Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Wilhelmshaven mit Bant und Rüstringen (Niedersachsen)
Jüdische Geschichte / Synagoge 
 

Übersicht:  

bulletZur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
bulletBerichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde   
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer   
Aus dem jüdischen Gemeinde- und Vereinsleben   
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen     
bulletZur Geschichte der Synagoge   
bulletFotos / Darstellungen  
bulletLinks und Literatur   

     

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english version)  
         
In Wilhelmshaven, einer nach 1853 angelegten Hafenstadt (Stützpunkt der Preußischen Marine an der Nordsee, seit 1869 Wilhelmshaven genannt), zogen um 1870 erste jüdische Personen zu. Sie ließen sich in Wilhelmshaven und dem unmittelbar benachbarten Rüstringen nieder. Ihre Zahl wuchs in den folgenden Jahrzehnten an (1876 10, 1885 47, 1910 131, 1925 239). Zunächst benutzte man die Einrichtungen der jüdischen Gemeinde in Neustadtgödens. Ein offizieller Vertrag zwischen der "Wilhelmshavener Gruppe" und der Gemeinde Neustadtgödens wurde Anfang 1876 abgeschlossen. Die Zuständigkeit für die beiden preußischen Gemeinden (Neustadt-Gödens und Wilhelmshaven) lag seitdem beim Landrabbinatsbezirk Emden.   
  
Um 1895 erklärten sich die Wilhelmshavener Juden zur "Israelitischen Vereinigung Wilhelmshaven" und traten 1899 geschlossen aus der Gemeinde Neustadt-Gödens aus. Die offizielle Gründung einer selbständigen "Synagogen- und Religionsschulgemeinde mit dem Sitze Wilhelmshaven" war am 1. April 1901. Die ersten beiden Gemeindevorsitzenden waren Louis Leeser (bis mind. 1904) und Jacob Müller (1908-1919).   
  
In dem 1911 zunächst nach Rüstringen eingemeindeten heutigen Wilhelmshavener Stadtteil Bant war 1905 gleichfalls eine jüdische Gemeinde gegründet worden. Bei der Sitzung des Jüdischen Landesgemeinderates in Oldenburg im April 1905 wurde Bant als selbständige Gemeinde bestätigt (siehe Bericht unten). Bis spätestens 1908 fusionierte die jüdische Gemeinde in Bant mit der Gemeinde in Wilhelmshaven zur Israelitischen Gemeinde Wilhelmshaven-Bant (siehe Ausschreibung der Lehrerstelle unten von 1908). Nach Eingemeindung von Bant nach Rüstringen nannte sich die Gemeinde Synagogengemeinde Wilhelmshaven-Rüstringen (siehe Ausschreibung der Lehrerstelle von 1929).     
  
An Einrichtungen gab es einen Betsaal, seit 1915 eine Synagoge (s.u.), eine Religionsschule und ein rituelles Bad. Die Toten der jüdischen Gemeinde wurden bis 1908 in Jever, seitdem auf einem eigenen Friedhof in Schortens-Heidmühle beigesetzt. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Religionslehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war (vgl. Ausschreibungen der Stelle unten). 
   
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde: Max Frühauf (geb. 16.2.1883 in Walldorf, Werra, gef. 4.6.1917) und Karl Weinberg (geb. 17.2.1890 in Sögel, gef. 29.9.1918).          
      
Mitte der 1920er-Jahre lebten in Wilhelmshaven ca. 100 jüdische Personen, in Rüstringen (mit Bant) gleichfalls etwa 100 Personen. Dem Gemeindevorstand Wilhelmshaven gehörten Julius Margoniner (Vorsitzender von 1919-1925), Leo Bein und Jacob Strauß an; die Juden von Rüstringen hatten mit Max Jakobs und den Herren Nissenfeld und Pfeffer noch eigene Vorstände. Leo Bein war nach Julius Margoniner von 1925-1931 erster Gemeindevorsitzender. Als Lehrer und Schochet war Max Ruda für beide Teilgemeinden angestellt. Er unterrichtete an der "Israelitischen Religionsschule" zwölf Kinder und hielt den jüdischen Religionsunterricht am Kaiser-Wilhelm-Gymnasium der Stadt. Zwei jüdische Vereine hatten sich inzwischen gebildet: die Wohltätigkeitsvereine Chewra Kadischa (gegr. 1902) und der Jüdische Frauenverein (gegr. 1906). Später kamen noch ein "Jugendbund" und ein "Literaturverein" dazu. Anfang der 1930er-Jahre hatte die Gemeinde Wilhelmshaven-Rüstringen inzwischen einen gemeinsamen Vorstand. Erster Vorsitzender war Jonas Fränkel, 2. Vorsitzender Hermann Müller, 3. Vorsitzender A. Paul. Der Repräsentanz gehörten an: S. Gunst, A. Gutenberg. Lehrer und Kantor war Herrmann Hartogsohn. Die jüdischen Familien hatten eine nicht unbedeutende Stellung im wirtschaftlichen Leben der Stadt. Anfang der 1930er-Jahre waren unter den jüdischen Einwohnern 70 Kaufleute, Händler oder in diesem Berufsbereich Angestellte, acht Schlachter, ein Konditor, ein Apotheker, ein Soldat, ein Theaterdirektor, drei Landwirte, ein Schneidermeister u.a.m. Die knapp 50 kleinen und großen Geschäfte der jüdischen Gewerbetreibenden waren schwerpunktmäßig in den Einkaufsbereichen Gökerstraße/Bismarckplatz und Marktstraße/Wilhelmshavener Straße angesiedelt. 
      
