Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Fritzlar mit Cappel, Lohne und Obermöllrich (Stadt Fritzlar) sowie Wabern (Schwalm-Eder-Kreis)
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Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english version)   
   
In Fritzlar bestand eine jüdische Gemeinde schon im Mittelalter. Bereits um 1200 erhob der Mainzer Erzbischof von den Juden der Stadt Steuern. Die jüdischen Familien wohnten insbesondere oder ausschließlich in der "Judengasse" (1344 und wiederum 1367 und 1387 genannt). Die "Judengasse" lag in dem Teil der Altstadt, der in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts ausgebaut worden ist, zwischen der Hadamar- und der Jordansgasse. Bei der Judenverfolgung in der Pestzeit 1348/49 wurde die Gemeinde vernichtet. 
Nach der Verfolgung werden erstmals 1379 wieder Juden in der Stadt genannt. 1463 wurden Juden in der Vorstadt von Fritzlar, der "Neuen Stadt" aufgenommen. Die jüdischen Familien lebten vom Geldverleih. 1467 kam es zu einem Konflikt zwischen den Juden und der Stadt, der den Wegzug der meisten jüdischen Einwohner zur Folge hatte. 

In den folgenden Jahrhunderten lebten nur zeitweise wenige jüdische Familien in der Stadt. 1648 sechs jüdische Familien, 1676/79 drei Familien, 1744 eine Familie.

Im 19. Jahrhundert kam es zur Neugründung einer jüdischen Gemeinde. Die Zahl der jüdischen Einwohner entwickelte sich wie folgt: 1804 11 jüdische Einwohner in vier Familien, 1827 110 jüdische Einwohner (3,8 % von insgesamt 2.882 Einwohnern), 1861 108 (3,8 % von 2.869), 1871 131 (4,5 % von 2.925), 1885 163 (5,0 % von 3.239), 1905 148 (4,3 % von 3.448). 
Zur Fritzlarer Gemeinde gehörten auch die in Cappel und Wabern lebenden jüdischen Einwohner (in Cappel: 1835 2, 1861 9, 1905 8 Personen; in Wabern 1861 2, 1911 11 Juden), in der Mitte des 19. Jahrhunderts auch die in Obermöllrich lebenden jüdischen Personen (1835 26, 1861 33). 
Vermutlich gehörten auch die in Lohne (mit Kirchberg) lebenden jüdischen Personen (1826: 26) zur jüdischen Gemeinde in Fritzlar, doch könnten sie auch zur Gemeinde in Gudensberg oder Niedenstein gehört haben.
    

In der Mitte des 19. Jahrhunderts kam es vorübergehend zu einer Spaltung der jüdischen Gemeinde. Bis dahin war die Gemeinde zeitweise Sitz eines Kreisrabbinates gewesen. Rabbiner Mordechai Wetzlar, der 1830 als Kreisrabbiner in Fritzlar gewählt worden war, verlegte auf Grund der Spannungen in der Gemeinde den Sitz des Rabbinates nach Gudensberg, wo er 46 Jahre lang geblieben ist.  Radikale Reformer (etwa 20 vermögende Familien) hatten 1849 in Fritzlar eine eigene Gemeinde gründen wollen mit eigenem Kultus und unter Ablehnung von Kabbala und Talmud. Sie nannten sich "Neue Religionsgesellschaft" und beriefen bei gleichzeitiger Ablehnung von Rabbiner Wetzlar einen eigenen Lehrer für ihre Gesellschaft, was jedoch von Seiten des Landesrabbinats und der Regierung nicht anerkannt wurde. 1851 gelang es dem Vorsteher der Gemeinde, Kaufmann David Stern, die Religionsgesellschaft wieder mit der Gemeinde zu verbinden.  
       
An Einrichtungen bestanden in der Gemeinde eine Synagoge (s.u.), eine jüdische Religions- beziehungsweise Elementarschule (seit 1868) sowie (seit dem 18. Jahrhundert) ein Friedhof. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war. An Lehrern sind bekannt: ab 1853 Samuel Weinstein, um 1865 weiterhin Samuel Weinstein, dazu J. Appel (Quelle; Lehrer Appel wird auch genannt im Bericht zum Tod von Moritz Stern 1927 s.u.), ab 1869 bis 1904 Aron Katz (siehe Artikel unten), um 1914/24 Aron Neuhaus, um 1932 Gustav Kron (letzter jüdischer Lehrer in Fritzlar, siehe Foto unten).   
       
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde Leutnant Ernst Joseph (geb. 3.8.1894 in Fritzlar, gef. 13.3.1918), Gustav Löwenstein (geb. 16.6.1899 in Fritzlar, gef. 31.8.1918) und Sally Neugarten (geb. 17.3.1884, gef. 17.9.1915). 

Um 1925
- als noch 150 Personen der jüdischen Gemeinde angehörten (4 % von insgesamt etwa 3.700 Einwohnern) - waren die Vorsteher der jüdischen Gemeinde: Moses Lissauer und Leopold Löwenstein. Als Lehrer und Kantor wirkte der bereits genannte Aron Neuhaus, als Schochet Aron Mansbacher, als Synagogendiener H. Löwenstein. Die Israelitische Volksschule wurde von 16 Kindern besucht (1932 von 11 Kindern in vier Klassen). An jüdischen Vereinen gab es den Israelitischen Frauenverein (gegr. 1843), den Alten Männerverein und den Jungen Männerverein (1932 nur noch den Israelitischen Männerverein) sowie den Verein "Humanität" (gegr. 1896, Ziel: Unterstützung hilfsbedürftiger und erkrankter Mitglieder"). 1932 wurden 140 jüdische Einwohner gezählt. Inzwischen waren Leopold Löwenstein und David Löwenstein die Vorsteher der jüdischen Gemeinde. Gustav Kron wirkte als Lehrer und Vorbeter.   
 
Nach 1933 ist ein Teil der jüdischen Gemeindeglieder (1933: 128 Personen) auf Grund der zunehmenden Entrechtung und der Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert. Zu gewaltsamen Ausschreitungen gegen die jüdische Bevölkerung kam es in Fritzlar bereits am 8. November 1938. Sie führten zu einer verstärkten Ab- und Auswanderung, soweit diese noch möglich war. Die letzten jüdischen Einwohner wurden 1941/42 deportiert.        

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Kantor Gustav Kron und seine Frau Selma, ermordet 1942 im KZ Chelmno

Von den in Fritzlar geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Frieda (Friederike) Bacharach (1880), Sophie Bacharach (1874), Sidonia Bachmann geb. Mansbach (1899), Emilie Baruch geb. Katz (1890), Josef Baruch (1923), Julius Baruch (1884), Ruth Rosa Baruch (1926), Sara Klara Baumann geb. Mark (1869), Paula Boldes geb. Neugarten (1887), Emma Boley (1875), Lilli Brill geb. Mannheimer (1910), Ilse Fried geb. Hony (1912), Johanna Fried geb. Mark (1867), Ludwig Gutheim (1907), Julius Heilbronn (1897), Hilde (Brunhilde) Helfer geb. Kugelmann (1916), Hedwig Chana Herze geb. Herzberg (1891), Dina Joseph geb. Hoexter (1876), Moritz Joseph (1870), Tessy Joseph (1898), Grete Katz geb. Wolff (1911), Paula Kaufmann geb. Sauer (1893), Gustav Kron (1878), Selma Kron geb. Blumenkrohn (1890), Berta Kugelmann (1924), Betti Kugelmann geb. Plaut (1884), Frommet Kugelmann (1867), Josef Kugelmann (1877), Robert Kugelmann (1880), Selma Kugelmann (1875), Julius Lissauer (1906), Max Lissauer (1906), Moses Lissauer (1870), Susanne Luss geb. Lissauer (1909), Bernd Löwenstein (1938), Bessy Löwenstein (1902), Blanka Löwenstein (1921), David Löwenstein (1874), Ella Löwenstein geb. Heilbronn (1893), Elly Löwenstein geb. Wallach (1909), Herbald Löwenstein (1872), Jettchen Löwenstein (1875), Nathan Löwenstein (1873), Rickchen Löwenstein geb. Stern (1872), Siegfried Löwenstein (1884), Sigmund Löwenstein (1905), Susanne Luss geb. Lissauer (1909), Lilli Mannheimer (1910), Arthur Mansbach (1898), Ascher A. Mansbach (1865), Günter Mansbach (1932), Hans Mansbach (1931), Herta Mansbach geb. Levie (1907), Ludwig Mansbach (1896), Ottilie Mansbach (1929), Adele Mark (1874), Max Mark (1872), Otto Mark (1880), Robert Mark (1876 oder 1877), Jacob Neugarten (1888), Sophie Pick geb. Neugarten (1887), Herta Poppert geb. Speier (1913), Erna Rapp geb. Löwenstein (1897), Robert Salmon (1890), Hermann Speier (1880), Rebekka (oder Ruth) Speier geb. Grünebaum (1888), Susmann Speier (1870), Erna Stern (1927), Herta Stern (1921), Max Tugendreich (1879). 
   
Von den in Obermöllrich geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Herbald Löwenstein (1872), Joseph Löwenstein (1868), Siegfried Löwenstein (1884), Selma Rosenhoff geb. Löwenstein (1889).  
   
Von den in Wabern geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Siegfried Kaiser (1896), Isaak Wolff (1869).   
 
Seit 2005 wurden in Fritzlar "Stolpersteine" verlegt zur Erinnerung an die ehemaligen jüdischen Einwohner der Stadt, die in der NS-Zeit umgekommen sind. Informationen auf den Seiten des Kulturvereins Fritzlar.                  
     
  
       
       
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde 
 
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer und der Schule     
Ausschreibung der Stelle des Lehrers, Vorbeters und Schochet (1868)    

Fritzlar Israelit 17061868.jpg (55984 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17 Juni 1868: "Bewerber um die mit dem 1. Juli dieses Jahres erledigt werdende israelitische Lehrer- und Vorbeterstelle, womit womöglich zugleich der Schächterdienst vereinigt werden soll und womit dann ein Einkommen von circa 300 Thalern verbunden ist, werden hierdurch aufgefordert, ihre Meldungsgesuche unter Anschluss von Qualifikations- und sonstigen Zeugnissen dem unterzeichneten Vorstande vorzulegen. 
Fritzlar in der Provinz Hessen, am 9. Juni 1868. Der Gemeindevorstand Moriz Mark."  

  
Pensionierung des Lehrers Aron Katz (1904)  

Fritzlar FrfIsrFambl 30121904.jpg (43593 Byte)Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 30. Dezember 1904: "Fritzlar (Hessen-Nassau). Pensionierung. Am 1. Januar wird die hiesige Gemeinde ihren Lehrer Herrn A. Katz scheiden sehen. Er blickt auf eine 48jährige Tätigkeit zurück und tritt nunmehr in den wohl verdienten Ruhestande. Die Gemeinde hat beschlossen, ihm zu Ehren am genannten Tage eine größere Festlichkeit zu veranstalten."  
Anmerkung: Aron Katz ist 1835 in Nentershausen geboren.

