim; gleichzeitig war er Kantor und Prediger in der
 Ingelheimer Synagoge und erteilte den jüdischen Kindern der Gemeinde Religionsunterricht; beim Novemberpogrom 1939 wurde seine Wohnung überfallen; 
danach zog Louis Langstädter und seine Frau Elisabetha (Betty) geb. Kahn nach Mainz;  
nach ihm ist seit 2010 in Ingelheim eine Straße benannt (Ludwig-Langstädter-Straße   

    
    
    
Fotos  
(Fotos: Jürgen Hanke; Aufnahmedatum der Fotos: 15.7.2014; älter ist das Foto des Jüdischen Schul- und Gemeindehauses)   

Memmelsdorf Plan 140701.jpg (193381 Byte) Memmelsdorf Synagoge 140701.jpg (469575 Byte) Memmelsdorf Synagoge 140702.jpg (142064 Byte)
Katasterplan Memmelsdorf 19. Jahrhundert:: 1 = Synagoge, 
2 = Ehemaliges Buttlarsches Schloss, 3 = jüdische Schule bis 1896, 
4 = jüdische Schule ab 1896, 5 = Judenhof       
Der Chuppa-Stein 
(Hochzeitsstein) am Synagogengebäude 
   
Hinweistafel 
am Synagogengebäude 
   
       
 Rechts: Innenaufnahme der ehemaligen Synagoge bei der
Gedenkstunde zum Novemberpogrom am 10. November 2018
 
(Foto: Pia Bayer, Aufnahme in zwei Formaten eingestellt)  
   
       
       
Die jüdischen Schulhäuser  Memmelsdorf Schule 140701.jpg (383979 Byte) Memmelsdorf Schule Judengasse 010.jpg (38987 Byte)  
  Jüdisches Schulhaus 
(bis 1896) 
Jüdisches Schul- und Gemeindehaus
 in der Judengasse (ab 1896) 
 
       
 Sehr gut ausgézeichnet von den Straßen der
 Umgebung: der Weg zur ehemaligen Synagoge
(Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 31.5.2020)
   
     Eintragung der Synagoge in den Plänen des "Lehrpfades"   

    
    
    
Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte  

Juni 2010: Ausstellung in der ehemaligen Synagoge zu Familie Kahn in Memmelsdorf 
Memmelsdorf PA 062010a.jpg (72544 Byte)Foto links: Die etwa 90 Jahre alte Aufnahme der Familie Kahn steht im Mittelpunkt.
Artikel von Tanja Kaufmann in "infranken.de" vom 28. Juni 2010 (Artikel mit weiteren Fotos der Ausstellung - Fotostrecke): "Gesichter machen Geschichte lebendig 
Ausstellung Es ist nur die Geschichte einer Familie, und doch erzählt eine neue Ausstellung in der Synagoge Memmelsdorf (Gemeinde Untermerzbach) zugleich die Geschichte der Juden in Franken, von Glauben, friedlicher Koexistenz und Wohlstand, von Leid, Unterdrückung, Deportation und Mord, aber auch von einem Neuanfang in der Fremde.

