Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Prichsenstadt (Kreis Kitzingen)
Jüdische Geschichte / Synagoge

Übersicht:

bulletZur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
bulletBerichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde   
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer   
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde  
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen     
bulletZur Geschichte der Synagoge   
bulletFotos / Darstellungen 
bulletErinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte   
bulletLinks und Literatur   

   

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english version)         
    
In Prichsenstadt bestand eine jüdische Gemeinde bis 1938/42. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 15./17. Jahrhunderts zurück. 1421 werden erstmals Juden genannt. 1434 zahlten ein oder mehrere Juden der Stadt zusammen 9 Gulden Reichssteuer. 1462 wurden mehrere jüdische Personen durch den Würzburger Bischof Johann von Grumbach inhaftiert. Er erlangte dadurch von ihnen die Zahlung eines Geldbetrages. 1469 lebten in Prichsenstadt acht erwachsene erwerbstätige Juden, vermutlich mit ihren Familien. 1469 und 1489 werden Juden aus Prichsenstadt in Nürnberg genannt. 
  
Auch im 16. und 17. Jahrhundert sind einzelne Juden in der Stadt. 1511 wurden durch den Markgrafen Friedrich Juden in Prichsenstadt aufgenommen; Schutzbriefe sind auch aus den Jahren 1529, 1530, 1532 und 1537 bekannt. 1664 wird die Frau des Benedikt Moses aus Prichsenstadt im Wildbad Castell genannt. 1698-1699 war Thomas Burkholz zu Castell bei Salomon Jud von Prichsenstadt verschuldet. 1714 sind zwei jüdische Familie in der Stadt. 
  
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie folgt: 1816 39 jüdische Einwohner (4,1 % von insgesamt 949), 1837 50 (5,2 % von 970), 1867 49 (6,0 % von 812), 1880 74 (9,7 % von 761), 1900 54 (7,7 % von 701), 1910 72 (9,7 % von 742). 
   
Bei der Erstellung der Matrikellisten 1817 werden in Prichsenstadt auf insgesamt zehn Matrikelstellen (einschließlich eines Nachtrages von 1821) die folgenden jüdischen Familienvorstände genannt (mit neuem Familiennamen und Erwerbszweig): Abraham Laemlein Haas (Schnitt- und Viehhandel), Laemlein Abraham Haas (Viehhandel), Anschel Haium Heimann (Viehhandel und Schmusen), Berez Baruch Frank (Viehhandel), Hirsch Oscher Fleischmann (Viehhandel), Hirsch Salomon Rosenthal (Schnitthandel), Jacob Oscher Fleischmann (Schmusen, Viehhandel), Löw Isaac Reichmann (Schullehrer und Vorsinger), Machol Maier Gutmann (Ellenhandel), Isaac Löwenberg (Feldbau, seit 1821).    
  
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge (s.u.), eine Religionsschule und ein rituelles Bad. Die Toten der Gemeinde wurden auf dem jüdischen Friedhof in Gerolzhofen beigesetzt. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Religionslehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet wirkte (Ausschreibungstexte und einzelne Namen der Lehrer siehe unten). Der erste bekannte Lehrer war der in der Matrikelliste 1817 (s.o.) aufgeführte "Schullehrer und Vorsinger" Löw Isaac Reichmann. Solange die jüdische Nachbargemeinde Kirchschönbach noch einige schulpflichtige Kinder hatte (vermutlich bis Ende des 19. Jahrhunderts), war die Stelle als "Religionslehrerstelle Prichsenstadt-Kirchschönbach" ausgeschrieben (in den unten wiedergegebenen Ausschreibungen noch 1878), danach erfolgte die Anstellung allein durch die jüdische Gemeinde Prichsenstadt. Die Gemeinde gehörte zum Distriktsrabbinat Schweinfurt.  
   
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde Leutnant Paul Strauss (geb. 11.12.1889 in Prichsenstadt, vor 1914 in Nürnberg wohnhaft, gef. 1.9.1914), Gefreiter Isaak Löwenberger (geb. 30.6.1881 in Prichsenstadt, gef. 25.12.1914) und Vizefeldwebel Siegfried Hahn (geb. 9.1.1892 in Prichsenstadt, vor 1914 in Nürnberg wohnhaft, gef. 16.2.1916). Ihre Namen stehen auf Tafeln in der Kriegergedächtnisstätte für die Opfer der Weltkriege vor dem örtlichen Friedhof. Darüber hinaus gibt es noch ein weiteres jüdisches Opfer des Ersten Weltkrieges aus Prichsenstadt: Kanonier Otto Hahn (geb. 8.3.1893 in Prichsenstadt, vor 1914 in Kitzingen wohnhaft, gest. an einer zugezogenen Krankheit 17.2.1920; er war ein Bruder des gefallenen Siegfried Hahn).  
   
Um 1924, als noch 61 jüdische Gemeindeglieder gezählt wurden (7,62 % von insgesamt etwa 800), waren die Vorsteher der Gemeinde Abraham Hahn und Simon Oppenheimer. Als Lehrer und Kantor wirkte Salomon Bierschild. Er war bereits seit 1902 in der Gemeinde tätig (siehe Bericht unten). 1924 erteilte er vier jüdischen Kindern am Ort den Religionsunterricht. 1932 waren Abraham Hahn und Simon Oppenheimer weiterhin Gemeindevorsteher; letzterer ist als "Schriftführer und Schatzmeister" eingetragen. Lehrer Salomon Bierschild unterrichtete im Schuljahr 1931/32 fünf Kinder.   
   