   
Verabschiedung von Lehrer Aron Katz (1905)  

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 13. Januar 1905: "Fritzlar, 9. Januar (1905). Am 1. dieses Monats trat Herr Lehrer Katz hier nach 49-jähriger Dienstzeit in den wohlverdienten Ruhestand. Welcher Hochachtung und Verehrung der Scheidende sich nicht nur in seiner Gemeinde, in der er 36 Jahre gewirkt, sondern in unserer ganzen Stadt erfreut, zeigte sich so recht in diesen Tagen. Nachdem Herr Katz der Adler der Inhaber des Hohenzollernschen Hausordens vom Landrat unter herzlichen, anerkennenden Worten überreicht worden war, hielt am letzten Tage des alten Jahres unser bisheriger Lehrer zum letzten Male Gottesdienst als Beamter in seiner Gemeinde. Die Synagoge war bis auf den letzten Platz gefüllt, als Herr Katz, anknüpfend an den Abschied Jakobs von seinen Kindern mit tief ergreifenden Worten Abschied nahm von seiner Gemeinde und Schule. Im Namen der Familie verabschiedete sich sodann der Sohn, Herr Lehrer Katz - Nienburg, von der Vaterstand. Am Abend hatte der Männer-Wohltätigkeitsverein ihrem scheidenden Gründer zu Ehren einen Festkommers veranstaltet. In zündenden Worten feierte der Kreisvorsteher Herr D. Meyerhoff den bisherigen Vorsitzenden und überreichte ihm unter Dankesworten ein kostbares Geschenk neben der Ernennung zum Ehrenmitglied, indem er dabei dem Bedauern der Gemeinde Ausdruck gab darüber, dass es ihr nicht vergönnt sei, ihren Lieblingswunsch erfüllt zu sehen, nämlich durch die Nachfolge eines der Söhne den Vater in ihrer Mitte zu behalten. Die eigentliche Feier fand am 1. dieses Monats statt. Mittags erschien eine Deputation des Magistrats, bestehend aus dem Bürgermeister und dessen Vertreter in der Wohnung des Herrn Katz, um die Glückwünsche 'dem tiefen Bedauern der Stadt Ausdruck zu geben, einen Mann zu verlieren, der in den langen Jahren seiner Wirksamkeit sich nicht nur die Liebe seiner Gemeinde, sondern auch die Hochachtung und Verehrung der ganzen Stadt Fritzlar in reichstem Maße erworben habe.' Am Abend hatten sich neben der ganzen Gemeinde viele Freunde des Scheidenden in den Räumen des Frankfurter Hofes zu einer Abschiedsfeier versammelt. Nach einem von Herrn David Löwenstein vorgetragenen Prolog, dem ein lebendes Bild - die Schule - folgt, überreichte der Vorsitzende der israelitischen Lehrerkonferenz Hessens, Lehrer Amram - Borken, unter innigen Worten dem Freunde eine sehr schöne Adresse. Hiernach ergriff Lehrer Rosenstein - Rotenburg das Wort, um seinem alten Lehrer im Namen der Schüler zu danken, die dem Lehrerberufe sich gewidmet haben. Vorsteher Mannheimer drückte den Dank der Gemeinde für all das segensreiche Wirken des Scheidenden aus. Tief bewegt dankte der so Gefeierte für alle die Ehrungen, die ihm in so außerordentlich reichem Maße geworden seien."       

 
Beabsichtigte Auflösung der kleinen jüdischen Schulen (1907)  

Fritzlar Israelit 31101907.jpg (67088 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 31. Oktober 1907: "Frankfurt am Main, 31. Oktober. Aus Fritzlar kommt die Nachricht, dass die Regierung die in dem dortigen Bezirke befindlichen jüdischen Volksschulen mit weniger als zwölf Schülern aufzulösen beabsichtige und dass darob große Bestürzung unter der jüdischen Bevölkerung herrsche. Sollte die Nachricht zutreffen, so ist den beteiligten Gemeinden anzuraten, gegen die beabsichtigte Auflösung, die dem Wortlaut und dem Geiste des neuen Volksschulgesetzes entschieden widerspricht, Einspruch zu erheben und diesen Einspruch, falls notwendig, bis vor den Kultusminister zu bringen."

  
Lehrer Aron Neuhaus ist Vorsitzender der Israelitischen Lehrerkonferenz in Kassel (1925)  

Fritzlar Israelit 30041925.jpg (95646 Byte)Bericht in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. April 1925: "Israelitische Lehrerkonferenz in Kassel. Kassel, 27. April (1925). Im Hotel Meier fand die Konferenz der 'Vereinigung israelitischer Lehrer im Regierungsbezirk Kassel' statt. Der Vorsitzende, Lehrer Neuhaus - Fritzlar, begrüßte die Mitglieder und Gäste. Lehrer Rosenbusch - Bebra hielt dann einen Vortrag über: 'Das Arbeitsprinzip im Religionsunterricht'. Die ethische und erzieherische Aufgabe der Arbeitsschule sieht er in der Willens- und Charakterbildung durch das Erlebnis und die Tat. An seine Ausführungen knüpfte sich eine sehr ausdehnende Diskussion, an der sich eine Anzahl der Herren beteiligte, teils zustimmend, teils abweisend. Eingehende Besprechung fanden auch die für den an Pfingsten in Köln stattfindenden Verbandstag gestellten Anträge über die Ausgestaltung des Verbandsorganes und die Hilfskassen. Der bisherige Vorstand wurde wiedergewählt. Lehrer Perlstein - Gudensberg berichtete schließlich über die Hilfskasse 'Esra'."

  
Verbandstag des Reichsverbandes der Jüdischen Lehrervereine in München mit Referat von Lehrer Aron Neuhaus (Fritzlar, 1927)   

Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und Waldeck" vom 6. Januar 1928: 
Zum Lesen bitte Textabbildung anklicken   
   

  
  
Aus dem jüdischen Gemeinde- und Vereinsleben  
Liberale Einflüsse im jüdischen Gemeindeleben führen zu Unsicherheiten und Spannungen (1848/49
)  
Anmerkung: der Bericht ist aus konservativ-orthodoxer Sicht sehr kritisch geschrieben.   

Artikel in der Zeitschrift "Der treue Zionswächter" vom 16. Februar 1849: "In Fritzlar sind 22 Mitglieder ausgetreten und haben sich zu einer besonderen Religionsgesellschaft vereinigt, ihre Dogmen haben sie noch nicht veröffentlicht, bis jetzt ist ihr Gottesdienst wie früher, nur dass Männer und Frauen beim Gebete zusammen sind."  
     
Artikel in der Zeitschrift "Der treue Zionswächter" vom 19. Oktober 1849: "Kurhessen. Was die hiesigen jüdischen Verhältnisse betrifft, so herrscht noch immer dasselbige traurige Chaos. In Kassel bleibt es stets beim Alten; eine definitive Arrangierung der Gemeinde-Verhältnisse ist ferner als je; dasselbe gilt von der Anstellung eines Landesrabbinen. Während der verflossenen (Feiertage) zum Neujahrsfest und Jom Kippur hörten wir zur Abwechslung einmal wieder einen Berliner Prediger; die Predigt wurde mit nur geteiltem Beifall aufgenommen; von Anstellung ist keine Rede. - In Fritzlar, hierzulande hinlänglich wegen seines religiösen Indifferentismus berüchtigt - haben dreiviertel der Gemeinde den Berliner Reform-Gottesdienst angenommen, weshalb man einen eigenen Lehrer und Prediger aus Preußen beschrieb und selbigen mit 300 Gulden honoriert. Da indes viele sich zu dieser Gemeinde halten, um von den bedeutenderen Abgaben der ältern Gemeinde befreit zu sein, die aber an einem deutschen Gottesdienste weder das geringste Interesse haben, noch denselben überhaupt verstehen, so entstehen dadurch die possierlichsten Situationen. So 'ort' (= betet, von lat. orare) der Eine zuvor im Hause nach altem Ritus, geht nachher in den Andachtssaal des neuen; ein Anderer gesucht am Neujahrsfest den Reform-Tempel, lässt sich aber nach dem Gottesdienst den Schofarbläser der Synagoge kommen und in seinem Hause vorblasen und was dergleichen mehr. Dabei verfolgt man sich im Schoße der neuen Gemeinde gegenseitig mit Pasquillen, sodass es ein Skandal sondergleichen ist."    

       
Aufruf des Färbers Frank (1848)      
Anmerkung: bei Färber Frank handelt es sich um eine nichtjüdische Person.   

Artikel in der Zeitschrift "Der treue Zionswächter" vom 27. Juni 1848: "In Fritzlar hat ein bekannter Färber Frank einen Aufruf in der 'Neuen hessischen Zeitung' an die Juden ergehen lassen, worin er dieselben auffordert, dem Rabbinismus Valet zu sagen, wozu er vorzüglich unrein zu essen, und Schabbatentheiliger zu sein, rechnet. Das nennt der arme Mann 'vom Rabbinismus lossagen'!  
Der Aufruf hat natürlich auf dem lande nicht den geringsten Anklang gefunden, und zumal, da er höchst unlogisch geschrieben, eine wahre Missgeburt von Unverschämtheit und Unwissenheit ist, und werden die Folgen wahrscheinlich gerade das Gegenteil des Gewünschten bewirken."        

   
Ein Teil der Gemeinde möchte vom bisherigen Kreisrabbiner Wetzlar unabhängig sein (1852)  

Marburg AZJ 08111852.jpg (104832 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 8. November 1852: "Am Mittag kam ich nach Marburg. Im Jahre 1848 und den darauf folgenden lösten sich viele israelitische Gemeinden auf. So ging es denn auch in Fritzlar und in Marburg: dort trennte sich ein großer Teil von dem Kreisrabbinen Wetzlar, hier sagten sie sich los von ihrem Provinzialrabbinen Gosen. Die Marburger nannten sich 'die Überzeugten', indem sie wahrscheinlich überzeugt waren, ihr Geld zu sparen. Die traurigen Verhältnisse, in welche jüdische Gemeinden am Wenigsten verfallen sollten, weil sie hierdurch am Ehesten und mit Recht zu einem schlechten Beispiel werden müssen, sind nun zwar durch höhere Entscheidungen, wonach die Abgetrennten zur Zahlung ihrer seitherigen Beiträge verurteilt wurden, teilweise wieder geregelt, allein in Marburg erkennt die Gemeinde dessen ungeachtet ihren Rabbinen noch immer nicht an und dieser ist nun schon während der ganzen Zeit des traurigen Konflikts verhindert, die Ortssynagoge besuchen zu können. – Herr Gosen, der Nestor unserer hessischen Rabbinen, ein sehr gemütlicher Mann, wird den meisten Lesern dieser Zeitung sowohl aus Aufsätzen, die er in dieselbe geschrieben, wie auch von der Frankfurter Rabbinerversammlung her noch im Gedächtnisse sein."


60-jähriges Jubiläum des Israelitischen Frauenvereines (1903)   

Fritzlar FrfIsrFambl 11121903.jpg (41779 Byte)Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 11. Dezember 1903: "Fritzlar, 8. Dezember (1903). Der israelitische Frauenverein begeht nächsten Sonntag, den 13. dieses Monats, das 60jährige Bestehen des Vereins. Aus diesem Anlass finden neben einem Festessen, Theateraufführungen mit nachfolgendem Tanzvergnügen im Saale des Frankfurter Hofes dahier statt. Die ganze israelitische Gemeinde wird sich vollzählig an der Festlichkeit beteiligen."

   
Kurze Vorstellung der jüdischen Gemeinde (1926)   
(Aus einem Beitrag von Alexander Fiorino - Kassel: "Versuch einer Geschichte der Israeliten in Hessen")    

Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und Waldeck" vom 19. November 1926:  "Fritzlar. Bis zum 14. September 1802 zu Mainz gehörig, hat wohl während des zwölfhundertjährigen Bestehens der Stadt stets auch eine jüdische Bevölkerung gehabt, welche das oft sehr harte Schicksal ihrer Mitbürger, viele Kriege, Pest, Brände und Plünderungen mit ihnen teilten. Manche jüdischen Familien sind ausgestorben oder verzogen. Die Namen Israel oder Mark findet man nicht mehr dort. In früheren Zeiten fand der Gottesdienst in einem Privathause statt, in der unteren Nikolausstraße. Erst 1895 erbaute man in der Holzgasse auf dem Gelände einer alten Stiftskurie eine Synagoge und hinter derselben, an der Nikolausstraße, wurde eine Schule errichtet, an der ein Lehrer wirkt; auch befindet sich in Fritzlar der Kreisvorsteher."       

      
Anzeige zum Schwuaus-Ball (Ball am Laubhüttenfest, 1928)    

Anzeige in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und Waldeck" vom 25. Mai 1928:  "Morgen Sonntag, den 27. Mai, abends 8 Uhr. 
Schwuaus-Ball in Fritzlar in sämtlichen Sälen des Hotels Reichsadler. 
Es gastiert die bekannte Jonny-Kapelle. Hierzu ladet herzlichst ein  Das Komité."      

