Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Ingelheim (Landkreis Mainz-Bingen)
Jüdische Geschichte / Synagoge

Zur jüdischen Geschichte in Ingelheim sowie aktuellen Aktivitäten und Informationen 
siehe vor allem auch die Seiten des Deutsch-Israelitischen Freundeskreises Ingelheim e.V. 
www.dif-ingelheim.de   

Übersicht:  

bulletZur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
bulletBerichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde   
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer/Vorbeter und der Schule   
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde   
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Einzelpersonen 
Kennkarten aus der NS-Zeit    
bulletZur Geschichte der Synagoge   
bulletFotos / Darstellungen  
bulletErinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte  
bulletLinks und Literatur   

    

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english version)       
   
Ingelheim am Rhein entstand 1939 durch Zusammenlegung von Ober-Ingelheim, Nieder-Ingelheim und Frei-Weinheim. Zur Stauferzeit bestand eine bürgerliche Siedlung neben der Kaiserpfalz in Nieder-Ingelheim. Vermutlich waren hier Juden im 14. Jahrhundert ansässig, da ein Ingelheimer Gerichtsbuch des 14. Jahrhunderts einen Judeneid enthielt und 1368 eine "Judengasse" genannt wird. Nach den Judenverfolgungen 1348/49, in deren Zusammenhang Ingelheim jedoch nicht genannt wird, sind 1424 erstmals Juden (eine Familie) in Nieder-Ingelheim urkundlich nachweisbar. Später lebte hier ein Jude mit dem Beinamen Bacharach (1434). Im 15. Jahrhundert sind nach Ingelheim benannte Juden in Bingen und Mestre bei Venedig genannt. Von einer Vertreibung der Juden aus der Stadt ist nichts bekannt. So lebten möglicherweise vom 16. Jahrhundert bis zur ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts fast durchweg Juden in der Stadt. 
 
1719 wurden fünf jüdische Haushaltungen registriert. 1803 erreichten die 56 jüdischen Einwohner einen Anteil von etwa 4 % der Gesamtbevölkerung des Ortes. 1824 lebten 128 Juden in Ober-Ingelheim und 21 in Nieder-Ingelheim. Die höchste Zahl jüdische Einwohner wurde in Ober-Ingelheim um 1850 mit 200 Personen, in Nieder-Ingelheim um 1926 mit 60 Personen erreicht. Jeweils danach ging in beiden Orten die Zahl zurück. Bis zu Beginn der NS-Zeit spielten die jüdischen Einwohner der Stadt eine hervorragende Rolle im wirtschaftlichen und kulturellen Leben. 
 
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge (s.u.), eine Religionsschule, ein rituelles Bad und einen Friedhof. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war (vgl. die Ausschreibungen der Stelle unten). Letzter jüdischer Lehrer war seit 1908 Louis (Ludwig) Langstädter (siehe unten). Die Gemeinde gehörte zum Rabbinat in Bingen.   
  
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde Erwin Bonné und Julius Levy (geb. 31.3.1897 in Ober-Ingelheim, gef. 6.1.1916). Ihre Namen stehen auf dem Denkmal für die Gefallenen des Ersten Weltkrieges vor der Burgkirche. Außerdem ist gefallen Offz.St. Dr. Hugo Mattes (geb. 17.11.1879 in Ober-Ingelheim, vor 1914 in Mainz wohnhaft, gef. 14.9.1915).     
   
Um 1925
, als noch 82 jüdische Einwohner in Ober-Ingelheim und 49 in Nieder-Ingelheim gezählt wurden, waren die Vorsteher der jüdischen Gemeinde: Joseph Eisemann, Ferdinand Oppenheim, Gustav Nußbaum (letzterer in Nieder-Ingelheim). Als Volksschullehrer, Religionslehrer und Kantor wirkte der bereits genannte Louis Langstädter (bis 1938/39). Damals gab es noch 12 schulpflichtige jüdische Kinder am Ort (im Schuljahr 1932/33 noch 9). An jüdischen Vereinen bestanden: Ein Israelitischer Männerverein, ein Israelitischer Frauenverein (Ziele Wohltätigkeit, Sterbekasse), ein Israelitischer Wohltätigkeits-Verein (Ziel Unterstützung Hilfsbedürftiger), eine Ortsgruppe des Central-Vereins und ein Israelitischer Jugendbund. 1932 waren die Vorsteher der Gemeinde: Ferdinand Oppenheimer (1. Vorsteher und Schriftführer), Willy Kahn und Gustav Nußbaum. 
   
1933 lebten noch 134 jüdische Personen in Ober- und Nieder-Ingelheim. Ein größerer Teil von ihnen konnte im Zuge der Folgen des wirtschaftlichen Boykottes, der zunehmenden Restriktionen und antijüdischen Maßnahmen der Nationalsozialisten in den folgenden Jahren auswandern oder verzog in andere Orte Deutschlands. Im September 1942 wurden die letzten Juden aus Ober-Ingelheim deportiert. 
    
Von den in Ingelheim geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Recha Abraham geb. Bonné (1863), Anna Baum (1868), Emma Baum (1875), Lina Bloemendal geb. Kahn (1873), Manfred Bloemendal (1907), Emilia Cohen geb. Levas (1878), Paula Dammann geb. Raphael (1879), Flora Daniel geb. Strauss (1904), Paula (Pauline) Doiny geb. Kahn (1879), Ernst Eisemann (1891), Marius Eisemann (1890), Thekla Eisemann geb. Teutsch (1902), Irma Glas geb. Strauss (1913), Emmy (Emy) Hahn geb. Mayer (1905), Johanna Hausmann geb. Stern (1862), Rosa Hene geb. Dreyfuss (1864), Bertie (Birdie) Kahn geb. Lichtenberger (1888), Emilie Kahn geb. Loeb (1879), Eugen Kahn (1872), Fritz Kahn (1910), Henri Kahn (1900), Wilhelm (Willy) Kahn (1880), Alfred Koch (1886), Lina Koch (1881), Elisabeth Langstädter geb. Kahn (1895), Louis (Ludwig) Langstädter (1878), Erna Loeb geb. Kahn (1905), Ernst Loeb (1891), Günther Loeb (1927), Sigmund Loeb (1865), Selma Maas geb. Nathan (1888), Berthold Marx (1861), Ferdinand Mayer (1887), Johanna Mayer geb. Kapp (1880), Margot Lea Mayer (1922), Olga Philipine Mayer geb. Mayer (1886), Otto Friedrich Mayer (1882), Robert Heinrich Mayer (1888), Catherina Meyer geb. Hertz (1882), Max Michel (1868), Else Neumann geb. Bender (1888), Hedwig Neumann geb. Roos (1883), Lilly Neumann geb. Mayer (1882), Moritz Neumann (1880), Lotte Nussbaum (1920), Anita Oppenheimer (1923), Sophie Oppenheimer geb. Stein (1874), Werner Moritz Oppenheimer (1921), Fanny Raphael (1869), Ida Rosenau geb. Stern (1864), Ernst Arthur Schäfer (1894), Betty Schäfer geb. Bendorf (1904), Inge Schäfer (1927),  Anna Schönthal geb. Kahn (1875), Auguste Stern (1878), Ida Stein (1884), Emma Stern geb. Oppenheimer (1851), Hedwig Stern (1877), Emma Strauss geb. Gärtner (1879), Anna Friederike Wertheim geb. Oppenheimer (1903), Josef Wertheim (1895), Renate Wertheimer (1935), Albert Wolf (1879), Bertha Wolf geb. Oppenheimer (1856), Frieda Wolf (1883).  
    
    
    
Aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde 
   
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer / Vorbeter und der Schule   
Ausschreibungen der Stelle des Hilfsvorbeters 1890 und des Religionslehrers und Kantors 1892 / 1903 / 1908   

Ingelheim Israelit 28071890.jpg (23197 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. Juli 1890: "1 Hilfsvorbeter für Neujahr und Versöhnungstag gesucht. Offerten beliebe man an den Vorstand der israelitischen Gemeinde Ober-Ingelheim einzusenden."
  
Nachfolgende Ausschreibung wurde nach dem Weggang von Kantor Hermann Zivi (s.u.) notwendig:
Ingelheim Israelit 28121892.jpg (55189 Byte) Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. Dezember 1892: "Lehrer- und Kantorstelle vakant. 
Zum baldigen Eintritt wird ein tüchtiger, seminaristisch gebildeter Lehrer und Kantor gesucht. Nur solche, die über gute Stimm-Mittel verfügen und imstande sind, einen bestehenden Synagogen-Chor selbständig zu leiten, wollen Abschriften ihrer Zeugnisse sofort anher einsenden. Gehalt beträgt bei freier Dienstwohnung 1.200 Mark pro Jahr. Ober-Ingelheim am Rhein, 18. Dezember (1892). Der israelitische Vorstand."
  