Wieder einmal könnte kaum ein Ort besser geeignet sein zur Begegnung, zur historischen Spurensuche und zum gemeinsamen Erinnern als die Synagoge. Einst als Beweis des voll integrierten Zusammenlebens inmitten der kleinen Ortschaft erbaut, wo die Übersiedlung der Großfamilie Kahn im Jahr 1869 aus dem unweit gelegenen thüringischen Gleicherwiesen seinerzeit erwünscht und positiv aufgenommen worden war, bald geschändet und missbraucht, heute als lebendiges geschichtliches Dokument erhalten. 
Hier beteten auch die Kahns, die bei der Eröffnung der Ausstellung mit vielen Bildern mitten unter den Besuchern sind. Die Familie Kahn, seit Generationen Viehhändler, fand ihren Platz damals in einer großen jüdischen Gemeinde, wie Untermerzbachs Bürgermeister Helmut Dietz in seiner Begrüßungsrede erzählt. Mit knapp 240 Personen machten die Juden in Memmelsdorf damals knapp die Hälfte der gesamten Bevölkerung aus, es waren angesehene Mitglieder im Ort. Doch der Antisemitismus, schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts spürbar, griff um sich und brachte die Familie Kahn Anfang 1939 zu einem Umzug nach München, wo sie sich mehr Sicherheit erhofften. 
Zahlreiche Familienmitglieder wurden dennoch Opfer der Shoah, verfolgt, verjagt, deportiert und ermordet. Keiner der Überlebenden der Familie Kahn ist nach 1945 nach Memmelsdorf zurückgekehrt. Mit der sehenswerten Ausstellung, die auch bei vielen Memmelsdorfern wichtige (Kindheits-)Erinnerungen wach rufen kann, leben sie in der alten Heimat und in den Köpfen der Menschen hoffentlich weiter.
Exempel für das Grauen. Manchmal ist es notwendig, dass Geschichte ein Gesicht bekommt. In der Synagoge in Memmelsdorf sind bis zum 1. August die Gesichter und Lebensläufe der Familie Kahn zu sehen, die einst hier ihre Heimat hatte und deren Familiengeschichte symptomatisch das Grauen des Nationalsozialismus widerspiegelt.
Auf die Suche nach den Spuren der Familie Kahn haben sich Doris Barth und Almuth David gemacht, die im Zuge einer anderen Ausstellung über Jüdische Lebenswege im Münchner Westen auf den Namen gestoßen waren. Ihre Nachforschungen im Laufe der Zeit ergaben eine derartige Fülle an Material, die die Münchner Ausstellung sprengte und (in Zusammenarbeit mit dem Institut für zukunftsweisende Geschichte München und Dr. Bernhard Schoßig) eine eigens konzipierte ergab: Ein umfassendes Porträt der Familie Kahn über sechs Generationen.
Mit dem Porträt der Kahns, das das integrierte und harmonische Leben des Landjudentums im ausgehenden 19. Jahrhundert ebenso zeigt, wie die menschenverachtende Herrschaft der Nationalsozialisten und ihre Auswirkungen auf eine einzelne Familie, bekommen Zahlen und Statistiken eine ganze Reihe von Gesichtern. Das von Selig Kahn beispielsweise, inmitten seiner Familie, umgeben von seinen Kindern an der Treppe des Memmelsdorfer Hauses, heute Judengasse Nummer 5. Ein Bild aus dem Leben, fotografiert etwa um 1918, als die Söhne aus dem Ersten Weltkrieg heimgekehrt waren, in dem sie als Deutsche ihr Leben riskierten. Das Foto hat eine abenteuerliche Reise hinter sich: Es wurde 1936 nach Holland gerettet, 1939 nach Palästina gebracht und in Kopie von Seligs Enkel Siegbert Kahn an Cordula Kappner während einer Israel-Reise übergeben; nun ist es nicht nur Aufhänger einer bemerkenswerten Ausstellung, sondern für die Nachkommen ein einmaliges und bislang noch nie gesehenes Andenken an die Ahnen im fränkischen Memmelsdorf.
Gesichter und Geschichten. Die Ausstellung zeigt Gesichter und Geschichten, die ihrerseits durch die unterschiedlichen Gefühle und Gedanken der Besucher geprägt und immer wieder neu rezipiert werden, wie Hansfried Nickel, Vorsitzender des Träger- und Fördervereins der Synagoge, in seiner zweisprachigen Begrüßung bemerkt. 
Zweisprachig deshalb, weil mit Julie Kahn und ihren Töchtern aus den USA und Manfred Kahn aus den Niederlanden leibhaftige Nachfahren der Memmelsdorfer Familie in die Heimat ihrer Urgroßeltern zurückgekehrt sind, um die Ausstellung zu sehen. Es gibt der Ausstellung ein ganz besonderes Gewicht, die Enkelin von Simon Kahn und den Enkel von Hugo Kahn, zweier der fünf Söhne von Salomon Selig und Marie Kahn, in der Synagoge zu erleben. In perfektem Deutsch spricht schließlich Manfred Kahn zu den Besuchern, dessen Großvater Hugo bis 1908 hier in Memmelsdorf aufgewachsen ist, wo der Enkel selbst bislang noch nie gewesen war. Dankbar zeigt sich Kahn für die Familienzusammenführung, zu der durch die Recherche der beiden Autorinnen Verwandte in Amerika, Israel und den Niederlanden ausfindig gemacht worden sind. 
"Jetzt lebt die Familie für mich!", bekennt Manfred Kahn in bewegenden und bewegten Worten. Musikalisch bewegen zur Ausstellungseröffnung die fränkisch-jiddischen Weisen, Musik aus Amerika und Israel, die ihrerseits dargeboten von der Gruppe "Intermusica" die Familien- und Volksgeschichte lebendig und authentisch werden lässt.
Die Ausstellung. Die Ausstellung, die noch bis zum 1. August in der Synagoge in Memmelsdorf zu sehen ist, dokumentiert am Beispiel der Familie Kahn die Lebensbedingungen von Landjuden in Thüringen und Franken im 19. und 20. Jahrhundert. Darüber hinaus zeigt die Dokumentation viele individuelle Schicksale der Familiengeschichte, die exemplarisch stehen für viele, die ihre jüdischen und dörflichen Gemeinden verlassen mussten: Emigranten und Kaufleute, die sich Existenzen in Amerika und in der Großstadt aufbauten, Deportierte und Ermordete während der Naziherrschaft, aber auch Auswanderer, die in Israel, den USA und den Niederlanden neue Existenzen gründeten.
Die Ausstellung kann jeden Sonntag von 13 bis 17 Uhr und jeden Dienstag von 13 bis 16 Uhr besucht werden; Ausstellungsführungen durch die Autorinnen Doris Barth und Almuth David werden am Sonntag, 11. Juli und am Sonntag, 1. August, jeweils von 14.30 bis 16.30 Uhr angeboten. 
Ein Aufruf zum Schluss. Gesucht werden Bilder von Trina Kuttner, geb. Kahn (1860-1943), Schwester von Selig Kahn, die 1878 aus Memmelsdorf nach New York emigrierte, dort 1887 heiratete, irgendwann nach Deutschland zurückkehrte, 1914 in Berlin lebte, nach 1918 zurück nach Memmelsdorf/Ufr. ging, um ihrem seit 1918 verwitweten Bruder Selig Kahn den Haushalt zu führen. Sie lebte bis Anfang 1939 wieder in Memmelsdorf, zog dann wegen des zunehmenden Antisemitismus nach München. Von dort wurde sie nach Theresienstadt deportiert und 1943 ermordet. Fotos nimmt der Trägerverein Synagoge Memmelsdorf dankend entgegen."   
    