 
Simchas-Thauroball (Ball zum Feiertag Simchas Tora, 1929) 

Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und Waldeck" vom 25. Oktober 1929: "Fritzlar. Am Sonntag, den 27. Oktober, abends 8 Uhr, findet in Fritzlar ein Simchas-Thauroball in sämtlichen Räumen des Hotels Reichsadler statt, wozu das Komitee Freunde und Bekannte, auch der Nachbargemeinden, herzlichst einladet."       

 
Vortragsabend der Sinailoge Kassel in Fritzlar (1930)      

Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und Waldeck" vom 21. Februar 1930:  "Fritzlar. Sonntagabend weilten in unseren Mauern Mitglied des Kulturausschusses der Sinailoge Kassel und bereiteten den Mitgliedern unserer Gemeinde einige angenehme und dabei lehrreiche Stunden. Lehrer Kron sprach in seiner Begrüßung einige Worte über die Not auf den Gebieten der Wirtschaft, der Politik und der Kultur, die zu vergessen bzw. zu lindern diese Veranstaltung besonders geeignet sei. Daran anknüpfend hielt Herr Dessauer einen wohldurchdachten feinsinnigen Vortrag über 'Das jüdische Lied - die jüdische Melodie'. Es waren Worte, die aus jüdischem Herzen kamen und in jüdischen Herzen ihr Echo fanden. Anschließend an den Vortrag trug Frau Dr. Gotthilf fünf jüdische Lieder formvollendet vor, welche die gemütsvollen Ausführungen des Redners unserm Gemüte noch näherbrachten und Saiten in den Herzen der Zuhörer erklingen ließen, die leider in der hastenden Arbeit des Alltags verstummen. Gespannte Aufmerksamkeit und lauter Beifall belohnten Redner und Sängerin für ihre aufgebotene Mühe. Zwei Lieder als Zugabe bildeten den Abschluss der Vorführungen. Dann folgte noch ein kurzes gemütliches Beisammensein. Nur allzu früh verließen uns unsere Gäste mit dem Versprechen, uns sobald als möglich wieder einen solchen genussreichen Abend zu bereiten."       

    
Lichtbilder-Vortrag über Palästina (1931)      

Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und Waldeck" vom 24. April 1931: "Fritzlar. Am Sonntag vor Pessach wurde von Herrn Dr. Erlanger ein Lichtbilder-Vortrag über Palästina in Fritzlar gehalten, an dem der größte Teil der jüdischen Gemeinde teilnahm, und der, trotzdem es sich um eine erstmalige Veranstaltung dieser Art handelte, das Interesse der Anwesenden für Erez Jisrael weckte."       

 
Chanukkafeier der jüdischen Jugend (1931)       

Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und Waldeck" vom 18. Dezember 1931: "Fritzlar. Eine sehr gemütliche Chanukkafeier vereinigte die hiesige Jugend zu einem wohlgelungenen Zusammensein bei Geschwister B. Die jüdische Jugend ist durch eine Arbeitsgemeinschaft verbunden, die es sich zur Pflicht macht, unter Leitung des Herrn Lehrer Kron und des Herrn Dr. Erlanger jüdische Geschichte zu treiben, wobei jedes Mitglied Vorträge ausarbeiten muss. Nachdem unter Klavier und Geigenbegleitung Moaus Zur ertönte, wurde entzündet und Herrn Dr. Erlanger das Wort gegeben, der in tiefschürfender und vergeistigter Art über das Wirken und den Einfluss der Makkabäer auf die jüdische Geschichte sprach. Kaffee und Kuchen, Vorträge, Tanz und Gesellschaftsspiele beendeten diese harmonische Feier. Ein beträchtlicher Betrag konnte dem Keren Kajemet zugeführt werden."       

   
   
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde
Zum Tod des langjährigen Vorsteher der Gemeinde Kaufmann David Stern (1899)  

Fritzlar Israelit 27041899.jpg (103157 Byte) Als am 17. April 1899 der langjährige Vorsteher der israelitischen Gemeinde, Kaufmann David Stern starb, wurde in einem in der Zeitschrift "Der Israelit" erschienenen Nekrolog auf die damalige Geschichte und die Verdienste des Verstorbenen um die Einheit der Gemeinde hingewiesen: 
Fritzlar, 17. April (1899). Am 2. Ijar (des Jahres 5659 = 11./12. April 1899) verstarb nach sechsmonatlichem schweren Leiden einer der würdigsten Männer unserer jüdischen Gemeinde und einer der geachtetsten Bürger der hiesigen Stadt. Herr Kaufmann David Stern erreichte ein Alter von 81 Jahren. Durch das Hinscheiden dieses streng-religiösen Mannes hat die Gemeinde einen herben Verlust erlitten. Der Entschlafene hing mit allen Kräften bis zum letzten Atemzuge an unserer heiligen Religion und war, so lange es ihm die Kräfte ermöglichten, stets morgens und abends einer der ersten im Bejt HaKnesset (Synagoge). Bei jedem Krankheits- und Sterbefall in der Gemeinde, war der Verblichene zuerst am Platze, stand mit Rat und Tat helfend zur Seite, wie denn auch ein jeder in der Gemeinde seinen Anordnungen sich fügte. 
Es war Anfangs der fünfziger Jahre, als mehrere reiche Mitglieder der hiesigen Gemeinde in verblendeter Nachahmungssucht der Reformbestrebungen größerer Gemeinden, sich von der Hauptgemeinde trennten und eine Separatgemeinde der äußersten Reform, die sogenannte Genossenschaft, bildeten. Da fühlte der nunmehr Entschlafene, damals noch als junger Mann, sich berufen, alle seine Kräfte zu entwickeln, um die Abgefallenen für die Gemeinde wieder zurückzugewinnen. Seine Bemühungen waren denn auch vom schönsten Erfolg begleitet. Die Genossenschaft wurde nach zweijährigem Bestehen von der damaligen Kurfürstlichen Regierung aufgelöst und deren Mitglieder der alten Gemeinde wieder zugewiesen.
Der selige Entschlafene bekleidete länger als 25 Jahre das Amt eines Vorstehers der israelitischen Gemeinde, er war Mitbegründer der Chewra Gemilus chassidim und hat fast 30 Jahre lang, bis zu seinem Tode, als Vorstand dem Verein seine Kräfte gewidmet.
Das Leichenbegängnis fand am Freitag, den 14. April, unter Beteiligung einer großen Menge von Leidtragenden statt. Liskor olam... ("zum ewigen Gedenken..."). Sein Wirken wird unter uns unvergesslich sein. T'N'Z'B'H' ("Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens").

    
87. Geburtstag von Amalie Löwenstein (1926)      

Artikel in der "Jüdisch-liberalen Zeitung" vom 1. Januar 1926: "Fritzlar (87. Geburtstag). Die langjährige, verdiente Vorsitzende des hiesigen Israelitischen Frauenvereins, Frau Amalie Löwenstein, beging kürzlich in befriedigender körperlicher und geistiger Frische ihren 87. Geburtstag."      

    
Zum Tod des langjährigen Gemeindeältesten Moritz Mannheimer (1927)      

Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und Waldeck" vom 4. März 1927: "Fritzlar. Ein sehr großer Leichenzug, wie ihn unsere Stadt selten zu sehen bekommt, geleitete am letzten Mittwoch die sterbliche Hülle des dahingegangenen Herrn Moritz Mannheimer zu ihrer letzten Ruhestätte. Diese in allen Schichten der Bevölkerung sich zeigende Teilnahme legte ein beredtes Zeugnis von der Wertschätzung und Beliebtheit ab, die sich der Verstorbene durch sein Wirken zu erwerben gewusst. Auch die Behörden des Kreises und der Stadt waren durch ihre führenden Persönlichkeiten vertreten. Dreißig Jahre hindurch hatte der Verblichene als Stadtverordneter und zum Teil als Magistratsmitglied die Interessen unserer Stadt wahrgenommen und durch sein kluges Urteil und seine auf dem Gebiete der Finanzverwaltung besonders hervorragenden Kenntnisse sich um die Bürgerschaft recht verdient gemacht. Der israelitischen Gemeinde hat er fast 25 Jahre als Gemeindeältester vorgestanden und ihr Geschick geleitet; der Bau der neuen Synagoge ist mit auf seine Initiative zurückzuführen. Sein weitverzweigtes Geschäft führte er in unermüdlicher, nie rastender Tätigkeit, seine durch nichts einzudämmende Energie und Schaffenskraft überwand Schlaf und Krankheit. Ein stark entwickeltes soziales Mitgefühl ließen ihn Armut und Elend lindern, wo sie ihm entgegentraten. Sein Rat wurde von vielen gesucht und blieb keinem versagt. Die letzten Jahre brachten ihm manche Enttäuschungen. Herr Lehrer Kron würdigte am Grabe die Verdienste des Dahingegangenen. Auf letztwilligen Wunsch des Verstorbenen sprach dann noch der frühere Lehrer der Gemeinde, Herr Neuhaus, der die Persönlichkeit des Verklärten nach ihrem Kern und Wesen kennzeichnete. Möge dem verdienten Manne die Erde leicht sein."         


84. Geburtstag von Witwe Blumenfeld (1927) 

Fritzlar Israelit 18081927.jpg (11960 Byte)Meldung in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. August 1927: "Fritzlar, 8. August (1927). In größter Frische beging Frau Witwe Blumenfeld, dahier ihren 84. Geburtstag."   

  
Zum 75. Geburtstag von Kreisvorsteher Meyerhoff (1927)  

Fritzlar CV-Zeitung 11021927.jpg (26135 Byte)Artikel in der "CV-Zeitung" (Zeitschrift des "Central-Vereins") vom 11. Februar 1927: "Unser langjähriges Mitglied Kreisvorsteher Meyerhoff in Fritzlar in Hessen beging kürzlich seinen 75. Geburtstag. Zu den Gratulanten gehörten u.a. die Behörden des Kreises und der Stadt sowie der Vorstand des Kriegervereins. Auch wir gratulieren dem verehrten Freunde herzlich."         
 
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und Waldeck" vom 28. Januar 1927: "Foto: David Meyerhoff aus Fritzlar. 
Fritzlar. Am 31. Januar vollendet Herr David Meyerhoff in seltener geistiger und körperlicher Frische sein 75. Lebensjahr. Herr Meyerhoff erfreut sich in der ganzen Stadt und bei allen Konfessionen der allergrößten Beliebtheit. Die jüdische Gemeinde kann insbesondere mit Stolz und Dank auf ihn blicken, hat er doch ununterbrochen 40 Jahre hindurch als Gemeindeältester und als Kreisvorsteher der Judenheit des hiesigen Bezirks große Dienste geleistet. Seiner Rührigkeit verdankt die Gemeinde auch die im Jahre 1897 eingeweihte neue und sehr würdige Synagoge sowie das neue Schulhaus. Trotz der größten Schwierigkeiten, die man seinerzeit gerade in gutsituierten Kreisen der Errichtung dieser Gebäude entgegensetzte und der man sogar von dieser Seite durch Wegzug von hier aus dem Wege ging, gelang es seiner Energie, alle Widerstände niederzukämpfen. Mögen dem rüstigen Herrn noch viele Jahre in Gesundheit und Frohsinn beschieden sein!"      
 
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und Waldeck" vom 4. Februar 1927: "Fritzlar. Am verflossenen Montag beging, wie bereits berichtet, Herr Kreisvorsteher Meyerhoff seinen 75. Geburtstag. Ehrungen aller Art bewiesen, welche Hochachtung und Verehrung man ihm entgegenbringt. Vom frühen Morgen bis zum späten Abend erschienen Gratulanten, Mitglieder der israelitischen Gemeinde und andersgläubige Bürger der Stadt, u.a. der Landrat, vertreten durch den Kreisoberinspektor Meyer, der Bürgermeister Weinrich und Mitglieder des Magistrats, General Freiherr von Richthofen (ein Freund des Hauses) und sonstige prominente Persönlichkeiten. Die hiesigen Gemeindeältesten überreichten im Namen sämtlicher Gemeindeältesten des Kreises einen silbernen Becher mit entsprechender Widmung. Der Kriegervereinsvorstand übergab unter recht herzlicher Ansprache des Vorsitzenden eine Ehrenurkunde, die besagte, dass der hochgeschätzte Kamerad Meyerhoff zum Ehrenmitglied ernannt sein. Auch die Stadtkapelle Fritzlar ließ es sich nicht nehmen, das Geburtstagskind durch ein Ständchen zu erfreuen. Wenn auch diese Ehrungen in der Hauptsache aus der großen Belietbeit des Herrn Meyerhoff zu erklären sind, so zeigen sie doch auch, welches friedliche Einvernehmen unter den Bürgern der verschiedenen Konfessionen in unserem schönen Städtchen am Ederstrande herrscht. Möge es so bleiben für alle Zeiten. K."   

