Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Sayn (Stadt Bendorf, Kreis Mayen-Koblenz) 
Jüdische Geschichte / Jacoby'sche Anstalten / Synagoge in der Anstalt

Übersicht: 

bulletZur Geschichte jüdischer Einwohner in Sayn und der Jacoby'schen Anstalten 
bulletAus der Geschichte der Jacoby'schen Anstalten   
Anzeigen der Anstalt aus unterschiedlichen Jahren (1869 - 1935)  
Einzelne Meldungen und Berichte - in chronologischer Folge 
Meyer Jacoby und Dr. Behrendt werden in den Gemeinderat von Sayn gewählt (1879)   
Jahresbericht 1888/89 mit Bericht über Neubauten 1888 bis 1890 (1890)   
25-jähriges Dienstjubiläum von Dr. Behrendt in der Anstalt (1900)     
Allgemeiner Bericht über die Anstalt in Sayn (1900)    
Allgemeiner Bericht über die Anstalt in Sayn (1902)  
Aus der Arbeit des "Hilfsvereins für unbemittelte jüdische Nerven- und Gemütskranke" (Sitz in Bad Ems) 
Aufruf des "Hilfsvereins für unbemittelte jüdische Nerven- und Geisteskranke" zu Spenden für die Arbeit des Vereins (1903) 
Bericht über die Arbeit von 1904 (erster Rechenschaftsbericht des Hilfsvereins) (1904) 
Bericht des "Hilfsvereins für unbemittelte jüdische Nerven- und Geisteskranke" (1905)        
Allgemeiner Bericht von 1921 - ein Jahr nach Ankauf und Beteiligung eines Mitbestimmungsrechtes durch den "Hilfsverein..." (1921)  
W
eiterer allgemeiner Bericht über die Arbeit des Hilfsvereins und die Israelitischen Kuranstalten in Sayn (1921)    
Bericht über die Arbeit (1921)      
Berichte zu einzelnen Personen  
Zum Tod von Meyer Jacoby, dem Gründer der Heil- und Pflegeanstalt in Sayn (1890) 
D
r. Behrendt wird zum Sanitätsrat ernannt (1902)   
Zum Tod von Frau Dr. Rosenthal geb. Jacoby (1908)  
Auszeichnung für Lazarettarzt Dr. Max Rosenthal (1915)   
Auszeichnung für Dr. Max Rosenthal und Adolf Rosenthal (1915)         
Sonstige Anzeigen   
Köchin gesucht (1897)   
bulletZur Geschichte der Haussynagoge  
bulletFotos  
bulletLinks und Literatur  

   
   
Zur Geschichte jüdischer Einwohner in Sayn und der Jacoby'schen Anstalten       
     
Auf der Burg des Grafen Heinrich II. in Sayn sind bereits 1199 Juden nachzuweisen. 1418 werden zwei Juden genannte, die im Schutze der Grafen von Sayn standen und 6 Gulden "Bullengeld" ans Reich zu zahlen hatten. Auch im 18. Jahrhundert - 1716 - werden Juden in Sayn genannt. 
     

Über die "Judenordnung" des Erzbistums Trier von 1717 und die Nennung jüdische Familien in Sayn 1716 (Artikel von 1933)             

Aus einem längeren Artikel von Adolf Kober über "Eine Kurtrierer 'Jüdisch Ceremonial Verordnung' aus der Wende des 17. und 18. Jahrhunderts' in "Monatsschrift für Geschichte und Wissenschaft des Judentums" 1933 Heft 2  S. 103: "Die Judenordnung, genannt 'Ceremonial-Verordnung', die hiermit im folgenden veröffentlicht wird, betrifft nicht die Judengemeinde einer einzelnen Stadt, sondern die des Erzbistums Trier. Sie ist in mehreren Judenlandtagen, die zwischen 1691 und 1717 stattfanden, beschlossen und der größere Teil derselben im Jahre 1717 zu Neumagen festgesetzt worden und vermutlich ursprünglich in deutscher Sprache mit hebräischen Schriftzeichen geschrieben. Diese Judenordnung aber wird erst verständlich, wenn wir die Lage der Juden im Erzstift Trier um die Wende des 17. und 18. Jahrhunderts vorher kurz schildern. Es wohnten um 1700 im Ober- und Niedererzstift 160 Familien und außerdem einige Kameraljuden, die ihre Abgaben an den Kurfürsten direkt zahlten - als 'Kameralorte' werden im Jahre 1697 Kruft, Hönningen, Rheinbrohl, im Jahre 1716 außerdem Sayn, Herschbach, Osann, Monzel, Amt S. Maximin, genannt. Die Juden des Erzstifts bildeten einen 'Corpus' und lebten auf Grund der Judenordnung vom 17. Januar 1681, die ihnen der Erzbischof und Kurfürst Johann Hugo gegeben hatte und in deren 20 Paragraphen ihr Verhältnis zur Obrigkeit geregelt war. Sie unterschied sich nicht viel von den Judenordnungen, die vorausgegangen waren, denen vom Jahre 1618, 1624, 1670."      

    
Im 19. Jahrhundert lebten nur wenige jüdische Familien am Ort. 1858 wurden 12 jüdische Einwohner gezählt; 1879 waren es fünf jüdische Familien. Sie bildeten eine gemeinsame jüdische Gemeinde mit den in Bendorf lebenden jüdischen Familien (Synagogengemeinde Bendorf-Sayn). Über 30 Jahre war der Bendorfer Kaufmann Meyer (Meier) Jacoby (gest. 1890), der Begründer der Anstalt in Sayn, Gemeindevorsteher.       
   
Die "Israelitische Krankenanstalt in Sayn - Asyl für Nerven und Gemütskranke" (erste Bezeichnung) wurde 1868/69 durch den genannten Meyer (Meier) Jacoby gegründet. Erster behandelnder Arzt war von 1868 bis 1875 ein Dr. Wiegand; als ersten Hausverwalter hatte Jacoby den Rabbinatskandidaten Berg eingestellt. 1875 übernahm Dr. Behrendt die ärztliche Leitung; er konnte 1900 sein 25jähriges Dienstjubiläum in Sayn feiern. Aus einem zunächst familiären Betrieb (im Gebäude des späteren Gasthauses Siebert in Alt-Sayn) mit einer Betreuung im Haushalt des Gründers wurde innerhalb von wenigen Jahren eine Anstalt mit mehreren Gebäuden auf einem großen Grundstück. Ein Neubau wurde 1880/81 erstellt, dem bald weitere folgen sollten (vgl. unten den Jahresbericht für die Jahre 1888 bis 1890). 1888 lebten in der Anstalt 112 Patienten, 1905 waren es 174. Es gab getrennte Abteilungen für "Nerven- und Gemütsleidende", aber auch für Erholungsbedürftige (1908: "Israelitisches Kurhaus zu Sayn bei Koblenz", 1915: "Israelitische Kuranstalten zu Sayn bei Koblenz"), Morphiumkranke und andere mehr. Das Haus verfügte über eine eigene Haussynagoge (s.u.). Auf dem Gelände gab es mehrere Werkstätten, aber auch eine eigene Landwirtschaft. 
  
Nach dem Tod des Gründers Meyer Jacoby (1890, siehe Bericht unten) ging die Leitung auf seinen Sohn Benni Jacoby über (gest. 1910). Nach dem Tod Benni Jacobys 1910 führte seine Frau Hermine mit den Söhnen Dr. Fritz Jacoby und Dr. Paul Jacoby die Einrichtung weiter.    
   
Seit 1903 bestand ein "Hilfsverein für unbemittelte jüdische Nerven- und Gemütskranke" mit Sitz in Bad Ems, der Gelder für Patienten sammelte, die sich selbst eine Behandlung in Sayn nicht leisten konnten. Nach Bad Ems bestanden auch dadurch enge Beziehungen, da der dortige Bezirksrabbiner die rituelle Aufsicht über die Anstalt wahrnahm.   
   
Nach 1933 konnte der Betrieb zunächst weitgehend ungestört weitergeführt werden; die Einrichtung war auch nicht vom Novemberpogrom 1938 betroffen. Auf Grund eines Erlasses, dass jüdische Patienten aus ganz Deutschland nur noch in der Jacoby'schen Anstalt behandelt werden durften, wurde die Einrichtung immer mehr zu einem Sammellager. Auf dem Gelände wurden zur Aufnahme der Patienten Baracken errichtet. Leitender Arzt der Anstalt war in dieser Zeit Dr. Wilhelm Rosenau. Zwischen dem 22. März 1942 und dem 11. November 1942 erfolgte dann allerdings die Deportation von mindestens 573 jüdischen Frauen und Männern in Vernichtungslager des Ostens.   
      
Die Familie Jacoby hatte 1940 noch nach Uruguay emigrieren können und überlebte. Die Gebäude der Heilanstalt wurden in der Folgezeit zweckentfremdet, u.a. als Wehrmachts-Lazarett und - nach den verheerenden Luftangriffen auf Koblenz - als Hilfskrankenhaus für die Patienten des Evangelischen Stifts St. Martin Koblenz. 1944 wurde das komplette Krankenhaus von Koblenz in die ehemalige israelitische Nervenheilanstalt verlegt. Am Silvestertag 1944 wurden die Gebäude allerdings bei einem Luftangriff getroffen. Die Schäden waren beträchtlich, auch wenn die Substanz des Gebäudes erhalten blieb. Sofort nach Kriegsende bemühte sich das Evangelische Stift St. Martin um eine baldige Rückkehr nach Koblenz.  
   