1933 lebten noch 191 jüdische Personen in der Stadt. Die zunehmende Bedrückung und Entrechtung sowie der wirtschaftliche Boykott führten dazu, dass bis 1938 etwa 100 Juden die Stadt verließen. Beim Novemberpogrom 1938 wurden die bis dahin noch bestehende jüdische Geschäfte sowie jüdische Wohnhäuser verwüstet oder zerstört. Zahlreiche der jüdischen Einwohner wurden aus den Wohnungen geholt, misshandelt und durch die Straßen zur damaligen "Jahn-Halle" getrieben. Einigen wurden Pappschilder mit der Aufschrift "Ich bin eine Judensau!" umgehängt. Zuschauer warfen mit Steinen auf die Gruppe oder bespuckten sie. 34 Männer wurden über Oldenburg in das KZ Sachsenhausen gebracht und dort wochenlang festgehalten. Bis Mai 1939 konnten weitere 45 jüdische Einwohner der Stadt emigrieren. Die noch Verbliebenen wurden in den folgenden Jahren deportiert und ermordet. 
  
Von den in Wilhelmshaven geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Adele Bachrach geb. Pels (1892), Simon Salomon Bäumer (1904), Fritz Behnel (), Clara ter Berg geb. Voß (1878), Levie ter Berg (1882), Rita Sophie ter Berg (1906), Marianne Berliner geb. Cohen (1870), Moses Salomon Lazarus Berliner (1882), Marek Brenner (geb. ca. 1930), Leib Charytan (1889), Rachel Charytan geb. Stelzer (1889), Martha Cibulski geb. Wolf (1909), Henny Citrin geb. Bertenthal (1890), Leo (Luser) Citrin (geb. 1890), Artur Cohen (1901), Bernhard Cohen (1868), Hannelore Cohen (1935), Ilse Cohen geb. Schirling (1907), Ingrid Cohen (1929), Johanna Cohen geb. Juchenheim (1858), Moritz Cohen (1880), Philipp Cohen (1888), Ida Ehrlich geb. Schönwetter (1913), Silvia Eichenbronner geb. Neu (1898), Julius Feilmann (1900), Max Feybusch (1877), Ignaz Fränkel (), Jenni Fränkel (1880), Jonas Fränkel (1874), Karl-Heinz Fränkel (1922), Julie Friede (1862), Herta Frost geb. Voss (1913), Salomon Gazan (1904), Erna Goldberg (1909), Reta Goldberg (1910), Reha Ruth Goldmann (1931), Margarete Goldstein (1902), Lotte Gottschalk (1911), Jacob Grünbaum (1861), Lea Grünbaum geb. Levy (1871), Lipot Haasz (1899), Henny Hartog geb. Scheuer (1897), Hermann Hartog (1887), Iwan Hess (1893), Leo Hirschberg (1898), Lucie Hirschberg (1925), Lotte (Slata, Slate) Hirschberg geb. Findling (1896), Friedrich Hoffmann (1899), Jenny Janover geb. Leffmann (1870), Saul Janover (1865), Zita Leczes (1921), Arno Jonge (1903), Bertha Juchenheim (1859), Veronica Kariel geb. Cleffmann (1892), Johanna Kannenberg geb. Wohl (1878), Ludwig Kariel (1899), Mary Lauenger (1922), Moritz Lauenger (), Kurt Leeser (1899), Nina Leeser (1895), Else Leffmann (), Goldine Levie (1881), Marie Levie (1880), Martha Rahel Levy geb. Schwabe (1885), Johanna Lowitz geb. Rubens (1907), Walter Lowitz (1904), Antonie Magnus (1921), Gottlieb Magnus (1883), Margarete Magnus geb. Schiff (), Siegfried Margoniner (1880), Anni Mayer geb. Oberschützky (1898), Emilie Mehnen geb. Schmolka (1887), Walter Menkel (1890), Hermann Müller (1884), Grete Nissenfeld (1908), Minna Anna Obermeier geb. Rosenthal (1882), Käthe Paul (1905), Chaja Pfeffer geb. Citrin (Cytrin, 1886), Erna Pfeffer (1913), Salomon Pfeffer (1882), Rosalie Pinto geb. Juchenheim (1864), Gisela Polak geb. Kornblum (1905), Moses Roseboom (1906), Walter Roseboom (1901), Clara (Klara) Sagan geb. Brock (1883), Moses Sagan (1882), Frida Salomons geb. Vohs (1911), Adolf Scheuer (1867), Robert Scheyer (1884), Frieda Schirling geb. Stern (1881), Fanny Silberberg geb. Bargebuhr (1877), Elieser Stern (1877), Jacob Strauss (1872), Hulda Strauss geb. Eichberg (1875), Ernst de Taube (1889), Frieda de Taube geb. ter Berg (1912), Ella Verständig geb. Reisner (1902), Hannelore Verständig (1936), Hermann (Hersch) Verständig (1901), Luise Verständig (1931), Thekla Voß geb. Hecht (1887), Henny Waldmann (1884), Friederike Weinberg (1892), Alfred Wohl (1885), Ella Wohl (1890), Julius Wohl (1876), Blüma Wolf geb. Seelenfreund (1877), Jenny Wolf (1907), Moses Wolf (1877), Berta Zabner geb. ter Berg (1909), Hildegard Zabner (1929), Moschek Josek Zabner (1899), Hermann Zander (1917), Karl Zilversmit (1888).
     