Ingelheim Israelit 09021903.jpg (50620 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. Februar 1903: "Die Stelle eines Religionslehrers und Kantors dahier ist zu besetzen. Gehalt 1.200 Mark und freie Wohnung. Seminaristisch gebildete musikalische Bewerber, welche im Stande sind. einen Synagogenchor selbstständig zu leiten, wollen sich mit Zeugnisabschriften, welche nicht zurückfolgen, an untenstehende Stelle melden. 
Der Vorstand der israelitischen Gemeinde Ober-Ingelheim
."    
  
Ingelheim Israelit 16019108.jpg (78873 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16. Januar 1908: "Die hiesige Religionslehrer- und Kantorstelle ist bis zum 15. März laufenden Jahres neu zu besetzen, seminaristisch gebildete Reflektanten, welche auch einen Synagogen-Chor leiten können, wollen sich unter Einsendung der Zeugnisse bei unterzeichneter Stelle melden. Das Gehalt als Kantor beträgt bei freier Wohnung pro Jahr 700 Mark. 
Das Gehalt des Lehrers je nach dem Dienstalter von 900 Mark anfangend. Die Lehrerstelle ist staatliche und pensionsberechtigt. Außerdem sind noch einige hundert Mark sicherer Nebenverdienst. 
Der Vorstand der israelitischen Gemeinde Ober-Ingelheim
."   

  
Reichstagsabgeordneter Dr. Ludwig Bamberger spendet für die Bürgerschule (1890)    

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. November 1890: "Aus Rheinhessen. Der Reichstagsabgeordnete Dr. Ludwig Bamberger hat zur inneren Einrichtung der neu errichteten Bürgerschule zu Ober-Ingelheim die Summe von 3.000 Mark gespendet."  

    
Lehrer Joseph Klingenstein wirbt für Fortbildungskurse für jüngere jüdische Lehrer (1888)      

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 14. Juni 1888: "Ober-Ingelheim, 3. Juni (1888). Es ist öfters ausgesprochen worden, dass sogenannte Fortbildungskurse für jüngere jüdische Lehrer viel zur Förderung des Religionsunterrichts in unseren Schulen beitragen könnten. Wenn strebsame, ihrem Berufe treu ergebene junge Männer sich während ihrer Ferien, also auf etwa 3-4 Wochen jährlich und 2-3 Jahre hintereinander in einer geeigneten Stadt aufhalten würden, wo ihnen durch gute Vorträge insbesondere in der Pädagogik und Methodik und in den Religionswissenschaften Anregungen zu ernster und fördernder Fortbildung gegeben würde, und wo sie zugleich durch Einblicke in wohlgeordnete Lehranstalten praktische Anleitung im Unterrichten erhielten, so müsste dies unstreitig von außerordentlich segensreichem Einflusse auf die pädagogische und religionswissenschaftliche Bildung unseres Lehrernachwuchses, auf die methodische Ausgestaltung des Religionsunterrichts und insbesondere auch auf die Hebung des Lehrerstandes sein. 
 Ich kann nun zu meiner Freude hier mitteilen, dass die Ausführung des Planes mindestens für einen kleinen Kreis nicht mehr außerhalb des Bereiches der Möglichkeit liegt; ich darf sogar die Hoffnung aussprechen, dass sie für diesen Kreis der Verwirklichung nahe liegt. Männer von Kopf, Herz und Hand haben sich bereit erklärt, ausreichende Mittel für Verwirklichung des Planes zu beschaffen. Es ergeht nun an alle Freunde des jüdischen Lehrerstandes und der jüdischen Schule, an alle diejenigen, die ein Interesse an der Verwirklichung dieses Gedankens haben, die Bitte, dem Unterzeichneten möglichst schnell ihre Ansicht über den Plan im Allgemeinen, über die Art seiner Ausführung und so fort ausführlich mitteilen zu wollen. Ich fordere zugleich Lehrer mit ordentlicher Vorbildung - etwa bis zum 30. Lebensjahre und in einem Umkreise von 50 Kilometer um Frankfurt - auf, mir ungesäumt Nachricht zu geben, ob sie, etwa unmittelbar nach den Herbstfesten, auf 3 Wochen in ihrer Gemeinde abkömmlich und bereit sind, während dieser Zeit an einem solchen Kurse teilzunehmen. Bemerken muss ich, um nciht übergroße Hoffnungen rege zu machen, dass vorläufig nur etwa zehn Teilnehmende in Aussicht genommen werden können. Joseph Klingenstein."         

    
Gründung des Vereins der israelitischen Lehrer des Großherzogtums Hessen - erster Vorsitzender: Lehrer Klingenstein aus Ober-Ingelheim (1890)       

 Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 13. Juni 1890:  "Aus Rheinhessen, 6. Juni (1890). Gestern fand im israelitischen Gemeindesaale in Mainz die Gründung eines Vereins der israelitischen Lehrer des Großherzogtums Hessen statt. Es waren ungefähr 35 bis 40 Lehrer und die Herren Rabbiner Dr. Salfeld aus Mainz und Dr. Stein aus Worms anwesend. Zum Vorsitzenden wurde Herr Lehrer Klingenstein - Ober-Ingelheim gewählt. Es wurde sodann eine Kommission gewählt zum Entwurf von Stauten und eine andere zum Entwurf eines Denkschrift, welche bei der Regierung eingereicht werden und in der die traurigen Missstände, die auf dem Gebiete des Schulwesens in unserem Lande herrschen, dargelegt und die Regierung ersucht werden soll, dieselben abzustellen. Besonders erfreulich war die rege Beteiligung der beiden Herren Rabbiner an den Debatten, welche sich noch über manche Verhältnisse des religiösen Leben erstreckten, und trat hier so recht die Zusammengehörigkeit der beiden Stände, die von jeher eins im Judentum waren, wohltuend hervor. Hoffen wir, dass die Begeisterung, wie sie sich gestern für den Verein kund gab, nachhaltig wirke! Die nächste Versammlung wird in Darmstadt stattfinden. Ein gemeinschaftliches Mal mit verschiedenen Toasten folgte den Verhandlungen, und bis zum späten Abend verbrachten noch viele Besucher der Versammlung vergnügte Stunden gemütlichen Beisammenseins im goldenen Mainz. Auf ein Ergebenheits-Telegramm, das dem Großherzog gesandt wurde, traf die Antwort ein: 'Aufrichtigen Dank für die ausgesprochene Gesinnung des neuen Vereins. Ludwig.' Möge der neue Verein blühen und gedeihen!"           

     
Zum Tod des Kantors und Lehrers Joseph Klingenstein (1890)  

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17. November 1890: "Oberingelheim, 13. November (1890). Herr Joseph Klingenstein, Kantor der hiesigen israelitischen Gemeinde und Lehrer an der hiesigen Kommunalschule, ist heute plötzlich verschieden. Derselbe gab in den 60er-Jahren eine Zeitung für jüdische Lehrer heraus. Er huldigte der Reform."   
 
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 20. November 1890: "Oberingelheim, 17. November (1890). Gestern wurde einer der Edelstein unserer Lehrerwelt zu Grabe getragen: Josef Klingenstein weilt nicht mehr unter den Lebenden. Ein Schüler Diesterwegs, stand er Zeit seines Lebens im Kampfe für Fortschritt und Reform in erster Reihe. Seine Verdienste um die jüdische Lehrerschaft, wie um das jüdische Lehrwesen in Deutschland sind bedeutend. Er war Mitbegründer der 'Achawa', der er bis zu seinem Tode als Vorstandsmitglied angehörte; Jahre hindurch war er Leiter des 'Synodalblattes' und der 'Jüdischen Schulzeitung'. Noch wenige Monate vor seinem Hinscheiden hat er die israelitischen Lehrer Hessens zu einem Verbande zusammengerufen. Auf den Synoden und dem ersten Gemeindetag wirkte er eifrig mit, beim deutsch-israelitischen Gemeindebund bekleidete er das Amt eines Delegierten und nahm an der Schulmännerversammlung zur Ausarbeitung des Normalplans für die einklassige Volksschule im Jahre 1884 tätigen Anteil. Möge dem wackeren Lehrer die Erde leicht sein!"      
 
  Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 27. November 1890: "Frankfurt am Main, 18. November 1890: "Im nahezu vollendeten 63. Lebensjahr starb am 13. dieses Monats infolge eines Herzschlags der in weiten Kreisen bekannte Lehrer in Ober-Ingelheim, Herr Joseph Klingenstein. Am 16. dieses Monats fand die Beerdigung statt. Von der großen Beliebtheit und Verehrung, deren sich der Heimgegangene zu erfreuen hatte, zeugte die überaus zahlreiche Beteiligung und die allgemeine Trauer aller derjenigen, die dem hingeschiedenen Freunde oder Lehrer die letzte Ehre erwiesen. Am Grabe sprachen die Herren Rabbiner Dr. Grünfeld von Bingen und Dr. Salfeld von Mainz sowie die Herren Adolf Teblée von Frankfurt und Karl Marx von Alsheim, die in warmen Worten des Verstorbenen hohe Verdienste um Schule und Gemeinde hervorhoben. Schmerzlich schwer aber muss die 'Achawa', deren unvergesslicher Stifter Klingenstein gewesen, den Tod des wackeren Mannes empfingen, in dessen Herzen sich die Menschenliebe einen Altar errichtet hatte. Mit wahrem Feuereifer, mit unermüdlicher Tatkraft hatte unser entschlafener Freund vor einem Vierteljahrhundert seinen Lieblingsgedanken zur Ausführung gebracht und den Verein 'zur Unterstützung hilfsbedüftiger israelitischer Lehrer, Lehrer-Witwen und Waisen in Deutschland' ins Leben gerufen. Ihm war die beglückende Freude beschieden, am Abend seines Lebens sein edles Werk zu einer achtunggebietenden Stellung heranwachsen zu sehen. Die Saat, die er ausgestreut, hat tiefe Wurzeln geschlagen und reiche segenbringende Früchte getragen. Darum ehren und preisen wir den Namen des wackeren Mannes, in dessen bescheidenem Wesen sich Seelenadel, Charakterfestigkeit und Gesinnungshoheit nie verleugneten, die sein Sinnen und Streben, sein Wollen und Wirken zeitlebens leiteten. Das Andenken des für Humanität begeisterten, für Geistesfreiheit und Geistesfortschritt, für Recht und Wahrheit stets kampfbereiten Mannes werden wir allezeit warm im Herzen tragen und mit Dankbarkeit in Ehren treu bewahren. Frieden seiner Asche! Der Vorstand der 'Achawa'. in dessen Namen: Adolf Teblée."   

   
Erinnerung an Lehrer Joseph Klingenstein bei einer Vereinsversammlung (1891)   
Anmerkung: auch auf der Generalversammlung des israelitischen Lehrervereins des Großherzogtums Hessen im Juni 1891 in Darmstadt wurde in besonderer Weise an Lehrer Klingenstein gedacht, zumal er seine Bibliothek dem Verein vermacht hatte, siehe Bericht zu dieser Generalversammlung.        

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 15. Januar 1891: "Aus Rheinhessen, 2. Januar (1891). Vor einigen Tagen fand die jährliche Sitzung des Vorstandes der 'Achawa', Verein zur Unterstützung israelitischer Lehrer, Lehrerwitwen und -waisen Deutschlands, in Frankfurt am Main statt. Leider vermissten wir diesmal den Gründer und seit dem Bestehen Vorstandsmitglied des Vereins, Herrn Lehrer Klingenstein aus Ober-Ingelheim, der kürzlich das Zeitliche gesegnet. Sein Hinscheiden wird eine umso größere Lücke im Verein hinterlassen, als er nicht nur der Schöpfer genannten Vereins, der heute als einer der segenbringendsten in ganz Deutschland bezeichnet werden darf, gewesen, sondern auch durch sein unermüdliches und opferwilliges Wirken dem Verein stets neue Einnahmequellen zu erschließen wusste. Sein Andenken wird unter den Mitgliedern ein gesegnetes sein und bleiben...."  
Zum weiteren Lesen des Artikels, der keinen weiteren direkten Bezug zur jüdischen Geschichte in Ingelheim mehr enthält, bitte Textabbildung anklicken! 
   

      
Zum 70. Geburtstag des Oberkantors Hermann Zivi, ca. 1890 bis 1892 Kantor und Lehrer in Ober-Ingelheim (Artikel von 1937)  

Ingelheim CV-Zeitung 20051937.JPG (113100 Byte) Artikel in der "CV-Zeitung" vom 20. Mai 1937: "Oberkantor Zivi 70 Jahre. Am 19. Mai feierte Oberkantor Hermann Zivi seinen 70. Geburtstag. Es gilt. dem vorbildlichen Kollegen, dem zielbewussten Musiker herzlichste Glückwünsche darzubringen. Geboren am 19. Mai 1867 in Müllheim in Baden, absolvierte Zivi das Lehrerseminar in Karlsruhe, wo er auch für den Kantorenberuf vorbereitet wurde. Von Ober-Ingelheim aus, seiner ersten amtlichen Wirkungsstätte als Kantor und Lehrer, bildete er sich auf gesangstechnischem und kompositorischem Gebiete in den Konservatorien zu Frankfurt am Main und Mainz weiter. Der Ruf seiner Baritonstimme und seiner kantoralen Vortragskunst führte ihn 1893 nach Düsseldorf und 1898 nach Elberfeld, wo er Jahrzehnte hindurch segensreich wirkte. Weit darüber hinaus erwarb er sich anerkennende Würdigung durch seine synagogalen und weltlichen Kompositionen. Er schuf einen Freitag-Abend-Gottesdienst und einen Abend-Gottesdienst für Scholosch regolim, in denen er die Mitwirkung der Gemeinde besonders berücksichtigte. Neben einer stattlichen Anzahl anspruchsvollerer Kompositionen für die Synagoge errang Zivi auch auf dem Gebiet weltlicher Musik schöne Erfolge; hervorzuheben sind u.a. die sinfonische Dichtung 'Über Babylon und Rom' und die zur 300-Jahr-Feier der Stadt Elberfeld komponierte Festhymne. Von Zivis umfassender literarischer Betätigung legen zahlreiche Veröffentlichungen beredtes Zeugnis ab, die sich mit der jüdischen Musik beschäftigen. So darf der Jubilar mit Genugtuung auf ein gesegnetes Leben zurückblicken, reich an Arbeit und wohlverdienter Anerkennung. Mögen Hermann Zivi noch viele Jahre in Gesundheit und Rüstigkeit beschieden sein. E. Kirschner, München."

    
Über den Lehrer Louis (Ludwig) Langstädter (seit 1908 Lehrer in Ingelheim)   

Memmelsdorf KK MZ Langstaedter Louis.jpg (94215 Byte)Links: Kennkarte für Louis Langstädter (Bingen 1939; Quelle für die Kennkarte siehe unten bei den anderen Kennkarten) 
Louis (Ludwig) Langstädter ist am 6. April 1879 in Memmelsdorf geboren; er war verheiratet mit Elisabetha (Betty) geb. Kahn. Seit 1908 (vgl. Ausschreibung der Stelle oben) war er Kantor, Prediger und Lehrer der jüdischen Gemeinde in Ingelheim sowie Leiter des Synagogenchores, zugleich Religionslehrer an der Höheren Bürgerschule in Ingelheim (bis zur Dienstenthebung durch die Nationalsozialisten 1933). Im Ersten Weltkrieg war er im Militärdienst von 1914 bis 1918. Auch außerhalb von Schule und jüdischer Gemeinde war er engagiert; so war er Dirigent des Arbeitsgesangvereins Ober-Ingelheim. Beim Novemberpogrom 1938 wurde seine Wohnung im Gebäude der Synagoge überfallen, dabei wurde er schwer misshandelt. Seit 1939 wohnte das Ehepaar Langstädter in Mainz (Untere Zahlbacher Str. 11). Am 30. September 1942 wurden Ludwig und Elisabetha Langstädter von Mainz aus in ein Vernichtungslager (vermutlich Treblinka) deportiert und ermordet. In Ingelheim erinnert seit November 2010 die "Ludwig-Langstädter-Straße" an den früheren Lehrer.     
Vgl. http://www.ingelheim.de/newsdetails.html?&tx_ttnews[tt_news]=59579&tx_ttnews[backPid]=1&cHash=e97164ee5b    
http://www.ingelheimer-geschichte.de/index.php?id=648    
http://www.dif-ingelheim.de/stolpersteine/ludwig-langstadter/         

  
"Kleiner Kulturkampf" um die Besetzung einer Lehrerstelle (1921) 

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 4. Februar 1921: "Mainz, 28. Januar (1921). Ein kleiner Kulturkampf im benachbarten Ober-Ingelheim um die Besetzung einer Lehrerstelle ist in der hiesigen Gemeinde ausgebrochen. Im Gemeinderat stand die Frage der Anstellung eines israelitischen Lehrers zur Abstimmung. Der Schulvorstand hatte sich dagegen ausgesprochen, da nur zwei israelitische Kinder die Volksschule besuchen, während auf jeden der fünf evangelischen Lehrer je 56 evangelische Schüler, auf jeden der drei katholischen Lehrer 52 katholische Schüler und auf den frei-religiösen Lehrer 28 freireligiöse Kinder kommen. Da keine der  genannten drei Konfessionen auf eine ihr bisher zugestandene und innegehabte Lehrerstelle verzichten will, lehnte der Schulvorstand die Anstellung des israelitischen Lehrers Landstädter ab. Der Gemeinderat stimmte dagegen mit 12 gegen 5 Stimmen für die Anstellung des israelitischen Lehrers. Die Entscheidung liegt jetzt bei der Schulbehörde."  