   
Zum Tod von Rosa Gutheim (1927)      

Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und Waldeck" vom 20. Mai 1927: "Fritzlar. Am letzten Montag wurden die sterblichen Überreste der Witwe Rosa Gutheim, zuletzt wohnhaft bei ihren Töchtern in Renteln (?) bei Frankfurt, im Alter von 78 Jahren hier zu Grabe getragen und neben ihrem, ihr vor zwölf Jahren im Tode vorausgegangenen Gatten, mit dem sie eine innige glückliche Ehe führte, bestattet. Sie war eine Esches chajil (wackere Frau) in des Wortes wahrster Bedeutung und bei Glaubensgenossen und Andersgläubigen ihrer Menschenliebe, Hilfsbereitschaft und Friedensliebe wegen sehr beliebt. Ihr Andenken sei zum Segen!"      

 
David Meyerhoff legt sein Amt als Kreisvorsteher nieder (1927)  
Anmerkung: Beim Amt des Kreisvorstehers handelt es sich um den Vertreter des Kreises Fritzlar im Rabbinatsbezirk Niederhessen mit Sitz in Kassel, der aus neun Kreisen mit jeweils gewähltem Kreisvorsteher bestand. Zum Kreis Fritzlar gehörten außer Fritzlar sechs weitere jüdische Gemeinden (Gudensberg, Jesberg, Niedenstein, Ungedanken, Zimmersrode und Zwesten).  

Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und Waldeck" vom 4. Oktober 1927: "Fritzlar. Herr Kreisvorsteher David Meyerhoff, der über 36 Jahre das Amt des Kreisvorstehers (seit 1. Mai 1892) innehatte, hat sein Amt seiner angegriffenen Gesundheit wegen niedergelegt. Anlässlich seines 75. Geburtstages haben wir ausführlich auf die Lebensarbeit des Herrn Meyerhoff im Dienste des Judentums hingewiesen. Wir bedauern lebhaft, den Abgang dieses hervorragend bewährten Kreisvorstehers und hoffen und wünschen, dass er trotzdem noch mit Rat und Tat der Jüdischen Gemeinschaft zur Verfügung stehen wird."      
 
Fritzlar Israelit 27101927.jpg (17312 Byte)Meldung in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27. Oktober 1927: "Fritzlar, 23. Oktober (1927). Herr Kreisvorsteher David Meyerhoff, der seit 36 Jahren Kreisvorsteher war, hat aus Gesundheitsrücksichten sein Amt als Kreisvorsteher niedergelegt." 
     
Fritzlar Israelit 10111927.jpg (17216 Byte)Meldung in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. November 1927: "Fritzlar, 1. November (1927). Der Kreisvorsteher David Mayerhof hat aus Gesundheitsrücksichten sein Amt als Kreisvorsteher des Kreises Fritzlar niedergelegt."   

  
Karl Schloss wurde zum Rechnungsführer der Gemeinde gewählt (1927)    

Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und Waldeck" vom 28. Oktober 1927: "Fritzlar. Herr Karl Schloß wurde zum Rechnungsführer unserer Gemeinde gewählt."       

    
Zum 89. Geburtstag von Amalie Löwenstein (1927)  

Fritzlar Israelit 15121927.jpg (21845 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 15. Dezember 1927: "Fritzlar, 12. Dezember (1927). Witwe Amalie Löwenstein, die älteste Bürgerin, beging ihren 89. Geburtstag. Die Hochbetagte zeigt trotz ihres Alters für alle Vorkommnisse noch reges Interesse und erfreut sich bester Gesundheit."

      
Zum Tod von Moritz Stern (1927)       

Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und Waldeck" vom 23. Dezember 1927: "Fritzlar. Am Sonntagnachmittag, kurz bevor wir die Chanukkalichter anzündeten wurde das allseitig beliebte und geehrte Mitglied unserer Gemeinde, Herr Moritz Stern nach langem Krankenlager von uns genommen. Dem Chanukkalicht glich sein Wesen. Wie von diesem, so ging auch von ihm Licht, Wärme und Freude aus. Das Licht seines Geistes warf seine Strahlen weithin. Der Verstorbene besaß ein großes Wissen, besonders in der jüdischen Literatur. Einem angesehenen Hause entstammend, lernte er schon hier in seiner Vaterstadt bei seinem Lehrer Appel Raschi und Dinim, besuchte dann die Jeschiwoh des Rabbiners Dr. Plato (des späteren Seminardirektors in Köln) in Karlsruhe. - Die Wärme, die seinem guten Herzen entströmte, wirkte wohltuend auf seine Umgebung. Dieses gute, warme Herz leitete ihn bei der Pflege seiner viele Jahre bettlägerigen Mutter, bei seiner Sorge um Arme und Hilfsbedürftige, besonders bei seinem eifrigen Streben um die Förderung des jüdischen Frauenvereins, dessen Rechner er lange Zeit war. So half er macnhe Not beseitigen und zauberte so manchen frohen Blick aus den Augen derer hervor, denen er Hilfe und Stütze war. Secher zaddik livroch. Möge auch das Andenken an diesen Edlen, der in unserer Gemeinde nicht erlöschen wird, und zum Segen gereichen! K."       

 
80. Geburtstag von Salomon Speier (1928)  

Fritzlar Israelit 09021928.jpg (21402 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. Februar 1928: "Fritzlar, 29. Januar (1928). Herr Salomon Speier, ein allgemein angesehener und beliebter Mitbürger dahier, begeht heute seinen 80. Geburtstag in größter körperlicher Rüstigkeit und Geistesfrische."  

   
80. Geburtstag von Hannchen Krohn (1928)  

Fritzlar Israelit 09021928a.jpg (11178 Byte)Meldung in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. Februar 1928: "Fritzlar, 31. Januar (1928). Ihren 80. Geburtstag beging Frau Hanchen Krohn dahier in seltener Frische."  

   
Zum 90. Geburtstag von Amalie Löwenstein (1928)  

Fritzlar Israelit 20121928.jpg (27639 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 20. Dezember 1928: "Fritzlar, 10. Dezember (1928). Ihren 90. Geburtstag beging am Heiligen Schabbat in größter körperlicher Rüstigkeit und Geistesfrische im Kreise ihrer vier Kinder die Witwe Amalie Löwenstein, die älteste Einwohnerin unserer Stadt. Sie wohnt seit 1865 in Fritzlar."   
 
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und Waldeck" vom 7. Dezember 1928: "Fritzlar. Am 8. Dezember vollendet Frau Witwe J. Löwenstein in körperlicher Frische ihren 90. Geburtstag. Sie lebt seit Jahren bei Sohn und Tochter, die sie in hervorragender Weise pflegen. Sie unterhält sich noch mit ihren alten Bekannten, die sie sehr oft besuchten, von früheren Zeiten. Möge ihr noch ein froher Lebensabend beschieden sein. Ad meoh weesrim schonoh (= alles Gute bis 120)".    

   
85. Geburtstag von Fanny Löwenstein (1929)       

Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und Waldeck" vom 22. März 1929:  "Fritzlar. Am kommenden Freitag, den 22. dieses Monats, begeht Frau Fanny Löwenstein Witwe, im Kreise ihrer Lieben, die dankbar zu ihr emporschauen, ihren 85. Geburtstag. In körperlicher und selten geistiger Frische hat sie unter Gottes Beistand diesen Jubeltag erreicht. Mit regem Interesse verfolgt sie die Ereignisse des Tages in engerer und weiterer Heimat. Mit seltenen Geistesgaben ausgestattet, nimmt sie Stellung zu allen Fragen der Gegenwart. Gern erinnert sie sich an ihre ferne Schulzeit und an ihren hochverehrten Lehrer, den späteren Seminardirektor Dr. Stein, der damals Lehrer in ihrem Geburtsorte Ropperhausen war. Besonders ist sie bewandert im jüdischen Wissen. Hingebungsvoll vertritt sie die Interessen des jüdischen Frauenvereins, dessen Vorsitzende sie schon seit langen Jahren ist. Wenn sie in einer Sitzung desselben das Wort ergreift, so weiß sie immer in sachlicher Weise mit recht viel Wärme für die Sache, die sie vertritt, einzutreten. Frieden zu hegen und zu pflegen ist ihr Herzensbedürfnis. Regen Anteil nimmt sie an Freud und Leid aller. So nimmt es uns nicht wunder, dass sie sich allgemeiner Hochachtung erfreut. Möge es ihr vergönnt sein, ihr Wiegenfest noch recht oft in Gesundheit und Zufriedenheit zu begehen. Ad meo weesrim Schonoh (...bis 120 Jahre)."      

  
Zum Tod von Amalie Löwenstein (1929) 

Fritzlar Israellit 23051929.jpg (23210 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. Mai 1929: "Fritzlar, 16. Mai (1929). Die älteste Einwohnerin unserer Stadt, Frau Amalie Löwenstein, die erst im Dezember vorigen Jahres ihren 90. Geburtstag begehen konnte, wurde am Dienstag zu Grabe getragen. Ihre Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens."  

 
Kreisvorsteher David Meyerhoff legt sein Amt nieder (1929)    

Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und Waldeck" vom 9. August 1929: "Fritzlar. Herr Kreisvorsteher D. Meyerhoff hat aus Gesundheitsrücksichten sein Amt, welches er nunmehr 40 Jahre zur größten Zufriedenheit verwaltet hat, niederlegt. Er war vom Jahre 1887-1890 Gemeindeältester und dann Kreisvorsteher. Während seiner Amtszeit wurde der Bau der Synagoge in Angriff genommen. Er selbst hatte an der Erbauung derselben großen Anteil. Auch jetzt, zu den Vorarbeiten der Renovierung der Synagoge, stellt er seine reiche Erfahrung in den Dienst der Gemeinde. Stets betrachtet er es als sein höchstes Ziel nur das beste für de Gemeinden seines Bezirks zu tun, wobei ihm sein großes Ansehen, was er bei den Behörden genoss, sehr zustatten kam. Der stellvertretende Landrat hat in einer Abschiedsrede seine Verdienste restlos anerkannt. Als sein Nachfolger wurde der als Gemeindeältester bestens bewährte Herr M. Lissauer einstimmig durch Zuruf gewählt."      
 
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und Waldeck" vom 16. August 1929: "Fritzlar. Vom Vorsteheramt der Israeliten wurde dem langjährigen, sehr verdienten Kreisvorsteher Meyerhoff anlässlich seines Ausscheidens nachstehendes Schreiben gewidmet: 'Sehr geehrter Herr Meyerhoff! Ihrem Ansuchen, Sie von den Pflichten des Amtes eines Kreisvorstehers zu entbinden, konnten wir bei Würdigung der dargelegten Gründe nicht noch länger entgegen sein. wir brauchen Ihnen nicht zu versichern, wie groß das Bedauern ist, mit dem wir Sie aus Ihrem Amte scheiden sehen, dessen Mühe Sie auf unsere Bitten hin sich so lange unterzogen haben. Fast ein Menschenalter haben Sie den Gemeinden Ihres Heimatkreises mit Rat und Tat zur Seite gestanden, haben für den Frieden in den Gemeinden gewirkt und sind uns ein nimmermüder und getreuer Helfer gewesen. Mögen sich auch alle Verhältnisse seit Ihrem Amtsantritt wesentlich geändert haben, Ihre Arbeitsfreudigkeit und Schaffenskraft ist sich gleich geblieben. Ihres Wirkens wird nicht nur dankbar in Ihrem Bezirke gedacht werden, sondern in weiteren Kreisen unserer Glaubensgemeinschaft. Wir aber möchten den Tag, an dem Sie Ihre Tätigkeit beenden, nicht vorübergehen lassen, ohne Ihnen unseren herzlichsten Dank zu sagen. Möge es Ihnen vergönnt sein, noch lange Jahre in Gesundheit und Zufriedenheit auf Ihre Wirksamkeit zurückblicken zu können.  gez.: Vorsteheramt der Israeliten."    