     
     
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde 
 
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer  
Ausschreibungen der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet 1897 / 1908 / 1929     

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. November 1896
"In unserer Gemeinde ist die Stelle eines Kantors, Schächters und Religionslehrers per 15. Januar 1897 zu besetzen. 
Gehalt 1.000 Mark ohne Nebeneinkommen. Bewerbungsschreiben, Zeugnisse sowie Photographie erbeten. Wilhelmshaven, 6. November (1896). 
Louis Leeser, Vorsteher."
   
Wilhelmshaven Israelit 01101908.jpg (57336 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. Oktober 1908
"Die hiesige Religions-Lehrer, Kantor und Schächterstelle 
ist möglichst bald zu besetzen. Das fixe Gehalt beträgt p.a. 2.000 Mark, außerdem erhebliche Nebeneinnahmen aus Schechita etc. Bewerber mit guten Stimmmitteln wollen ihre Gesuche mit Zeugnisabschriften möglichst umgehend an den unterzeichneten Vorstand richten. Reisekosten werden vergütet. 
Israelitische Gemeinde Wilhelmshaven-Bant, Jacob Müller, Wilhelmshaven."
 
Wilhelmshaven Israelit 03051929.jpg (84733 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. Mai 1929
"In unserer Gemeinde ist die Stelle eines 
Religionslehrers, Kantors und Schochets 
zum 1. Oktober zu besetzen. Die Gehaltsfrage wird nach stattlichen Grundsätzen geregelt. Als Bewerber kommen reichsdeutsche, orthodoxe, jüngere, verheiratete Herren in Frage. Wir bitten um lückenlose Offerten mit Zeugnisabschriften. Referenzen und Bild einzureichen. 
Der Vorstand der Synagogengemeinde 
Wilhelmshaven-Rüstringen
. Leo Bein."       

   
   

Hinweis auf den Lehrer Siegfried Wetzler (1880-1942)  
Anmerkung: der Lehrer Siegfried Wetzler wurde am 4. Juni 1880 in Binswangen geboren. Er hatte noch elf Geschwister. Als Kantor, Schochet (Schächter) und Lehrer zog sein Vater Moses Wechsler 1883 mit der Familie nach Kronach. 1921 setzten sich die Eltern zur Ruhe und zogen zu ihrem Sohn Max nach Frankfurt. Max' Sohn Rudi gehörte der Reichsbannerbewegung an, die sich schon früh den Nazis widersetzte. 1934 floh er nach Amerika. Max war der Vater der bekannten amerikanischen Liedermacherin und Folkloresängerin Laura Wetzler, die vor allem auch jüdische Lieder aus aller Welt singt. Sie besuchte mehrmals Deutschland und trat u.a. in Kronach auf – in Erinnerung an ihren Urgroßvater Moses Wetzler. Einige der 12 'Wetzler-Kinder' überlebten den Holocaust, andere nicht, darunter auch Siegfried.
Siegfried Wetzler heiratete Rebekka geb. Danziger (geb. 6. Oktober 1886 in Hassfurt). Er wurde Lehrer wie sein Vater und lebte zunächst in Wilhelmshaven. Hier war er möglicherweise ab 1908/09 (vgl. Stellenausschreibung oben vom 1. Oktober 1908). In der Zeit des Ersten Weltkrieges war er zum Kriegsdienst eingezogen; an seiner Stelle wurde in Wilhelmshaven der ungarische Lehrer Jakob Teßler vertretungsweise für Siegfried Wetzler angestellt. Danach war Wetzler in Aurich tätig. Aus dem Jahr 1925 liegt ein Dokument des Gymnasiums Ulricianum Aurich vor, wonach sich Lehrer Wetzler Ende August 1925 über antisemitische Übergriffe von Mitschülern gegen seiner Sohn beschwerte. Nach der Zeit in Aurich wirkte Siegfried Wetzler seit 1926 in Frielendorf, dann in Königstein (siehe weitere Informationen in der Seite zu Königstein). 
In der NS-Zeit wurde Siegfried Wetzler am 11. Juni 1942 nach Auschwitz-Birkenau deportiert, seine Frau Rebekka am 6. November 1942 mit Transport 901/36. Beide wurden ermordet
.    
   
   
Lehrer Max Ruda erhält einen Ruf als Religionslehrer und Kantor in Zürich (1929)
  
Anmerkung: Max Ruda war nach seiner Zeit in Wilhelmshaven von 1929 bis 1972 Lehrer und Kantor (Chason) bei der Israelitischen Religionsgesellschaft Zürich.    

Wilhelmshaven Israelit 11041929.jpg (32596 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. April 1929: "Wilhelmshaven, 5. April (1929). Herr Lehrer Max Ruda, der seit 7 Jahren mit warmer Hingabe und reichem Erfolg hier wirkte, hat eine ehrenvolle Berufung als Religionslehrer und Kantor nach Zürich erhalten. Die gesamte Gemeinde wird ihn mit lebhaftem Bedauern scheiden sehen, wenn er, zum 1. Oktober, dem Rufe Folge leistet."    