    
    
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde 
Zum Tod des Kriegsveteranen von 1870 Louis Mayer im Dezember 1887

Ingelheim Israelit 22121887.jpg (102425 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 22. Dezember 1887: "Nieder-Ingelheim, 18. Dezember (1887). Dem 'Mainzer Anzeiger' wird von hier geschrieben. Heute wurde Herr Louis Mayer von hier auf dem israelitischen Friedhofe beerdigt. Der Verstorbene hatte den Feldzug von 1870 mitgemacht. Der Kriegerverein mit seiner Musik gab demselben in würdiger Weise das Geleite, und die üblichen Salven am Grabe konnten es weithin verkünden, dass hier noch nicht die giftige Aussaat (sc. der Antisemitismus) Wurzel geschlagen hat, welche man von gewisser Seite aus als die heilsamste für die Zukunft des Vaterlandes und der Menschheit anpreist. Solche Beerdigungen jüdischer Krieger, die ja nicht weniger zahlreich im Verhältnisse sind, als die der Christen, sollten doch den konservativen '*Nationalen' und 'Reichsfreunden', die einem Böckel zujauchzen, zu denken geben. Der Redner am Grabe gab diesem Gedanken auch ungescheut Ausdruck."

     
   
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen 
Anzeige von Heinrich Koch (1890)  

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. November 1890: "Ein Mädchen von 15-16 Jahren als Kindermädchen zu zwei Buben von 5 Jahren auf Weihnachten gesucht. Offerten mit Gehaltsansprüchen an 
Heinrich Koch, Nieder-Ingelheim."     

  
Buchhalterin sucht Stelle (1901)
    

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. September 1901: 
"Tüchtige Buchhalterin, 
gewandt im Korrespondieren, schreibmaschinen- und sprachenkundig, sucht Stelle in der Nähe von Mainz. Reser. Offerten unter R.E. postlag. Oberingelheim".   

   
Anzeige der Metzgereien Max Jesselsohn und L. Mayer bzw. Mayer & Jesselsohn (1901 / 1903)
  

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 15. Juli 1901: 
"Suche einen kräftigen Lehrling 
und kräftigen Burschen für Metzgerei. 
Max Jesselsohn
, Nieder-Ingelheim."     
 
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. November 1901: 
"Koscher 
Rauchfleisch
, sowie Spezialität in Fleischwurst empfiehlt 
L. Mayer
, Metzgerei, Nieder-Ingelheim (Rheinhessen). 
Auch wird daselbst ein kräftiger Lehrling gesucht."    
 
Anzeige im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 24. Juli 1903: 
"Suchen per sofort einen kräftigen Lehrjungen  
aus anständiger Familie in unserer Metzgerei. 
Mayer & Jesselsohn, Nieder-Ingelheim."   

       
Anzeige von Frau Dr. Marx (1916)  

Anzeige im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 29. Dezember 1916: 
"Suche für sofort junges, gebildetes Mädchen  
zu 2 Kindern von 6 und 3 Jahre. Dieselbe muss aber auch leichte Hausarbeit mit versehen. 
Angebote mit Gehaltsansprüchen an 
Frau Dr. Marx  Niederingelheim am Rhein." 

         

Kennkarten aus der NS-Zeit            
               
Am 23. Juli 1938 wurde durch den Reichsminister des Innern für bestimmte Gruppen von Staatsangehörigen des Deutschen Reiches die Kennkartenpflicht eingeführt. Die Kennkarten jüdischer Personen waren mit einem großen Buchstaben "J" gekennzeichnet. Wer als "jüdisch" galt, hatte das Reichsgesetzblatt vom 14. November 1935 ("Erste Verordnung zum Reichsbürgergesetz") bestimmt. 
Hinweis: für die nachfolgenden Kennkarten ist die Quelle: Zentralarchiv zur Erforschung der Geschichte der Juden in Deutschland: Bestände: Personenstandsregister: Archivaliensammlung Frankfurt: Abteilung IV: Kennkarten, Mainz 1939" http://www.uni-heidelberg.de/institute/sonst/aj/STANDREG/FFM1/117-152.htm. Anfragen bitte gegebenenfalls an zentralarchiv@uni-hd.de       
 
 Kennkarten zu Personen, 
die in Ingelheim geboren sind
 
 Ingelheim KK MZ Kahn Wilhelm.jpg (95431 Byte)  Ingelheim KK MZ Koch Lina.jpg (97261 Byte)   
   KK (Bingen 1939) für Wilhelm Kahn (geb. 13. Dezember 1880 in
 Ingelheim-Süd), Kaufmann, wohnhaft in Ingelheim und Mainz, am 25. März
 1942 deportiert ab Mainz - Darmstadt in das Ghetto Piaski, umgekommen   
 KK (Bingen 1939) für Lina Koch (geb. 23. Mai 1881 in Ingelheim),
 wohnhaft in Ingelheim und Mainz, am 25. März 1942 deportiert ab 
Mainz - Darmstadt in das Ghetto Piaski, umgekommen   
 
       
  Ingelheim KK MZ Mayer Margot Lea.jpg (96605 Byte) Ingelheim KK MZ Mayer Otto Friedrich.jpg (98624 Byte)  
  KK (Bingen 1939) für Margot Lea Mayer (geb. 31. Dezember 1922 
in Ingelheim), Haustochter, wohnhaft in Ingelheim, Bingen und Mainz, 
am 25. März 1942 deportiert ab Mainz - Darmstadt in das Ghetto Piaski, umgekommen  
KK (Bingen 1939) für Otto Friedrich Mayer (geb. 20. Juni 1882 
in Ingelheim, Weinkommissionär, wohnhaft in Ingelheim, Bingen
 und Mainz, deportiert in das Strafgefangenenlager Papenburg, 
umgekommen am 25. April 1942     
 
       
Weitere Kennkarten  Urspringen KK MZ Klein Josef.jpg (92481 Byte)    
  Kennkarte (ausgestellt in Mainz 1939) für Joseph Klein (geb. 27. Dezember 
1880 in Urspringen), Verwalter, wohnhaft in Ingelheim am Rhein und Mainz,
 am 27. September 1942 deportiert ab Darmstadt in das Ghetto Theresienstadt, 
am 19. Oktober 1944 in das Vernichtungslager Auschwitz, ermordet 
   

      
      
      
Zur Geschichte der Synagoge      
    
Schon im 18. Jahrhundert war vermutlich ein Betsaal vorhanden, der möglicherweise im Haus Stiegelgasse 25 eingerichtet war, das später Vorhaus zu der 1841 neu errichteten Synagoge wurde. Jahrelang sammelte die jüdische Gemeinde die Finanzmittel für einen Synagogenneubau, der im April 1840 von den Behörden genehmigt und in den folgenden Monaten erstellt wurde. Die Synagoge wurde in maurischem Stil ("schön copierter orientalischer Styl") erbaut und am 27. August 1841 durch Bezirksrabbiner Dr. Sobernheim aus Bingen feierlich eingeweiht. Noch vor der Einweihung unterzeichneten am 30. Juli 1841  die Gemeindevorsteher Leopold, Gerhard und Joseph Oppenheimer eine neue Synagogenordnung. Die Abtragung der Schulden wurde teilweise durch die Verpachtung der Synagogenstühle geregelt. Noch 1855 ging es bei der Verpachtung von frei gewordenen Stühlen in der Synagoge darum, dass diejenigen, die Geld zum Bau der Synagoge 1840 zur Verfügung gestellt hatten, Anspruch auf einen der Stühle hatte. 35 Personen hatten damals insgesamt 3896,30 Gulden gespendet. Da aber zwischen 1840/41 und 1855 zehn Personen der Religionsgemeinde verstorben oder in andere Orte verzogen waren, wurden bis 1855 auch zehn durch Spenden für den Synagogenbau erworbene Stühle frei. 

Kurzmeldung zur Einweihung der Synagoge in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 16. Oktober 1841: "Oberingelheim, 19. September (1841): A, 27. vorigen Monats wurde hier die neue, in orientalischem Stile herrlich gebaute Synagoge durch den Rabbiner Dr. Sobernheim eingeweiht".