1933 lebten noch 53 jüdische Personen in Prichsenstadt (7,4 % von insgesamt 714). Unter den Juden gab es damals elf Viehhändler, zwei Tuchhändler, zwei Metzger, sechs Arbeiter und einen Lehrer (auf Lehrer Salomon Bierschild folgte als letzter Lehrer der Gemeinde seit 1935 Alfred Grünebaum, der zuvor Lehrer in Obbach war und im September 1940 mit Frau und Sohn in die USA emigrieren konnte (vgl. unten). 1934 wurde ein jüdischer Einwohner verhaftet und in das KZ Dachau gebracht. Im Dezember 1935 wird Ludwig Reich als erster Vorsteher der Israelitischen Kultusgemeinde Prichsenstadt genannt, im Dezember 1938 Bernhard Frank. Bis November 1938 verließen auf Grund der zunehmenden Repressionen und der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts 16 der jüdischen Einwohner die Stadt, zogen in andere Orte oder wanderten aus (sieben in die USA, drei nach Palästina). Beim Novemberpogrom 1938 kamen SS-Leute in Zivil nach Prichsenstadt, die eine Art von Zerstörungs- und Kontroll-Rundreise durch den Landkreis Kitzingen und einen Teil des Landkreises Gerolzhofen (Prichsenstadt, Altenschönbach) machen. Städtische Beamte unter Leitung des Bürgermeisters durchsuchten die jüdischen Häuser unter dem Vorwand, nach Waffen und antinationalsozialistischer Literatur zu fahnden. Die Synagogeneinrichtung wurde vollkommen zerstört (s.u.). Sechs jüdische Einwohner wurden festgenommen, ins Rathaus und von dort auf einem Lastauto in das Gefängnis nach Gerolzhofen gebracht. Zwei von ihnen wurden wenig später in das KZ Dachau eingeliefert. Die noch in Prichsenstadt wohnenden Juden mussten ihre Häuser verkaufen und zusammen in ein einziges Haus ziehen. Bis September 1941 verließen 17 von den 27 in Prichsenstadt noch lebenden jüdischen Einwohnern die Stadt. Im Frühjahr 1942 lebten noch zehn jüdische Personen in der Stadt. Sieben wurden am 25. April über Würzburg in das Ghetto Krasniczyn bei Lublin/Polen deportiert und wenig später vermutlich im Vernichtungslager Sobibor ermordet. Die letzten drei wurden am 23. September 1942 über Würzburg in das Ghetto Theresienstadt gebracht. 
    
Von den in Prichsenstadt geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945", überarbeitet nach den Recherchen von Wolf-Dieter Gutsch):  Sophie Benjamin geb. Frank (1884), Ida Eigner geb. Reich (1886), Frieda Fleischmann geb. Strauss (1895), Ida Fleischmann geb. Frank (1881), Inge Fleischmann (1924), Max Fleischmann (1892), Otto Fleischmann (1879), Trude Fleischmann (1927), Bernhard Frank (1865, Kennkarte siehe unten), Bertha Frank geb. Fleischmann (1870, Kennkarte siehe unten), Leopold Frank (1871), Ludwig Haas (1871), Ilse Jette Hahn (1922), Julie Hahn geb. Frank (1875), Sofie Herz geb. Haas (1866), Therese Kälbermann geb. Frank (1871), Berta Künstler (1901), Gretchen Künstler geb. Silbermann (1877), Helene Künstler geb. Maier (1908), Justin Künstler (1911), Marianne (Marie) Künstler (1866), Pauline Künstler (1870, Kennkarte siehe unten), Martha Löwenberger geb. Schülein (1884), Aron Mandelbaum (1868), Max Meier Mandelbaum (1863), Raphael Oppenheimer (1898), Grete (Gretchen) Reich geb. Schönwalter (1895), Willy Reich (1922), Moses Strauss (1877). 
Die kursiv markierten Personen wurden 1942 von Prichsenstadt aus in das Ghetto Krasniczyn in Polen beziehungsweise in das Ghetto Theresienstadt deportiert. 
Der in einigen Listen genannte Moritz Hahn (1876) konnte am 15. Juli 1941 noch in die USA emigrieren.  
Unbekannt vor Ort ist der in einigen Listen genannte Heinz Schwarz (1931). 
   
Prichsenstadt Aufbau 07101947.jpg (26720 Byte)Hinweis: der in einigen Listen genannte Otto Siegfried Hahn (1923) hat nach der Deportation Riga und Stutthof überlebt und ist - nach kurzzeitiger Rückkehr nach Prichsenstadt nach Kriegsende - wenig später in die USA (New York) ausgewandert. Hier heiratete er (nach der Verlobung am 4. Oktober 1947, siehe Anzeige aus dem "Aufbau" vom 7. Oktober 1947 links) die Erlangerin Marga geb. Loewi, die gleichfalls Jungfernhof, Riga und Stutthof überlebt hatte. 
Quelle: Buch der Erinnerung. Die ins Baltikum deportierten deutschen, österreichischen und tschechoslowakischen Juden. 2003. S. 565 werden Otto Hahn und Marga Loewi als Überlebende genannt (Link zur Seite). 
Die Informationen hierzu und die Anzeige erhielten wir von Christof P.A. Eberstadt, Erlangen.    
  
Eine Gedenktafel zur Erinnerung an die frühere jüdische Gemeinde wurde 1987 an der Mauer des christlichen Friedhofes angebracht (vgl. Fotos unten 2022): "Die Stadt Prichsenstadt gedenkt ihrer ehemaligen jüdischen Mitbürger - Zur Erinnerung und Mahnung". 
   
   
   
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde 
  
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer  
Ausschreibungen der Lehrerstelle 1870 / 1878 / 1894 / 1902

Vor 1870 sind an Namen der Lehrer bekannt: um 1799 Moses Bär, um 1801 Isaak Falk, um 1814 Löw Reichmann, um 1853 Nathan Reichmann, um 1861 Heumann (Heinemann) Mandelbaum
Prichsenstadt Israelit 29061870.jpg (53229 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. Juni 1870: "Offene Religionslehrerstelle. Die kombinierte israelitische Religionslehrerstelle Prichsenstadt-Kirchschönbach verbunden mit Vorsänger- und Schächterfunktion ist erledigt. 
Gehalt 200 Gulden fixe, 100 Gulden Schächterertrag, 100 Gulden Nebeneinkünfte nebst 2 Klafter hartes Holz und freie Wohnung. Bewerber wollen sich unter Beilegung ihrer Zeugnisse franco an den Unterzeichneten wenden. 
Prichsenstadt in Unterfranken (Bayern), den 16. Juni 1870.  J. Strauss". 
   