  
Zum Tod von Kaufmann Elias Lissauer (1929)     

Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und Waldeck" vom 22. November 1929: "Fritzlar. Aus einem Leben rastloser Tätigkeit wurde vergangenen Donnerstag der Kaufmann Elias Lissauer durch den Tod abberufen und am Sonntag unter recht zahlreichem Gefolge zur letzten Ruhe bestattet. Mit reichen Geistesgaben ausgestattet, hat er es verstanden, sich die Achtung seiner Mitbürger zu erwerben; sein Rat wurde allseits gesucht. Durch seine Frömmigkeit sowie sein jüdisches Wissen hat er sich hervorgetan. Mit offener Hand unterstützte und förderte er alles, was heilsam war für die Allgemeinheit, für seine Gemeinde, für die Seinen. Die Erhaltung der Synagoge und des Friedhofes in seinem Heimatdorf Ungedanken sind in der Hauptsache sein Werk. Nicht nur die Familie, sondern auch die Gemeinde und viele Freunde und Bekannte betrauern den so frühen Tod des Verewigten. Herr Kron schilderte am Grabe den Lebenslauf des Verstorbenen in Anlehnung an den Text der Sidrah des letzten Sabbat und hob seine Verdienste als guter Jehudi und Mensch hervor. Secher Zadik liwrocho(= das Andenken an den Gerechten ist zum Segen)."       
 
Anzeige in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und Waldeck" vom 15. November 1929: 
"Unerwartet verschied heute nacht nach kurzem Kranksein mein lieber Mann, unser treusorgender Vater, Bruder, Schwager, Schwieger- und Großvater und Onkel, 
der Kaufmann Elias Lissauer 
in einem 65. Lebensjahre. 
Im Namen der trauernd Hinterbliebenen Dina Lissauer geb. Abt. 
Fritzlar, den 14. November 1929. Die Beerdigung findet Sonntag, 17. November, nachmittags 3 Uhr statt."      

 
60. Geburtstag des Tempeldieners (= Synagogendieners) Hermann Löwenstein (1929)     

Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und Waldeck" vom 6. Dezember 1929: "Fritzlar, 60. Geburtstag. Am 11. Dezember begeht Herr Hermann Löwenstein seinen 60. Geburtstag. Er versieht zur größten Zufriedenheit der Gemeinde seit über 22 Jahren das Amt des Tempeldieners. Niemals vergisst er eine seiner Obliegenheiten und erinnert regelmäßig die Angehörigen an ihre Jahrzeit und sonstigen Gedenktage. Wir wünschen ihm weiteres Wohlergehen. B."         

 
Zum Tod von Salli Bloch (1931)   

Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und Waldeck" vom 27. Februar 1931: "Fritzlar. Einen fühlbaren Verlust erlitt unsere Gemeinde durch den Tod unseres Gemeindemitgliedes Salli Bloch. Durch sein friedliches, freundliches Wesen, durch seinen Fleiß hat er sich die Achtung der Umwelt erworben. Als Mitglied der Baukommission, gelegentlich der Renovierung unserer Synagoge, hat er fleißig mitgeholfen, unser Gotteshaus in würdiger Gestalt neu erstehen zu lassen. Um seinen Tod trauern vier Söhne und zwei Töchter, seine Gattin, seine Geschwister, denen er stets hilfreich zur Seite stand, sowie seine zahlreichen Freunde. Ein großes Gefolge gab ihm das letzte Geleit. 
Am Grabe schilderte Herr Lehrer Kron in herzlichen Worten das Leben des Verstorbenen. Es sprach noch Herr Löwenstein, Vorsitzender des Viehhändlerverbandes, im Namen des Verbandes und Herr Isaac Nußbaum, Halberstadt, Worte des Gedenkens und des Abschieds. Mit Sally Bloch verliert die Gemeinde Fritzlar eine aufrechte Persönlichkeit und einen guten Menschen. Möge ihm, die Erde leicht werden."        
 
Anzeige in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und Waldeck" vom 27. Februar 1931: 
"Heute Nachmittag entschlief sanft nach einem mit vorbildlicher Geduld ertragenem Leiden im 67. Lebensjahre mein innig geliebter Mann, unser treu-sorgender, herzensguter, lieber Vater, Bruder, Schwiegervater, Großvater, Schwager, und Onkel 
Sally Bloch
 
Im Namen der tieftrauernden Hinterbliebenen Adelheid Bloch geb. Meyerfeld
Fritzlar, Marburg (Lahn), Oschersleben, Halberstadt, Magdeburg, den 22. Februar 1931."     

  
  
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen  
    
Hochzeitsanzeige von Siegfried Löwenstein und Bertel geb. Rapp (1924)      

Anzeige in der "CV-Zeitung" (Zeitschrift des "Central-Vereins") vom 12. Juni 1924: 
"Siegfried Löwenstein - Bertel Löwenstein geb. Rapp
Vermählte. 
Fritzlar - Fulda".          

    
Anzeige zum Fritzlarer Landpferdemarkt in der "Jüdischen Wochenzeitung" (1927)    

Anzeige in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und Waldeck" vom 8. Juli 1927: "Fritzlarer Landpferdemarkt 
mit großer Verlosung und Prämiierung von Pferden am 13. und 14. Juli 1927. 
1. Hauptgewinn: 1 eleganter Jagdwagen mit 2 Pferden und Geschirren. 2. und 3. Hauptgewinn: je 1 Einspänner Jagdwagen mit Pferd und Geschirr. 
An beiden Tagen: Volksbelustigung mit Tanz."       

 
Hochzeitsanzeige von Arthur Mansbach und Johanna geb. Hirtz (1924)       

Anzeige in der "CV-Zeitung" (Zeitschrift des "Central-Vereins") vom 17. Juli 1924: 
"Ihre Vermählung geben bekannt: Arthur Mansbach   Johanna Mansbach geb. Hirtz
Fritzlar / Duisburg-Ruhrort, Harmoniestr. 71   -  Grevenbroich (Niederrhein)  zur Zeit Düsseldorf (Hansa-Hotel)   
16. Juli 1924."        

     
Verlobungsanzeige von Bella Friedmann und Paul Bloch sowie Hanna Nußbaum und Theo Bloch (1927)     

Anzeige in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und Waldeck" vom 22. Juli 1927:   
"Bella Friedmann - Paul Bloch  Verlobte    Oschersleben (Bode) Berliner Straße   -   Fritzlar 
Hanna Nußbaum  -  Theo Bloch   Verlobte     Halberstadt Seydlitzstraße 13,I  -  Fritzlar    


Verlobungs- und Hochzeitsanzeigen von Leo Wallach und Grete geb. Bloch (1928 /1929)    

Anzeige in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und Waldeck" vom 10. März 1928:   
"Grete Bloch  -  Leo Wallach   
Verlobte   
Fritzlar  -  Magdeburg. 
Empfang: Samstag, den 10. März".    
 
Anzeige in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und Waldeck" vom 8. März 1929:  
Leo Wallach   -   Grete Wallach geb. Bloch  
Vermählte.  
Trauung am 10. März 1929, 1 1/2 Uhr, im Hotel Emanuel.  
Magdeburg  -   Fritzlar".   

  
Todesanzeige für Dina Lissauer geb. Abt (1930)   

Anzeige in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und Waldeck" vom 7. Februar 1930:
"Heute morgen um 8 Uhr, zehn Wochen nach dem Hinscheiden ihres lieben Mannes, unseres unvergesslichen Vaters, entschließ nach schwerem Leiden, unsere liebe, gute Mutter, Großmutter, Schwester, Schwägerin und Tante  
Frau Dina Lissauer geb. Abt 
in ihrem 63. Lebensjahre. 
Fritzlar, den 4. Februar 1930. Im Namen der Hinterbliebenen: Gustav Lissauer."         

  
Verlobungsanzeige von Blanka Löwenstein und Siegfried Katz (1930)   

Jesberg CV-Ztg 24101930.jpg (28423 Byte)Anzeige in der Zeitschrift des "Central-Vereins" ("CV-Zeitung") vom 24. Oktober 1930: 
"Blanka Löwenstein - Siegfried Katz  
grüßen als Verlobte. Fritzlar - Jesberg. 26. Oktober 1930."   

  
Todesanzeige für Moses Mannheimer (1931)    

Anzeige in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und Waldeck" vom 25. September 1931:   
"Gestern Abend verschied plötzlich und unerwartet mein lieber Mann, unser guter treusorgender Vater, Bruder, Schwager und Onkel 
Moses Mannheimer 
im 52. Lebensjahr. Im Namen der trauernden Hinterbliebenen: Frieda Mannheimer geb. Marburger. 
Fritzlar
, den 17. September 1931."     


Nach der Emigration: Hochzeitsanzeige von Julius Baruch und Irene geb. Kugelmann (1941)    

Anzeige in der Zeitschrift "Der Aufbau" vom 9. Januar 1942: 
"Julius Baruch - Irene Baruch geb. Kugelmann.  Vermählte.  
(früher Königsberg) - (früher Fritzlar)  
z.Zt. Fort Ethan Allen Fermont - 27 W. 89 St.  28. Dezember 1911".        

    
    
    

Zur Geschichte der Synagoge
        
    
Im Mittelalter war sicher ein Betsaal vorhanden, der freilich nicht in den Quellen genannt wird. Allerdings besaß die Gemeinde ein rituelles Bad (Mikwe) als Hinweis für eine bestehende Gemeinde mit eigenen Einrichtungen. Auch wird 1470 ein Schreiber (Sofer = Toraschreiber) namens Isaak genannt, der die Fritzlarer Judenschaft als Gemeinde (Kehilla) bezeichnete.   
    
Im 18. Jahrhundert wurden die Gottesdienste in einem Betsaal in einem Privathaus abgehalten. Bereits vor 1827 bestand eine erste Synagoge und eine jüdische Schule. Das Gebäude in der Unteren Nikolausstraße, in dem im Erdgeschoss die Schule und im Obergeschoss der Betsaal eingerichtet waren, befand sich um 1890 in einem schlechten Zustand. Dadurch plante die Gemeinde den Bau einer neuen Synagoge gemeinsam mit einem neuen Schulhaus. Am 10. Juli 1896 war nach Mitteilungen in Kurzartikel der jüdischen Presse die Grundsteinlegung für die neue Synagoge.        

Fritzlar Israelit 16071896.jpg (9168 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16. Juli 1896: "Fritzlar, 10. Juli (1896). Heute fand die Grundsteinlegung für die neue Synagoge statt. Das Schulhaus, ein besonderer Bau, steht bereits im Rohbau fertig."
  
Fritzlar AZJ 17071896.jpg (15176 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 17. Juli 1896: "In Fritzlar fand am 10. dieses Monats die Grundsteinlegung für die neue Synagoge statt. Ein Schulhaus steht bereits im Rohbau fertig."

Besondere Verdienste beim Synagogenbau kamen beim Bau der Synagoge David Meyerhoff zu. Er war 40 Jahre Gemeindeältester der jüdischen Gemeinde Fritzlar und Kreisvorsteher des Kreises Fritzlar. Seine Verdienste um den Bau der Synagoge und des Schulhauses 1897 werden noch in einem Artikel der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17. Februar 1927 zu seinem 75. Geburtstag hervorgehoben. 

Fritzlar Israelit 17021927.jpg (32826 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17. Februar 1927: "Fritzlar, 1. Februar (1927). Sein 75. Lebensjahr vollendete am Montag der Kreisvorsteher David Meyerhoff dahier. Er bekleidete 40 Jahre das Amt eines Gemeindeältesten der jüdischen Gemeinde und Kreisvorsteher des Kreises Fritzlar. Er erfreut sich in der ganzen Stadt und bei allen Konfessionen der allergrößten Beliebtheit. Seiner Initiative verdankt die Gemeinde die im Jahre 1897 erbaute schöne Synagoge und das neue Schulhaus."  