Ausführliche Berichte zur Einweihung der Synagoge in Ingelheim und Beschreibungen der Verhältnisse der jüdischen Gemeinde um 1841 finden sich in zwei Artikeln in der Zeitschrift "Israelitische Annalen" vom 5. November 1841 und vom 12. November 1841:

Ingelheim IsrAnnalen 05111841.jpg (113282 Byte)1. Artikel vom 5.11.1841: "Rheinhessen. Oberingelheim, im Oktober 1841. - Es freut mich, Ihnen wieder einiges von hier für Ihre werten Annalen mitteilen zu können. - Ich glaube, dass es jedem Freund des Lichtes und des Fortschreitens wahrhaft erfreulich sein wird, zu hören, dass man auch in kleineren Gemeinden anfängt, andere und bessere Einrichtungen hinsichtlich des Kultus vorzunehmen. - Schon als ich Ihnen deshalb am 3. November 1839 berichtete, wurde hier der Anfang zu einem bessern und würdiger abzuhaltenden Gottesdienst gemacht und obschon der Raum der damaligen alten Synagoge sehr beschränkt war, so geschah im Verhältnis zu diesem Überstande mehr, als man selbst geglaubt hatte, leisten zu können. Man sah jedoch ein, dass diese Einrichtungen auch mit dem besten Willen nicht würden fortbestehen können, da oft des engen Raumes wegen, manche Störung unvermeidlich war. - Eine neue Synagoge zu erbauen, schien jedoch der kleinen Gemeinde, aus kaum 30 Mitgliedern bestehend, keine geringe Aufgabe, zumal da sie ganz kurz nacheinander den Ankauf eines Gemeindehauses, Einrichtung eines Schullokals, Erbauung eines Badehauses und der Ankauf sowie die Einfriedigung eines Begräbnisplatzes zu bestreiten hatte. Da kein Gemeindefonds vorhanden ist, so mussten diese Kosten teils durch freiwillige Gaben, teils durch Umlagen der Gemeindeglieder gedeckt werden. Hier kann man nun recht deutlich wahrnehmen, was der gute Wille und die Liebe zur Religion vermag. Trotz allen diesen Ausgaben brachte es der Vorstand mit Mut und Ausdauer dahin, die Gemeinde von der Notwendigkeit eines neu zu erbauenden Gotteshauses zu überzeugen, und obschon wie allenthalben, so auch hier, manches Schwierige zu bekämpfen war, so wurden doch zum Bau einer Synagoge 4.000 Gulden freiwillig unterzeichnet. Der Bau derselben wurde sogleich unternommen und herrlich ausgeführt; dieselbe ist in orientalischem Stil erbaut und hat deren zweckmäßige Bauart bei Kennern und jedem, der solche gesehen, gleichen Beifall gefunden.
Ingelheim IsrAnnalen 05111841b.jpg (135069 Byte)- Die Einweihung derselben fand am 27. August d.J. (sc. 1841) statt, ich hätte Ihnen über die Art und Weise, wie dieses Fest begangen wurde, schon früher berichtet, wenn ich nicht die Absicht gehabt hätte, Ihnen noch eine andere Festlichkeit, die drei Wochen später statt finden sollte zu beschreiben. - Zuvor also von der Einweihung selbst. Nachdem man am Freitag Mittag das Mincha Gebet in der alten Synagoge verrichtet und eine kurze Abschiedsrede in derselben abgehalten worden war, brachte man in Stille die Gesetzesrollen in das Vorderhaus der Synagoge; um drei Uhr nachmittags wurde die Synagoge geöffnet und die Eintretenden wurden am Portal derselben von den Festordnern empfangen und eingeführt; es ist wohl hier kaum nötig, zu bemerken, dass dieselbe bei der größten Vorsicht, die gebraucht wurde, bevor noch die Festlichkeit begann, schon besetzt war, das beim Beginn des Gottesdienstes fast niemand mehr eingelassen werden konnte. Um 4 Uhr wurden die Gesetzesrollen aus dem Vorderhaus von dem Rabbiner, Vorstand und Vorsänger abgeholt und in die Synagoge getragen, bei deren Erscheinen eine ergreifende Musik begann, während welcher man die Gesetzrollen in die heilige Lade brachte. Herauf wurde von dem hier bestehenden Sängerchor mit Begleitung der Musik unter der Leitung des Lehrers Herrn Schimmel, Ma tubu wechselseitig mit dem Vorsänger Herzfeld vorgetragen, und dann eben so mehrere Psalmen unter Musikbegleitung abgesungen; es folge nun der Segenspruch für Se. königliche Hoheit unsern Landesvater, welcher von dem eben genannten Herrn Schimmel nach schon früher hier eingeführter Weise, würdevoll vorgetragen wurde; hierauf wurde ein deutscher Choral abgesunden, und nun betrat der Rabbiner Herr Dr. Sobernheim aus Bingen die Kanzel und sprach ein wahrhaft ergreifendes Weihgebet, worauf dann die Schlussverse des eben erwähnten Chorals abgesunden wurden. Derselbe Prediger hielt sodann eine erbauliche, der Bedeutung des Tages angemessene Predigt, mit der man allgemein so zufrieden war, dass von vielen der Wunsch geäußert wurde, man möchte solche veröffentlichen; am Schluss dieser Predigt wurde der schöne Choral aus dem Johlsohn'schen Gesangbuch: "Sammelt euch, o Brüder," etc. abgesungen. der gewöhnliche Abendgottesdienst begann nur mit Chorgesang und Musikbegleitung nach der schön längst eingeführten Weise. Was die Gesänge nun im Allgemeinen betrifft, so wurden so präzis solche vom Chor und vom Vorsänger ausgeführt, dass dem mit der Leitung des Gesanges beauftragten Lehrer, Herrn Schimmel, sowie dem trefflichen Vorsänger Herzfeld die vollkommenste Anerkennung von allen Anwesenden wurde. - Die vielen Beamten, Geistliche usw., die sich zu diesem Feste zahlreich einfachen, waren mit der Anordnung und Abhaltung des Gottesdienstes, wie sie wiederholentlich erklärten, sehr befriedigt. 
Ingelheim IsrAnnalen 12111841a.jpg (95477 Byte)2. Artikel: Rheinhessen. Oberingelheim, im Oktober (Schluss). - Die zweite Feierlichkeit, welche vier Wochen nach der Einweihung der Synagoge statt fand, nämlich am 20. Oktober nachmittags 3 Uhr, ist die Konfirmation dreier Mädchen und zweier Knaben. Es ist dies das erste Mal, dass auch Mädchen mit konfirmiert wurden, um man war allgemein mit dieser Einrichtung zufrieden, ja, man bedauerte es, dass nicht schon früher der Anfang damit gemacht worden war. Sehr erfreulich war es uns, dass nebst vielen Fremden, auch diesmal andere Glaubensgenossen, Beamte, Geistliche, Schullehrer und angesehene Bürger sich einfangen, um der Feierlichkeit beizuwohnen. Um 3 Uhr ertönte das Ma Tobu, wechselnd zwischen Chor und Vorsänger in schöner Melodie. Hierauf folge ein Hallelujah, welches so schön als präzis vom Sängerchor vorgetragen wurde, dass es die Aufmerksamkeit des ganzen Auditoriums ansprach. Diesem folgte nun ein schöner deutscher Choral aus Johlsohn's Gesangbuch, welcher die Gemüter zu der heiligen Handlung vorbereitete. Dann trat Herr Lehrer Schimmel auf die Kanzel, die Konfirmanden in feierlicher Stille traten zur Rechten und Linken derselben hin, und nun hielt der Obergenannte eine herzliche und ergreifende Anrede an die Gemeinde, worin derselbe, vorzüglich auf die Notwendigkeit einer Religionsweihe bei der israelitischen Jugend und besonders auf die bisher in dieser Beziehung vernachlässigte weibliche Jugend hinwies; die Worte kamen sichtlich aus dem Herzen und gingen auch zum Herzen. Die Prüfung mit den Konfirmanden wurde hierauf von ihm vorgenommen; dieselben beantworten die an sie gestellten Fragen kurz und deutlich und bewiesen bei dieser Gelegenheit ihren Eltern sowohl als allen Anwesenden, dass sie die Lehren ihrer Religion nicht allein erlernt, sondern solche begriffen und beherzigt hatten. Herr Schimmel hielt hierauf eine  liebevolle Anrede an die Konfirmanden, ermahnte sie, ihrer Religion treu zu bleiben und fortzufahren, die Lehren derselben immer besser verstehen zu lernen und den Pfad der Tugend und der Sittsamkeit nicht zu verlassen; es waren dies Worte, wie sie nur ein liebender Vater zu seinen Kindern sprechen kann, alle Zuhörer waren davon sichtbar ergriffen.
Ingelheim IsrAnnalen 12111841b.jpg (77964 Byte)Die Konfirmanden leisteten den Eid der Treue, und nun fand die Segenerteilung statt. Ein Schlussgebet, so wie noch das Gebet für unsern geliebten Landesvater, endigten diese schöne und heilige Feier, welche in dem Herzen aller Anwesenden in langem Andenken verbleiben wird. Das Micha-Gebet schloss sich dieser Feier an. Niemand verließ den Gottesdienst vor Beendigung desselben. - Über diese Feierlichkeit sprach sich hier auch eine Stimme dahin aus, dass der Lehrer Herr Schimmel, der sich auch sonst schon viele Verdienste um die hiesige Gemeinde erworben hat, fortfahren möge, mit gleichem Fleiß und Eifer zu wirken, möge derselbe den Lohn für seine vielen Bemühungen, in dem eigenen Bewusstsein, Gutes zu stiften, finden, denn eine solche Aussaat muss auch herrliche Früchte bringen. - Zum Schluss dieses Artikel noch einiges über den hier eingeführten Gottesdienst selbst. - Man darf mit Recht behaupten, dass derselbe stets mit der größten Ruhe und Ordnung abgehalten wird. Die Gebete werden von dem Vorsänger und dem Chor teils in Rezitativen, teils in mehrstimmigen Chorälen vorgetragen; die Gemeinde selbst betet nur ganz leise nach. Herr Schimmel hält öfters recht erbauliche Vorträge, und fast bei jedem Gottesdienste ist die Synagoge auch von andern Glaubensgenossen besucht, was gewiss den Beweis liefert, dass vieles hinsichtlich des Gottesdienstes hier anders und besser geworden ist.