         
 
        
Aus dem jüdischen Gemeinde- und Vereinsleben        
 
Sitzung des Jüdischen Landesgemeinderates in Oldenburg mit Bestätigung einer selbständigen Gemeinde in Bant (1905)        

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 21. April 1905: "Oldenburg (Großherzogtum), 16. April (1905). Die diesjährige Sitzung des Jüdischen Landesgemeinderates, der man, wie immer, in allen Gemeinden mit großem Interesse entgegensah, fand am 9. dieses Monats statt. Der Vorsitzende, Landrabbiner Dr. Mannheimer, eröffnete die Sitzung mit einer bemerkenswerten Ansprache an die Vertreter der Gemeinden. Er betonte den Segen, der durch die Einrichtung eines Landesgemeinderates für unsere jüdischen Gemeinden erwachse, indem durch diese Selbstverwaltung auf breitester Grundlage die Gemeinden in der Lage seien, alle Angelegenheiten unter sich zu ordnen, ohne, wie dies in Preußen der Fall sei. Regierungsorgane oft mit unerquicklichen Angelegenheiten zu behelligen. Deshalb bat der Vorsitzende die Vertreter, auch die Meinungen und Ansichten etwaiger Gegner innerhalb der Gemeinden wohlwollend zu behandeln, da Gegenansichten absolut nichts schaden, es müsse nur alles vermieden werden, Gemeindeangelegenheiten in öffentlichen Zeitungen auszutragen, nur so könne dem Antisemitismus der Boden entzogen werden. Darum sei auch er als Vorsitzender stets bereit, im Landesgemeinderate diesem Prinzip zu huldigen. Von den Vorlagen wurde vor allem die seit einigen Jahren schwebende Frage 'Bant als eigene Gemeinde mit einer Vertretung im Landesgemeinderate zu errichten', endgültig gelöst. Da der Vorsitzende im Namen des Staatsministeriums die Genehmigung zusagen konnte, so wurde Bant mit 27 jüdischen Familien einstimmig als eigene Gemeinde proklamiert. Nachdem ferner der Landesgemeinderat in geheimer Sitzung Herrn Landesrabbiner Dr. Mannheimer in dessen Abwesenheit eine erhebliche Gehaltserhöhung bewilligte, erklärte der Landrabbiner bei seinem Wiedererscheinen, dass er von nun ab auf sämtliche im § 24 d. Gs. Beschl. festgelegten Gebühren für Trauungen, Beerdigungen und Geburtsscheine verzichte, damit er voll und ganz rein ideal in Freud und Leid seinen Gemeinden als Seelsorger zur Seite stehen könne. Diese Erklärung machte auf alle Anwesenden einen erhebenden Eindruck. Zum Delegierten für den Gemeintag wurde der Vorsitzende für die Synagogengemeinden der Herzogtümer bestimmt. Der Vorstand einer Gemeinde hatte beschlossen, am Sabbat und an den Feiertagen beim Hauptgottesdienste nur solche selbständigen Herren zur Tora aufzurufen, welche einen Zylinderhut tragen. Gegen diesen Beschluss war eine Petition von einem Gemeindemitglied an den Landesgemeinderat eingereicht worden, welche auf Aufhebung dieses Beschlusses hinzielte. Die Petition wurde abgelehnt; im Gegenteil man fand dies Verlangen des betreffenden Vorstandes sehr zeitgemäß und nachahmenswürdig. Nach einigen anderen Vorlagen und nach der Verteilung des Staatszuschusses und den Bewilligungen für Kultus- und Unterrichtszwecke wurde die Versammlung geschlossen, auf die ein gemeinsames Essen folgte."     

  
Gründung einer (sc. zionistischen) Ortsgruppe (1905)      

Mitteilung im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 17. Mai 1905: "Wilhelmshaven. Nach einem Vortrage des Fräulein Berliner - Hannover, wurde hier eine Ortsgruppe gegründet".      

    
Gründung eines jüdischen Literaturvereines (1920)  

Wilhelmshaven Israelit 20051920.jpg (22474 Byte)Meldung in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 20. Mai 1920: "Wilhelmshaven, 15. Mai. In hiesiger jüdischer Gemeinde wurde ein Literaturverein gegründet, der bereits 60 Mitglieder zählt. Als erster Vorsitzender wurde Herr Lehrer Siegfried Wetzler gewählt."

     
     
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen   
Anzeige von Schlachtermeister S. Vohs (1901)       

Wilhelmshaven Israelit 21031901.jpg (44569 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. März 1901: "Suche 
für meine Nichte, welche Ostern die Schule verlässt (kräftiges Mädchen), eine Stelle als Stütze der Hausfrau, es wird mehr auf gute Behandlung als auf Lohn gesehen. 
S. Vohs,
Schlachtermeister, 
Wilhelmshaven, Ulmenstraße 3."   

     
Verlobungs- und Heiratsanzeige von Irma Schirling und Arthur Cohen (1928)      

Anzeige in der "Jüdischen Wochenzeitung" für Kassel, Kurhessen und Waldeck" vom 6. Januar 1928:  
"Irma Schirling - Arthur Cohen
   
Verlobte   
Hoof  -  Wilhelmshaven".              
 