August 2011: Einweihung des Gebrüder-Nordheimer Platzes in Memmelsdorf      
Artikel von Holger Schmidbauer in "franken.de" vom 8. August 2011 (Artikel): "Platz erinnert an Wohltäter
Festakt Der Untermerzbacher Gemeindeteil Memmelsdorf erinnert an die guten Taten der jüdischen Gebrüder Nordheimer. Die erfolgreichen Unternehmer förderten die Gemeinde mit Stiftungen. Zur Einweihung des Gebrüder-Nordheimer-Platzes kamen Familienangehörige aus aller Welt in den Alstergrund.

Die Nordheimers waren nur etwa 100 Jahre lang in Memmelsdorf präsent, aber einige Abkömmlinge der erfolgreichen Unternehmerfamilie haben den heutigen Gemeindeteil von Untermerzbach mit ihrem sozialen Engagement nachhaltig geprägt. Die letzten Mitglieder der jüdischen Familie hatten den Ort im Jahre 1939 verlassen, als der Druck des NS-Regimes immer stärker wurde. Fanny Nordheimer war die letzte jüdische Mitbürgerin in Memmelsdorf. 
Platz gewidmet.   
Spätestens seit der Träger und Förderverein Synagoge Memmelsdorf sich der ehemaligen Gebetsstätte der jüdischen Bevölkerung angenommen hat, daraus eine Tagungs- und Begegnungs- und Informationsstätte gemacht hat, bekennt sich der Ort wieder zu seiner jüdischen Vergangenheit. Zu deren Erforschung hat Cordula Kappner, die frühere Leiterin des Haßfurter Bibliotheks- und Informationszentrums entscheidend beigetragen. Der Dorfverschönerungs-Wettbewerb im Jahr 2008 und die Bürgerinitiative Memmelsdorf "Wir machen mit, wir machen weiter" waren Auslöser für die Idee, den Gebrüdern Nordheimer ein Denkmal in Form eines Platzes zu setzen und der Untermerzbacher Gemeinderat zog mit. Der bisherige Goldsplatz, das ist die Stelle an der die Straßen am Geiersbach, Kempfen- und Martergasse zusammentreffen, wurde in "Gebrüder-Nordheimer-Platz" umgewandelt.
Bis aus den USA angereist. Jetzt waren 29 Abkömmlinge der Familie Nordheimer oder Nordheim, wie der Hamburger Zweig der Familie heißt, in den Untermerzbacher Gemeindeteil um an die Ruhmestaten ihrer Vorfahren zu erinnern. Weitere Familienmitglieder waren sogar aus Frankreich, Kanada und den USA gekommen.
Beeindruckt war der Familienclan von einem Rundgang durch Memmelsdorf mit der Wissenschaftlerin Heike Tagsold sowie dem Vorsitzenden des Träger- und Fördervereins Synagoge Memmelsdorf, Hansfried Nickel und dem Bürgermeister Helmut Dietz (SPD). Man suchte die ehemaligen Wohnhäuser der Nordheimers auf. Nicht fehlen durfte eine Führung durch die Synagoge, bei der die Gäste auch Vorträgen über die jüdische Geschichte im Dorf lauschten. Höhepunkt war die offizielle Namenstaufe des "Gebrüder-Nordheimer-Platzes". "Ihr Dabeisein gibt der Widmung einen würdigen Rahmen", dankte das Gemeindeoberhaupt.
Senior mit 91 Jahren. 
Jakob, Marcus, Moritz und Samuel Nordheimer verdanken die Memmelsdorfer zahlreiche Stiftungen und Wohltaten. Rupert Nordheimer, mit 91 Jahren der älteste unter den Nachfahren, war sichtlich ergriffen, als er für die Ehre dankte. Er war mit 13 Jahren ausgewandert und lebt jetzt in Frankreich. Sichtlich ergriffen dankte er namens der "Nordheimer-Delegation" für den Empfang und die symbolträchtige Initiative. Auf einem Sandstein-Findling prangt eine von Kreisheimatpfleger Günter Lipp entworfene Kupfertafel mit den wichtigsten Daten."     
Gedenktafel 
am "Gebrüder-Nordheimer-Platz"
(Fotos von Jürgen Hanke, 
Aufnahmedatum: 24.9.2013) 
Memmelsdorf 24092013 005.jpg (275578 Byte) Memmelsdorf 24092013 004.jpg (150151 Byte)
   "Gebrüder-Nordheimer-Platz. Jakob, Markus, Moritz und Samuel Nordheimer verdankt Memmelsdorf zwischen 1870 und 1905 zahlreiche Stiftungen. Gewidmet 2009."
Der Gedenkstein befindet sich Ecke Kempfergasse / Am Geiersbach in Memmelsdorf.   
   