Am 30. Juni 1897 war die festliche Einweihung der Synagoge durch Bezirksrabbinat Dr. Prager aus Kassel. Durch festliche geschmückte Straßen wurden die Torarollen von der alten Synagoge in der Unteren Nikolausstraße zur neuen Synagoge in der Holzstraße getragen. 
Über die Feier liegt ein Bericht in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 9. Juli 1897 vor: 

Fritzlar AZJ 09071897.jpg (77162 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 9. Juli 1897: "Fritzlar, 2. Juli (1897). Am 30. v.M. fand hier die Einweihung der neu erbauten Synagoge statt. Schön früh hatte sich eine sehr große Anzahl Fremder eingefunden, um an der Feier teilzunehmen. Nachdem Herr Landrabbiner Dr. Prager aus Kassel einige Abschiedsworte in der alten Synagoge gesprochen, fand um 1 Uhr der Festzug statt. Unter dem Vorantritt des Musik- und Synagogenchores bewegte sich der Zug mit dem Torarollen durch die mit Flaggen, Girlanden und Tannenbäumen geschmückten Straßen nach der neuen Synagoge Die ganze Stadt hatte Girlanden und Flaggenschmuck angelegt, ein Beweis, welche Eintracht zwischen den verschiedenen Konfessionen hier herrscht. In der neuen Synagoge angelangt, hielt Herr Landrabbiner Dr. Prager eine meisterhafte Weiherede, in welcher er auf die Bestimmung des Gotteshauses hinwies. Auf sämtliche Teilnehmer machte die Rede einen tiefen Eindruck. Nachmittags fand ein Mahl statt, an welchem außer einer Anzahl von Gemeinde-Mitgliedern der Bürgermeister, der Stadtrat und viele Andere teilnahmen. Der Herr Regierungspräsident Graf Clairon de Houssonville, welcher sein Erscheinen zugesagt hatte, musste in letzter Stunde wegen dienstlicher Verhinderung antelegraphieren. Den Schluss des Festes bildete ein Festball, welcher die Teilnehmer bis zum frühen Morgen vereinigte." 

Die Synagoge in Fritzlar war 40 Jahre lang Mittelpunkt des religiösen Lebens der Jüdischen Gemeinde. Auch viele besondere Festgottesdienste fanden in ihr statt, beispielsweise zur 1200-Jahrfeier der Stadt im Juni 1925, als zeitgleich im Dom, in der evangelischen Kirche und der Synagoge festliche Gottesdienste stattfanden, was in einem Artikel in der "Jüdisch-liberalen Zeitung" vom 19. Juni 1925 als Hinweis für das "loyale und harmonische" Verhältnis zwischen den drei Konfessionen in der Stadt gewertet wurde:

Fritzlar JuedLibZtg 19061925.jpg (38825 Byte)Artikel in der "Jüdisch-Liberalen Zeitung" vom 19. Juni 1927: "Fritzlar. An der Zwölfhundert-Jahrfeier unseres Städtchens haben auf Einladung des Magistrats viele von hier gebürtige Israeliten teilgenommen. Der Verlauf der Feier ließ erkennen, dass das Verhältnis der einzelnen Konfessionen, von denen die katholische vorherrschend ist, loyal und harmonisch ist. Wie im Dom und in der evangelischen Kirche, so fand auch in der Synagoge am Sonntag Vormittag unter starker Beteiligung hiesiger Gemeindemitglieder und vieler Gäste ein feierlicher Gottesdienst statt, bei dem Landrabbiner Dr. Walter aus Kassel, der auch dem Ehrenausschuss angehörte, eine eindrucksvolle Festrede hielt. 

1929/30 wurde die Synagoge umfassend renoviert. Dabei musste u.a. das Fundament verstärkt werden, nachdem sich Risse und Senkungen im Gebäude gezeigt hatten. Regierungsbaumeister a.D. und Architekt K. H. Sichel aus Kassel leitete den Umbau. Die Wiedereinweihung der Synagoge war am 19. September 1930 in Anwesenheit von Landrabbiner Dr. Walter.      
    
Stiftung von David, Sam und Eddy Livingston (San Francisco, früherer Familienname Löwenstein) für die Renovierung der Synagoge (1929)   

Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und Waldeck" vom 28. Dezember 1929: "Fritzlar. Eine hochherzige Stiftung. Die Herren David, Sam und Eddy Livingston, San Francisco, spendeten zur Renovierung der Synagoge ihrer Heimatstadt Fritzlar aus alter Anhänglichkeit und im Andenken an ihre verstorbenen Eltern den Betrag von 5.000 Mark."      


Die Synagoge wird renoviert (1930)        

Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und Waldeck" vom 4. Juli 1930: "Fritzlar. (Renovierung der Synagoge). Seit einigen Monaten erfährt die hiesige Synagoge, die vor 34 Jahren errichtet wurde, eine gründliche Renovierung. Dieser Umbau erstreckt sich zunächst auf die Schaffung eines festeren Fundaments, weil das Gotteshaus in seinen Grundmauern seinerzeit nicht genügend gefestigt worden war und sich daher Risse und Senkungen einstellten, die zuletzt eine weitere Benutzung des Gotteshauses gefährlich erscheinen ließen. Mit der Verstärkung des Fundaments gehen auch andere, auf die innere Ausgestaltung der Synagoge bezügliche Renovierungsarbeiten Hand in Hand. Die Leitung der gesamten Umgestaltung liegt in den Händen des Kasseler Regierungsbaumeisters a.D. und Architekten K. H. Sichel; die Kosten des Umbaues, die etwa 10.000 bis 12.000 Mark betragen werden, sind durch Beihilfen des Kasseler Vorsteheramtes der Israeliten und des Preußischen Landesverbandes jüdischer Gemeinden gesichert. Natürlich haben auch die Synagogengemeinde Fritzlar und ihre Mitglieder durch persönliche Zuwendungen zur Stärkung des Baufonds beigetragen. Es kann wohl erwartet werden, dass das renovierte Gotteshaus zu den Herbstfeiertagen seiner Bestimmung wieder übergeben werden wird."         

    
Einweihung der renovierten Synagoge (1930)     

Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und Waldeck" vom 19. September 1930: "Fritzlar. Die Einweihung unserer gründlich renovierten Synagoge findet so Gott will Freitag, den 19. September, um 5 Uhr, kurz vor Beginn des Sabbats statt. Herr Landrabbiner Dr. Walter wird die Festpredigt halten. Die Spitzen der Behörden sind als Ehrengäste eingeladen. 
An demselben Sabbat feiert unser allverehrter Kreisvorsteher, Herr Moses Lissauer, dem die Gemeinde für seine hervorragende Mitwirkung an der Renovierung der Synagoge großen Dank schuldet, seinen 60. Geburtstag. Herr Lissauer war vor Übernahme seines jetzigen Ehrenamtes mehrere Jahre Gemeindeältester. Sein echt jüdisches Herz, sein klarer Blick, seine Opferbereitschaft und seine Friedensliebe ließen ihn für diese Ämter besonders geeignet erscheinen und haben ihm allseits Achtung und Zuneigung erworben. Wir wünschen, dass Herr Lissauer noch recht lange im Kreise seiner Angehörigen zum Wohle seiner Gemeinden wirken kann."      


Ausführlicher Bericht über die Renovierung der Synagoge in Fritzlar (1930)    

Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und Waldeck" vom 26. September 1930: "Die Erneuerung der Synagoge in Fritzlar. Die Synagoge in Fritzlar gehört zu den jüngeren Anlagen des Bezirks. Sie wurde im Jahre 1897 erbaut und zwar unmittelbar an der alten Stadtmauer, an einer Stelle, an der vordem eine alte massiv unterkellerte Scheune gestanden hatte. Die Umfassungswände der Synagoge kamen zum Teil auf das alte Kellergewölbe zu stehen, zum Teil auf aufgefüllten Boden. Hierbei wurden scheinbar nicht alle für die Standsicherheit des Neubaues erforderlichen Maßnahmen genügend beachtet, sodass mit der Zeit sich erhebliche Senkungen und Risse im Mauerwerk bildeten. Kleinere im Laufe der Jahre vorgenommene Abwehrarbeiten hatten keinen Erfolg, sodass die Gemeinde Fritzlar im vorigen Jahr den Beschluss fasste, zur Erhaltung ihres Gotteshauses umfassende Erneuerungsmaßnahmen vorzunehmen.  
Mit der Durchführung der Arbeiten wurden die bekannten Kasseler Architekten K.H. Sichel und W. Leers beauftragt, die ihr hervorragendes Können in den Dienst der Gemeinde stellten und ihre Aufgabe glänzend lösten und die Anfang Mai dieses Jahres mit Hilfe ortsansässiger Handwerker ans Werk gingen und es mit tatkräftiger Unterstützung der von der Gemeinde eingesetzten Baukommission rechtzeitig zu den Herbstfeiertagen vollendeten. 
Zunächst wurden die Fundamente der Umfassungswände bis auf gewachsenen Boden geführt, durch Stampfbeton verstärkt und gegen die Einwirkung des Tagewassers isoliert. Sodann wurden die Schäden im aufgehenden Mauerwerk beseitigt und die Wände gegen etwa neu auftretende Spannungen durch kräftige Verankerungen gesichert. Durch Vermauern einiger überflüssiger Fenster wurde außerdem die Ostwand, die am meisten gelitten hatte, statisch verstärkt.  
Nach Durchführung dieser konstruktiven Arbeiten wurde auch die innere Ausgestaltung völlig erneuert. Vor allem wurden die beiden Treppenaufgänge zur Empore durch Glaswände abgetrennt, um den eigentlichen Synagogenraum geschlossener zu gestalten und seine Beheizung durch die neuaufgestellten Großraumöfen zu erleichtern. Decken- und Wandputz wurden unter Beseitigung aller überflüssigen und stilwidrigen Verzierungen erneuert und mit einem schlichten, aber außerordentlich wirkungsvollen und dem sakralen Charakter entsprechenden Anstrich versehen. Hierbei wurde erreicht, dass der Oraun hakaudesch (Toraschrein) auch farbig den Mittelpunkt der ganzen Anlage bildet. Zur Ausführung der Malerarbeiten wurde die Firma Gebr. Hallo, Kassel, hinzugezogen, die durch verständnisvolles Eingehen auf die Absichten der Architekten zum Gelingen des Ganzen wesentlich beigetragen hat.   
Der sehr schöne große Beleuchtungskörper wurde ebenfalls erneuert und stilgemäß um eine Lampenreihe vergrößert. Ein noch aus alter Zeit vorhandener mehrarmiger Leuchter wurde für elektrisches Licht eingerichtet und über der Mittelempore angebracht. Seitenemporen und Seitenschiffe des Unterraumes erhielten neue, den vorhandenen im Stil angepasste Beleuchtungskörper.  
Die Anordnung des Gestühls wurde nur insoweit verändert, als für größere Durchgangsbreiten gesorgt und das Gestühl selbst auf Holzpodeste gestellt wurde, während die Gänge und der Vorraum einen Mosaikplattenbelag erhielten. Die Sitzgelegenheiten auf der Mittelempore wurden vermehrt und reihenweise erhöht.   
Ermöglicht wurde die Erneuerung des Gotteshauses durch die Beihilfe des Israelitischen Vorsteheramtes in Kassel, des Landesverbandes jüdischer Gemeinden Berlin sowie durch Spenden von Gemeindemitgliedern. An der Renovierung selbst konnte aber erst gedacht werden, als durch die hochherzige Spende der Brüder Löwenstein, die in Fritzlar aufgewachsen sind und jetzt in New York wohnen, zum Andenken an ihre Eltern diesen ein würdiges Denkmal setzten. Eine geschmackvolle Tafel wurde im Vorraum angebracht, welche die Erinnerung wach halten soll an diejenigen, die in treuer Liebe zur alten Heimat die Erneuerungsarbeiten ermöglichten. - Die Einweihung des Gotteshauses fand am Freitag, den 19. dieses Monats, nachmittags statt. Die Spitzen der Kreis- und Stadtbehörde, sowie die Geistlichen beider Bekenntnisse waren als Ehrengäste zugegen. Die Feier wurde eingeleitet durch Matauwuh (Chorgesang mit Musikbegleitung), unter dessen Klängen die Torarollen von den ältesten Mitgliedern der Gemeinde ins Gotteshaus getragen wurden, von Kindern mit Girlanden und Fähnchen begleitet. Herr Landrabbiner Dr. Walter zündete das ewige Licht an, nachdem er dessen Bedeutung hervorgehoben hatte. Es folgte dann ein Umzug mit Torarollen, das 'Einheben' derselben mit Gesang und Musik.  
Im Mittelpunkt der Feier stand die inhaltsreiche und formvollendete Rede des Herrn Landrabbiners, die alle Zuhörer begeisterte. Herr Landrabbiner führte aus:  
Der heutige Tag ist für die hiesige Gemeinde ein besonders festlicher. Die Sorgen um den Bauzustand des Gotteshauses sind endlich behoben. Aufs neue in seinen Grundmauern gefestet, erhebt es sich verjüngt. Der Gemeinde halfen dabei die Körperschaften des Vorsteheramtes der Israeliten zu Kassel, wie des Preußischen Landesverbandes jüdischer Gemeinden zu Berlin und mehrere in Amerika lebende und von hier stammende Glaubensgenossen. Die Feier ist begleitet von der Anteilnahme der hiesigen weltlichen Behörden und - ein besonders erhebendes Bild - der Geistlichkeit der anderen Konfessionen. Und die Freude vertieft sich durch die Weihe des Hauses, die dadurch erfolgt, dass wir uns über seine Bedeutung klar werden. Das Gotteshaus mahnt zunächst daran, dass dem Begreifen der Dinge durch den Menschen eine Grenze gesetzt ist. Nie werden wir das Wesen des Ewigen ausforschen, wie und was er ist. Aber, dass er ist und vor ihm offen liegt, was uns verborgen bleibt, darin dürften wir uns nicht beirren lassen. Wenn hundert und aberhundert sich hier zur Andacht versammeln, so folgt daraus, dass nicht ein Wahngebilde in uns nach Ausdruck ringt, sondern ein dem Menschen tief eingeborener Zug. Darum kann man nicht ein Gotteshaus erbauten und dann keine Erbauung darin suchen, sondern muss ihm den schönsten Schmuck durch eine dichtgedrängte Beterschar stets geben.  
Aber die Frömmigkeit - daran mahnt das Gotteshaus des des weiteren - darf in ihm nicht Halt machen, sondern muss sich ins Leben hinauspflanzen. Ein Schrifterklärer bemerkt zu den Worten: 'das Offenkundige für uns und unsere Kinder', dass wir das Böse aus unserer Mitte tilgen müssen. Wenn dem Gottesdienste des Gebetes kein solcher des Handelns folgt, so ist das keine wahre Religion. Diese ist vielmehr die Harmonie aller im Menschen sich regenden Kräfte. Die Talmudlehrer erkennen ausdrücklich an, dass die 613 Gebote des Judentums von dem Propheten Habakuk in eins zusammengefasst worden sind, indem er sagte: 'Der Fromme lebt in seinem Glauben'. Wenn dieser Widerspruch in der Gemeinde nie zutage tritt, wenn die Jugend durch Erziehung und Unterricht vor ihm bewahrt wird, dann darf von diesem Hause schon jetzt gesagt werden: Es ist und bleibt geweiht zu einer Stätte der Erhebung für die Beter, zu einer Stätte der Verherrlichung des einig einziger Gottes im Himmel auf Erden.  
Ein Choral schloss die Feier, die auf alle - nicht zuletzt durch den hervorragenden Gottesdienst des Herrn Lehrer Kron - einen tiefen Eindruck hinterließ."           