Prichsenstadt Israelit 10041878.jpg (46588 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. April 1878: "Die hiesige israelitische Religionsschul-, Vorsänger- und Schächterstelle ist in Erledigung gekommen. Dieselbe hat einen fixen Gehalt (inkl. Holz) von RM 585,71 Pf., für Gebühren der Schächterfunktion RM 100.-, an Nebenverdienste RM 300.- nebst freier Wohnung. 
Auch ist weiter Gelegenheit zum Privatunterricht geboten. Bewerber um obige Stelle belieben ihre Gesuche bis längstens den 30. April dieses Jahres an Unterzeichneten zu stellen. 
Prichsenstadt (Unterfranken), 31. März 1878. Jacob Fleischmann, Kultusvorstand". 
Vor 1894 (vielleicht bereits seit 1878) war Abraham Schwarz als Lehrer in der Gemeinde tätig.    
Prichsenstadt Israelit 12041894.jpg (51677 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 12. April 1894
"In unterfertigter Kultusgemeinde ist per 1. Juli dieses Jahres die Stelle eines Religionslehrers, verbunden mit Vorbeterdienst und Schächterfunktion erledigt. 
Es beträgt der Gehalt bei freier Wohnung  600 Mk., fixierte Nebenbezüge 150 Mk., Schächterfunktion 150 Mk., diverser nicht garantierter Nebenverdienst 200 Mk., Summe 1.100 Mk. 
Nur seminaristisch gebildete Herren und Inländer werden berücksichtig. 
Es ist auch Gelegenheit geboten, eine Nebenfiliale zu erhalten.
 Bewerber wollen baldigst ihre Offerten einreichen. 
Prichsenstadt, 7. April (1894). 
A. Hahn, Kultus-Vorstand". 

Anmerkung: Auf diese Anzeige hin bewarb sich erfolgreich Moses Herz, der bis 1897 in der Gemeinde blieb und danach von Bernhard Oppenheimer abgelöst wurde.
 
Prichsenstadt Israelit 20021902.jpg (47538 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 20. Februar 1902: "In unterfertigter Gemeinde ist die Stelle eines Religionslehrers, verbunden mit Vorbeter- und Schächterfunktion erledigt. M. 600 fester Gehalt mit ca. 400 M. Nebeneinkommen. Bewerber wollen sich mit Einsendung von Zeugnissen etc. melden. 
Prichsenstadt, 16. Februar. A. Hahn, Vorstand."

Anmerkung: Auf diese Ausschreibung hin bewarb sich Salomon Bierschild, der von nun an bis in die 1930er-Jahre als Lehrer in der Gemeinde wirkt. 

   
Lob des Lehrers Herz, der als Vorbeter bei der Einweihung der Synagoge in Nenzenheim wirkte (Ende 1895) 

Nenzenheim Mfr Israelit 02011896.jpg (67772 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. Januar 1896: "Der Bericht in Nr. 96 Ihres geschätzten Blattes über die Synagogeneinweihung in Nenzenheim bedarf noch einer Ergänzung dahin, dass sämtliche Gesänge bei der Feier wie Mismor LeTora, Ma Towu, Ein kemocha, Seu Schearim etc. etc. von Herrn Lehrer N. Herz in Prichsenstadt vorgetragen wurden. Herr Herz entledigte sich seiner Aufgabe so vorzüglich, dass Herr Bezirksamtmann von Schönfeld, der als Ehrengast der Feier beiwohnte, nach Beendigung derselben sich Herrn Herz in Gegenwart der ganzen Versammlung durch den Kultusvorstand Herrn Hahn vorstellen ließ und seine vollste Anerkennung über den vorzüglich geschulten Gesang ausdrückte. Auch Herr Distriktsrabbiner Adler, Kitzingen, äußerte sich lobenswert darüber. Nicht minder wurde Herrn Herz von den meisten Anwesenden, Juden und Nichtjuden allgemeines Lob gespendet."  

 
Jubiläum des Lehrers Salomon Bierschild (1927)  

Prichsenstadt Israelit 12051927.jpg (95277 Byte)Bericht in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 12. Mai 1927: "Prichsenstadt, 27. April (1927). Anfang dieses Monats konnte der in seiner Gemeinde, bei Kollegen und Bekannten beliebte und geachtete Lehrer Salomon Bierschild auf eine 25jährige Tätigkeit in der israelitischen Kultusgemeinde Prichsenstadt zurückblicken. Trotzdem sich der Jubilar gegen eine Feier ausgesprochen hatte, ließ es sich die Gemeinde nicht nehmen, den Ehrentag ihres Lehrers und Führers wenigstens in einfacher Weise festlich zu begehen. Kultusvorstand A. Hahn brachte in treffenden Worten die Anerkennung und Verehrung der Gemeinde zum Ausdruck, worauf Lehrer Bierschild herzlich dankte. Als Zeichen der Dankbarkeit und Anhänglichkeit überreichte die Kultusgemeinde ein ebenso hübsches wie praktisches Geschenk. Von vorgesetzter Stelle wurden dem Jubilar ebenfalls warme, ehrende Worte zuteil, welche die Tüchtigkeit des Lehrers, seine gewissenhafte, verständnisvolle und aufopfernde Tätigkeit rühmten. Lehrer Bierschild ist mit seinem traditionell gewählten Beruf (Vater und Großvater waren ebenfalls Lehrer) eng verwachsen und übt denselben mit vorbildlicher Gewissenhaftigkeit aus. Möge es ihm vergönnt sein, seine ihm liebgewordenen Pflichten noch lange erfüllen zu können zur eigenen Genugtuung, zum Segen der Jugend und zum Heile des Judentums". 
   
Prichsenstadt BayrGZ 23051927.jpg (63041 Byte)Artikel in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 23. Mai 1927: "25jähriges Ortsjubiläum. Prichsenstadt. Dieser Tage konnte der in seiner Gemeinde, bei Kollegen und Vorgesetzten sehr beliebte und geachtete Lehrer Salomon Bierschild auf eine 25jährige Tätigkeit zurückblicken. Dem Wunsche des Jubilars Rechnung tragend, sah die Gemeinde von einer größeren Feier ab und beging den Ehrentag ihres Lehrers und Führers in schlichter Weise. Kultusvorstand A. Hahn brachte in der Synagoge nach dem Morgengottesdienste dem Jubilar die Anerkennung der Gemeinde zum Ausdruck, worauf Lehrer Bierschild herzlich dankte. Auch von der vorgesetzten Stelle wurden dem Gefeierten warme ehrende Worte zuteil. Sein ersprießliches Wirken wurde ganz besonders anerkannt. Als Zeichen der Dankbarkeit und Anhänglichkeit ließ die Kultusgemeinde ein ebenso hübsches wie praktisches Geschenk überreichen."  

  
Über Lehrer Alfred Grünebaum  
(Quelle: Strätz, Biographisches Handbuch Würzburger Juden Bd. I S. 210; H. Schultheis Juden in Mainfranken S. 860 u.a.; W. Steinhauser passim; 
ergänzende und die andere Quellen teilweise korrigierenden Informationen von Elisabeth Böhrer). 