Würdigung des Synagogenbaus in Ober-Ingelheim: "Ein sehr erfreulicher Beweis der Fortschritte der Kultur unter den Juden..."

Artikel  in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 6. November 1841: "Bingen, 13. Oktober. In No. 42 dieser Zeitung findet sich ein Korrespondenzartikel, den Bau der neuen Synagoge zu Ober-Ingelheim betreffend. Dieses ist nun das zweite neue Gotteshaus, das wir seit einigen Jahren in unserem Kreise erstehen sehen. Es ist wirklich ein sehr erfreulicher Beweis der Fortschritte der Kultur unter den Juden, wenn kleinere Gemeinden, mit beschränkteren Mitteln, bedeutende Opfer nicht scheuen, um einen regelmäßigen, dem Zeitgeiste angemessenen Gottesdienst abzuhalten. 
Die Tätigkeit unseres Gemeindevorstandes (sc. in Bingen) hat seit Kurzem bedeutende Verbesserungen ins Leben gerufen, die unser würdiger Herr Kreisrat Wieger aufs kräftigste fördert und unterstützt. Dankbare Anerkennung verdient auch die Humanität unseres städtischen Vorstandes, der zum Bau der Synagoge sowohl, als auch zu sonstigen Anschaffungen aus den städtischen Fonds Beiträge bewilligte...".

1865 erhielt die Synagoge eine Orgel. Mehrfach musste sie in den folgenden Jahrzehnten renoviert werden. 
Ende September 1891 konnte das 50jährige Bestehen der Synagoge gefeiert werden:

Meldung in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 16. Oktober 1891: "Ende September feierte die israelitische Gemeinde Ingelheim das Fest des 50jährigen Bestehens der Synagoge."

 Die letzte größere Feier in der Synagoge fand 1932 aus Anlass des hundertjährigen Bestehens des jüdischen Frauenvereines statt. Die Ingelheimer Zeitung berichtete darüber: "Der jüdische Frauenverein feierte sein hundertjähriges Bestehen. In der festlich geschmückten Synagoge fand ein Festgottesdienst statt, in dem Lehrer Langstädter die Predigt hielt. Der 1. Vorsitzende der Gemeinde, Ferdinand Oppenheimer, konnte neben zahlreichen Ehrengästen auch Bürgermeister Dr. Rückert begrüßen. Der Frauenverein hat einen Vorhang für die heilige Bundeslade gestiftet."

Am Vormittag des 10. November 1938 wurde die Synagoge demoliert, möglicherweise auch in Brand gesetzt. Im April 1939 wurde die Ruine verkauft und später zu einem Wohnhaus umgebaut. In unmittelbarer Nähe des Grundstückes der Synagoge (Synagogenplatz) errichtete 1992 der Deutsch-Israelische Freundeskreis mit einer von Schülern des Sebastian-Münster-Gymnasiums geschaffenen rohen Betonstele ein Mahnmal als Gedenkstätte. Die Daten der Messingtafeln erinnern an Leiden und Schicksal der im Holocaust ermordeten Ingelheimer Juden.

Presseartikel vom November 2003: Einziges Fotodokument von der Synagoge   (zum Foto siehe unten)
Die jüdische Religionsstätte wurde 1841 eingeweiht und bestand 97 Jahre bis zur Zerstörung -  Artikel vom 05.11.2003  
wie. INGELHEIM - Auf Luftaufnahmen aus dem Jahr 1930, die das Stadtarchiv Ingelheim vor einiger Zeit angekauft hatte, ist, so Stadtarchivar Hans-Jürgen Finkenauer, auch die Synagoge der jüdischen Gemeinde Ober-Ingelheim zu erkennen. Es ist das bisher einzige bekannte Fotodokument von diesem Gebäude. In ihrem Buch "Sie sind mitten unter uns" von Hans-Georg Meyer und Gerd Mentgen haben die beiden Autoren die bisher vorliegenden Informationen und Dokumente zur Synagoge zusammengetragen.
 
In einem Schreiben vom 24. August 1855 ging es zum Beispiel um die Verpachtung von frei gewordenen Stühlen in der israelitischen Synagoge zu Ober-Ingelheim. Der Vorstand erklärt in dem Bericht, dass jeder, der eine bestimmte Summe Geldes zum Bau der Synagoge im Jahre 1840 zur Verfügung gestellt hatte, Anspruch auf einen der Stühle erworben hat. 35 Personen hatten insgesamt 3896,30 Gulden gespendet. Da aber zwischen 1840/41 und 1855 zehn Personen der Religionsgemeinde verstorben oder in andere Orte verzogen waren, wurden bis 1855 auch zehn durch Spenden für den Synagogenbau erworbene Stühle frei, berichten Meyer und Mentgen in ihrem Buch. Die letzte größere Feier in der Synagoge fand 1932 aus Anlass des hundertjährigen Bestehens des jüdischen Frauenvereines statt. Die Ingelheimer Zeitung berichtete darüber: "Der jüdische Frauenverein feierte sein hundertjähriges Bestehen. In der festlich geschmückten Synagoge fand ein Festgottesdienst statt, in dem Lehrer Langstädter die Predigt hielt. Der 1. Vorsitzende der Gemeinde, Ferdinand Oppenheimer, konnte neben zahlreichen Ehrengästen auch Bürgermeister Dr. Rückert begrüßen. Der Frauenverein hat einen Vorhang für die heilige Bundeslade gestiftet. "Mit dem 9. und vor allem dem 10. November 1938 rückte, wie Meyer und Mentgen berichten, die Ober-Ingelheimer Synagoge, wie alle Synagogen in Deutschland, wieder in den Mittelpunkt der Berichte. In einem Funkspruch des damaligen Kreisamtes vom 10. November 1938 hieß es: "Aktionen gegen Juden nicht hindern. Sorge tragen, dass keine Beschädigungen an Nachbargebäuden durch Brände vorkommen. Männliche Juden (reiche) möglichst festnehmen, soweit Platz vorhanden, mittleres Alter. Archive der Synagogen sicherstellen, besonders wertvolle Schriften. Meldung der Festgenommenen unter Angabe der Personalien. Leben nicht gefährden - Plündern verhindern!" Im Verlauf des Vormittags wurde die Synagoge zerstört. Dabei gibt es von Ingelheimer Zeitzeugen unterschiedliche Darstellungen über das Geschehen. Während die einen von einem Brand sprechen, weisen andere darauf hin, dass wegen der angrenzenden Häuser die Synagoge nicht in Brand gesteckt wurde. Damit war die 97 jährige Geschichte der Ingelheimer Synagoge zu Ende. 

     

   
Fotos:
(Obere Zeile Quelle: Synagogenbuch des Landesamtes für Denkmalpflege s.u. S. 194-195; Farbfotos: Hahn, Aufnahmedatum 29.3.2005) 

Ingelheim Synagoge 100.jpg (40251 Byte) Ingelheim Synagoge 101.jpg (57526 Byte)

   Ingelheim Synagoge 130.jpg (71464 Byte)

Plan des 
Synagogenstandortes 
Innenaufnahme der Synagoge 
Ingelheim in charakteristisch 
maurischem (neo-islamischem) Stil 
   Außenaufnahme der Synagoge
 (Luftaufnahme von 1930), Quelle:
  Deutsch-Israelischer Freundeskreises Ingelheim e.V.  
  