1952
übernahm der Orden der Salesianer Don Boscos das Anwesen und verwendete es als Heim für Jungen ("Knabenheim Kemperhof", das in Koblenz gegründet worden war, dann zunächst in die Villa Flora in Bendorf einzog, von dort in die einstige Heilanstalt). Die Bistumsstiftung hatte 1951 für eine solche Verwendung die Gebäude angekauft. Schwerpunkt der Arbeit der Salesianer war in Sayn die Betreuung sozial gefährdeter Jungen in einem Internat und einer Heimschule. Die ehemalige Haussynagoge im Hauptgebäude wurde nun als römisch-katholische Kapelle verwendet. Nach dem Auszug der Salesianer 1987 standen die Gebäude leer. Im Oktober 1998 wurde durch die Schließung des Standortes Sayn von der Leitung des Ordens der Salesianer in Köln beschlossen. 1999 wurde die ehemalige Heilanstalt ein Standort der gemeinnützigen Heinrich-Haus gGmbH, die hier seitdem eine Ganztagsschule für die Förderung von Kindern und Jugendlichen mit Beeinträchtigungen betreibt. 2001 wurde die Einrichtung nach der Frau des ehemaligen Bundespräsidenten Roman Herzog Christiane-Herzog-Schule genannt.  
    
Vor den Gebäuden wurde am 17. November 2002 ein Denkmal zur Erinnerung an die Geschichte und das Schicksal von Patienten und Mitarbeitern der ehemaligen Jacoby'schen Anstalten aufgestellt. Ein "Verein Mahnmal Jacoby'sche Anstalt" hatte die Initiative ergriffen und die Gelder gesammelt.    
    
    
    
Aus der Geschichte der Jacoby'schen Anstalten 
     
Anzeigen der Anstalt aus unterschiedlichen Jahren (1869 bis 1935)  

Sayn AZJ 12011869.jpg (40333 Byte)Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 12. Januar 1869: "Israelitische Krankenanstalt in Sayn. Asyl für Nerven und Gemütskranke. Herrliche, gesunde Lage im anmutigsten Teile des Rheintals nahe bei Koblenz. Anmeldungen nimmt entgegen der Arzt der Anstalt Dr. Wiegand und der Hausverwalter Rabbinatskandidat Berg."
 
Sayn Israelit 19101870.jpg (55159 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. Oktober 1870: "Israelitisches Asyl für Nerven- und Gemütskranke in Sayn bei Koblenz, herrliche gesunde Lage im anmutigsten Teile des Rheintales. – Behandelnder Arzt Dr. Wiegand. Liebevolle freundliche Pflege im Familienkreise von M. Jacoby."
   
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. April 1872: "Israelitisches Asyl für Nerven- und Gemütskranke in Sayn bei Koblenz. Herrliche, gesunde Lage in anmutigsten Teile des Rheintales. - Behandelnder Arzt Dr. Wiegand. Liebevolle, freundliche Pflege im Familienkreise von M. Jacoby."        
 
Sayn AZJ 24031874.jpg (57135 Byte)Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 24. März 1874: "Israelitische Krankenanstalt für Nerven- und Gemütskranke in Sayn bei Koblenz. (Behandelnder Arzt Herr Dr. Wiegand). Durch den Erwerb einer in der Nähe der Anstalt liegenden Villa, welche für Leicht-Verstimmte, sowie für Rekonvaleszenten als Übergangsstation zwischen Anstalt und der Rückkehr in die Familie, ist das Asyl in der Lage, wieder Kranke aufnehmen zu können. M. Jacoby."
 
Sayn Israelit 16021876.jpg (44309 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16. Februar 1876: "In der Israelitischen Heil- und Pflegeanstalt zu Sayn bei Koblenz finden Nerven- und Gemütskranke jederzeit Aufnahme. Prospekte und nähere Auskunft durch mich oder den Anstaltsarzt Herrn Dr. Behrendt. M. Jacoby."
  
Sayn Israelit 19111879.jpg (65723 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. November 1879
"Israelitische Heil- und Pflegeanstalt für Nerven- und Gemütskranke  
zu Sayn bei Bendorf am Rhein (Regierungsbezirk Koblenz). In den erweiterten Räumlichkeiten können jederzeit Patienten beiderlei Geschlechts, in jedem Stadium der Erkrankung, bei mäßiger Pension freundliche Aufnahme finden. (Bäder, Elektrizität, Heilgymnastik etc.). Leicht Verstimmte in der von der Anstalt getrennten und einige Minuten entfernten Villa. M. Jacoby, Dr. Behrendt."
 
Sayn Israelit 11021884.jpg (78874 Byte)Anzeige in der Zeitung "Der Israelit" vom 11. Februar 1884
"Israelitische Heil- und Pflegeanstalt für Nerven- und Gemütskranke zu Sayn bei Koblenz am Rhein 
in getrennten Abteilungen und Gebäuden (Bäder, Elektrotherapie, Heilgymnastik etc.) Aufnahme zu jeder Zeit bei mäßiger Pension. Abteilung I: Die seit 14 Jahren bestehende und gegenwärtige wieder durch schon und entsprechend eingerichteten Neubauten bedeutend vergrößerte Heil- und Pflegeanstalt für Gemütskranke. Abteilung II: Villa für Nervenkranke und Leichtverstimmte; auch in Gesellschaft von Angehörigen. Abteilung III: Erziehungs- und Pflege-Institut für geistig und körperlich zurückgebliebene Kinder. Prospekte und nähere Auskunft durch die Unterzeichneten. M. Jacoby, Dr. Behrendt, dirig. Arzt."
 
Sayn AZJ 13121895.jpg (42514 Byte)Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 13. Dezember 1895
"Israelitische Heil- und Pflegeanstalt für Nerven- und Gemütskranke  
zu Sayn bei Koblenz am Rhein. Bestand seit 1869. Gesonderte Abteilungen für 150 Kranke beider Geschlechter. Prospekte durch die Unterzeichneten. M. Jacobi. Dr. Behrendt. Dr. Rosenthal."
   
Sayn Israelit 31071902.jpg (104057 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 31. Juli 1902
"Israelitisches Kurhaus zu Sayn bei Koblenz. Getrennte Abteilungen für Nerven- und Gemütsleidende, Erholungsbedürftige, Morphiumkranke etc. - Zentralheizung, Wintergarten, Billard- und Lesezimmer, eigene Synagoge, großer Park. - Wasserheilverfahren, Elektrotherapie, Heilgymnastik, Massage, Milch- und Diätkuren. - Beschäftigung in der Landwirtschaft und eigenen Werkstätten.   
Prospekte kostenfrei.   
Die ärztliche Direktion: Dr. Behrend. Dr. Rosenthal. Die Verwaltungs-Direktion: B. Jakoby."  
  
Sayn FrfIsrFambl 04121908.jpg (48856 Byte)Anzeige im "Frankfurter Israelitischen Familieblatt" vom 4. Dezember 1908
"Israelitisches Kurhaus zu Sayn bei Koblenz. Getrennte Abteilungen für Nerven- und Gemütsleidende, Erholungsbedürftige, Morphiumkranke etc., Zentralheizung Wintergarten, Billard- und Lesezimmer, eigene Synagoge, großer Park, Wasserheilverfahren, Elektrotherapie, Heil-Gymnastik, Massage, Milch- und Diätkuren. Beschäftigung in Landwirtschaft und eigenen Werkstätten. Prospekte kostenfrei. Die ärztliche Direktion: Sanitätsrat Dr. Behrendt. Dr. Rosenthal. Die Verwaltungsdirektion: B. Jacoby."
  
Sayn Israelit 07011915.jpg (86784 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. Januar 1915:  
"Israelitische Kuranstalten zu Sayn bei Koblenz. 
Zwei völlig getrennte Abteilungen: I. Kurhaus: für Nervenkranke in jeder Form und leichte Gemütskranke, Übergangsformen, Morphium- und Alkoholentziehungskuren, Diätkuren. – Komfortable wohnliche Einrichtungen (Zentralheizung, elektrisches Licht etc.,). Modere Kurmittel für physikalisch-elektrische und Hydrotherapie, Heilgymnastik, Massage, Beschäftigungstherapie in eigenem großen gärtnerischem und landwirtschaftlichem Betriebe und in Werkstätten. II. Heil- und Pflegeanstalt: für Gemüts- und Geisteskranke in völlig getrennten Häusern, je nach dem Grade der Erkrankung. – Streng rituelle Verpflegung. Eigene Synagoge. Prospekte kostenfrei. Ärzte: Sanitätsrat Dr. Rosenthal, Dr. Jacoby. Die Verwaltungsdirektion: B. Jacoby."
 
Sayn Israelit 07031935.jpg (24090 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. März 1935
"Israelitische Kuranstalten Sayn für Nerven & Gemütskranke".

   
   
Einzelne Meldungen und Berichte - in chronologischer Folge  
Meyer Jacoby und Dr. Behrendt werden in den Gemeinderat von Sayn gewählt (1879)   

Sayn Israelit 22011879.jpg (63290 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 22. Januar 1879: "Koblenz. In dem benachbarten Sayn, Bürgermeisterei Bendorf, fand am 3. Januar dieses Jahres die Neuwahl von sechs Gemeinderatsmitgliedern statt. Unter diesen wurden auch zwei Israeliten, Herr M. Jacoby, Besitzer der israelitischen Heil- und Pflegeanstalt für Nerven- und Gemütskranke, sowie dessen Anstaltsarzt Herr Dr. Behrendt mit großer Stimmenmehrheit in verschiedenen Klassen gewählt. Es ist dies umso mehr hervorzuheben, da an diesem Orte nur fünf jüdische Familien wohnen, und der größte Teil der Bevölkerung bisher an Toleranz noch viel zu wünschen übrig ließ."