Anzeige in der "Jüdischen Wochenzeitung" für Kassel, Kurhessen und Waldeck" vom 21. Dezember 1928:  
"Arthur Cohen   Irma Cohen geb. Schirling  
Vermählte  
Wilhelmshaven-R.  Hoof bei Kassel   
Trauung in Hoof am 25. Dezember 1928".  

     
     
     
Zur Geschichte der Synagoge 
          
Zunächst besuchte man die Gottesdienste in Neustadtgödens. Spätestens seit 1897 bestand ein eigener Betsaal beziehungsweise eine Synagoge in einem gemieteten Raum. 
   
Die Synagoge in Wilhelmshaven war auch für die jüdischen Soldaten der Stadt (insbesondere die Marinesoldaten) als Ort des Gottesdienstes wie auch der Eidesleistung bestimmt:
      
Vereidigung der Rekruten in der Synagoge (1903)   

Wilhelmshaven Israelit 19111903.jpg (91353 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. November 1903: "Wilhelmshaven, im November (1903). Seit Bestehen der Gemeinde fand in diesem Jahre zum ersten Male die Vorbereitung zur Eidesleistung der jüdischen Rekruten in der hiesigen Synagoge statt. Die Rekruten wurden von Vorgesetzten zum Gottesdienste geführt. Dem Gottesdienste wohnten Vertreter der Behörde und die ganze Gemeinde bei. 
Das Schreiben der Marinebehörde, worin dem Ersuchen zur Abhaltung des Gottesdienstes Folge geleistet wird, hat folgenden Wortlaut: 'Kommando d. R. B. etc.   Wilhelmshaven, 21. Oktober 1903. Auf das gefällige Schreiben vom 14. dieses Monats. Die Vereidigung der Oktoberrekruten findet am 24. dieses Monats statt. Die Rekruten jüdischen Glaubens 1) von der zweiten Matrosendivision und 2) von der Stammkompanie des dritten Seebataillons werden Anweisung erhalten, sich am 23. dieses Monats, vormittags 10 Uhr zur kirchlichen Vorbereitung in der Synagoge einzufinden. 
Von Seiten des Stationskommandos. Der Chef des Stabes: Paschen. 
An Herrn Lehrer und Prediger S. Meyer hier, Börsenstraße 16."   

  
Die jüdischen Soldaten in Wilhelmshaven sind zum Gottesdienstbesuch kommandiert (1904)
    

Wilhelmshaven Israelit 29031904.jpg (101258 Byte) Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. März 1904: "Wilhelmshaven. Der 'Deutschen Israelitischen Zeitung' wird von hier geschrieben: Weitere jüdische Kreise mag wohl die Tatsache interessieren, dass seit einigen Wochen die jüdischen Mannschaften hiesiger Garnison regelmäßig jeden Sabbat zum Gottesdienst kommandiert und auch während des ganzen Tages vom Dienste dispensiert sind. Auf eine diesbezügliche Eingabe des Predigers Herrn S. Meyer, hier, wurde demselben folgender Kommandanturbefehl seitens des Kaiserlichen Kommandos zugesandt. Kommandanturbefehl Nr. 21. Dienstag, den 26. Januar 1904. Parole für Donnerstag: Paris. Offizier vom Ortsdienst: Lt. z.S. Jürst. Israelitischer Gottesdienst: Anlässlich des Geburtstags Seiner Majestät des Kaisers findet in der Synagoge hier - Börsenstraße 3 - am Mittwoch, den 27. dieses Monats, vormittags 9 1/2 Uhr, jüdischer Festgottesdienst statt. ferner findet an jedem Samstag, vormittags 8 1/2 Uhr, jüdischer Gottesdienst statt. Den Mannschaften jüdischen Glaubens ist Gelegenheit zur regelmäßigen Teilnahme des Gottesdienstes zu geben. Beauftragt mit Wahrnehmung der Geschäfte des Festungskommandanten. In Vertretung: gez. Scheder, Kontre-Admiral."  

   
Der Bau und die Einweihung einer neuen Synagoge 1914/15          
  
1914/15 konnte eine repräsentative Synagoge erbaut und am 7. September 1915 eingeweiht werden. Die Grundsteinlegung war am 24. Juni 1914. Trotz des Beginns des Ersten Weltkrieges konnte der Bau bis Anfang September 1915 fertiggestellt werden.  
   
Grundsteinlegung der neuen Synagoge (1914)     

Wilhelmshaven AZJ 03071914.jpg (27355 Byte)Mitteilung in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 3. Juli 1914: "In Wilhelmshaven ist am 24. Juni in Gegenwart von Vertretern der städtischen und militärischen Behörden der Grundstein für die Synagoge der jüdischen Gemeinde gelegt worden."    

  
Der Neubau der Synagoge geht seinem Ende entgegen (1915) 
   

Wilhelmshaven Israelit 02091915.jpg (69058 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. September 1915: "Wilhelmshaven - Rüstringen, 20. August (1915). Der Neubau der Synagoge, welche einen schönen Bau darstellt, geht seinem Ende entgegen. Gleichzeitig ist ein Schulraum und ein rituelles Tauchbad errichtet worden. Die Einweihung findet am Dienstag, 7. September nachmittags halb 4 Uhr statt. Der Gottesdienst war seither in einem gemieteten Raume abgehalten worden, was wegen der zahlreichen jüdischen Seesoldaten - es sind ca. 2-300 Mann momentan hier - für die Dauer nicht mehr genügte. Mit großen Opfern ist nunmehr ein herrlicher Bau entstanden, welcher zu den schönsten Synagogen unseres Vaterlandes gerechnet werden kann."       