Lehrer Alfred Grünebaum ist am 22. Juni 1909 in Sulzbürg (Oberpfalz) geboren. Er ließ sich von 1923 bis 1929 an der Israelitischen Lehrerbildungsanstalt in Würzburg (ILBA) zum Lehrer ausbilden und verbrachte nach dem Examen 1929 noch ein freiwilliges Jahr an der ILBA. Er war von Juni 1930 bis Mai 1935 Lehrer in Obbach, und übernahm 1935 die Lehrerstelle in Prichsenstadt als Nachfolger von Lehrer Salomon Bierschild. Dabei nahm er auch Rabbinerfunktionen wahr. Beim Novemberpogrom 1938 wurde er festgenommen; seine Wohnung wurde demoliert. Im Februar 1939 zog er - vermutlich nach Entlassung aus dem KZ - mit seiner Ehefrau Irma (geb. 25. Januar 1913 in Obbach) und dem am 22. Januar 1937 geborenen Sohn Joachim nach Würzburg. Er emigrierte im September 1940 mit Frau und Sohn in die USA (Auskunft von seiner Tochter Sylvia Gruen Salomon aus Nashville/TN über Wolf-Dieter Gutsch vom 25.1.2019). 

      
      
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde 
A. Reich lässt eine neue Torarolle schreiben (1904)
 
Anmerkung: A. Reich war der Inhaber einer Zucht- und Nutzviehhandlung in Prichsenstadt, siehe Anzeige unten.    

Prichsenstadt Israelit 25021904.jpg (96797 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 25. Februar 1904: "Prichsenstadt (Unterfranken) (Hebräisch und deutsch:) "Jeder Jehudi ist verpflichtet, sich eine Sefer Tora schreiben zu lassen oder besser, sich selbst ein Sefer zu schreiben. Zu den seltenen Mizwot gehört wohl diese, und dennoch wird sie hie und da doch noch erfüllt. So hat z.B. der in diesen Blättern durch seine große Wohltätigkeit bekannte Herr A. Reich in Prichsenstadt anlässlich seiner Wiedergenesung von einer schweren Krankheit eine Sefer Thora schreiben lassen, die Schabbat Tissa (5. März 1904) eingeweiht wird. Merkwürdig ist, dass mit dieser Einweihung einer Torarolle auch das Bar Mizwa seines jüngsten Sohnes stattfindet, und hat Herr Rabbiner Dr. Stein - Schweinfurt bereits seine Anwesenheit zugesagt. Das Sefer, wunderschön geschrieben, ist eine Arbeit des bekannten Sofer Herrn Levi - Altengronau."   

     
     
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen  
Anzeige des Versand-Geschäftes Jacob Hahn (1893)  

Prichsenstadt Israelit 26101893.jpg (43511 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 26. Oktober 1893: 
"Günstig für Damen. 
Für 68 Mark versende franco ganz Deutschland die berühmte Kaiser-Nähmaschine mit Verschlusskasten für Hand- und Fußbetrieb eingerichtet. 
Jacob Hahn
, Versand-Geschäft. 
Prichsenstadt i. Bayern.  2 Jahre Garantie  30 % billiger als jede Konkurrenz". 

     
Weitere Anzeigen und Dokumente zu jüdischen Gewerbebetrieben in Prichsenstadt   
(erhalten von Werner Steinhauser)  

Prichsenstadt Anzeige 1883.jpg (66747 Byte) Prichsenstadt Anzeige 1889.jpg (94813 Byte) Prichsenstadt Anzeige Hahn01.jpg (74912 Byte)
Anzeige des Mehl- & Produktengeschäftes 
en gros & en detail A. Hahn
 
(Amtsblatt für das königl. Bezirksamt 
Gerolzhofen 18.5.1883) 
Anzeige des Pferdehändlers 
Herrmann Fleischmann
 
(Amtsblatt für das königl. Bezirksamt 
Gerolzhofen 30.10.1889)   
Anzeige der Wein- und 
Spirituosengroßhandlung Otto Hahn
 
(Einwohnerbuch 1927 Stadt- und 
Bezirksamt Gerolzhofen)   
     
Prichsenstadt Anzeigen Lewisohn.jpg (161435 Byte) Prichsenstadt 1890er Jahre 010.jpg (207511 Byte)  Prichsenstadt 1890er Jahre 010a.jpg (106892 Byte) Prichsenstadt Anzeige Reich.jpg (67469 Byte)
Anzeige des Textilgeschäftes E. Lewisohn
 (Gerolzhofen und Prichsenstadt)
 
  
Ansichtskarte von Prichsenstadt: links das Textilgeschäft E. Lewisohn 
  (1890er-Jahre; Ausschnittvergrößerung rechts))  
  Anzeige der Zucht- und Nutzviehhandlung 
A. Reich
( Einwohnerbuch 1927
 Stadt- und Bezirksamt Gerolzhofen) 
       
Prichsenstadt Anzeigen 1931a.jpg (85367 Byte) Prichsenstadt Anzeigen 1931.jpg (78862 Byte)  Prichsenstadt Anzeigen Hahn.jpg (69441 Byte)
Anzeigen der Pferde- und Viehhandlung Bernhard & Oskar Frank (erschienen im "Boten 
vom Steigerwald" vom 24.1.1931 (links) und 7.2.1931 (rechts)) 
 Briefkopf des Tuch- und 
Modewarengeschäftes J. Hahn
 

    
Kennkarten jüdischer Einwohner in der NS-Zeit    
(erhalten von Wolf-Dieter Gutsch, Quelle: Stadtarchiv Prichsenstadt)  

Kennkarte für Bernhard Frank,
geb. 2. August 1865 in Prichsenstadt,
umgekommen 24. Dezember 1942 im
Ghetto Theresienstadt
Kennkarte für Bertha Frank geb. Fleischmann,
geb. 4. Dezember 1870 in Prichsenstadt,
umgekommen 19. Januar 1943 im
Ghetto Theresienstadt
Kennkarte für Pauline Künstler,
geb. 14. Oktober 1870 in Prichsenstadt,
umgekommen 14. März 1943 im
Ghetto Theresienstadt 
     
     

Personalausweis im Ghetto Theresienstadt
(Quelle: Wikimedia commons)

   
   Personalausweis im Ghetto Theresienstadt für
Berthold Fleischmann, geb. 15. Januar 1878 in Prichsenstadt
 