    
Jahresbericht 1888/89 mit Bericht über Neubauten 1888-1890 (1890)  

Sayn Israelit 28051890.jpg (64647 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. Mai 1890: "Sayn. Dem Bericht über die Israelitische Heil- und Pflegeanstalt für Nerven- und Gemütskranke zu Sayn bei Koblenz am Rhein, erstattet von den Herren M. Jacoby, Dr. Behrend und Dr. Rosenthal, entnehmen wir: 
Die Anstalt erfuhr in den beiden Berichtsjahren eine ganz gleichmäßige Fortentwicklung. Der Krankenbestand am 1. Januar 1889 war um 9 höher als am 1. Januar 1888 und genau um dieselbe Zahl (9) war wieder der Bestand am 1. Januar 1890 höher als am 1. Januar 1889. Der höchste Bestand war vom 9. bis 11. Juli 1888, nämlich 112 (50 Männer und 52 Frauen). Die Zahl der Verpflegungstage betrug: 1888 für Männer 19.646, für Frauen 17.483. Die Genesungsziffer ist als eine sehr günstige zu bezeichnen, sowohl in Bezug auf den Gesamtabgang als auch auf die Zahl der mit 
Sayn Israelit 28051890a.jpg (186106 Byte)wahrscheinlicher Heilbarkeit aufgenommenen Kranken. Die Sterblichkeit war eine recht geringe, sie betrug im Jahre 1888 2 von 129 Verpflegten = 1,62 %, im Jahre 1889 6 von 135 Verpflegten = 4,44 % oder für beide Berichtsjahre zusammengenommen ca. 3 % der 264 Gesamtverpflegten. Entsprechend der geringen Sterblichkeit sind auch körperliche Erkrankungen verhältnismäßig wenig vorgekommen. Selbstmorde, Unglücksfälle oder Infektionskrankheiten haben wir glücklicherweise auch diesmal nicht zu verzeichnen. Selbstmordversuche kamen bei der großen Anzahl der dazu geneigten Franken wohl einige Mal vor, konnten aber stets vereitelt werden. Ebenso wurden zwei Entweichungsversuche von männlichen Kranken rechtzeitig verhindert. Verschiedenen Kranken konnte freier Ausgang gewährt werden und wurde kein Missbrauch davon gemacht. 
Die Anstalt hat inzwischen wesentliche bauliche Erweiterungen und Verbesserungen erfahren. Zunächst wurde im Sommer 1888 ein großer Neubau für ruhige Frauen begonnen und im Sommer 1890 bezogen, nachdem der Bau vom Bezirksausschuss zu Koblenz besichtigt und seine Benutzung zu Anstaltszwecken gestattet worden war. 
Im Anschluss an diesen Neubau wurden ein Spazierhof hinter dem Bau und ein größerer Garten in der Fronte neu angelegt. 
Gleichzeitig mit dem Neubau für ruhige Frauen war ein Frauen Isolierhaus begonnen und schon im Herbst 1888 fertiggestellt worden. In erster Reihe war bei der Anlage dieses Neubaues darauf Bedacht genommen worden, dass derselbe von den übrigen Gebäuden so weit entfernt liegt, dass die darin untergebrachten lärmenden und tobsüchtigen Kranken die Ruhigeren nicht stören.
In Verbindung mit diesem Isolierhaus wurde auch ein großer Spazierhof für unruhige Frauen angelegt und mit einer Halle (Holzarchitektur), zum Schutze gegen Regen und Sonnenschein versehen. 
Im Jahre 1889 wurden weiter an Neubauten begonnen und vollendet: 1 gedeckte Halle als Wandelbahn und zugleich als bequeme Kommunikation zwischen dem Hautanstaltsgebäude und dem neuen Damenbau. Diese Halle bietet sowohl bei schlechter Witterung als auch in der heißen Jahreszeit einen angenehmen Aufenthalt und stete Gelegenheit zur Bewegung. 2. Das vor ca. 6 Jahren errichtete Treibhaus war zu klein geworden und außerdem lag es auch zu dicht an dem neuen Damenbau. Dasselbe wurde abgerissen und dafür an anderer Stelle ein neues weit größeres und zweckmäßigeres Treibhaus neu erbaut. Das Treibhaus wird namentlich im Winter von den ruhigen
Sayn Israelit 28051890b.jpg (145047 Byte) Kranken mit Vorliebe aufgesucht und einige dazu geeignete Patienten lassen sich gerne vom Gärtner Beschäftigung im Treibhause zuweisen. Das Areal der Anstalt wurde durch Ankauf einiger angrenzender Grundstücke bedeutend vergrößert. Eines dieser Grundstücke bildete früher den Schießplatz der Sayner Schützengesellschaft. Auf demselben befindet sich eine massive Schießhalle und ein schöner mit Ziersträuchern und großen schattigen Bäumen angelegter Festplatz. Letzterer wurde schon im vergangenen Sommer von den Kranken der Anstalt an heißen Tagen gern aufgesucht und bildete auch den Spielplatz für die Zöglinge unserer Kinderabteilung. Die frühere Schieß- respektive Restaurationshalle soll in diesem Sommer in einer Gärtnerwohnung umgebaut werden. 
Für die Zerstreuung der Kranken ist ebenfalls reichlich gesorgt worden. Die gemeinschaftlichen Spaziergänge und Ausflüge der dazu geeigneten Kranken, kleine Tanzvergnügungen, musikalische Unterhaltungen, Geburtstagsfeier von Kranken und Direktions-Mitgliedern boten reichhaltige Abwechslung. 
Die Vorstellung des Zauberkünstlers Professor Meunier und ebenso die Vorstellung eines Bauchredners erregten lebhaftes Interesse. Im Übrigen durften die dazu geeigneteren Kranken abwechselnd den in hiesigen oder den benachbarten Orten stattgehabten Konzerten, wissenschaftlichen oder humoristischen Vorträgen, Theatervorstellungen, Circus etc. unter Begleitung der Unterzeichneten oder deren Familienangehörigen beiwohnen. Auch wurde einige Mal das Stadttheater in Koblenz aufgesucht.
Der Gottesdienst in der Anstaltssynagoge hat in der lange bewährten Weise fortdauernd regelmäßig stattgefunden. Wir konnten die Beobachtung machen, dass selbst diejenigen, denen der Gottesdienst früher in gesunden Tagen höchst gleichgültig war, eifrige Besucher der Synagoge wurden und dass selbst solche Kranke, welche häufigen Aufregungen unterworfen sind, beim Gottesdienste sich beherrschen und anständig benehmen konnten." 


25-jähriges Dienstjubiläum von Dr. Behrendt in der Anstalt (1900)  

Sayn Israelit 18011900.jpg (170773 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. Januar 1900: "Sayn bei Koblenz. In der ‚Israelitischen Heil- und Pflegeanstalt für Nerven- und Gemütskranke’ dahier fand am 31. vorigen Monats ein schönes Fest statt. An diesem Tage waren 25 Jahre verflossen dass Herr Dr. Behrendt die ärztliche Leitung der Anstalt übernommen hatte und es war nicht zu verwundern, dass die Anstalt dieses seltene Jubiläum in der festlichsten Weise beging. In den schön geschmückten Räumlichkeiten der Anstalt versammelten sich abends 7 Uhr die Familien der Besitzer und Ärzte, die geladenen Gäste – darunter auch der Bürgermeister und der Gemeindevorsteher – sowie die sämtlichen zur Teilnahme fähigen Patienten. Zunächst wurde in einem der Speisesäle, der zu einem Theatersaale hergerichtet war, die Märchenopfer ‚Hänsel und Gretel’ von den Kindern der Anstaltsbesitzer in tadelloser Weise aufgeführt. Hieran schloss sich das Festessen an einer sehr großen Tafel, die in dem neu erbauten, prachtvollen Wintergarten aufgestellt war. Herr Jacoby feierte in einer wirkungsvollen Ansprache die Verdienste des Jubilars um das Blühen und Gedeihen der Anstalt und dessen segensreiche ärztliche Tätigkeit während des langen Zeitraumes von 25 Jahren und gab seiner und seiner Familie Dankbarkeit beredten Ausdruck. Nachdem das Festessen unter den Klängen einer Musikkapelle, unter Reden und dem Absingen von eigens gedichteten Festliedern einige Stunden gewährt, begab sich die Gesellschaft wieder zurück in den Theatersaal, um der Fortsetzung der Festvorstellung, die aus mehreren Nummern bestand, beizuwohnen. Von Nah und Fern waren telegraphisch und brieflich Glückwünsche in zahlreicher Menge – eine große Anzahl auch von früheren Patienten – eingelaufen und legten Zeugnis dafür ab, welcher Verehrung der Jubilar sich erfreut. Auch wir wünschen, dass es demselben vergönnt sein möge, noch viele Jahre seine segensreiche ärztliche Wirksamkeit zu entfalten."   
 
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 19. Januar 1900: 
Derselbe Bericht wie in der Zeitschrift "Der Israelit", siehe oben.    