     
Ingelheim Synagoge 203.jpg (61735 Byte) Ingelheim Synagoge 202.jpg (71592 Byte)   
Blick über den "Synagogenplatz"  Gedenktafel    
     
Ingelheim Synagoge 200.jpg (84378 Byte) Ingelheim Synagoge 201.jpg (72614 Byte)   
Denkmal  Namen der in der NS-Zeit 
ermordeten Juden 
    
  
     
Andernorts entdeckt   Bockenheim Friedhof K1600_GH1A0762.jpg (233234 Byte)  
  Grabstein für Eva Wickert geb. Oppenheimer aus Oberingelheim
 (1820-1894) im jüdischen Friedhof Ffm-Bockenheim 
 

   
   
Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte   

2008: "Stolpersteine"-Verlegung in Ingelheim    
Artikel von Beate Schwenk in der "Allgemeinen Zeitung" (Rhein-Main-Presse; Artikel) vom 16. Dezember 2008:    
"Stolpersteine für Opfer des NS-Regimes. Erinnerung an deportierte und ermordete Ingelheimer Juden/Neue AZ-Serie
INGELHEIM Alles begann 1997 in Berlin. Dort wurden die ersten Stolpersteine von Gunter Demnig verlegt. Auch in Ingelheim soll auf diese Weise an unschuldige Opfer des Nationalsozialismus erinnert werden. Diese kleine AZ-Serie will ebenfalls einen Beitrag dazu leisten..."  
     
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung" (Rhein-Main-Presse, Artikel) vom 24. Dezember 2008: 
"Messingplatte in Stiegelgasse - Erinnerung an Ernst S. Eisemann
pea. INGELHEIM Alles begann 1997 in Berlin. Dort wurden die ersten Stolpersteine von Gunter Demnig verlegt. Auch in Ingelheim soll auf diese Weise an unschuldige Opfer des Nationalsozialismus erinnert werden. Diese kleine AZ-Serie will ebenfalls einen Beitrag dazu leisten.
Seit wenigen Wochen liegt vor dem Eckhaus in der Stiegelgasse 51 ein weiterer Stolperstein - zwei erinnern bereits seit 2006 an Marius und Thekla Eisemann. Der Stein erinnert an den Ober-Ingelheimer Juden Ernst Simon Eisemann, der 1943 im Konzentrationslager Auschwitz ermordet wurde. Ernst Simon war einer von vier Söhnen des Kolonialwarenhändlers Josef Loeb Eisemann und dessen Frau Emma..." 
   
Artikel von Beate Schwenk vom 5. Januar 2009 in der "Allgemeinen Zeitung" (Artikel): "Im Konzentrationslager ermordet. Messingplatten in Bahnhofstraße 23 erinnern an Karl und Lilly Neumann
INGELHEIM. Alles begann 1997 in Berlin. Dort wurden die ersten Stolpersteine von Gunter Demnig verlegt. Auch in Ingelheim soll auf diese Weise an unschuldige Opfer des Nationalsozialismus erinnert werden. Diese kleine AZ-Serie will ebenfalls einen Beitrag dazu leisten.
Zwei Stolpersteine liegen seit Anfang Oktober in der Bahnhofstraße 23. Sie erinnern an Karl und Luise (Lilly) Neumann, die im Konzentrationslager Theresienstadt ermordet wurden. In dem Haus, in dem sich heute ein Modegeschäft befindet, lebte bis 1938 die jüdische Familie Neumann..."   
  
September 2010: Veranstaltung über Kunst und Architektur der jüdischen Gemeinde    
Artikel von pea in der "Allgemeinen Zeitung" vom 9. September 2010 (Artikel): "Wenige Zeugnisse jüdischer Kunst
INGELHEIM. Auf Spurensuche mit Architekt. 

(pea). 'Kunst in der jüdischen Gemeinde' hieß das Thema einer Veranstaltung des Deutsch-Israelischen Freundeskreises (DIF) im Weiterbildungszentrum. Aus Anlass des 'Europäischen Tages der jüdischen Kultur' befassten sich DIF-Vorsitzender Klaus Dürsch und Architekt Karl-Georg Proksch mit Kunst und Architektur der jüdischen Gemeinde..."    
    
November 2010: Erinnerungen an die Familien Kahn und Krauskopf    
Artikel von Beate Schwenk in der "Allgemeinen Zeitung" vom 3. November 2010 (Artikel): "Nur Enkeltochter überlebt 
INGELHEIM. GEDENKEN Messingplatten im Neuweg in Ober-Ingelheim erinnern an die Familien Kahn und Krauskopf

Vor wenigen Wochen hat der Kölner Künstler Günter Demnig auf Initiative des Deutsch-Israelischen Freundeskreises (DIF) zwölf weitere Stolpersteine im Stadtgebiet verlegt. Sie erinnern an Ingelheim Juden, die in der Zeit des Nationalsozialismus verfolgt und ermordet wurden.Wer waren die jüdischen Familien, an die mit den Gedenktafeln aus Messing erinnert wird? Dieser Frage geht die Allgemeine Zeitung in einer vierteiligen Serie nach. Heute wird die Familie Kahn portraitiert..."   
  
November 2010: Erinnerungen an die Familie des Kohlenhändlers Mayer    
Artikel von pea in der "Allgemeinen Zeitung" vom 8. November 2010 (Artikel): "Einst Kohlehändler in der Bahnhofstraße
INGELHEIM. MAHNUNG Nur noch Messingplatten erinnen an Familie Mayer in Ober-Ingelheim

(pea). Vor wenigen Wochen hat der Kölner Künstler Günter Demnig auf Initiative des Deutsch-Israelischen Freundeskreises (DIF) zwölf weitere Stolpersteine im Stadtgebiet verlegt. Sie erinnern an Ingelheimer Juden, die in der Zeit des Nationalsozialismus verfolgt und ermordet wurden. Wer waren die jüdischen Familien, an die mit den Gedenktafeln aus Messing erinnert wird? Dieser Frage geht die Allgemeine Zeitung in einer vierteiligen Serie nach. Am oberen Ende der Bahnhofstraße war früher eine Holz- und Kohlenhandlung. Genau dort, wo sich heute ein Parkplatz mit Bushaltestelle befindet, hatte die jüdische Familie Mayer bis in die 1930er Jahre ihr Geschäft. Seit 1863 war die Holz- und Kohlenhandlung in Familienbesitz..."  
 
September 2011: Reinigung der "Stolpersteine" in Ingelheim    
Artikel von Beate Schenk in der "Allgemeinen Zeitung" vom 19. September 2011: "Ingelheim. Damit die Platten wieder glänzen. STOLPERSTEINE 'Ingelheimer Bündnis gegen Rassismus und Gewalt' reinigt kleine Denkmäler im Stadtgebiet." 
Link:  Damit die Platten wieder glänzen (Allgemeine Zeitung, 19.09.2011)        
 
November 2017: Gedenkstunde zur Erinnerung an den Novemberpogrom 1938  
Artikel in den metropolonews.info vom 14. November 2017: "Ingelheim: Gedenkfeier Reichspogromnacht. Feierstunde
Ingelheim
– Vor 79 Jahren wurden in ganz Deutschland und auch in Ingelheim Synagogen angezündet, jüdische Geschäfte und Wohnungen zerstört und jüdische Mitbürger misshandelt. Alljährlich gedenken viele Bürger am Synagogenplatz in Ober-Ingelheim am 9. November der Reichspogromnacht in einer kleinen Feierstunde. 
Ben Sagi, ein Ingelheimer aus Israel berichtete eindrucksvoll über den letzten Schüleraustausch mit Jugendlichen der israelischen Stadt Afula. Sie besuchten in Hadamar die ehemalige Tötungsanstalt und waren geschockt und gleichzeitig überrascht, dass nicht nur Juden systematisch ermordet worden waren, sondern auch Menschen mit Behinderungen.
Klaus Dürsch vom Deutsch-Israelischen Freundeskreis griff sich traditionell das Schicksal einer jüdischen Ingelheimer Familie heraus und beschrieb das Leben von Walter Neumann, der als Kommunist und Jude gleich doppelt Angst haben musste. Er konnte fliehen und kam zunächst in Paris unter. Er überlebte den Krieg und lebte nach vielen Irrungen und weiteren Konflikten in der DDR, wo er 1979 starb.
Oberbürgermeister Ralf Claus appellierte, nicht wegzusehen, denn seinerzeit hatten auch alle Menschen weggeschaut und damit konnte die Schreckenszeit überhaupt erst seinen Lauf nehmen. Und heutzutage würden wieder Parolen hoffähig, die nicht einer gesunden Demokratie würdig seien. Und nun gelte es wieder, sich einzusetzen.
Eindringliche Worte fand auch Pfarrer Christian Feuerstein von den katholischen Kirchen. Und er schloss alle Menschen in sein Gebet ein, egal welcher Religion sie sich zugehörig fühlen.
Unterstützt wurde die Feierstunde musikalisch vom Saxofonensemble der Musikschule 'Saxobeats', die eigens jiddische Musikstücke einstudiert hatten." 
Link zum Artikel     
 