Juli 2014: Ausstellung "Mitten unter uns" in Memmelsdorf 
Artikel von Janna Eckert in "inFranken.de" vom 16. Juli 2014: "Ein Blick über den Tellerrand
"Mitten unter uns" heißt die Wanderausstellung, die die Geschichte jüdischer Bürger in den Landkreisen Unterfrankens aufzeigt. Aktuell ist sie in Memmelsdorf zu sehen.

In Memmelsdorf ist das Judentum nichts Verstaubtes, nicht Vergangenes. Die Mitglieder des Träger- und Fördervereins rücken mit vielfältigen Angeboten die Geschichte der jüdischen Familien in der Region immer wieder in die Gegenwart. So auch mit der Ausstellung "Mitten unter uns".
"Diese Ausstellung lässt uns nicht nur auf die Juden in Memmelsdorf blicken. Sie erlaubt uns den Blick über den Tellerrand und zeigt die Geschichte der Landjuden in ganz Unterfranken", begrüßte Iris Wild, Vorsitzende des Träger- und Fördervereins der Synagoge Memmelsdorf, die Gäste bei der Eröffnung der Ausstellung. Wie in anderen Regionen Süddeutschlands prägte die jüdische Siedlung auf dem Land den Raum Unterfranken seit dem 15. Jahrhundert. Juden lebten in bis zu 200 Gemeinden auf den kleinen und abgelegenen Dörfern und trieben von dort meist zu Fuß ihren Wanderhandel. Sie entwickelten eine besondere, ländlich-jüdische Kultur..."  
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April 2016: Spurensuche in der Synagoge - eine Seniorengruppe besucht die Synagoge   
Artikel in der "Main-Post" vom 25. April 2016: "Spurensuche in einer Synagoge..."  
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Juli 2018: 25 Jahre Förderverein Synagoge Memmelsdorf  
Artikel von Helmut Will in der "Main-Post" vom 18. Juli 2018: "MEMMELSDORF. Die Synagoge Memmelsdorf ist ein Lernort geworden
Zum 25. Geburtstag des Fördervereins Synagoge Memmelsdorf konnte am Sonntag die aktualisierte und erweiterte Dauerausstellung der Öffentlichkeit präsentiert werden.
'Es fing an im Jahr 2013, den Ersten Weltkrieg aus Sicht der jüdischen Gemeinde Memmelsdorf in einer kleinen Ausstellung darzustellen', sagte Iris Wild, Vorsitzende des Fördervereins. Man merkte aber schnell, dass mit einigen Texttafel und Ausstellungswänden es nicht getan war. Dazu gekommen sind eine Bildschirmpräsentation mit Biografien über die Familie Nordheimer, über jüdische Feste und Feiertag und einiges mehr. 'Heute wissen wir mehr über die Juden in Memmelsdorf als noch vor elf Jahren, als Heike Tagsold die erste Dauerausstellung konzipierte.' Die Vorsitzende wünscht sich, dass es sich im gegenwärtigen Stadium nur um eine Momentaufnahme handle und es weitere Forschung gibt. 'Jeder Faden, den man aufnimmt, zieht andere Fäden ans Licht die es wert sind, gezeigt zu werden', sagte Wild. Die Synagoge sei Lernort, an dem knapp 370 Jahre jüdische Geschichte in Franken erzählt würden. Geschichte müsse stets ohne Emotionen bearbeitet werden, sagte Historikerin Tagsold. Ausstellungen böten immer Chancen, etwas kennenzulernen und darüber zu diskutieren. 'Geschichte wird mitunter umgeschrieben, weil sich manches ändert und Neues hinzukommt, was bisher nicht bekannt war.' Bei aller Freude und Stolz über das Erreichte dürfe man nie vergessen was in der unsäglichen Zeit Memmelsdorf und anderswo passiert sei. Bemerkenswert wäre, dass Menschen damals den Mut hatten, andere Wege zu gehen. Es sei bemerkenswert, was hier aufgearbeitet werden konnte. 'Dass wird den Lehrerraum so zeigen, wie er war, darauf bin ich stolz', sagte Tagsold. Auch die anderen Räume seien gefüllt mit Dingen, denen man sich widmen sollte. Jüdische Tradition in aller Bandbreite sei anfassbar. Sie verwies auf einen Stein, der im Dachboden ausgestellt ist: das Fragment eines Sandsteines, der sich in der Bima befand, dem Platz in der Synagoge, von dem aus im Gottesdienst gelesen wurde. 'Im November 1938 wurde die Bima schwer beschädigt und der Besitzer der Synagoge trug ab 1968 die steinernen Überreste ab und verwandte sie als Füllmaterial.' Der Stein wurde unter dem Fußboden der alten Lehrerwohnung entdeckt, so die Historikerin. Bürgermeister Helmut Dietz bezeichnete die 25 Jahre Förderverein als eine 'Erfolgsgeschichte', auch für die Gemeinde Untermerzbach. 'Die Synagoge ist ein Zeitzeuge der Geschichte und darauf sind wir stolz.' Er hob die fruchtbare Arbeit von Tagsold hervor, die unterstützt durch den Förderverein ein tolles Forschungsergebnis präsentieren könne. Am Nachmittag stellten Schüler des P-Seminars Geschichte und Geografie den Flyer vor, den sie für den Lehrpfad zur Geschichte des Landjudentums erstellt haben. Der frühere Vorsitzende Hansfried Nickel: 'Entstanden ist hier alles aus einer Begegnung mit Schülern aus Israel im Rahmen des Schüleraustausches mit dem Friedrich-Rückert-Gymnasium.' Der Verein habe die Synagoge gekauft, was er als einen richtigen Schritt nannte. 'Bei einer Befragung durch Studenten bei den Memmelsdorfern, was im Ort wichtige Gebäude wären, wurde die Synagoge gleich nach der Kirche genannt.' Das wertet er als Zeichen, dass die Arbeit des Vereins im Ort geschätzt wird."  
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November 2018: Veranstaltung am 80. Jahrestag der Pogromnacht 1938   
Artikel von Christian Licha im "Fränkischen Tag" vom November 2018: "Reichspogromnacht. 80 Jahre unvergessen: Gedenkfeier zieht Lehren aus der Vergangenheit
In der Synagoge in Memmelsdorf fand zum Gedenken an die Reichspogromnacht eine Gedenkfeier statt.