        
Brand im Haus neben der Synagoge während dem Gottesdienst (1931)       

Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und Waldeck" vom 1. Mai 1931: "Fritzlar. Eine unerwartete Störung erfuhr der Gottesdienst am siebenten Tag Pessach. Im Nachbarhaus, unmittelbar neben der Synagoge, in der Wohnung des Buchbinders Stern, war ein Zimmerbrand ausgebrochen. Hilfsbereite Nachbarn hatten schnell die Rettungsarbeiten verrichtet. Die Feuerwehr hatte bald das Feuer auf seinen Herd beschränkt. Der Gottesdienst konnte dann zu Ende geführt werden."         

   
Einweihung eines Gedenksteines in der Synagoge für die im Weltkrieg Gefallenen jüdischen Gemeindeglieder (1931)     

Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und Waldeck" vom 11. Dezember 1931:  "Fritzlar. Am 1. Chanukkatag fand hier in der Synagoge die Einweihung eines Gedenksteines für die Gefallenen der Gemeinde Fritzlar und deren Filialen statt. Das Denkmal besteht aus einem blaugrauen, vom Boden ab 2,10 Meter hohen und 0.80 Meter breiten Stein aus Dorlaer Muschelkalk. Der Stein ist in der mittelsten Seitennische in die Wand eingelassen. In Goldbuchstaben sind die neun Namen und Sterbetage (hebräisch und deutsch) der Gefallenen eingezeichnet. Ein Jahrzeitslicht, bestehend aus einer beweglichen elektrischen Birne, einen Finger darstellend, wird jedes Mal an dem Sterbetage des Gefallenen neben seinem Namen sichtbar sein. Die Einweihungsfeier, verschont durch Chorgesang, und ein vorzüglich zu Gehör gebrachtes Solo, vorgetragen von Herrn Fritz Joseph, war recht stimmungsvoll. Der Hauptpunkt der Feier, die Predigt des Herrn Lehrer Kron, eine Parallele zwischen den Makkabäern und unseren Helden des Weltkrieges, ergriff die Zuhörer und löste Gefühle der Verehrung und Dankbarkeit aus gegen die, welche zur Ehre des Judentums und in Treue zum Vaterlande ihr Leben geopfert haben. Nach der Predigt folgte die Enthüllung des Denkmals durch den Herrn Gemeindeältesten, Leopold Löwenstein, der den Spendern, die uns die Errichtung des Denksteins ermöglichten, dankte und versprach, dass der Gefallenen auch durch die Gemeinde gedacht werde, so lange unser Gotteshaus seiner Bestimmung diene. Eine kurze Seelenfeier mit nachfolgendem Kaddisch, von Frontkämpfern vorgetragen, schloss die würdige Feier.  Es wird uns dazu noch geschrieben: 
Fritzlar. Der vergangene Schabbos Chanukkah wird jeden Synagogenbesucher hier eine unvergessliche Erinnerung bedeuten, wurde doch endlich der Gedenkstein für die jüdischen Gefallenen der Gemeinde Fritzlar der Öffentlichkeit übergeben. Ein feierlicher Gottesdienst ging der Feier voraus. Unser verehrter Herr Lehrer Kron, der sich in unserer Gemeinde der größten Beliebtheit erfreut und der sich besonderer Verdienste um die geistige Hebung der Gemeinde rühmen kann, verband in einer formvollendeten Predigt die Zeit der Makkabäer mit den toten Helden des Weltkriegs. Harmoniumspiel wechselte mit Chor- und Sologesängen. Die Enthüllung des Gedenksteins zeigte ihn uns in seiner schlichten Schönheit. Herr Leopold Löwenstein übernahm den Stein für die Gemeinde. Der Entwurf wurde von Herrn Regierungsbaumeister Sichel angefertigt. F.L."        

 
Nach dem Abschluss der Renovierungsarbeiten im Herbst 1930 war die Synagoge nur noch acht Jahre Mittelpunkt des jüdischen Lebens in Fritzlar. 
   
Bereits am 8. November 1938 kam es zu einem schweren Anschlag auf die Synagoge in Fritzlar. Eine SS-Truppe, unterstützt durch die örtliche Hitler-Jugend setzte die Synagoge in Brand. Im Dezember 1938 wurde das Gebäude abgebrochen.  
   
Eine Gedenktafel erinnert seit einigen Jahren an die Synagoge. 
   
   
Adressen /Standorte der Synagogen

Vor 1827-1897: Erste Synagoge in der Unteren Nikolausstraße  
1897-1938: Neue Synagoge in der Holzstraße (früher: Holzgasse), heute Neustädter Straße / Ecke Judengasse; 
das jüdische Schulhaus befand sich in der Judengasse / Ecke Nikolausstraße hinter der Synagoge

   
   
Fotos
(Quelle: P. Arnsberg Bilder und Dokumente S. 61; neuere Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 8.4.2010)

Historische Fotos  Fritzlar Synagoge 010.jpg (57176 Byte)  Fritzlar Synagoge 020.jpg (15477 Byte)
  Die Synagoge in Fritzlar: 
1897-1938 
Gustav Kron (1878-1942), der letzte 
jüdische Lehrer und Vorbeter, 
in der Synagoge in Fritzlar 
   
      
     
Die "Judengasse"  Fritzlar Judengasse 470.jpg (59338 Byte) Fritzlar Judengasse 471.jpg (77314 Byte)
   Straßenschild  Am Ende der Judengasse rechts 
stand die Synagoge
  
         
Der Standort der 
ehemaligen Synagoge 
Fritzlar Synagoge 472.jpg (76621 Byte) Fritzlar Synagoge 473.jpg (76960 Byte)
  Das Grundstück der Synagoge an der Ecke Neustädter Straße / Judengasse blieb unbebaut  
       
Die Gedenktafel 
für die Synagoge
Fritzlar Synagoge 470.jpg (101602 Byte) Fritzlar Synagoge 470a.jpg (79894 Byte)
  Obere Tafel: "Synagoge Fritzlar. Im Vorgarten gegenüber stand einst die Synagoge, das jüdische Haus des Gebets, 1896/97 erbaut und Gott geweiht, am 8. und 9. November 1938 geschändet und verwüstet, im Dezember 1938 abgerissen - doch nicht vergessen!" - Untere Tafel: "An dieser Straße stand im Mittelalter eine Stiftkurie und an gleicher Stelle von 1896 bis 1939 die durch nationalsozialistischen Ungeist geschändete und dann beseitigte Synagoge der Jüdischen Gemeinde".  
           
Im Fritzlarer Dom entdeckt: 
Darstellung von Edith Stein
Fritzlar Stadt 471.jpg (84527 Byte) 
   Die katholische Nonne jüdischer Herkunft Edith Stein (geb. 1891 in Breslau) wurde am 9. August 1942 im KZ Auschwitz-Birkenau ermordet. Sie wurde 1998 durch Papst Johannes Paul II. heilig gesprochen.   
        

In den Jahren 2005 bis 2007 wurden in Fritzlar "Stolpersteine" verlegt zur Erinnerung an die ehemaligen jüdischen Einwohner der Stadt, die in der NS-Zeit umgekommen sind. Informationen auf den Seiten des Kulturvereins Fritzlar
Seite mit Fotos zur Verlegung am 7. März 2005Seite zur Verlegung am 23. März 2006Seite zur Verlegung 2007.  
Drei Häuser mit "Stolpersteinen" werden exemplarisch gezeigt:

Gießener Straße 25 Fritzlar Stolpersteine 470a.jpg (84301 Byte) Fritzlar Stolpersteine 470.jpg (119345 Byte)
  Erinnerung an Emma Boley (1875-1942) und 
Herta Speier (1913 - deportiert nach Auschwitz, überlebte)
     
Gießener Straße 17  Fritzlar Stolpersteine 471a.jpg (84544 Byte) Fritzlar Stolpersteine 471.jpg (79708 Byte)
  Erinnerung an Siegfried Kaufmann (1882 - deportiert 1942), Paula Kaufmann geb. Sauer
 (1893 - deportiert 1942), Sara Sauer geb. Gutheim (1871 - 1943)  
     
Marktplatz 13  Fritzlar Stolpersteine 472a.jpg (69930 Byte) Fritzlar Stolpersteine 472.jpg (96933 Byte)
  Erinnerung an den Schuhmachermeister Max Marx (1872 - 1942); bei der Verlegung des
 "Stolpersteins" sprach der Vorsitzende des Kulturvereins Fritzlar, Dr. Ulrich Skubella 
(Rede auf Seite des Kulturvereins)
   
Andernorts entdeckt: 
Grabstein für Moses Mark aus Fritzlar 
auf dem jüdischen Friedhof in Warburg 
Warburg Friedhof IMG_8476 Fritzlar.jpg (143928 Byte)
   Grabstein für "Moses Mark aus Fritzlar geb. am 17. Oct. 1780, gest. am 4. Sep. 1868" 

   
   
 
Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte  

Anmerkung: seit 2005 wurden in Fritzlar in mehreren Verlegeaktionen durch den Künstler Gunter Demnig "Stolpersteine" verlegt.  
Juli 2010: Die in der Fraumünsterstraße verlegten "Stolpersteine" werden nach dem Umbau der Straße wieder neu verlegt  
Artikel in der "Hessischen Allgemeinen" vom 30. Juli 2010 (Artikel): "Stolpersteine kommen wieder an den alten Platz. 
Fritzlar.
Das Kunstwerk 'Stolpersteine' in der Fritzlarer Fraumünsterstraße kommt nach dem Umbau der Straße an seinen alten Platz zurück.
Die Quader sollen an das Schicksal von Juden erinnern. Sie werden vor den Häusern verlegt, in denen diese früher gewohnt haben. Während der Bauarbeiten in der Fraumünsterstraße waren sie in Sicherheit gebracht worden.
Wie Bürgermeister Karl-Wilhelm Lange auf Anfrage sagte, werde zunächst die Fahrbahndecke gepflastert. Das sei aus technischen Gründen nicht anders möglich. Danach werden die Stolpersteine wieder eingebaut. Im Aussehen erinnern sie an Pflastersteine, haben jedoch ein Messingbeschichtung. (rbg)."     
 