      
      
      
Zur Geschichte der Synagoge               
      
Ein Betsaal dürften sich die jüdischen Familien bereits seit dem 15./17. Jahrhundert eingerichtet haben. Wann eine erste Synagoge erbaut wurde, ist nicht bekannt. Nachzuweisen ist eine Synagoge ("Judeschul") seit 1835. Sie befand sich im Gebäude mit der Nr. 55, vermutlich in der Badgasse. Diese Synagoge wurde 1898 abgebrochen. 
Bis zur Einweihung der neuen Synagoge wurden die Gottesdienste im früheren Tanzsaal des 1881 eingegangenen Gasthauses "Zum Freihof" abgehalten. Das Anwesen war von der jüdischen Familie Frank gekauft worden. Der Bau einer neuen Synagoge war für die jüdischen Familien kein einfaches finanzielles Unternehmen. 1890 war ein Baufonds gegründet worden. In den nächsten 19 Jahren wurden darin Gelder zum Bau angespart; 2.600 Mark erhielt die Gemeinde über eine in bayrischen Gemeinden durchgeführte Kollekte. 

1911/12 wurde die Synagoge neu erbaut und am 30. und 31. August dieses Jahres durch den Schweinfurter Bezirksrabbiner Dr. Stein eingeweiht: 

Prichsenstadt AZJ 11091912.jpg (34096 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 11. September 1912: "Die Einweihung der neu erbauten Synagoge in Prichsenstadt (Unterfranken) fand am 30. und 31. August statt. Am ersten Tage nachmittags halb 3 Uhr war Abschiedsgottesdienst in dem bisherigen Betsaal (Freihof), abends 7 Uhr Eröffnungsgottesdienst in der neuen Synagoge. Am zweiten Tage früh fand Hauptgottesdienst mit Predigt, nachmittags Konzert, abends Festball statt." 

Letztes besondere Ereignis in der Synagogengeschichte in Prichsenstadt war der 22. August 1937, als die Gemeinde das 25jährige Bestehen der Synagoge feiern konnte. Darüber liegt folgender Bericht vor.

Prichsenstadt Bayr 15091937.jpg (88071 Byte)Bericht in der "Bayrischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 15. September 1937: "Prichsenstadt.  
Am Sonntag, den 22. August 1937, waren es 25 Jahre, dass die Synagoge in Prichsenstadt ihre Einweihung durch den damaligen Bezirksrabbiner Dr. Stein, Schweinfurt, gefunden hat. Das Jahr der Wiederkehr des 25. Jubiläums wurde trotz der Schwere dieser Zeit feierlich im bescheidenen Maße begangen. In der geschmückten Synagoge versammelten sich die Mitglieder der Kultusgemeinde Prichsenstadt und die aus den Nachbargemeinden erschienenen Ehrengäste. Nach dem Mincha-Gebet und dem Gesang des Boruch haboh begrüßte Herr Kultusvorstand Moritz Hahn den Bezirksrabbiner, die Ehrengäste und die Gemeinde.   
Hierauf hielt Herr Bezirksrabbiner Dr. Köhler, Schweinfurt die Festrede. In seiner Predigt gedachte er der Männer, die in schwerer Zeit mit jüdischem Opfersinn die Grundlage zum Bau und zur Weihe des Gotteshauses gegeben haben. Er gedachte außerdem der schweren Zeiten, die die Gemeinde Prichsenstadt und auch die gesamte Judenheit in diesen 25 Jahren und auch heute in der Gegenwart erlebt hat. Er ermahnte die Gemeinde, gerade jetzt treu zusammenzustehen und alle Kräfte zu entfalten, um trotz Existenzrückgang und Auswanderung die Gemeinde und ihre heiligen Institutionen zu erhalten. Nachdem sprach noch Herr Lehrer Grünebaum, der die Gefühle der Gemeinde Prichsenstadt zum Ausdruck brachte. Mit erhebendem Gesange, an dem sich außer Herrn Lehrer Grünebaum noch Herr Louis Frank beteiligte, schloss die würdige Feier."
   
Prichsenstadt Israelit 02091937.jpg (100596 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. September 1937: "Prichsenstadt, 23. August (1937). Am Sonntag, den 22. August, fand in der Synagoge in Prichsenstadt (Unterfranken) anlässlich des 25-jährigen Bestehens derselben eine kleine Jubiläumsfeier statt. Das Gotteshaus war einfach, aber geschmackvoll von den Damen der Gemeinde geschmückt, die sich auch im Bewirten der Ehrengäste, die aus den Nachbargemeinden erschienen waren, rühmlichst hervortaten. Nachdem der Vorstand, Herr Moritz Hahn II, die erschienenen Gäste begrüßt hatte, hielt der Herr Bezirksrabbiner Dr. Koehler die Festrede. Er erinnert die jetzige Generation an den Opfergeist der Alten und wünschte, dass der gleiche Geist noch heute leben möge. Herr Lehrer Grünebaum, Prichsenstadt, hob in seiner Festansprache hervor, dass es der alte unverwüstliche Optimismus unseres Volkes ist, der uns auch heute noch beseelt, dass wir die Kraft haben, in so schwerer Zeit zu feiern. Die Feier war umrahmt von Psalmgesängen."   

Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Inneneinrichtung der Synagoge vernichtet. Eigentlich sollte das Gebäude niedergebrannt werden, doch der Bürgermeister, der zugleich Ortsgruppenleiter der NSDAP war, wehrte sich gegen eine Inbrandsetzung mit dem Hinweis, darin ein HJ-Heim einrichten zu können. Die Zerstörung der Inneneinrichtung wurde gemeinsam von SA-Leuten und einheimischen Bewohnern vorgenommen. Dabei wurden die gesamte Inneneinrichtung und die Ritualien auf die Straße geschleppt, vor dem Rathaus aufgehäuft und angezündet. Die Frau des jüdischen Lehrers wurde gezwungen, eine Torarolle in die Flammen zu werden, eine andere jüdische Frau und ihre Kinder mussten die Trümmer beseitigen. 
    
Das Gebäude der Synagoge (Doppelgebäude mit jüdischem Schulhaus) blieb nach 1945 erhalten und wurde zu einem bis heute stehenden Wohnhaus umgebaut. 
    