   
Bei der Einweihung der Synagoge am 7. September 1915 hielt die Weiherede der großherzogliche Landesrabbiner Dr. David Mannheimer aus Oldenburg zum Thema "Der Tempel des Friedens" (inmitten des Ersten Weltkrieges!). Anwesend waren Vertreter der hohen Militär- und Zivilbehörden, des jüdischen Landesgemeinderates des Herzogtums Oldenburg sowie der jüdischen Gemeindevorstände Hannover und Emden. Auch mehrere Vertreter der Kirchen waren erschienen. Oberkantor Linhardt aus Hannover sowie der Synagogenchor aus Hannover umrahmten die gottesdienstliche Feier.

Wilhelmshaven Israelit 21091915.jpg (109438 Byte)Bericht zur Einweihung der Synagoge in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. September 1915 (vgl. unten bei den Abbildungen den parr. Bericht in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"): "Wilhelmshaven-Rüstringen, 13. September. Die Einweihung der neuerbauten Synagoge fand am 7. September in Anwesenheit der hohen Militär- und Zivilbehörden und vieler Gäste statt. Vor dem Portale sprach Herr Vorsteher Jakob Müller und dann der Magistratssyndikus Tägert. Die gottesdienstliche Feier wurde von dem Großherzoglichen Landesrabbiner Dr. Mannheimer aus Oldenburg geleitet, der zum Schluss seiner hinreißenden Weiherede zum Andenken an die Gefallenen die ewige Lampe anzündete. Den gesanglichen Teil der Feier leitete Herr Oberkantor Linhardt aus Hannover mit einigen Herren des Synagogenchors aus Hannover. Der Bau, welcher 130 Tausend Mark kostet, ist ein Prachtwerk und besonders ist die Einrichtung des rituellen Tauchbades geradezu hervorragend. Man muss es hoch anerkennen, was die verhältnismäßig kleine Gemeinde für große Opfer gebracht hat, auch für die innere Ausstattung der Synagoge. Eine große Anzahl jüdischer Marinesoldaten sind in Wilhelmshaven, welche soweit sie nicht auf hoher See waren, zur Feier beurlaubt worden waren. 
  
Wilhelmshaven Synagoge 140.jpg (136775 Byte)Bericht zur Einweihung der Synagoge in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 22.9.1915: "Wilhelmshaven-Rüstringen, 15. September (1915). Die Einweihung der neu erbauten Synagoge fand am 7. dieses Monats in Anwesenheit der hohen Militär- und Zivilbehörden und des jüdischen Landesgemeinderates des Herzogtums Oldenburg sowie der Vorstände von Hannover und Emden statt. Auch der Chef der Marinestation der Nordsee, Seine Exzellenz Admiral von Krosigk, der Marineoberpfarrer Erdmann sowie die Leiter der höheren Schulen und zahlreiche Ehrengäste aller Konfessionen waren erschienen. Vor dem Portal überreichte Fräulein Hedwig de Taube durch einen Prolog den Schlüssel in Abwesenheit des zur Fahne berufenen Architekten. Hierauf sprach Herr Vorsteher Jakob Müller und dann der Magistratssyndikus Tägert. Die gottesdienstliche Feier wurde von dem großherzoglichen Landesrabbiner Dr. Mannheimer aus Oldenburg geleitet. Seine Weiherede hatte den Text des Propheten Haggai: 'An dieser Stätte verleihe ich Frieden: spricht der Herr Zebaoth.' Der geistliche Redner verstand in geradezu hinreißender Weise, die Weihe mit dem Kriege zu verbinden, und zündete am Schluss der Rede zum Andenken an die Gefallenen die ewige Lampe an. Den gesanglichen Teil der Feier leitete Herr Oberkantor Linhardt aus Hannover mit einigen Herrn des Synagogenchores aus Hannover. Der Bau, welcher 130.000 Mark kostet, ist ein Prachtwerk, und besonders ist die Einrichtung des rituellen Tauchbades geradezu hervorragend. Man muss es hoch anerkennen, was die verhältnismäßig kleine kleine Gemeinde für große Opfer gebracht hat auch für die innere Ausstattung der Synagoge. Eine große Anzahl jüdischer Marinesoldaten ist in  Wilhelmshaven, welche, soweit sie nicht auf hoher See waren, zur Feier beurlaubt worden waren."   
 
 Ergänzend eingestellt: Foto von Oberkantor Gerson Linhardt aus Hannover,
der die Einweihung der Synagoge in Wilhelmshaven gestaltete.
Das vermutlich bei einem Kuraufenthalt in Bad Kissingen erstellte Foto
überreichte Linhardt an seinen Kollegen Oberkantor Jakob Weisz bei einem
Aufenthalt in Karlsbad am 13. August 1908. Jakob Weisz war seinerzeit
Oberkantor in Karlsbad (gest. 1914)
(Foto erhalten von Suzanne Hecker, USA)  
 

Das Bauwerk, das, wie in obigem Bericht berichtet wird, 130.000 Mark kostete, vereinigte verschiedene Elemente der modernen Architektur vor dem Ersten Weltkrieg: Das Untergeschoss war mit Bossenquadern verkleidet. Darüber erhob sich ein fast quadratischer Bau, der in Ziegeln gemauert und verputzt war; auf einem sehr niedrigen Tambour saß das hohe Kuppeldach. Ungewöhnlich waren die Fenstern, Nach einem damaligen Bericht zeigten sie auch figurale Szenen, was in Synagogen sehr selten ist. An der Ostseite waren die Gebotstafeln, der Davidstern und ein goldener Becher dargestellt; an der Westseite Moses mit der Gebotstafeln, eine Krone und der Sabbatleuchter; die beiden anderen Seiten waren mit symbolischen Darstellungen der zwölf Stämme Israels dekoriert.  
        
Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge von SA-Leuten und Mitgliedern anderer NS-Organisationen niedergebrannt. Dabei wurde am frühen Morgen des 10. November um 3 Uhr die Synagoge vermutlich durch eine größere Menge ausgegossenes Benzin in Brand gesetzt. Die Feuerwehr war zur Sicherung der umliegenden Gebäude anwesend. Offenbar musste man einige Stunden später erneut das Feuer entfachen, erst gegen 10.30 Uhr brannte der Dachstuhl. Später wurden die Umfassungsmauern gesprengt. Rituelle Gegenstände aus der Synagoge wurden auf der Straße zur Schau gestellt.

Wilhelmshaven Synagoge 141.jpg (85248 Byte)Bericht von der Zerstörung der Synagoge (Ausschnitt) in der "Wilhelmshavener Zeitung" vom 11.11.1938: "Wilhelmshavens Synagoge brannte nieder. Spontane antijüdische Kundgebungen in unserer Kriegsmarinestadt - Juden wurden in Schutzhaft genommen - Erregte Demonstrationen vor den Judengeschäften..."

Der Synagogenplatz wurde in den 1970er-Jahren als Gedenkstätte hergerichtet. Am 10. November 1980 wurde zusätzlich zu der schon vorhandenen Bodeninschrift eine Informationstafel aufgestellt: "Synagogenplatz - eingeweiht am 10. November 1980 - zur Erinnerung an die im Jahre 1915 erbaute Synagoge. Sie wurde in der Reichskristallnacht am 9. November 1938 von der NSDAP niedergebrannt und zerstört".   
    
    
Adresse/Standort der SynagogeBörsenstraße/Ecke Parkstraße.
    

    
Fotos
(Foto oben links aus: H. Hammer-Schenk. Synagogen in Deutschland Bd. II Abb. 443; Foto in der Mitte sowie mittlere Reihe rechts aus H. Büsing s.Lit. Umschlagbilder; Fotos untere Reihe: Hahn, Aufnahmedatum August 1987) 

Wilhelmshaven Synagoge 001.jpg (85318 Byte) Wilhelmshaven Synagoge 103.jpg (78477 Byte) Wilhelmshaven Synagoge 020.jpg (14542 Byte)
Die ehemalige Synagoge in Wilhelmshaven  Modell der Synagoge von bet-tfila.org 
   
Die Zerstörung der Synagoge beim Novemberpogrom 1938  Wilhelmshaven Synagoge 142.jpg (50467 Byte)   
  Die brennende Synagoge am Vormittag 
des 10. November 1938 
  
     
Die Gedenkstätte am Synagogenplatz  
Wilhelmshaven Synagoge 100.jpg (79551 Byte) Wilhelmshaven Synagoge 102.jpg (69936 Byte) Wilhelmshaven Synagoge 101.jpg (64921 Byte)
Das Synagogengrundstück als Gedenkstätte im Sommer 1987  Inschrift zum Gedenken 
an die Synagoge 
 
   
  Wilhelmshaven Synagoge 104.jpg (91367 Byte)  
  Gedenkstein von 1980   

    
    
Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte     

Oktober 2012: In Wilhelmshaven sollen "Stolpersteine" verlegt werden  
Artikel in der "Wilhelmshavener Zeitung" vom 22. Oktober 2012: "Wilhelmshaven - Stolpersteine sollen an Wilhelmshavener Juden erinnern
Sogenannte Stolpersteine erinnern an Menschen, die von den Nazis verfolgt oder getötet wurden. Christian Menz regt an, solche Steine auch in Wilhelmshaven zu verlegen.
Wilhelmshaven/zy - Der Wilhelmshavener Christian Menz hat die Stadt Wilhelmshaven offiziell gebeten, vor dem Haus Marktstraße 50 einen so genannten Stolperstein verlegen zu dürfen. Diese Stolpersteine werden vor Häusern oder Geschäften von verfolgten. verschleppten und ermordeten Juden und anderen in der Nazizeit verfolgten Gruppen in das Gehsteigpflaster eingesetzt, um an deren Schicksal zu erinnern. Im Haus Marktstraße 50 war einst das Kaufhaus der jüdischen Familie Margoniner angesiedelt. Das Haus gehört jetzt der Familie Heise, die dort früher ein Café betrieben hat. 
Sowohl die Eigentümer Heise als auch Heiner Kock vom Dobben Café stehen diesem Projekt positiv gegenüber. Kock hat sogar angeboten, die Verlegung des Stolpersteins durch eine besondere Aktion seiner Konditorei zu unterstützen, um gegebenenfalls für weitere Steine Geld zu sammeln. Stolpersteine deshalb, weil man bei dem Spaziergang durch eine Stadt sinnbildlich darüber 'stolpert' und der Besucher sich genau in diesem Moment mit dem 'Mahnmal' befasst und zwar nicht an einer zentralen Gedenkstätte (dies kann ergänzend zu den Stelen auf dem Synagogenplatz und Gedenkstätten wie Lager Schwarzer Weg/Alter Banter Deichsweg sein), sondern 'unterwegs'. Die Steine werden ebenerdig zur Pflasterung verlegt. Man kann nicht wirklich darüber stolpern, sondern nur sinnbildlich... 
Menz würde gerne zusammen der Stadt, mit Hartmut Büsing und eventuell einer Schulklasse das Projekt 'Stolpersteine' vorantreiben. Vielleicht sei ja auch eine Schule daran interessiert, diesen Teil der Wilhelmshavener Geschichte auf diese Art aufzuarbeiten und sich zum Beispiel auf die Suche im Internet nach Nachfahren von Verfolgten zu machen. Ein Stolperstein kostet 120 ? Euro plus Verlegung/Spesen. Da nun die kalte Jahreszeit anfängt und man ja auch einen gewissen zeitlichen Vorlauf brauche, schlägt Menz vor, die Aktion im Frühjahr/Sommer 2013 zu starten."  
Link zum Artikel      
 