    
Allgemeiner Bericht über die Anstalt in Sayn (1900)  

Sayn Israelit 29101900.jpg (104548 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. Oktober 1900: "Vom Rhein. Die abschreckende Verbreitung nervöser Erkrankungen in unserem, an das Nervensystem jedes Einzelnen ganz besondere Anforderungen stellende Zeitalter, nicht zum wenigsten auch die hierin für das kommende Geschlecht liegende Gefahr, muss notwendig zu der Frage führen, wie dieser schweren Volkskrankheit, welche das Lebensglück so vieler Menschen zerstört, das Wohl zahlreicher Familien untergräbt, am ehesten Einhalt getan werden kann. Jeder, welcher selbst an einer nervösen Schwäche gelitten, oder aber in seiner Familie oder im Freundeskreise Erfahrungen hierüber hat machen müssen – und für wen gälte dies nicht – weiß, dass als die erste Vorbedingung für eine Besserung derartiger Zustände die Entfernung aus der bisherigen Umgebung mit ihren Gemütsaufregungen, ihren geistigen oder körperlichen Überanstrengungen, ihren Sorgen um das tägliche Brot etc., notwendig ist. Aber wie wenigen Nervenkranken ist hiermit dauernd geholfen! Die meisten bedürfen zu ihrer Gesundung eines ärztlichen Beirates, der für solche Krankheitszustände Verständnis hat, die Wege zu ihrer Beseitigung kennt und über die hierzu nötigen Mittel verfügt. Die Erfahrung lehrt, dass sich dies nur in einem Krankenhause verwirklichen lässt und zwar nur in einem solchen, welches in Anlage und Betrieb lediglich den Bedürfnissen Nervenkranker Rechnung trägt und unter sachkundiger Leitung steht.
Es gibt nun eine ganze Reihe gut geleiteter Institute, welche diese Bedingungen erfüllen können, aber uns Israeliten, die wir im Kampfe ums Dasein ganz besondere Schwierigkeiten zu überwinden haben und
Sayn Israelit 29101900a.jpg (195368 Byte)das Auftreten von Nervenkrankheiten sich daher ganz besonders gehäuft hat, war es fast unmöglich, davon Gebrauch zu machen, sofern wir auf koschere Beköstigung reflektieren. Es musste deshalb mit großer Freude begrüßt werden, dass die Direktion der seit 30 Jahren bestehenden Israelitischen Heil- und Pflegeanstalt für Nerven- und Gemütskranke zu Sayn bei Koblenz sich entschloss, ein so genanntes Kurhaus für Nervöse und Erholungsbedürftige – mit Ausschluss von Geisteskranken – zu errichten. Seit einem Jahre ungefähr ist diese Abteilung fertig gestellt und unter der Bezeichnung ‚Israelitisches Kurhaus für Nervenkranke und Erholungsbedürftige’ dem Betriebe übergeben. Als ich vor mehreren Wochen Gelegenheit hatte, mich einige Tage in dem Kurhause aufzuhalten, was dasselbe von ca. 20 Kurgästen besucht, und die höchst günstigen eindrücke, die ich von der ganzen Anlage, von dem Betriebe, dem überaus geselligen und gemütlichen leben daselbst erhielt, geben mir Anlass, die weitesten jüdischen kreise im Interesse der Nervösen und Erholungsbedürftigen auf diese unter der Leitung renommierter Fachärzte stehende segensreiche Heilstätte aufmerksam zu machen und in Nachstehendem eine kurze Beschreibung derselben zu heben:
In einem der anmutigsten Seitentäler des Rheins, ungefähr in der Mitte zwischen Koblenz und Neuwied, liegt in idyllischer Schönheit und ruhe Sayn, und einer der besten Kenner des Mittelrheins pries es schon vor fünfzig Jahren als den lieblichsten Ort an unserem Strome, weil es die Reize der Alpentäler mit der Pracht einer Rheinlandschaft verbinde. Hier, wo die Natur beruhigend und erhebend auf das Gemüt, die ozonreiche Luft kräftigend auf die Nerven wirkt, liegt der schlossartige Neubau des israelitischen Kurhauses, ausgestattet mit allem Komfort der Neuzeit. Es enthält einige dreißig überaus behaglich eingerichtete Logiszimmer, einen Speisesaal, einen großen Wintergarten als Gesellschaftssaal, Billard-, Lese- und Musikzimmer, mehrere Veranden und Terrassen, ferner einen großen Turnsaal und mehrere vornehm eingerichtete Badezimmer, Wannenbäder, Duschen etc. Die Erwärmung sämtlicher Räume geschieht durch Niederdruck-Dampfheizung. Ein großer, schön angelegter und in einzelnen Teilen schon sehr schattiger Park umgibt das Kurhaus, und durch die große Ausdehnung der Besitzung ist die Möglichkeit zu reichlicher Bewegung schon in den Anlagen des Kurhauses vorhanden. Aufgenommen zur Kur werden Nervenkranke aller Art, Rekonvaleszenten, sowie alle Erholungsbedürftige, welche zur Stärkung ihrer Gesundheit eine geregelte Lebensweise wünschen, und verfügt das Kurhaus über alle Heilmittel der modernen Medizin. Angehörige von Kurgästen können jederzeit mit aufgenommen werden. Zum Schluss möchte ich auch noch erwähnen, dass in Anbetracht der komfortablen Einrichtung der vorzüglichen Verpflegung und der sorgfältigen ärztlichen Behandlung die Kurkosten als sehr mäßig zu bezeichnen sind."  


Allgemeiner Bericht über die Anstalt in Sayn (1902)  

Sayn Israelit 24031902.jpg (161517 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. März 1902: "Sayn bei Koblenz, im März (1902). (Vom Rhein). Es ist eine feststehende Tatsache, dass in unserem, an das Nervensystem jedes Einzelnen ganz besondere Anforderungen stellende Zeitalter, die Zahl der Nerven- und Gemütsleidenden ganz bedeutend zugenommen hat, und die Statistik lehrt, dass bei uns Israeliten diese Zunahme am größten ist. Der Hauptgrund dafür ist wohl darin zu suchen, dass wir Israeliten besonders hervorragenden Anteil an den geistigen Fortschritten, an der Hebung von Handel und Industrie genommen, dass wir im Kampfe ums Dasein ganz besondere Schwierigkeiten zu überwinden haben. Glücklicherweise hat sich nun auch in Laienkreisen die Erkenntnis immer mehr Bahn gebrochen, dass es im Interesse der Kranken liegt, wenn sie möglichst frühzeitig einer geeigneten Heilanstalt überwiesen werden. Bei der Wahl dieser Heilstätte wird aber von uns Israeliten leider noch sehr viel gesündigt, indem zu wenig Gewicht auf das religiöse Moment und auf gewisse Faktoren, die bei der Heilung eine große Rolle spielen, gelegt wird.
Patienten, die aus einem streng-religiösen Hause stammen, werden nur mit Widerwillen in christlichen Anstalten nicht rituell zubereitete Kost genießen oder häufig den Genuss dieser Speisen gänzlich verweigern. Aber nicht nur hierdurch wird der Krankheitsverlauf ungünstig beeinflusst, es sind noch andere Faktoren, die bei der Heilung eine große Rolle spielen, gelegt wird. Patienten, die aus einem streng-religiösen Hause stammen, werden nur mit Widerwillen in christlichen Anstalten nicht rituell zubereitete Kost genießen oder häufig den Genuss dieser Speisen gänzlich verweigern. Aber nicht nur hierdurch wird der Krankheitsverlauf ungünstig beeinflusst, es sind noch andere Faktoren vorhanden, die die ungünstigen Einflüsse erheblich vermehren. Wir leben in einer Zeit, wo leider der Antisemitismus immer noch mehr oder weniger alle Schichten der Bevölkerung in Mitleidenschaft zieht und sicherlich wird es häufig vorkommen, dass jüdische Patienten in christlichen Anstalten durch die Mitkranken, durch das untere Pflegepersonal etc., manche Zurücksetzung und Kränkung antisemitischer Natur erfahren müssen. Es liegt auf der Hand, dass derartige ungünstige Einflüsse auf die Seelen- und Gemütsruhe der Kranken in nach-
Sayn Israelit 24031902a.jpg (230004 Byte)teiligster Weise einwirken, und dass es deshalb unbedingt im Interesse aller israelitischen Nerven- und Gemütsleidenden liegt, wenn sie in eine jüdische Heilstätte aufgenommen werden. Es ist dies nicht nur eine Forderung der Humanität, sondern ein wichtiger Teil des Heilverfahrens. Ist es doch eigentlich selbstverständlich, dass einerseits die Fernhaltung aller ungünstigen Einflusse in der angedeuteten Art, andererseits die Gelegenheit in einer jüdischen Anstalt rituell leben, im Anschluss an Gesinnungs- und Glaubensgenossen Sammlung und Beruhigung finden, dem jüdischen Gottesdienste an Sabbat und Festtagen beiwohnen zu können, das von Haus aus gewöhnte innige Familienleben nicht entbehren zu müssen, für die Kranken von unschätzbarer Heilwirkung sind. Man bedenke doch, wie gerade bei Gemütskranken das religiöse Bedürfnis gesteigert ist, wie beruhigend die religiöse Erbauung einzuwirken vermag, wie bei nervös Aufgeregten die Fernhaltung jedes unbehaglichen Gefühls die erste Bedingung ist. Gott sei Dank haben wir nun auch unter den vielen vortrefflichen Anstalten für Nerven- und Gemütsleidende in Deutschland eine jüdische Heilstätte, die nicht nur allen religiösen Anforderungen und Bedürfnissen entspricht, sondern in ihren sanitären Einrichtungen, in ihrer vortrefflichen ärztlichen und ökonomischen Leitung sich ebenbürtig den besten christlichen Anstalten zur Seite stellen kann, ja geradezu als Musteranstalt bezeichnet werden darf. Es ist die israelitische Heil- und Pflegeanstalt für Nerven- und Gemütskranke zu Sayn bei Koblenz, und gestatte ich mir, in Folgendem eine kurze Beschreibung derselben zu geben:
In einem der anmutigsten Seitentäler des Rheins, ungefähr in der Mitte zwischen Koblenz und Neuwied, liegt in idyllischer Schönheit und Ruhe Sayn, und einer der besten Kenner des Mittelrheins pries es schon vor fünfzig Jahren als den lieblichsten Ort an unserem Strome. Hier, wo die Natur beruhigend und erhebend auf das Gemüt, die ozonreiche Luft kräftigend auf die Nerven wirkt, liegt die mit allem Komfort und allen hygienischen Einrichtungen der Neuzeit ausgestattete Anstalt inmitten eines aus Garten und Parkanlagen bestehenden Terrains von 20 Morgen. Die Anstalt besteht aus einer Reihe von getrennt liegenden Villen und Gebäuden, die eine allseitige Rücksichtnahme auf die verschiedenen Krankheitsformen gestatten und im Ganzen Raum für 150 Patienten bieten. Eine wesentliche Erweiterung erfuhr die Anstalt im Jahre 1898 durch den Neubau eines separaten Kurhauses für Nervöse, Erholungsbedürftige, Leichtverstimmte, Morphiumkranke. In dieses Kurhaus können auch Angehörige von Kurgästen mit aufgenommen werden.
Sayn Israelit 24031902b.jpg (115743 Byte)Die Anstalt verfügt über alle Heilmittel der modernen Medizin und für Beschäftigung, auf welche in vielen Fällen gr0ßes Gewicht gelegt wird, ist in der großen eigenen Landwirtschaft und in eigenen Werkstätten vielfach Gelegenheit geboten. Für Ermunterung und Zerstreuung ist vielseitig gesorgt: Billard-, Musik- und Lesezimmer, Wintergarten, Lawn-Tennis, gesellschaftliche Abende und Tanzkränzchen, kleine Reisen nach Koblenz und Bad Ems, und Herrscht in der Anstalt ein gemütliches Familienleben (gemeinsame Mahlzeiten und Spaziergänge, gemeinschaftliche Spiele). Dem Bedürfnisse nach religiöser Erbauung wird durch regelmäßigen Gottesdienst in der Anstalts-Synagoge an Sabbat und Festtagen, an Jahrgedächtnistagen der Patienten etc. genügt. Zum Schluss sei noch erwähnt, dass die Preise in Anbetracht der komfortablen Einrichtung, der vorzüglichen Verpflegung und der sorgfältigsten ärztlichen Behandlung, nicht hoch und wesentlich geringer sind, als in vielen christlichen Privatanstalten. Besonders auch für Pflegekranke mit dauerndem Aufenthalt besteht ein sehr mäßiger Tarif. Die große Ausdehnung, welche die Anstalt in ihrem nunmehr 30jährigen Bestehen genommen, beweist, dass sie einem großen Bedürfnisse abgeholfen, und dass sie das Vertrauen, welches man ihr allseitig entgegen bringt, in reichstem Maße verdient."