Zum Gedenken an die Reichspogromnacht vor 80 Jahren wurde in einer Gedenkfeier am Samstag in Memmelsdorf an die schrecklichen Ereignisse damals erinnert. Bis zum letzten Platz gefüllt war die Synagoge mit Ehrengästen sowie Mitglieder und Freunden des Trägervereins.
Geschehnisse vor 80 Jahren. In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 wurde das jüdische Gotteshaus stark beschädigt. Angehörige der Sturmabteilung (SA) zwangen die männlichen Gemeindemitglieder damals, alle beweglichen Gegenstände aus dem Gebäude herauszuschleppen und diese auf offenem Gelände zu verbrennen. Auf eine Brandlegung des Gebäudes verzichtete man nur wegen der dichten Bebauung in der unmittelbaren Umgebung. Einige Monate später verließen die letzten jüdischen Bewohner den Ort. 'Auch wenn es inzwischen 80 Jahre her ist, dass in Deutschland und bei uns im Landkreis Haßberge Synagogen brannten und unter der Fahne von Rassenhass und Zerstörungswut Menschen gehetzt, gedemütigt, gequält und deportiert wurden, gibt es für diese Ungerechtigkeit keinen Punkt des Vergessens', sagte Landrat Wilhelm Schneider in seiner Ansprache. Ganz bewusst wolle man an den traurigen Jahrestag erinnern - nicht um 73 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges Schuldfragen zu stellen. Vielmehr müsse es darum gehen, dass sich die Geschichte nicht wiederholt. 'Denn dumm ist, wer aus der Geschichte nichts lernt - oder noch schlimmer, nichts lernen will', so der Landrat. Dass es damals keineswegs eine Spontanaktion war, sondern das Nazi-Regime gezielt zu den Hetzaktionen aufgerufen hat, stellte Landtagspräsidentin (außer Dienst) Barbara Stamm klar, die in ihrer Gedenkrede weiter ausführte, dass es nur sehr wenig Hilfe für die Juden gab, da die Bevölkerung stark eingeschüchtert war.
Mahnung an Jüngere weitergeben. 'Es ist geschehen und folglich kann es wieder geschehen', mahnte Stamm und forderte auf, die richtigen Lehren für jetzt und die Zukunft daraus zu ziehen. Wichtig sei es, die Erinnerung wach zu halten und den Rechtsstaat und die Demokratie engagiert zu verteidigen. Es müssen Konzepte gegen das Vergessen entwickelt werden und die Ereignisse der damaligen Zeit an die nachfolgenden Generationen als Mahnung weitergegeben werde. Stamm erinnerte sich an eine Debatte im Landtag, bei der es darum ging, einen Besuch im ehemaligen Konzentrationslager Dachau für Schulklassen als Pflicht einzuführen. Die ehemalige Landtagspräsidentin hob auch die bereits verstorbene Historikerin Cordula Kappner hervor, die sich sehr stark mit dem jüdischen Leben von damals beschäftigt und hervorragende Aufklärungsarbeit hierzu geleistet hat. Ebenso gebührte Stamms Dank dem Trägerverein Synagoge Memmelsdorf und hier besonders der ersten Vorsitzenden Iris Wild und ihrem Stellvertreter Herbert Becker, der bereits seit der Gründung des Vereins vor 25 Jahren diesen Posten inne hat. Musikalisch begleitet wurde die Feier von Karin Meyer-Jungclaussen, die auf dem Akkordeon festliche Lieder aus der jüdischen Kultur spielte. Rabbinerin Antje Yael Deusel aus Bamberg sprach Gebete auf hebräisch und gedachte den Opfern, nachdem Bürgermeister Helmut Dietz die Namen der letzten 18 Mitglieder der jüdischen Gemeinde Memmelsdorf verkündet hatte und für jeden dieser Menschen eine Kerze angezündet wurde. Im Anschluss an die Veranstaltung war noch Raum zu Begegnung und zum Gedankenaustausch. Auch in das Goldene Buch der Gemeinde Untermerzbach sowie in das Gedenkbuch der Synagoge, trug sich Barbara Stamm ein."
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Mai 2019: Vortrag über die Geschichte einer teilweise aus Memmelsdorf stammenden jüdischen Familie 
Artikel von Christian Licha in der "Main-Post" vom 16. Mai 2019: "MEMMELSDORF. Eine jüdische Familie auf der Flucht in die Freiheit