 

   
     

Links und Literatur

Links:

bulletInternetportal der Stadt Wilhelmshaven     
bulletSeite zur Synagoge in Wilhelmshaven von www.bet-tfila.org: hier anklicken    
bulletInformationen zu Erhard Milch (geb. 1892 in Wilhelmshaven, gest. 1972), als Generalfeldmarschall und Generalluftzeugmeister möglicherweise "ranghöchster jüdischer Soldat in der Wehrmacht": hier anklicken  
bulletHinweis auf die "Familiendatenbank Juden in Nordwestdeutschland"       

Literatur:  

bulletHandbücher der jüdischen Gemeindeverwaltung.  
bulletHarold Hammer-Schenk: Synagogen in Deutschland. Geschichte einer Baugattung im 19. und 20. Jahrhundert. Teil I und II. 1981.
bulletWilhelmshaven Synagoge 143.jpg (60138 Byte)Hartmut Büsing: "...soviel unnennbare Leiden erduldet". Zur Geschichte der Rüstringer und Wilhelmshavener Juden. Wilhelmshaven 1986.   
bulletOstfriesland Lit 13004.jpg (73854 Byte)Reise ins jüdische Ostfriesland. Hrsg. von der Ostfriesischen Landschaft - Kulturagentur  Georgswall 1-5  26603 Aurich. Tel. 04941-179957  E-Mail: kultur[et]ostfriesischelandschaft.de. Erschienen im Juli 2013. 67 S. Kostenlos beziehbar. 
Internet: www.ostfriesischelandschaft.de 
"Reise ins jüdische Ostfriesland" ist ein gemeinsames Projekt im Rahmen des dritten kulturtouristischen Themenjahres "Land der Entdeckungen 2013". Am 9. November 2013 jährte sich zum 75. Mal die Pogromnacht von 1938 in Deutschland. Dies haben 17 Einrichtungen, davon neun Museen und fast alle ehemaligen Synagogengemeinden zum Anlass genommen, sich unter dem Titel "Reise ins jüdische Ostfriesland" zusammenzuschließen. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten verschwand die jüdische Kultur im Vergleich zum übrigen Deutschland hier bemerkenswert schnell aus dem bis dahin gemeinsamen Alltagsleben von Juden und Nichtjuden. "Reise ins jüdische Ostfriesland" will an das einst lebendige jüdische Leben in der Region erinnern.
Die Projekte zeigen in beeindruckender Weise, wie ein Thema aus ganz unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet werden kann. Allen jedoch geht es insbesondere darum, dem vielfältigen jüdischen Leben in Ostfriesland bis zur Shoah und darüber hinaus wieder ein Gesicht zu geben. Denn Erinnerung ist ein Weg zur Heilung und damit zur Versöhnung.  

   
     


 

Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the Holocaust". 
First published in 2001 by NEW YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad Vashem Jerusalem, Israel.

Wilhelmshaven. Built on territory acquired from Oldenburg in 1853 and named in honor of William I, Wilhelmshaven soon became one of Germany's most important naval bases. The ten Jews living there in 1876 grew to 47 in 1885, 131 in 1910, and 239 in 1925. A new synagogue was dedicated in 1910. During and after Worldwar I, the community's religious teacher served as chaplain to Jewish sailors. There were anti-Jewish incidents, often involving navy personnel, and in 1922, two ultra-nationalists made an attempt on the life of Maximilian Harden, a prominent Jewish writer who edited Die Zukunft. In June 1933, there were 191 Jews in Wilhelmshaven. The Jewish community responded to Nazi pressure by intensifying its communal and Zionist activity. Nearly 100 Jews left before Kristallnacht (9-10 November 1938). During the pogrom the synagogue was destroyed and Jewish businesses were looted. After Jews had been driven through the streets and pelted with rocks, 34 were transported to the Sachsenhausen concentration camp. By May 1939, a total of 45 Jews hat emigrated from Wilhelmshaven (nearly 30 to England and other safe havens); one joined the International Brigade in Spain and, later, the French Resistance. At least 16 of those who remained after 1939 perished in the Holocaust.   
  
    

                   
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Stand: 30. Juni 2020