   
   
Aus der Arbeit des "Hilfsvereins für unbemittelte, jüdische Nerven- und Geisteskranke" (Sitz in Bad Ems)  
 
Aufruf des 1903 gegründeten "Hilfsvereins für unbemittelte, jüdische Nerven- und Geisteskranke" zu Spenden für die Arbeit des Vereins (1903)        

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 6. April 1903: "Ems, 3. März (1903). Der Vorstand des 'Hilfsvereins für unbemittelte, jüdischer Nerven- und Geisteskranke' (Vorsitzender Herr Bezirksrabbiner Dr. Weingarten - Ems) versendet nachstehenden Aufruf, dem wir den besten Erfolg wünschen:  
'Auf allen Gebieten regt sich jüdische Wohltätigkeit und Menschenliebe, um den Bedürftigen, den kranken, den Bedrückten und Verfolgten zu Hilfe zu eilen. Es gibt aber ein Feld der Fürsorge, für das von jüdischer Seite noch gar nichts getan ist, obwohl berufene Männer die Aufmerksamkeit auf diesen Notstand gerade in letzter Zeit mehrfach hingelenkt haben.  Es gilt die Fürsorge für die Ärmsten der Armen, für die unbemittelten Nerven- und Geisteskranken. Die wenigen zur Zeit vorhandenen jüdischen Privatanstalten sind nicht im Stande, gegen so geringe Entschädigung, wie sie unbemittelte Familien leisten können, Aufnahme zu gewähren, sodass man sich bisher in fast allen Fällen genötigt sah, die jüdischen Nerven- und Geisteskranken in den staatlichen Anstalten unterzubringen. Der Aufenthalt daselbst ist aber für alle derartigen Kranken mit großen Nachteilen verknüpft. Denn nicht nur die Nerven- und Gemüts-, sondern auch die wirklich Geisteskranken haben ja sehr oft noch religiöses Gefühl genug, um sich in der ihrer ganzen Denk- und Empfindungsweise fremden Umgebung recht unglücklich zu fühlen, und in vielen Fällen auch sich die größten Gewissensbisse über den Genuss nicht rituell zubereiteter Speisen zu machen. Oft sogar kommt es, wie wir aus zahlreichen Fällen wissen, zu konfessionellen Reibereien und Hänseleien seitens des Anstaltspersonals und der christlichen Patienten, sodass der Zweck des Aufenthalts illusorisch, ja, statt der erhofften Besserung, geradezu eine Verschlechterung des Leidens herbeigeführt werden kann.  
Nur in spezifisch jüdischen Anstalten kann der jüdische Geisteskranke vor allem derartigen ihm besonders schädlichen seelischen Erregungen bewahrt bleiben, und nur in solchen ist es ihm möglich, seine gewohnte Lebensweise unveränderte fortzuführen; denn hier befindet er sich in einer ihm vertrauten Umgebung, die allen seinen religiösen Bedürfnissen liebevolles Verständnis entgegenbringt.   
Nicht minder dringend ist das Bedürfnis, jüdisch idiotische Kinder in jüdischen Anstalten zu erziehen. 
Da die Errichtung einer eigenen Anstalt vorerst wegen der enormen Kosten eines solchen Unternehmens noch nicht in Betracht kommen kann, so haben wir die Absicht, die betreffenden Kranken in bereits vorhandenen, gut geleiteten, jüdischen Anstalten unterzubringen. 
Es ist uns gelungen, die bewährte Anstalt zu Sayn zu weitgehendem Entgegenkommen zu bestimmen, indem sie sich bereit erklärt hat, die von uns empfohlenen Kranken zu bedeutend ermäßigten Pflegesätzen aufzunehmen.
Sobald es nur unsere Mittel gestatten werden, wollen wir auch dahin wirken, dass dieser Anstalt eine besondere Abteilung für idiotische Kinder angegliedert werde. 
Sich der Ärmsten und Armen anzunehmen, hat sich der Verein entschlossen. Es bedarf hierzu der Mitwirkung aller edlen Menschenfreunde. Wer im eigenen Glücke, in der Freude an dem Gedeihen sich ein mitleidiges Herz bewahrt hat, der trockne mit uns die Tränen, lindere die Not und das Unglück seiner Glaubensbrüder und Schwestern! Jede Spende ist uns willkommen. Viele Wenig geben ein Viel, Vereinte Kräfte führen zum Ziel. 
Geldsendungen bitte gefälligst zu richten: An Rheinische Diskonto-Gesellschaft, Koblenz."         

  
Bericht über die Arbeit von 1904 (erster Rechenschaftsbericht des Hilfsvereins)    