    
Adresse/Standort der SynagogeFreihofgasse 2        
    
    
Fotos   

 Historisches: Darstellung, 
Dokumente und Fotos
 
(Quelle: Werner Steinhauser, s.Lit. 
S. 77-78.81.105; bzw. direkt 
von W. Steinhauser erhalten) 
Prichsenstadt Synagoge 022.jpg (67275 Byte) Prichsenstadt Synagoge 024.jpg (31786 Byte) Prichsenstadt Synagoge 023.jpg (47744 Byte)
   Die Prichsenstädter Synagoge im Jahr 1912
 (Rekonstruktion) 
Programm zur Einweihung der Synagoge 
am 30./31. August 1912 
     
  Prichsenstadt Synagoge Lehrerwohnung 010.jpg (46772 Byte)
  Foto der Synagoge in Prichsenstadt mit der Schule und Lehrerwohnung im vorderen Gebäudeteil 
(vermutlich ca. 1935)  
     
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Zustand der Prichsenstädter Synagoge, wohl unmittelbar nach dem Novemberpogrom 1938  
     
Das ehemalige Synagogengebäude 2004
(Fotos: Jürgen Hanke, Kronach, 
aus: www.synagogen.info
Prichsenstadt Synagoge 111.jpg (28592 Byte) Prichsenstadt Synagoge 110.jpg (30727 Byte)
     
     
2003: Ausstellung "Juden in 
und um Prichsenstadt"
(Quelle: Seite des CSU-Ortsverbandes
 Prichsenstadt
)
Prichsenstadt Ausstellung 01.jpg (69258 Byte)
  Werner Steinhauser gibt Erläuterungen zu jüdischen Gebräuchen und zu einer 2003 
von ihm erstellten Ausstellung "Juden in und um Prichsenstadt"
   
Gedenktafel am Friedhof 
(Foto erhalten von Wolf-Dieter Gutsch)
 
   Die Gedenktafel befindet sich an der Außenmauer des städtischen Friedhofes. Sie trägt die Inschrift:
"Die Stadt Prichsenstadt gedenkt ihrer ehemaligen jüdischen Mitbürger zur Erinnerung und Mahnung".

   
   
Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte   

Mai 2016: Die ersten "Stolpersteine" wurden in Prichsenstadt verlegt 
Zur Vordiskussion um die "Stolpersteine" vgl. Artikel von Chuleck Guido in "Die Kitzinger" (infranken.de) vom 26. Februar 2016: "Stolpersteine erinnern an jüdische Mitbürger
Mit Stolpersteinen will auch die Stadt Prichsenstadt die Erinnerung an ihre jüdischen Mitbürger, die von den Nationalsozialisten ermordet wurden, wach halten. Initiator vor Ort ist der Verein Alt Prichsenstadt, dessen Antrag die Stadträte am Donnerstagabend einstimmig zustimmten. Die Kosten für die Steine übernimmt der Verein.

Für diese Aktion hatte der Verein einen Arbeitskreis gegründet, gestaltet werden die Steine von einem Künstler aus Köln. In Prichsenstadt und später in Altenschönbach und eventuell Kirchschönbach sollen Steine im Gehweg vor den Häusern eingebaut werden, in denen die jüdischen Mitbürger seinerzeit gelebt haben. Bislang sind in Prichsenstadt elf Personen recherchiert worden. In der Luitpoldstraße soll ein Stein gesetzt werden, vier sollen auf dem Karlsplatz eingearbeitet werden, zwei in der Freihofgasse und vier in der Kirchgasse. Ein Problem ergibt sich in einer der engen Gassen ohne Gehweg. 'Da werden wir die Steine in der Straße außerhalb der Fahrspuren einbauen', sagte Bürgermeister René Schlehr. Stadträtin Ursula Reiche hatte kritisiert, dass die Steine überhaupt in die Straße eingebaut werden, 'da muss man sich schon bücken, um die Inschrift zu lesen'. Der Vorschlag von Ratsmitglied Werner Klüber, anstelle der Steine Tafeln an den Häusern anzubringen, fand wenig Zustimmung, weil sie nicht dem Konzept 'Stolpersteine' entsprechen würden. Der Arbeitskreis hatte bereits die meisten heutigen Besitzer der Gebäude über ihr Vorhaben informiert, und die hatten keine Einwände geäußert. Solche Einwände wurden im Rat allerdings befürchtet, denn im Beschlussvorschlag hatte der Bürgermeister formuliert, dass der Arbeitskreis die schriftlichen Zustimmungen der Besitzer vorlegen muss. Das hielt Wolf-Dieter Gutsch, federführend beim Arbeitskreis Stolpersteine, für 'nicht zielführend'. Er verwies in der Sitzung auf die Stadt Bamberg. Die habe auch schriftliche Zusagen haben wollen, nicht immer bekommen, 'und irgendwann haben sie einfach die Steine eingebaut'. Nun sei Prichsenstadt mit Bamberg nicht vergleichbar, entgegnete der Bürgermeister. 'Ich halte es für den besseren Weg, wenn wir bei so symbolträchtigen Steinen die Genehmigung schriftlich einholen.' Was der Rat letztlich mit 11:3 Stimmen auch so beschloss. Wobei die Gegenstimmen nicht gegen die Aktion an sich, sondern gegen die schriftliche Zustimmung zu werten sind. Starten wird die Aktion, sobald die Kanalsanierung der Kirchgasse abgeschlossen ist. Es wäre auch gut, so Schlehr, 'wenn wir die Nachkommen unserer jüdischen Mitbürger für den Einbau einladen'. An welchen Stellen vor den jeweiligen Häusern die Steine eingebaut werden, legt der Stadtrat in Einzelentscheidungen fest." 
Link zum Artikel   
Prichsenstadt PA 20160528.jpg (167390 Byte)Artikel in der "Main-Post" (Lokalausgabe Kitzingen) vom 28. Mai 2016: "Zum Gedenken an jüdische Mitbürgerinnen: Erste Stolpersteine sind verlegt. In Prichsenstadt wird jetzt an Martha Löwenberger und Pauline Künstler erinnert..."  
Anmerkung: In Prichsenstadt wurden zwei Stolpersteine verlegt: in der Luitpoldstraße 17 für Martha Löwenberger geb. Schülein (geb. 1884 in Oettingen, seit 1908 in Prichsenstadt, umgekommen nach der Deportation im April 1942 von Würzburg nach Krasnystaw) und am Karlsplatz 14 für Pauline Künstler (geb. 1870 in Prichsenstadt, umgekommen im März 1943 im Ghetto Theresienstadt).  
Link zum Artikel   
vgl. auch http://prichsenstadt.blogspot.de/2016/05/ein-stolperstein-fur-martha-lowenberger.html    
http://prichsenstadt.blogspot.de/2016/05/die-erste-stolpersteinverlegung-in.html   
 