April 2019: Besuch von Nachkommen von Bruno Langstädter 
Artikel von Beate Schwenk in der "Allgemeinen Zeitung" (Lokalausgabe Ingelheim, direkter Link zum Artikel) vom 25. April 2019 : "Bewegende Spurensuche in Ingelheim.
Yael Scharf hat kürzlich erfahren, dass ihr früh verstorbener Vater Bruno Langstädter als Kind in Ingelheim lebte. Die Israelin besucht nun Orte zu ihrer Familiengeschichte.
INGELHEIM
- 'Zu meinen Töchtern habe ich gesagt, ich möchte noch in diesem Leben dahin, wo mein Vater gelebt hat.' Yael Scharf steht mit ihren beiden Töchtern Orit und Liat am Synagogenplatz in Ober-Ingelheim, wo seit 1992 eine Gedenkstele an das Schicksal der Ingelheimer Juden erinnert. Bis vor wenigen Monaten wusste die 80-Jährige nicht, dass ihr Vater Bruno Langstädter einen Teil seiner Kindheit in Ingelheim verbracht hat. 'Die Eltern haben zu Hause nichts erzählt“, berichtet Yael Scharf. Über Deutschland sei nie gesprochen worden. 'Gar nichts wusste ich die ganzen Jahre“, erzählt sie in fließendem Deutsch.
Yaels Vater war ein Neffe Ludwig Langstädters, der seit 1908 Religionslehrer in Ober-Ingelheim und Kantor der dortigen Synagoge war. Nachdem Brunos Vater Heinrich im Ersten Weltkrieg gefallen war, kam der Junge im Alter von neun Jahren zu seinem Onkel Ludwig, wo er mit seinem Cousin Kurt Langstädter aufwuchs. In Ober-Ingelheim besuchten beide Jungen die Höhere Bürgerschule. 1922 zog Bruno nach Frankfurt, um dort eine Lehre zu machen.
'Wir wussten nicht, ob er überlebt hat“, bemerkt Klaus Dürsch, Vorsitzender des Deutsch-Israelischen Freundeskreises (DIF), der das Schicksal der Ingelheimer Juden seit vielen Jahren erforscht und dokumentiert. Die Spur Bruno Langstädters hatte sich nach dem Wegzug aus Ingelheim verloren. Vor einigen Monaten indes ergab sich unvermittelt ein Kontakt zu Brunos Tochter, die in Israel lebt. Auf diese Weise erfuhr Klaus Dürsch, dass Bruno Langstädter 1936 mit seiner Ehefrau ins britische Mandatsgebiet Palästina ausgewandert war.
'Meine Eltern hatten es nicht leicht“, sagt Yael Scharf. 'Sie haben viel gearbeitet und sind jung gestorben.“ Bruno Langstädter starb 1971 mit 63 Jahren, Yaels Mutter wurde nur 56 Jahre alt. Ihre Eltern hatten sich in den 1930er Jahren in einem landwirtschaftlichen Camp kennengelernt, das der Vorbereitung auf die Auswanderung nach Palästina diente.
Nach dem Tod der Eltern waren für Yael zunächst die Quellen versiegt, die Auskunft über das Leben in Deutschland geben konnten. Doch vor drei Jahren änderte sich das. In Gerolzhofen wurde ein Stolperstein für Yaels Großmutter (Kathi Langstädter) verlegt. 'Damals konnte ich nicht nach Deutschland kommen“, erzählt die alte Dame. Doch der Entschluss, dies nachzuholen, stand fest. Die Information, dass auch Ingelheim eine Reise wert sein könnte, bekam Yael durch Recherchen des Gerolzhofener Kulturforums, das auf der DIF-Homepage auf den Namen Bruno Langstädter gestoßen war. Damit schloss sich gewissermaßen ein Kreis.
Eine erste Begegnung gab es im Dezember 2018, als das Ehepaar Dürsch Yael Scharf in Israel besuchte. Sechs Monate später nun ist es Yael Scharf, die den Spuren ihres Vaters in Deutschland folgt. Es sind bewegende Momente für Yael und ihre beiden Töchter. Begleitet vom Ehepaar Dürsch sowie Lotan Sagi, dem stellvertretenden Vorsitzenden des DIF, suchen die Gäste aus Israel Erinnerungsorte auf. Sie machen einen Abstecher zum Alten Gymnasium, wo Bruno zur Schule ging, sie besichtigen den einstigen Wohnort der Familie Langstädter in der Stiegelgasse, an dem Stolpersteine verlegt sind. Die Besucherinnen zünden eine Kerze an und stellen sie neben die kleinen Messingplatten, die an Ludwig und Elisabeth Langstädter erinnern. An der Gedenkstele heißt Oberbürgermeister Ralf Claus die Gäste aus Israel willkommen. Anschließend macht sich die Gruppe auf den Weg zum jüdischen Friedhof in der Hugo-Loersch-Straße, auf dem Ludwig Langstädters erste Ehefrau Mathilde begraben ist.
Die erste Station an diesem Tag war die Ludwig-Langstädter-Straße, die nach Brunos Onkel benannt ist. An diesem Ort gab es für die Besucher eine schöne Überraschung. Im Jugend- und Kulturzentrum Yellow fand gerade ein deutsch-israelischer Jugendaustausch mit Schülern aus Afula statt. 'Das war sehr aufregend', sagt Yael Scharf und betont, wie wichtig sie so etwas findet. 'So können die jungen Leute lernen, was man besser machen kann.'" 
Fotos aus der Familie Langstädter:
 rechts Kathi Langstädter
 geb. Lichtenauer mit
Sohn Bruno Langstädter
(Fotos: aus Familienbesitz) 
Links: Kathi Langstädter mit
Sohn Bruno Langstädter und
dessen Frau Susanne
 
 

        
         

Links und Literatur 

Links:   

bullet Website der Stadt Ingelheim am Rhein   
bulletWebsite des Deutsch-Israelischen Freundeskreises Ingelheim e.V.  
bullet Informationsseiten zur Kaiserpfalz "Aula regia": unter "Besucherinfo" auch ein Plan mit Eintragung des alten Friedhofes.
bulletWebsite des Museums bei der Kaiserpfalz  
bulletInformationen über die jüdischen Friedhöfe in Ingelheim (interner Link)   

Literatur

bulletGermania Judaica II,1 S. 375; III,1 S. 581-582. (weitere Literaturangaben).   
bulletPaul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. 1971 Bd. I,409-411.  
bulletHans-Georg Meyer: Die Jüdische Bevölkerungsentwicklung in Ingelheim 1364-1950. In: Beiträge zur Jüdischen Geschichte in Rheinland-Pfalz. 2. Jahrgang Ausgabe 2/1992 Heft Nr. 3. S. 37-44. Online zugänglich (als pdf-Datei eingestellt).   
bulletIngelheim Lit 015.jpg (91382 Byte)Hans-Georg Meyer/Gerd Mentgen: Sie sind mitten unter uns. Zur Geschichte der Juden in Ingelheim. Hg. vom Deutsch-Israelischen Freundeskreis Ingelheim e.V. 1998 684 S. zahlr. Abb.  
(ausgezeichnete und umfassende Darstellung der Geschichte der jüdischen Gemeinde Ingelheim!
bulletLandesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz/Staatliches Konservatoramt des Saarlandes/ Synagogue Memorial Jerusalem (Hg.): "...und dies ist die Pforte des Himmels". Synagogen in Rheinland-Pfalz und dem Saarland. Mainz 2005. S. 194-195 (mit weiteren Literaturangaben)   

Kontaktadresse:  

bulletDeutsch-Israelischer Freundeskreis Ingelheim e.V.
Geschäftsführer: Klaus Dürsch, Grundstraße 3, 55218 Ingelheim  Website  

    
   

 

Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the Holocaust". 
First published in 2001 by NEW YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad Vashem Jerusalem, Israel.

Ober-Ingelheim. Founded in the early 18th century, the community numbered 166 (6 % of the total) in 1871. Augmented by the Jews of Nieder-Ingelheim, Ober-Ingelheim began to develop. A synagogue in the Moorish style was constructed and a community center was established. Jews played a leading role in the twin township's affairs until the Nazi era. On Kristallnacht (9-10 November 1938), stormtroopers destroyed the synagogue and looted Jewish homes. Of the 134 Jews living there and in Nieder-Ingelheim after 1933, at least 48 emigrated. Those who remained in Germany were mostly deported to the camps in 1942.  
     
     
      

                   
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Stand: 15. Oktober 2013