Bad Ems Israelit 04101904a.jpg (56637 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. Oktober 1904: "Ems. Dem ersten Rechenschaftsberichte des Hilfsvereins für unbemittelte jüdische Nerven- und Geisteskranke zu Ems entnehmen wir: 
Schon ist ein Jahr ins Land gegangen, seitdem wir den Hilfsverein für unbemittelte jüdische Nerven- und Geisteskranke ins Leben gerufen haben. 
Mit ernsten Sorgen traten wir der Gründung nahe. Mancherlei Bedenken wurden uns entgegengehalten, die sich aber bei genauer Betrachtung als nicht stichhaltig erwiesen. Unser Aufruf fand den Beifall   
Bad Ems Israelit 04101904b.jpg (376254 Byte)aller Einsichten, und wir hatten die Genugtuung, im Frühjahr 1903 klangvolle, gewichtige Namen im Gründungskomitee unseres Vereins zu verzeichnen. Die Zustimmung, die unseren Bestrebungen von sachverständiger Seite zuteil wurde, und die zahlreichen Aufnahmegesuche von unbemittelten Kranken, die an uns aus allen Gauen Deutschlands herantraten, bewiesen uns, welchem tatsächlichen Notstande in den Reihen unserer Glaubensgenossen die neu begründete Organisation zu begegnen berufen sei. Mit neuem Mute und erhöhten Hoffnungen gehen wir auf dem betretenen Wege weiter, da ein mächtiger Zeuge und Sachwalter unserer Bestrebungen uns erstanden ist. Wir haben eine Fürsprache gefunden, die alle Hindernisse und Bedenken hinwegräumen wird, da etwa noch hätten ins Feld geführt werden können gegen unsere Ideen und Ziele. Denn wie groß und bedeutsam das Werk ist, dessen wir uns zu Nutz und Frommen der armen jüdischen Nerven- und Geisteskranken und zum Wohle der Gesamtheit des Judentums angenommen haben, dafür mag das sachliche, maßgebende Urteil des berühmten holländischen Psychiaters Dr. van Deventer, Direktor der großen Staats-Irrenanstalt in Meerenberg, in dem Bericht über seine Anstalt für das Jahr 1901, hier wörtlich angeführt sein:
’Bis Mai war Herr J. Stiebe, israelitischer Religionslehrer in Haarlem, zeitweilig mit der Leitung des israelitischen Gottesdienstes betraut, bis zu welchem Zeitpunkt dem Herrn de Vries aus Gesundheitsrücksichten Urlaub bewilligt war. In Verbindung mit dem Voraufgegangenen zu zu beachten, dass im Laufe dieses Jahres durch unsere Kommission die Frage erwogen wurde, ob nicht eine besondere Abteilung für israelitische Geisteskranke bei Meerenberg zu errichten wäre, und die Verpflegung der Israeliten ausschließlich in dieser neuen Anstalt zu geschehen hätte. Die Antwort unserer Kommission konnte sowohl im Interesse der Anstalt als auch der Kranken nicht anders als zustimmend lauten. Ohne Zweifel bilden den Vorschriften gemäß alle Bewohner der Anstalt eine Haushaltung; eine Bestimmung, woran seit Gründung stets im Interesse der Kranken möglichst festgehalten worden ist. Seitdem die Anzahl der israelitischen Patienten bedeutend zugenommen und die Wichtigkeit ihrer speziellen Vorschriften festgestellt ist, die mit sich bringen, dass sie ihre Mahlzeiten an einer besonderen Tafel nehmen, ist die angegebene Bestimmung nicht mehr genau durchzuführen. Der Nachteil, der hieraus entsteht, ist die Abschließung der Israeliten von den übrigen Kranken. Dieses widerspricht dem Charakter der Anstalt. Die Tatsache, dass sie am Sabbat im Gegensatz zu den übrigen Patienten nicht arbeiten mögen, wirkt in demselben ungünstigen Sinne. Aus diesem Grunde glaubte ich es im Interesse von Meerenberg aussprechen zu müssen, dass daselbst israelitische Patienten nicht länger mehr aufgenommen werden sollen. Was die Interessen der israelitischen Kranken selbst betrifft, gelten dieselben Schwierigkeiten, wobei noch andere hinzutreten, die sich aus ihren rituellen Verpflichtungen ergeben.
Die Erfahrung, die in Meerenberg gemacht ist, hat doch aufs deutlichste gelehrt, dass die Genauigkeit der Speisezurichtung und die Behandlung des Essgeschirres mit großen Schwierigkeiten verbunden und in Wirklichkeit nicht streng durchzuführen ist. Dasselbe gilt von den rituellen Gebräuchen hinsichtlich des Gebetes bei vorkommenden Sterbefällen in der Anstalt, die rituelle Vorschrift beim Ableben von Familienmitgliedern und das Halten der Trauertrage. Diese Nachteile werden umso drückender gefühlt, als es das Streben des Irrenarztes sein muss, jeden Kranken die Gelegenheit zu verschaffen, seine religiösen Bedürfnisse zu befriedigen. Aus vorgenannten Gründen glaubte ich meiner Meinung Ausdruck geben zu müssen, dass die Errichtung einer israelitischen Zentral-Irrenanstalt für die unbemittelten jüdischen Geisteskranken einer ernsten Erwägung bedarf. Unsere Kommission war mit mir in voller Übereinstimmung.’
Bedarf es noch eines schlagenderen Beweises für die Existenzberechtigung unserer Vereinigung? – Wohl nicht. Nun werden alle Zweifel zerrinnen wie Nebel vor dem erhellenden Sonnenstrahl: die Notwendigkeit unserer Bestrebungen muss anerkannt werden. Möge dieses beherzigenswerte Wort aus dem Munde eines vorurteilslosen Mannes der Wissenschaft, dazu eines Nicht-Juden, Eingang finden in die Herzen aller derer, die ernstlich bemüht sind, diesen Notstand unserer unglücklichen, unverschuldet unglücklichen, unbemittelten geistes- und nervenkranken Glaubensgenossen zu lindern. Wir aber wollen rastlos weiterarbeiten und wirken an diesem Werke im Geiste unserer Religion und der Menschlichkeit, deren höchstes Gebot die Fürsorge nicht nur für uns selbst, sondern auch für unsere leidenden Brüder und Schwestern ist. Was wir in der kurzen Zeit erreicht haben, kann uns mit Befriedigung erfüllen und mit dem Gefühle aufrichtiger Dankbarkeit für alle, die uns ihre Hilfe liehen. Dass die Begeisterung für dieses rein humane Hilfswerk Wurzeln schlage in den Herzen aller Guten und Edlen ist unsere Zuversicht, dass Gottes Segen unser Werk begleitet wie bisher, und innerer Frieden allen denen zuteil werde, die sich der Sache unserer armen Kranken annahmen, ist unser Wunsch. Möge der nie versiegende Wohltätigkeitssinn unserer Glaubensgenossen Herzen und Hände öffnen un-
Bad Ems Israelit 04101904c.jpg (63871 Byte)serem Werke und der Not der ärmsten unserer Brüder und Schwestern! Er öffne Herz und Hand aller derer, die bemüht sind, ihr Bestes zu geben um der Andern willen, wissend, dass irdisches Gut nur geliehene Gaben sind, die uns anvertraut wurden, um davon den rechten Gebrauch zu machen! Allen edlen Spendern sei hier im Namen unserer Pflegebefohlenen und in dem unsrigen der Dank abgestattet. Obwohl der Hilfsverein erst gegen Ende der Berichtszeit mit seiner eigentlichen Tätigkeit beginnen konnte, sind doch schon in dieser kurzen Zeit 6 Aufnahmen – 3 Männer und 3 Frauen – in die Anstalt zu Sayn vollzogen worden."    

   
Bericht des "Hilfsvereins für unbemittelte jüdische Nerven- und Geisteskranke" (1905)
   

Bad Ems FrfIsrFambl 16061905.jpg (100472 Byte)Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 16. Juni 1905: "Ems. Der Hilfsverein für unbemittelte jüdische Geisteskranke (Vorsitzender: Bezirksrabbiner Dr. Weingarten, Ems; stellvertretender Vorsitzender: Dr. med. Carl Landau, Koblenz) verausgabte im Jahre 1904 Mark 5346 für an die Anstalt zu Sayn bei Koblenz gezahlte Pflegekosten. Der Vermögensbestand am 31. Dezember 1904 betrug Mark 10.161. 
Der Verein sei dem Interesse des jüdischen Publikums dringend ans Herz gelegt, denn jüdische Geisteskranke, die von jeher rituelle Kost genossen haben, müssen dieselbe beibehalten. Bei einer großen Anzahl von Kranken handelt es sich nur um den Ausfall einzelner geistiger Funktionen, sie haben Einsicht genug von der sie umgebenden Welt, und namentlich das religiöse Gefühl vieler dieser Unglücklichen ist in keiner Weise getrübt. Steckt man nun einen, ein religiöser jüdisches Leben beobachtenden Kranken in eine nicht-jüdische Anstalt, so fühlt er sich in der seiner ganzen Denk- und Empfindungsweise abweichenden Umgebung recht unglücklich, er macht sich die größten Gewissensbisse über den Genuss nicht rituell zubereiteter Speisen; ja, es kommt häufig vor, dass er hartnäckig die Nahrungsaufnahme verweigert."        

  
Allgemeiner Bericht von 1921 - ein Jahr nach Ankauf und Beteiligung eines Mitbestimmungsrechtes durch den "Hilfsverein für jüdische Nerven- und Gemütskranke" in Bad Ems (1921)
       

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 15. April 1921: "Frankfurt am Main, 8. April (1921). Es war ein kühner und gewagter Entschluss, als der Hilfsverein für jüdische Nerven- und Gemütskranke in Bad Ems auf Drängen seines Begründers und langjährigen Vorsitzenden, des Bezirksrabbiners Herrn Dr. Weingarten in Bad Ems, sich durch Ankauf und Beteiligung ein Mitbestimmungsrecht auf die bekannten, in gutem Ruf stehenden 'Israelitischen Kuranstalten in Sayn' vor nunmehr einem Jahre erworben hat. Diese Anstalten sind von dem Kaufmann Isaak Jakoby im Jahre 1868 in kleinem Maßstabe gegründet worden und hatten sich unter seinem Sohne Benno Jakoby zu einer herrlichen Größe entwickelt. Schlossartig, in einem großen Park gelegen, erhebt sich in einer Entfernung von ca. 30 Metern von der Straßenfront das weitläufige Hauptgebäude der 'Israelitischen Kuranstalten', die mit allen modernen Bequemlichkeiten, Zentralheizung, elektrischem Licht, Turn- und medizinischen Apparaten eingerichtet sind. Dieser imposante Bau, in dem auch eine Synagoge sich befindet, ist für Nervöse und leichte Gemütskranke bestimmt. Vollständig getrennt hiervon in mehreren Nebengebäuden werden schwere Patienten untergebracht. Dahinter befinden sich ein großer Gemüsegarten, ein großes Treibhaus, ein Lawn-Tennis-Spielplatz; an schönen Tagen kann man sehen, wie Patienten sich vergnügten Sinnes hier im Gartenbau beschäftigen, dort sich im Spiele freudig tummeln. Das Grundstück umfasst zusammen 60 Morgen Garten- und Ackerland, Wald und Wiesen, wo sich für die Patienten Gelegenheit zu landwirtschaftlicher Beschäftigung bietet. Alle Patienten werden den modernen hygienisch-psychiatrischen Grundsätzen entsprechend ohne alle Zwangsmaßnahmen behandelt. Die Leitung befindet sich in den bewährten Händen der beiden Ärzte Dr. Fritz und Dr. Paul Jakoby, die in der Psychiatrie eine langjährige Ausbildung bei bekannten Autoritäten erlangt haben, und da sie in der Umgebung der Kranken aufgewachsen sind, besitzen sie besondere Eignung, mit diesen Leidenden umzugehen und sie verständnisvoll zu behandeln. Die Anstalt ist gegenwärtig sehr gut besucht, und die Heilerfolge, die in der letzten Zeit erzielt worden sind, sind dank der vorzüglichen Leitung außerordentlich befriedigende. Die Verpflegung ist gut und reichlich und, was besonders hervorzuheben ist, streng rituell, den Forderungen des Religionsgesetzes entsprechend. Die Pflegekosten sind in allen Abteilungen nach Einheitspreisen geregelt, und für minderbemittelte Patienten gewährt der Hilfsverein, soweit sein Mittel es erlauben, Zuschüsse an die Gesellschaft. 15 Patienten hat er bisher unentgeltlich und 30 gegen ermäßige Pflegesätze aufgenommen. Er ist jedoch am Ende seiner Kraft, da die Beiträge wohltätiger Glaubengenossen noch zu spärlich eingehen, und um auch weitere arme, unglückliche Patienten aufnehmen zu können, bedarf es der Hilfe aller edlen Glaubensgenossen. Mögen die Spenden in Zukunft dem obigen Hilfsverein für die einzige jüdische, streng rituell geführte Nervenanstalt in Deutschland, die sich zur Aufgabe gemacht hat, jüdischen Nerven- und Gemütskranken ein schönes Heim zu bieten, in welchem sie sich unter Juden befinden, in reichem Maße zufließen."         
 
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 8. April 1921:  
Ähnlicher Bericht wie oben im "Israelit".     