 
Die im Mai 2016 verlegten "Stolpersteine" 
(Fotos erhalten von Wolf-Dieter Gutsch)  
Prichsenstadt Sto 201601.jpg (84518 Byte) Prichsenstadt Sto 201602.jpg (67311 Byte)  
  Stolperstein für Pauline Künstler 
am Karlsplatz 14 
Stolperstein für Martha Löwenberger 
geb. Schülein in der Luitpoldstraße 17 
 
 
Oktober 2016: Weitere Verlegung von "Stolpersteinen" in Prichsenstadt 
Artikel von Gerhard Bauer in "Der Kitzinger" (inFranken.de) vom 10. Oktober 2016: "Stolpersteine: Erinnerungen an Misshandlung und Gewalt
Mahnung und Gedenken: Fünf weitere Stolpersteine erinnern in Prichsenstadt an jüdische Mitbürger, die in der Zeit der NS-Diktatur gefoltert und misshandelt wurden.

Stolpersteine erinnern an Bürger einer Gemeinde, die während der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft misshandelt, deportiert und umgebracht wurden. Nach der ersten Verlegung in Prichsenstadt im Mai wurden am Sonntag vor dem Gebäude Karlsplatz 9 in einer Gedenkstunde fünf weitere Stolpersteine eingebracht. Im Pflaster der Altstadt erinnern sie an Kinder, Frauen und Mädchen, die einst Nachbarn und Freunde waren und deportiert, gefoltert und getötet wurden. Die heutige Hauseigentümerin Uta Eichhorn war nicht nur mit der Verlegung der Steine einverstanden, sie übernahm auch die Kosten. Die Aktion Stolpersteine wurde 1999 vom Kölner Künstler Gunter Demnig ins Leben gerufen, der auf diese Weise die Erinnerung an die Opfer des Naziterrors wach halten will. In 19 Ländern in Europa wurden bislang mehr als 56 000 Stolpersteine gesetzt.
Zeichen setzen. Das Verlegen in Prichsenstadt hatte der Arbeitskreis Stolpersteine im Verein Alt-Prichsenstadt initiiert, dessen Sprecher Wolf-Dieter Gutsch die Organisation übernahm. Die Jugendlichen Lutz Ackermann, Manuel Kohles, Dominik Reimann, Lisa Hemming und Isabelle Böttger verlasen die Biografien derjenigen aus der Familie Künstler, derer jetzt gedacht wird: Berta, Gretchen, Helene, Isaak und Justin. Kitzingens Alt-OB Bernd Moser sprach von einer beeindruckenden Stunde, Landrätin Tamara Bischof unterstrich den Wert mit Stolpersteinen Zeichen zu setzen. Stolpersteine seien Erinnerungssteine an lokale und regionale geschichtliche Ereignisse und gegen das Vergessen gerichtet, sagte Landtagsabgeordneter Volkmar Halbleib. Wolf-Dieter Gutsch, der das jüdische Totengebet Kaddish sprach, begrüßte unter den Teilnehmern Oded Baumann, Vorstandsmitglied in der Israelitischen Gemeinde Würzburg. Drei Bläser aus Wiesentheid sorgten für den musikalischen Rahmen.
Über Schicksale dieser ehemaligen Prichsenstädter wurden bei der Gedenkfeier berichtet: Von Berta Künstler ist wenig bekannt. Sie wurde 1901 als Tochter von Wolfgang und Gretchen Künstler in Prichsenstadt geboren und am 22. April mit ihrer Mutter und ihrem Bruder Justin zunächst nach Würzburg und dann nach Lublin/Ostpolen deportiert. Gretchen Künstler heiratete 1900 den Prichsenstädter Metzger Wolfgang Künstler. 1877 wurde sie in Trabelsdorf als ältestes Kind des Händlers Joseph Silbermann und seiner Frau Rosa geboren. Schwester Frieda Goldmann war in Zeil verheiratet. Am 25. April 1942 wurde sie mit dem gleichen Zug wie ihre Schwester nach Lublin deportiert und kam im Vernichtungslager Sobibor ums Leben. Onkel Salomon Silbermann überlebte als einziger der Familie, da er 1935 über die Niederlande und Frankreich nach Australien emigrierte. Die Kinder der Familie Künstler, Bertha, Isaak und Justin, mussten ebenfalls ihre Heimat verlassen. Isaak Künstler – Jahrgang 1903 – gelang es nach vorbeugender Polizeihaft im Konzentrationslager Sachsenhausen in die Grafschaft Kent in England zu emigrieren. Über die USA kam er nach Australien, von wo aus er vergeblich versuchte seine Ehefrau Helene wieder zu finden. Er starb 1981 im Alter von 78 Jahren. Ehefrau Helene, geborene Maier, Jahrgang 1908, stammte aus der Gegend von Heilbronn (sc. Horkheim), heiratete Isaak Künstler 1938 und zog in Prichsenstadt in das Haus Nummer 11 (heute Karlsplatz 9). Mit der Emigration des Ehemannes Isaak kam sie 1939 zurück in die Gegend von Heilbronn. Von dort aus wurde sie am 22. August 1942 nach Theresienstadt und am 29. Januar 1943 nach Auschwitz-Birkenau deportiert, wo sie mit ihrer Schwester Johanna Maier, Jahrgang 1903 (sc. 1902, aus Horkheim), vermutlich gleich nach der Ankunft ermordet wurde. Als jüngster Sohn wurde 1911 Justin Künstler geboren und erlernte das Metzgerhandwerk. Einen Tag nach der Pogromnacht am 9. November 1938 wurde er verhaftet und wegen seiner jüdischen Herkunft dauerhaft aus der Wehrmacht ausgeschlossen. Bis 1942 wohnte er in Prichsenstadt und wurde mit seiner Mutter ins Vernichtungslager Sobibor deportiert, wo er am 6. Juni 1942 ermordet wurde. Alle in Prichsenstadt noch verbliebenen Juden mussten ihren Haus- und Grundbesitz verkaufen und vom Bahnhof aus die 'Evakuierung nach Osten', so die damalige offizielle Beschreibung angetreten. Als der Zug in Krasnyczyn eintraf, war er mit 955 Juden aus Unterfranken besetzt, die mit großer Wahrscheinlichkeit am 6. Juni 1942 in Sobibor ermordet wurden."   
 