Die wahre Geschichte der Flucht einer jüdischen Familie aus Fürth im Dritten Reich faszinierte und erschütterte zu gleich die Besucher am Mittwoch in der Synagoge Memmelsdorf. Helmut Schwarz schilderte in seinem bebilderten Vortrag die Erlebnisse, deren Quelle ein Buch eines der Nachfahren ist, das der ehemalige Direktor des Nürnberger Spielzeugmuseums ins Deutsche übersetzt hat. Die Vorsitzende des Träger- und Fördervereins Synagoge Memmelsdorf, Iris Wild, freute sich über das große Interesse an der Veranstaltung, zumal familiäre Wurzeln der Flüchtlingsfamilie in dem Untermerzbacher Ortsteil vorhanden sind. Der jüdische Geschäftsmann Moses Kohnstam, der in Fürth eine Spielwarengroßhandlung besaß, heiratete Babette Klein, die 1844 in Memmelsdorf geboren wurde. Aus der Ehe gingen acht Kinder hervor, von denen allerdings fünf recht früh verstarben. Die Firma handelte mit Spielwaren, hatte aber auch eigene innovative Ideen, die zum Patent angemeldet wurden. Die erste Eigenkreation war seinerzeit eine Sparbüchse mit Zählfunktion. Das Geschäft lief um die Jahrhundertwende blendend.
Alles zurückgelassen. Die Geschichte erzählt von Moses Kohnstams Enkel Hans Kohnstam, der 1932 in der Nürnberger Hauptsynagoge seine Frau Ruth Wetzler heiratete. Das Glück sollte aber nur von kurzer Dauer sein, denn mit der Machtergreifung der Nazis wurde ihnen das Leben sehr schwer gemacht. Sehr früh haben sich die Eheleute deshalb entschlossen, in die vermeintlich sicheren Niederlande zu flüchten. Im September 1933 täuschte Hans Kohnstam eine Geschäftsreise nach Amsterdam vor, von der er und seine Frau nicht mehr zurückkamen. Ihr gesamtes Hab und Gut mussten sie zurücklassen, später wurden sie offiziell enteignet. In diesem Zusammenhang beschrieb Helmut Schwarz den späteren Quelle-Chef Gustav Schickedanz als 'Günstling der Gauleiter', der sich ein Großteil des ehemals jüdischen Besitzes in Fürth zu einem Spottpreis gesichert hatte. In Amsterdam baute sich die Familie eine neue Existenz auf. Hans wurde Handelsvertreter, unter anderem für die damals größte europäische Schuhfabrik. Ruth arbeitete als Kindergärtnerin, bis sie 1936 Sohn Pieter zur Welt brachte. Im gleichen Wohnblock lebten damals Otto und Edith Frank, deren Tochter Anne einmal weltberühmt werden sollte. Zwischen den Familien entstand eine Freundschaft und Anne war Spielkameradin und Babysitterin von Pieter zugleich.
Die richtige Entscheidung. Als die deutsche Wehrmacht dann auch in die Niederlande einmarschierte und die Deportationsbefehle kamen, bot Otto Frank den Kohnstams an, sich zusammen mit ihm in einem geheimen Unterschlupf zu verstecken. Nach reiflicher Überlegung lehnte Hans Kohnstam dankend ab, denn er und seine Frau hielten es für besser, nach Argentinien zu flüchten, wo ein reicher Onkel von Ruth lebte. Diese Entscheidung sollte der Familie das Leben retten. Mit einem siebten Sinn für die überall lauernde Gefahr machten sich Hans und Ruth zusammen mit dem sechsjährigen Pieter auf den Weg nach Spanien, von wo aus sie mit dem Schiff nach Argentinien fahren wollten. Dank vieler Fluchthelfer, den so genannten Passeuren, ging der Weg quer durch Frankreich. Zahlreiche lebensgefährliche Situationen mussten die drei miterleben. So auch als sie die Demarkationslinie über den Fluss Cher überwinden wollten. Erst mussten sie mit ansehen, wie vor ihren Augen ein älteres Ehepaar im reißenden Wasser ertrank. Mit einem Boot gelang ihnen schließlich die Überfahrt, nach der sie von deutschen Grenzpatrouillien beschossen, aber nicht getroffen wurden. Während einer Übergangszeit in Chateauroux entschloss sich Ruth, auch anderen Flüchtlingen zu helfen. Sie schloss sich der Résistance an und wirkte bei 14 Hilfsaktionen mit. Im weiteren Verlauf der Flucht machten drei deutsche Soldaten in dem inzwischen besetzten südlichen Teil Frankreichs Jagd auf Sohn