  
Weiterer allgemeiner Bericht über die Arbeit des "Hilfsvereins" und die Israelitischen Kuranstalten in Sayn (1921)  

Bad Ems Israelit 02061921.jpg (213298 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. Juni 1921: "Bad Ems, 15. Mai (1921). Es war ein kühner und gewagter Entschluss, als der Hilfsverein für jüdische Nerven- und Gemütskranke in Bad Ems auf Drängen seines Begründers und langjährigen Vorsitzenden, des Bezirksrabbiners Herrn Dr. Weingarten in Bad Ems, sich durch Ankauf und Beteiligung ein Mitbestimmungsrecht auf die bekannten, in gutem Ruf stehenden 'Israelitischen Kuranstalten in Sayn', vor nunmehr einem Jahre erworben hat. Diese Anstalten sind von dem Kaufmann Isaak Jakoby im Jahre 1868 in kleinem Maßstabe gegründet worden und hatten sich unter seinem Sohne Benno Jakoby zu einer herrlichen Größe entwickelt. Schlossartig in einem großen Parke gelegten, erhebt sich in einer Entfernung von ca. 30 Metern von der Straßenfront das weitläufige Hauptgebäude der 'Israelitischen Kuranstalten', die mit allen modernen Bequemlichkeiten und medizinischen Apparaten eingerichtet sind. Dieser imposante Bau, in dem auch eine Synagoge sich befindet, ist für Nervöse und leichte Gemütskranke bestimmt. Vollständig getrennt hiervon in mehreren Nebengebäuden werden schwere Patienten untergebracht. Dahinter befindet sich ein großer Gemüsegarten, ein großes Treibhaus und ein Spielplatz. Das Grundstück umfasst zusammen 60 Morgen Garten und Ackerland, Wald und Wiesen, wo sich für die Patienten Gelegenheit zu landwirtschaftlicher Beschäftigung bietet. Alle Patienten werden den modernen hygienisch-psychiatrischen Grundsätzen entsprechend ohne alle Zwangsmaßnahmen behandelt. Die Leitung befindet sich in den bewährten Händen der beiden Ärzte Dr. Fritz und Dr. Paul Jakoby. Die Anstalt ist gegenwärtig sehr gut besucht und die Heilerfolge, die in der letzten Zeit erzielt worden sind, sind dank der vorzüglichen Leitung außerordentlich befriedigende. Die Verpflegung ist gut und reichlich und was besonders hervorzuheben ist, streng rituell, den Forderungen des Religionsgesetzes entsprechend. Der Schochet ist von orthodoxen Rabbinen geprüft und eine eigens dazu engagierte streng religiöse Dame, die bestens empfohlen ist, überwacht die Küche.   
Die Pflegekosten sind in allen Abteilungen nach Einheitspreisen geregelt und für minderbemittelte Patienten gewährt der Hilfsverein, soweit seine Mittel es erlauben, Zuschüsse an die Gesellschaft. 15 Patienten hat er bisher unentgeltlich und 30 gegen ermäßige Pflegesätze aufgenommen. Er ist jedoch am Ende seiner Kraft, da die Beiträge wohltätiger Glaubensgenossen noch zu spärlich eingehen, und um auch weitere arme, unglückliche Patienten aufnehmen zu können, bedarf es der Hilfe aller edlen Glaubensgenossen. Mögen die Spenden in reichem Maße dem obigen Hilfsverein für die einzige jüdische, streng rituell geführte Nervenanstalt in Deutschland, die sich zur Aufgabe gemacht hat, jüdischen Nerven- und Gemütskranken ein schönes Heim zu bieten, in welchem sie sich unter Juden befinden, in reichem Maße zufließen."       

    
Bericht über die Arbeit (1921)   

Sayn AZJ 25111921.jpg (57749 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 25. November 1921: "Der Hilfsverein für unbemittelte jüdische Nerven- und Gemütskranke in Bad Ems, der an den ‚Israelitischen Kuranstalten zu Sayn beteiligt ist, veröffentlicht seinen Jahresbericht. Einnahmen und Ausgaben balancieren mit 174.000 Mark. Die Zwecke des Vereins sind es wert, von den weitesten jüdischen Kreisen gefördert zu werden, denn die Sayner Gesellschaft ist die einzige derartige jüdische Anstalt in Deutschland." 
 
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 3. November 1921:  
Identischer Bericht wie in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums".      

      
      
Berichte zu einzelnen Personen     
Zum Tod von Meyer Jacoby, dem Gründer der Heil- und Pflegeanstalt in Sayn (1890)
    

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 11. Dezember 1890: "Am 26. November entschließ im Alter von 71 Jahren Herr Meier Jacoby, der Begründer der weltbekannten Nervenheilanstalt zu Sayn bei Koblenz."       
 
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 22. Dezember 1890: "Bendorf am Rhein. Ein echter Jehudi ist gestorben, konnten wir ausrufen, als wir am 16. Kislew (28. November dieses Jahres) die sterbliche Hülle des im Alter von 71 Jahren entschlafenen Herrn Meyer Jacoby, des Begründers der Heil- und Pflege-Anstalt für Nerven- und Gemütskranke, zu Sayn bei Koblenz, zur letzten Ruhestätte geleiteten. 
Es würde den Rahmen dieses Nekrologes überschreiten, wollten wir hier die Verdienste, welche dieser Mann sich in einem Leben voller Mühe und Arbeit, für das Judentum und für die leidende Menschheit erworben, in das rechte Licht stellen.   
Durch die in der Nähe seines Wohnortes (in Bendorf) seit Ende der 40er-Jahren bestehenden Privatirrenanstalten gewann der Verblichene schon früh ein lebhaftes Interesse für die armen Geisteskranken, und in seiner Eigenschaft als Vorsteher der Synagogengemeinde Bendorf-Sayn - welches Amt er über 30 Jahre lang bekleidete - hatte er auch Gelegenheit mit den Kranken jüdischer Konfession häufig in Berührung zu kommen.   
Mit einem edlen Streben für Alles, was das Judentum betraf, ausgerüstet, stellte sich der Verklärte auch bald die Frage, ob es nicht zweckmäßig sei, wenn die unglücklichen geistesumnachteten Glaubensgenossen in eine Anstalt kommen würden, worin ihnen 'koschere' Speisen gereicht, wo sie überhaupt ganz in ihrer gewohnten Weise als Juden leben konnten, da gewisse Gemütskranke die erste Bedingung zur Heilung doch nur in einer jüdischen Anstalt finden würden.   
Von verschiedenen Rabbinern und Ärzten, denen er seine Ansicht mitgeteilt, in seinen Gedanken bestärkt, wurde seine Absicht bald zur Tat.  Ende der 60er-Jahre gründete Herr Jacoby, nachdem ihm - als Laien - ausnahmsweise die Konzession der Königlichen Regierung zu Koblenz erteilt worden war, die 'Israelitische Heil- und Pflegeanstalt für Nerven- und Gemütskranke.'  
Wir wollen hier nicht ausführen, wie der Mann in seinem neuen eigenartigen Berufe mit Schwierigkeiten zu kämpfen hatte, wie er es verstand, einen hervorragenden Arzt an die Spitze der Anstalt zu stellen, welche pekuniären Opfer derselbe riskieren musste, bis die Anstalt endlich in weiteren Kreisen bekannt wurde und sich einen Ruf erwarb. Heute wollen wir nur erzählen, was der Verklärte erreicht hat.   
Weit über die Grenzen des engeren Vaterlandes, ja bis in die fernste überseeischen Länder ist unter den Glaubensgenossen der Ruf der Israelitischen Anstalt zu Sayn verbreitet, und wahrlich er ist ein wohlverdienter. 
In diesem geschätzten Blatte wurde ihrer ja oft rühmend Erwähnung getan und in Nr. 67 des XXX. Jahrgangs (1889) eine eingehende Beschreibung von einem Facharzte veröffentlicht.   
Wenn auch der Verstorbene als Vater einer zahlreichen Familie die Verpflichtung hatte, derselben eine möglichst gesicherte Existenz zu verschaffen, so verband er doch, abgesehen von dem Verdienste, dass er sich durch Einrichtung einer Anstalt speziell für Glaubensgenossen an und für sich schon erworben, damit noch die Menschenfreundlichkeit, auch Unbemittelten die Tore seiner Anstalt zu öffnen, und Schreiber dieses hatte oft die Freude, derartige Anträge rasch von ihm erfüllt zu sehen. Herr Jacoby hatte sich sogar durch Wort und Schrift bemüht, eine Stiftung für geistig kranke Glaubensgenossen ins Leben zu rufen, doch zu seinem Leidwesen ohne Erfolg.   
Dem ruhmreichen Leben und Wirken nach außen hin entsprach auch sein Wirken in der eigenen Familie und in der Gemeinde.   
Mit reichem jüdischen Wissen ausgestattet, war er von tiefer Religiosität beseelte. Von der Beliebtheit, deren sich der Verstorbene erfreute, zeugte die allgemeine Teilnahme bei der Beerdigung, zu welcher eine große Menge Leidtragende aus Nah und Fern herbeieilte, und welche mit bekümmerten Mienen der Trauerrede des Rabbiners aus Koblenz lauschten.   
Durch die Gründung der Anstalt, welche von seinen in der Leitung derselben seit Jahren mittätigen Kindern und bewährten Ärzten ganz in dem frommen Sinne des Verstorbenen fortgeführt wird, hat sich Herr Jacoby ein bleibendes Denkmal gesetzt. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens. B.L."          
   

   
Dr. Behrendt wird zum Sanitätsrat ernannt (1902)      

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. Dezember 1902: "Vom Rhein. Dem verdienstvollen, leitenden Arzte der israelitischen Heil- und Pflege-Anstalt für Nerven- und Gemütskranke zu Sayn bei Koblenz, Herrn Dr. Behrendt, ist der Titel 'Sanitätsrat', Allerhöchst verliehen worden."      