September 2013: Weitere Stolpersteine werden verlegt - bald liegen 80 "Stolpersteine" in Fritzlar   
Artikel von Nina Nickoll in der Hessischen Allgemeinen (HNA.de, Lokalausgabe Fritzlar-Homberg) vom 18. September 2013: "Zwei neue Stolpersteine verlegt – Kooperation von Geschichtsverein und Kulturverein. Unauffällige Mahnmale
Fritzlar
. Ein Mann klopft zwei Pflastersteine aus dem Gehweg in der Fritzlarer Altstadt, aber kein Fußgänger bleibt stehen. Gunter Demnig tut, was er schon oft getan hat: Er klopft Steine aus der Straße, um Platz zu schaffen für seine Stolpersteine – eine Kunstaktion des Kölners.
Am Dienstag war der Künstler in der Kasseler Straße 14, buddelte zwei Steine aus und legte goldene in das entstandene Loch. Doch es handelt sich nicht um irgendwelche Steine, es die Stolpersteine Nummer 73 und 74 in Fritzlar. 'Jetzt fehlen noch sechs, dann sind alle 80 Steine verlegt', sagte Clemens Lohmann, Vorsitzender des Fritzlarer Geschichtsvereins.
Erinnerung an die NS-Zeit. Auf den neuen Stolpersteinen sind die Namen von Siegfried Neugarten und Leopold Nussbaum zu lesen. Neugarten wurde 1898 geboren und 1940 von den Nationalsozialisten deportiert, Nussbaum, Jahrgang 1901, wurde 1943 deportiert. Die Nazis ermordeten ihn in Auschwitz, das genaue Todesdatum ist nicht bekannt. Neugarten gelang 1942 die Flucht aus dem französischen Gurs nach Belgien, wo er in einem Versteck überlebte. 1944 wurde er befreit...   Die sechs Steine, die noch Teil des Stadtbildes werden sollen, sind bereits gestiftet worden. Sie liegen in einer Glasvitrine in der Touristinformation bereit. Ob und wann die Steine in den Boden gepflanzt werden können, sei abhängig davon, wie kooperativ die Eigentümer seien. 'In der Kasseler Straße gab es einen Eigentümerwechsel', sagte Lohmann, dadurch sei die Verlegung der Steine möglich geworden.
Die Stolpersteine ersetzen schon seit Jahren Steine vor Wohnhäusern, mittlerweile gibt es sie an über 500 Orten in Deutschland. 'Fritzlar ist eine der ersten Städte, in der die Steine verlegt wurden', sagte Lohmann. 2005 kamen die ersten Gedenksteine nach Fritzlar. Ins Rollen gebracht hatte alles Pfarrer Paulgerhard Lohmann, der die Geschichte der Juden in Fritzlar erforscht.
Clemens Lohmann erinnert sich noch daran, wann er die Verbrechen des Nationalsozialismus bewusst wahrgenommen hat. Seine Eltern berichteten dem damals 17-Jährigen vom Schicksal Blanka Löwensteins. 'In der Pogromnacht haben Nazis ihr Klavier einfach aus dem Fenster geworfen', erinnert sich Lohmann. Ihn habe das damals erschüttert, auch Demnigs Kunstaktion bewege ihn immer wieder. Ob die Fritzlarer noch darüber stolperten, sei eine andere andere Frage..."  
Link zum Artikel     

      

     
Links und Literatur

Links:   

Website der Stadt Fritzlar  
Seite über den letzten jüdischen Lehrer Gustav Kron (1878-1942) 
Website des Kulturvereines Fritzlar e.V.   
Website http://www.juden-in-nordhessen.co.de: unter " Genealogien jüdischer Familien in Nordhessen" findet sich hier ein Stammbaum der Familie Löwenstein (Obermöllrich)     
Webportal HS 010.jpg (66495 Byte)Webportal "Vor dem Holocaust" - Fotos zum jüdischen Alltagsleben in Hessen mit Fotos zur jüdischen Geschichte in Fritzlar   

Quellen:  

Hinweis auf online einsehbare Familienregister der jüdischen Gemeinde Fritzlar und die umliegenden Orte 
In der Website des Hessischen Hauptstaatsarchivs (innerhalb Arcinsys Hessen) sind die erhaltenen Familienregister aus hessischen jüdischen Gemeinden einsehbar: 
Link zur Übersicht (nach Ortsalphabet) https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/llist?nodeid=g186590&page=1&reload=true&sorting=41              
Zu Fritzlar sind vorhanden (auf der jeweiligen Unterseite zur Einsichtnahme weiter über "Digitalisate anzeigen"):    
HHStAW 365,209  Sterberegister der Juden von Fritzlar  1824 - 1871; darin auch Angaben zu Cappel, Obermöllrich, Rothhelmshausen, Ungedanken, Wabern   https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v2083522    
HHStAW 365,202  Geburtsregister der Juden von Fritzlar  1824 - 1871; darin auch Angaben zu Cappel, Obermöllrich, Rothhelmshausen, Ungedanken, Wabern; darin auch ein Gesuch der Witwe des Dr. Albert Weinstein, Mathilde geborene Meier aus Fritzlar um Berichtigung des falsch in das Geburtsregister eingetragenen Geburtsdatums eines ihrer drei in Südafrika geborenen Kinder, 1870  https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v4101083      
HHStAW 365,203  Geburtsregister der Juden von Fritzlar (Abschrift von 1937)  1824 - 1880; darin auch Angaben zu Cappel, Obermöllrich, Rothhelmshausen, Ungedanken, Wabern  
https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v825434   
HHStAW 365,208  Sterberegister der Juden von Fritzlar 1824 - 1880 (Abschrift von 1937); darin auch Angaben zu Cappel, Obermöllrich, Rothhelmshausen, Ungedanken, Wabern  
https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v289873   
HHStAW 365,206  Trauregister der Juden von Fritzlar  1827 - 1871; darin auch Angaben zu Cappel, Obermöllrich, Rothhelmshausen, Ungedanken, Wabern https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v1230095     
HHStAW 365,205  Trauregister der Juden von Fritzlar 1827 - 1880 (Abschrift von 1937); darin auch Angaben zu Cappel, Obermöllrich, Rothhelmshausen, Ungedanken, Wabern 
https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v4250808    
HHStAW 365,207  Trauregister der Juden von Fritzlar  1872 - 1937; enthält auch Angaben zu Cappel, Obermöllrich, Rothhelmshausen, Ungedanken, Wabern; https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v4971254    
HHStAW 365,210  Sterberegister der Juden von Fritzlar  1872 - 1937; enthält auch Angaben zu Cappel, Obermöllrich, Rothhelmshausen, Ungedanken, Wabern; darin auch eine Beschreibung und ein Gräberverzeichnis des jüdischen Friedhofs in Fritzlar, zusammengestellt durch Hans Oppenheimer aus Kassel am 17. Mai 1943  https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v3271669     
HHStAW 365,204  Geburtsregister der Juden von Fritzlar  1872 - 1938; enthält auch Angaben zu Cappel, Obermöllrich, Rothhelmshausen, Ungedanken, Wabern; darin auch ein Schreiben des Regierungspräsidiums Kassel zur Sicherstellung der Synagogenregister 1939   https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v825435          
   
Zu Lohne sind vorhanden (auf der jeweiligen Unterseite zur Einsichtnahme weiter über "Digitalisate anzeigen"):    
HHStAW 365,534   Geburtsregister der Juden von Lohne  1824 - 1886; enthält auch Angaben zu Kirchberg (Niedenstein)  https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v3553833        
HHStAW 365,536   Sterberegister der Juden von Lohne  1828 - 1892; enthält auch Angaben zu Kirchberg (Niedenstein)  https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v1675013     
HHStAW 365,535   Trauregister der Juden von Lohne  1831 - 1882; enthält auch Angaben zu Kirchberg (Niedenstein)  https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v2126655        
Anmerkung: unklar ist, ob die jüdischen Einwohner von Lohne (und Kirchberg) zu Fritzlar gehörten. Möglich ist auch eine Zugehörigkeit zu Niedenstein oder Gudensberg. 

Literatur:  

Germania Judaica II,1 S. 266f; III,1 S. 
Paul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang - Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. I S. 214-217.
ders.: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Bilder - Dokumente. S. 61.
Karl E. Demandt: Fritzlar in seiner Blütezeit. Marburger Reihe 5. Marburg und Witzenhausen 1974.  
Pinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany Volume III: Hesse -  Hesse-Nassau - Frankfurt. Hg. von Yad Vashem 1992 (hebräisch) S. 548-549.
Studienkreis Deutscher Widerstand (Hg.): Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der Verfolgung 1933-1945. Hessen I Regierungsbezirk Darmstadt. 1995 S. 170-171.
Dagmar und Clemens Lohmann: Das Schicksal der Jüdischen Gemeinde in Fritzlar 1933-1945. Die Pogromnacht 1938. Fritzlar 1988 (Geschichtsverein Fritzlar. Beiträge zur Stadtgeschichte 5).
Dietfrid Krause-Vilmar: Was geschah mit den Synagogen in den Altkreisen Fritzlar, Homberg, Melsungen und Ziegenhein (dem heutigen Schwalm-Eder-Kreis)? online zugänglich
Paulgerhard Lohmann/Jechiel Ogdan: Jüdische Kultur in Fritzlar, Beiträge zur Stadtgeschichte Nr. 13,  April 1999. 
Paulgerhard Lohmann: Jüdische Mitbürger in Fritzlar 1933-1949. Taschenbuch. Februar 2006.  (Books on Demand GmbH

   
    


 

Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the Holocaust". 
First published in 2001 by NEW YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad Vashem Jerusalem, Israel.

Fritzlar (in Jewish sources, Virshlar) Hesse-Nassau. Jews living there fell victim to the Black Death persecutions (1348-49). Numbering 110 (4 % of the total), the revived community opened a synagogue in 1827. Radical reformers who objected to the Kassel rabbinate's "narrow talmudism" and split the community in 1849-52 were forced to disband. A new synagogue built in 1897 unterwent major renovations in 1930. Of the 128 Jews registered in 1933, 75 had left (some for other parts of Germany) by 31 December 1937. Shortly before Kristallnacht (9-10 November 1938), SS stormtroopers and Hitler Youth organized a pogrom, burning the synagogue's interior and looting Jewish homes and stores. Ten Jews were sent to death camps in 1942 and at least 42 perished in the Holocaust. Jewish Displaced Persons housed at a local United Nationals Relief and Rehabilitation Administration (UNRRA) camp after Worldwar II mostly settled in Israel.   
    
      

                   
vorherige Synagoge  zur ersten Synagoge nächste Synagoge 

              

 

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Stand: 14. Mai 2016