Pieter, der sich jedoch rechtzeitig verstecken konnte. Voller Angst steckte auch der Weg von Frankreich nach Spanien über die Pyrenäen, den sie dank der Fluchthelfer mit dem Zug meisterten. Als Gleisarbeiter getarnt fuhren Vater und Sohn zu ihrem angeblichen Arbeitsort. In einem Tunnel mussten sie auf einen parallel fahrenden Zug während voller Fahrt überspringen, der sie nach Spanien brachte. Mutter Ruth wollte, getarnt als Heizer, zwei Tage später folgen. Sie wurde jedoch entdeckt und wurde in ein spanisches Frauengefängnis gebracht, in dem sie Monate verbringen musste, während ihr Mann vergeblich alle Anstrengungen unternahm, sie zu befreien. Schließlich war alles geschafft.
Keine Einreise ohne Taufe. Ihre Papiere waren in Barcelona zur Überfahrt mit dem Schiff angekommen, als sie schließlich erfuhren, dass Argentinien zur Einreise ein Dokument fordere, dass sie als getaufte Katholiken auswies. Ihren jüdischen Glauben nicht aufgeben wollend, suchten sie Hilfe bei dem spanischen Bischof Gregorio Modregoy Casans, der sich die gesamte Fluchtgeschichte anhörte. Er empfand es als Wunder, dass die Kohnstams überhaupt lebend in Barcelona ankamen und so verhalf er ihnen zu Taufscheinen, ohne dass sie ihren jüdischen Glauben aufgeben mussten. Am 10. Mai 1943 erfolgte schließlich die Passage nach Buenos Aires. Passenderweise hatte das Schiff den Namen 'Cabo de Buena Esperanza', was im Deutschen 'Kapp der guten Hoffnung' heißt. Später ließ sich das Ehepaar Kohnstam scheiden, denn sie hatten sich schon lange auseinandergelebt und nur die Flucht und ihr Sohn hatten sie noch zusammengeschweißt. Beide heirateten erneut und Hans Kohnstam kam 1966 zurück nach München. Dort lebte er noch 25 Jahre und verwirklichte seinen Lebenstraum, das Malen. Über 1000 Zeichnungen und Gemälde hat er hinterlassen, die 2001 dem jüdischen Museum in München übergeben wurde. Pieter Kohnstam blieb bei seiner Mutter, besuchte das Gymnasium, absolvierte eine Banklehre in der Schweiu und war schließlich als Einkäufer bei einem US-Pharmakonzern tätig. Seit den 1960-er Jahren lebt er in den USA. Dort schrieb er das Buch, das die Erlebnisse seiner Kindheit schildert.
Persönliches Treffen. Die Organisatorin des Vortragsabends, Ina Karg, erzählte über das persönliche Zusammentreffen mit Pieter Kohnstam im Juli 2016 in der Synagoge Memmelsdorf. Zusammen mit seiner Familie kam Kohnstam aus den USA angereist, um nach seinen familiären Wurzeln zu forschen. Dieses Jahr zu Pfingsten ist Pieter Kohnstam wieder in Deutschland. Hier wird ihm in Berlin ein Preis der Anne-Frank-Stiftung überreicht, den er für sein Engagement mit geschichtlichen Vorträgen in Schulen bekommt. Helmut Schwarz, der auch zahlreiche Veröffentlichungen zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte des Industriezeitalters sowie zu spielzeuggeschichtlichen Themen schrieb, wurde durch einen Anruf Kohnstams auf dessen Vergangenheit und sein Buch aufmerksam, dass er dann übersetzte. Die deutsche Fassung des Buches heißt 'Mut zum Leben' und ist im Ergon-Verlag Würzburg erschienen."  
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Hinweis: Seit Mai 2014 erinnert in Memmelsdorf und Untermerzbach (mit Umgebung) ein "Lehrpfad zur Geschichte des Fränkischen Landjudentums" an die frühere jüdische Geschichte des Ortes. Der Lehrpfad führt von der ehemaligen Synagoge in Memmelsdorf zum ehemaligen Bahnhofsgelände in Memmelsdorf und weiter nach Wüstenwelsberg, Gereuth, Obermerzbach und Untermerzbach zurück nach Memmelsdorf. Auf der Strecke liegen das Schloss des Schutzherrn der Memmelsdorfer Juden in Gereuth, der jüdische Friedhof in Untermerzbach, das Schloss Untermerzbach, der sogenannte Judenhof in Untermerzbach, die Synagoge in Memmelsdorf sowie der jüdische Friedhof in Memmelsdorf und die so genannten Rückertsteine.  
    