   
Zum Tod von Frau Dr. Rosenthal geb. Jakobi (1908)   

Sayn Israelit 13081908.jpg (72221 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 13. August 1908: "Sayn, 5. August (1908). Vorigen Donnerstag verschied hier Frau Dr. Rosenthal geb. Jakobi und wurde am Sonntag in Gegenwart einer nach Hunderten zählenden Menge beerdigt. Sie war eine Tochter des Gründers und eine Schwester des jetzigen Direktors des Sanatoriums, Herrn Jakobi. Frau Dr. Rosenthal nahm seit ca. 35 Jahren an der Behandlung der Kranken hervorragenden Anteil. Sie war eine tapfere, kraftvolle, hochintelligente Frau, die schon an der Seite ihres Gatten, Herrn Dr. Rosenthal, in Würzburg sich wacker zum Heile der Kranken betätigte und selber fromm auch ihre drei Kinder zu braven, guten Jehudim herangebildet hat. Am Grabe sprach Herr Dr. Weingarten, Ems und gab in tief empfundenen Worten der Trauer der Familie Ausdruck. P. Ihre Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens."  

    
Auszeichnung für Lazarettarzt Dr. Max Rosenthal (1915)   

Sayn Israelit 28011915.jpg (22012 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. Januar 1915: "Sayn, 15. Januar (1915). Herr Dr. Max Rosenthal, Sohn des Sanitätsrats Herr Dr. S. Rosenthal, Sanatoriumsdirektor - Sayn, hat für seine im Felde bewiesene Tüchtigkeit und Tapferkeit als Lazarettarzt das Eiserne Kreuz erhalten."

    
Auszeichnung von Dr. Max Rosenthal und Adolf Rosenthal (1915)    

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 15. April 1915: "Sayn, 29. März (1915). Nachdem vor einiger Zeit Herr Dr. Max Rosenthal, Feldunterarzt, das Eiserne Kreuz erhalten, ist dessen jüngerer Bruder, Adolf Rosenthal, Vizewachtmeister der Reserve im Feld-Artillerie-Regiment Nr. 23, ebenfalls mit dem Eisernen Kreuz ausgezeichnet worden. Beide sind Söhne von Sanitätsrat H. Rosenthal - Sayn."     

       
       
Sonstige Anzeigen 
Köchin gesucht (1897)  

Sayn Israelit 30121897.jpg (40352 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. Dezember 1897: "Köchin
welche selbständig einer größeren Küche vorstehen kann, bei gutem Gehalte zum baldigen Eintritt gesucht. 
Israelitische Heil- und Pflege-Anstalt für Nerven- und Gemütskranke zu Sayn bei Koblenz."      

     
     

     

Zur Geschichte der Haussynagoge
                  
     
Über die Haussynagoge im Haupthaus der Anstalt wurde bereits oben kurz berichtet (vgl. auch in den Jahresberichten - der Begriff "Synagoge" ist hervorgehoben). Nach einer erhaltenen historischen Ansicht (siehe unten bei Fotos) war für die Inneneinrichtung vor allem der klassizistische Toraschrei prägend. Es waren feste Bankreihen installiert. Aus der Geschichte der Synagoge wird neben den Erwähnungen in den Jahresberichten einmal von der Einweihung einer neuen Torarolle (1893) berichtet:  

Einweihung einer Torarolle (1893)       

Sayn Israelit 02021893.jpg (106530 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. Februar 1893: "Bendorf am Rhein, 4. Januar (1893). Am Sabbat Chanukka wurde in der israelitischen Heil- und Pflegeanstalt von Jacobi in Sayn bei Koblenz eine neue Gesetzrolle eingeweiht. Diese Gelegenheit wahrnehmend, zeigten die Leiter der Anstalt, dass in ihr noch echt jüdisch-religiöses Leben vorhanden ist, indem sie das Fest zu einem recht weihevollen und würdigen gestalteten. Nachdem in der dortigen Synagoge unter voller Beteiligung der Patienten die Einweihung vor sich gegangen war, versammelten sich zahlreiche Freunde und Bekannte des Hauses zu einem opulenten Mahl, welches Alle in froher Stimmung lange beisammen hielt. – Herr Lehrer Alexander aus Bendorf am Rhein hielt die Festrede. Er betonte, anknüpfend an die Geschichte von Chanukka, wie man zu allen Zeiten innerhalb des Judentums für die edelsten Güter der Väter gekämpft und gerungen und für deren Erhaltung Gut und Blut eingesetzt habe. Er zeigte, wie es Alle mit Freunden erfüllen müsse zu sehen, wie man jetzt noch angesichts der drohenden Gefahr dem Judentume treu anhängt und für dasselbe sorgt. Der Vortrag fand den Beifall der Versammelten."  

    
    
Fotos 

Historische Ansicht des Betsaals
(Aufnahme von 1912; 
Quelle: Landesamt s.Lit. S. 102) 
Sayn Synagoge 100.jpg (72137 Byte)    
       
     
Ehemalige Jacoby'sche Anstalten
(Fotos: Hahn, Aufnahmedatum: 18.8.2006)  
  
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Gebäude der ehemaligen Jacoby'schen Anstalten in Sayn 
  
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    Das 2002 aufgestellte Denkmal vor den Gebäuden. Auf der ersten Stele ist zu lesen: "Zum ehrenden Gedenken der 573 jüdischen Frauen und Männer aus der ehemaligen Jacoby'schen Heil- und Pflegeanstalt Sayn und der Stadt Bendorf, die 1942 in die nationalsozialistischen Vernichtungslager deportiert und dort ermordet wurden". Auf der zweiten Stele ist zu lesen: "Friede, Friede denen in der Ferne und denen in der Nähe, spricht der Herr, ich will sie heilen." (Jesaja 57,18).   
        
Andernorts entdeckt: "Stolperstein" 
für einen Heiminsassen   
 Bendorf-Sayn Aufrichtig 010.jpg (85663 Byte)

 

   An verschiedenen Orten erinnern "Stolpersteine" an Personen, die über die Jacoby'sche Anstalt in Sayn deportiert worden sind. 
Oben "Stolperstein" für Willy Aufrichtig in Waldshut: "Jg. 1884  'Schutzhaft' 1938 Dachau  1939 verzogen Euskirchen  
1942 Bendorf-Sayn Jacoby'sche Anstalt  Deportiert 1942  Ermordet in Sobibor".  
     

     
    
Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte       

September 2021: Presseartikel zur Erinnerung an die Toten der Heilanstalt Sayn    
Artikel von Reinhard Kallenbach in der "Rhein-Zeitung" vom September 2021: "Bendorf-Sayn, Gedenken an jüdische Heilanstalt: 573 Patienten und Betreuer wurden deportiert und umgebracht. 
Deutschlandweit anerkannte jüdische Nervenheilanstalt, Lazarett, Krankenhaus, Schule für beeinträchtigte Menschen, aber auch ein Symbol für das dunkelste Kapitel der deutschen Geschichte: So in etwa lässt sich die Geschichte eines historischen Ensembles an der Koblenz-Olper-Straße in Bendorf-Sayn zusammenfassen. Seit 2002 erinnern dort zwei Stelen an die Patienten und ihre Betreuer, die das NS-Regime hat umbringen lassen..."
Link zum Artikel (kostenpflichtig)       

      
       

Links und Literatur  

Links: 

bulletWebsite der Stadt Bendorf   mit Seite "Die ehemalige Jacoby'sche Anstalt in Bendorf-Sayn"    
bullet Seiten der Gesellschaft für Geschichte und Heimatkunde von Bendorf und Umgebung u.a. mit Beitrag 
- Dieter Kittlauß: "Den Ermordeten zur Ehre - den Lebenden zur Mahnung". Das Mahnmal an der ehemaligen Jacoby'schen Anstalt in Bendorf - Sayn 
   und Fotoliste zu diesem Bericht 
bulletSeiten des Heimatarchivs Sayn zur "Jakoby'schen Anstalt' und 'Juden in Sayn".
bullet Liste der im jüdischen Friedhof Sayn beigesetzten Personen   
bulletZur Seite über den jüdischen Friedhof in Sayn (interner Link)  

Literatur:  

bulletDietrich Schabow: Zur Geschichte der Juden in Bendorf. Bendorf 1979.  
bulletders.: Juden in Bendorf 1199-1942. Eine Ausstellung zum Gedenken der Deportationen aus Bendorf im Jahre 1942. In: SACHOR. Beiträge zur jüdischen Geschichte in Rheinland-Pfalz. 3. Jahrgang. Ausgabe 2/1993, Heft Nr. 5. S. 46-47. Online zugänglich (als pdf-Datei eingestellt, 2,6 MB).    
bulletders.: Auch in Sayn gab es eine Synagoge. Neues Material über die Anfänge der Jacobyschen Heilanstalt gefunden. In: Bendorfer Zeitung vom 17. Mai 1989.
bulletIrene Stratenwerth: Leben und Sterben in Sayn. Vom Alltag einer jüdischen Nervenklinik in der NS-Zeit. In: Brückenschlag 16/2000 S. 1-9.  
bulletLandesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz/Staatliches Konservatoramt des Saarlandes/ Synagogue Memorial Jerusalem (Hg.): "...und dies ist die Pforte des Himmels". Synagogen in Rheinland-Pfalz und dem Saarland. Mainz 2005. S. 316-317 (mit weiteren Literaturangaben). 
bulletDietrich Schabow: Die Israelitische Heil- und Pflegeanstalt für Nerven- und Gemütskranke (Jacoby'sche Anstalt, 1869-1942) und die spätere Verwendung der Gebäude. In: Barbara Friedhofen / Dietrich Schabow u.a.: Die Heil- und Pflegeanstalten für Nerven- und Gemütskranke in Bendorf. Hrsg. von Rheinischen Eisenkunstguss-Museum Bendorf-Sayn. S. 54-95.  2008.  

      
       

                   
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Stand: 30. Juni 2020