     

Links und Literatur  

Links:   

bulletwww.synagoge-memmelsdorf.de  
bulletWebsite der Gemeinde Untermerzbach    

Literatur:           
        Liste noch nicht erstellt 

bulletFranken Obpf Lit 010.jpg (75915 Byte)Hans-Peter Süss: Jüdische Archäologie im nördlichen Bayern. Franken und Oberfranken. Verlag Dr. Faustus Büchenbach 2010 (Reihe: Arbeiten zur Archäologie Süddeutschlands Band 25). Zu Memmelsdorf S. 87-89.
bulletSynagogen Schwaben Lit 201605.jpg (66457 Byte)Benigna Schönhagen (Hrsg.) im Auftrag der Stiftung Jüdisches Kulturmuseum Augsburg-Schwaben: Wiederhergestellte Synagogen. Raum - Geschichte - Wandel durch Erinnerung. 136 S. 40 Abb. ISBN: 978-3-95565-141-1. 14,90 €  Verlag Hentrich & Hentrich Verlag Berlin www.hentrichhentrich.de; Informationen und Bestellmöglichkeit auf Verlagsseite.  
In diesem Sammelband präsentieren erstmals elf Expertinnen und Experten aus dem Bereich der jüdischen Museen und Gedenkstätten Sanierungs- und Nutzungskonzepte, die im deutschsprachigen Raum seit den 1980er Jahren für Synagogengebäude entwickelt wurden, die die Zeit des Nationalsozialismus überdauert haben, aber ihrer Gemeinde beraubt wurden. Die Beispiele zeichnen den Bewusstseinswandel für den Umgang mit dem gebauten jüdischen Erbe in den letzten 30 Jahren nach und geben einen Überblick über die Entwicklung der nationalen Erinnerungs- und Gedenkkultur. Ein besonderes Augenmerk gilt der angemessenen Sicherung von Spuren der Geschichte in den Gebäuden wie den Möglichkeiten und Herausforderungen der musealen Arbeit und historischen Vermittlung an einem authentischen Ort.
Mit Beiträgen von Fritz Backhaus (Jüdisches Museum Frankfurt/Main), Ines Beese (Alte Synagoge Erfurt), Martina Edelmann (Jüdisches Kulturmuseum Veitshöchheim), Daniela Eisenstein (Jüdisches Museum Franken), Karlheinz Geppert (Gedenkstätte Synagoge Baisingen), Felicitas Heimann-Jelinek (xhibit.at, Wien), Martha Keil (Institut für jüdische Geschichte Österreichs, St. Pölten), Hanno Loewy (Jüdisches Museum Hohenems), Hansfried Nickel (Synagoge Memmelsdorf: S. 42-52: "Lernort Synagoge: Spuren erzählen Geschichte - ein Beispiel für das Zusammenwirken von restauratorischem und didaktischem Konzept"), Benigna Schönhagen und Souzana Hazan (Jüdisches Kulturmuseum Augsburg-Schwaben)     
bulletIna Karg: Alte Synagoge Memmeldorf. In: Jüdisches Leben in Bayern Jg. 24 Nr. 140 vom 19. Dezember 2019 S. 23-24 (als pdf-Datei eingestellt).  
bullet Ilse Vogel: Emanzipation - und dann? Die Geschichte der jüdischen Familien Ottenstein und Bing über fünf Generationen. Verlag Ph.C.W. Schmidt 2019. ISBN 978-3-87707-163-2 Preise 29,00 €. Bestellbar über den Verlag: www.verlagsdruckerei-schmidt.de   E-Mail verlag@verlagsdruckerei-schmidt.de  
zum Inhalt des Buches: Ottenstein gab es ab 1817 in Pahres, auch in Diespeck und Neustadt an der Aisch, Bing kamen aus Scheinfeld und Memmelsdorf in Unterfranken - in Gunzenhausen begegneten sie sich zum ersten Mal. Bald lebten die Ottenstein in Bamberg, später in Fürth und Nürnberg, Bing etablierten sich ab 1865 in Nürnberg. Im heutigen Nürnberg erinnert nichts mehr an die Familien Ottenstein, Nachkommen leben in Holland, England und Schweden. Der Name Bing dagegen lebt weiter als Bingstraße in Zabo und als Binghöhle, der viel besuchten Tropfsteinhöhle in der Fränkischen Schweiz, Nachkommen gibt es unter anderem in USA und in Israel. Das Buch berichtet von der 200-jährigen deutschen Geschichte der jüdischen Familien Ottenstein und Bing: Ottenstein in Pahres - Religionslehrer und Cantor in Bamberg - Ottenstein in Fürth - Hopfenhandlung in Nürnberg - Gründer der Victoria Werke - Gebr. Bing, Blechspielwaren - Ignaz Bing als Höhlenforscher - Reise-Erinnerungen - Die Kriegsgeneration - Die Erbengeneration: Nachkommen - Antisemitismus - Entkommen - Der Kampf um Erstattung - Die Frauen der Ottenstein - Zerstörte Biographien. Inhaltsbeschreibung aus dem Flyer zum Buch.     

     
     


 

Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the Holocaust". 
First published in 2001 by NEW YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad Vashem Jerusalem, Israel.

Memmelsdorf, Lower Franconia.  Jews first arrived during the Thirty Yeas War (1608-1648). A synagogue was built in the first third of the 19th century, a cemetery was consecrated in 1835, and a Jewish public school operated from 1819 to 1912. The Jewish population reached a peak of 97 in 1890 (total 596) and fell to 25 in 1933. On Kristallnacht (9-10 November 1938), the synagogue was vandalized. In 1933-1939, 24 Jews left for other German cities, 11 of them for Munich.     
        
         

                   
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Stand: 30. Juni 2020