Mai 2017: Weitere Verlegung von "Stolpersteinen" in Prichsenstadt   
Prichsenstadt MP 20170509.jpg (222565 Byte) Artikel von Tessy Korber in der "Main-Post" (Lokalausgabe Kitzingen) vom 9. Mai 2017: 
"Vom Erinnern und Versöhnen. In Prichsenstadt werden Stolpersteine für sieben ehemalige jüdische Mitbürger verlegt..."    
 
November 2018: Gedenkveranstaltung zur Erinnerung an den Novemberpogrom 1938  
Artikel von Nicolas Bettinger in "Die Kitzingen" ("infranken.de") vom 20. November 2018:  "Gedenkveranstaltung zum Pogrom.
'Es ist Gottes Wort - es will nicht brennen', soll laut Aussage einer Zeugin ein Zuschauer bei der Verbrennung der Gegenstände aus der demolierten Synagoge in Altenschönbach am Abend des 10. November 1938 gesagt haben, als man dort die beiden Thora-Rollen ins Feuer warf und diese nicht gleich in Flammen aufgingen - das gelang erst, nachdem man Brandbeschleuniger herbeigeholt hatte.
Zu einer Gedenkveranstaltung zum Pogrom hatte am Freitag der Verein Alt Prichsenstadt e. V. mit seinem Arbeitskreis 'Stolpersteine - Erinnern und Gedenken' in das Evangelische Gemeindehaus nach Altenschönbach eingeladen. Es war wohl die erste derartige Veranstaltung, die jemals in Altenschönbach bzw. Prichsenstadt stattfand - und die Anzahl von etwa 60 interessierten Zuhörern fand kaum Platz, heißt es in einer Pressemitteilung. Gekommen waren unter anderem der erste und zweite Bürgermeister der Stadt Prichsenstadt sowie einige Stadträte und Fürstin Marie-Luise zu Castell-Castell. Das Hauptreferat des Abends hatte Roland Flade aus Würzburg übernommen, ein Historiker und Kenner der Materie. Er schilderte die geschichtliche Entwicklung bis hin zum Pogrom vom November 1938 und dessen Verlauf in Unterfranken, speziell in Würzburg anhand von Bildern.
Vierköpfiger SS-Zerstörungstrupp aus Kitzingen. Anschließend stellten Werner Steinhauser und Wolf-Dieter Gutsch - beide Mitglieder des Arbeitskreises "Stolpersteine - Erinnern und Gedenken" im Verein Alt Prichsenstadt e. V. - den Verlauf des Pogroms im Kreis Kitzingen-Gerolzhofen dar - als Richtschnur diente dabei der Weg des vierköpfigen SS-Zerstörungstrupps aus Kitzingen, der sich am 10. November 1938 um 5 Uhr morgens auf seinen Weg machte und zuerst die Synagoge in Kitzingen in Brand setzte. Auf diesem Weg, der durch Marktbreit und Mainbernheim führte, weiter über Rödelsee (dort nahm der Trupp bei einem SS-Kameraden eine Schlachtschüssel und einige Schoppen Wein zu sich und dort stand auch die Schändung und Demolierung der dortigen Synagogen auf dem 'Zettel'), kamen sie schließlich nach einem Halt in Kleinlangheim am frühen Nachmittag auch nach Prichsenstadt und nach Altenschönbach. In beiden Gemeinden wurde die Inbrandsetzung der Synagogen von Nachbarn und Ortsbehörden verhindert - aber die Synagogen wurden aufgebrochen, die religiösen Gegenstände geschändet und die gesamte Inneneinrichtung demoliert. Später kam es zur Verbrennung der Trümmer und des Inventars auf dem Marktplatz in Prichsenstadt und im Garten eines benachbarten Bauern in Altenschönbach.
Anwesende Zeitzeugin aus Prichsenstadt. Bei den jüdischen Einwohnern beider Orte wurden Haussuchungen nach Waffen und "staatsfeindlicher Literatur" durchgeführt, sie wurden gedemütigt, gequält und verhaftet - drei jüdische Männer kamen dann in das Konzentrationslager Dachau. Eine anwesende Zeitzeugin aus Prichsenstadt bestätigte, dass sie am 10. November gemeinsam mit ihrer Mutter bei einem Besuch in Kitzingen sowohl die brennende Synagoge sah als auch die Hetzjagd auf jüdische Bürger - und nach ihrer Heimkehr in Prichsenstadt auch in der Freihofgasse die Spuren der Verwüstung vor der Synagoge und der Wohnung des Religionslehrers Grünebaum. Zum Abschluss fand ein Totengedenken statt. Junge Leute aus Altenschönbach und Prichsenstadt lasen die Namen der jüdischen Opfer des Nationalsozialismus aus Prichsenstadt (16) sowie Altenschönbach (9) vor. Danach sprach der evangelische Ortspfarrer Erich Eyßelein ein Gebet für die jüdischen Opfer des Nationalsozialismus. Die Gedenkveranstaltung wurde musikalisch von der Gruppe "HemosSaxoBariTöne" umrahmt, die zu Beginn und Ende des Abends jeweils ein Stück jüdisch-synagogaler Musik darbot. "  
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Januar 2019: Veranstaltung zum Holocaust-Gedenktag in Wiesentheid  
Artikel von "Andreas Knappe" in "Die Kitzinger" (inFranken.de) vom 30. Januar 2019: "Erinnerung den Tag, als die Synagogen brannten. Ein Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus und nachträglich zum 80. Jahrestag des Novemberpogroms fand im evangelischen Gemeindehaus statt.
Zum Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus und nachträglich zum 80. Jahrestag des Novemberpogroms hatte die evangelische Kirchengemeinde Wiesentheid und der Verein Alt Prichsenstadt zu einer Veranstaltung ins evangelische Gemeindehaus Wiesentheid eingeladen. Der Schwerpunkt lag laut Mitteilung auf dem Pogrom, das dieser Übergriff auf die jüdischen Mitbürger den Übergang von der Diskriminierung und Entrechtung der deutschen Juden zu ihrer systematischen Verfolgung und schließlich Vernichtung markierte. Pfarrer Martin Fromm und Ursula Reisinger, die stellvertretende Vorsitzende des Vereins Alt Prichsenstadt, eröffneten den Abend mit einer kurzen Darstellung der geschichtlichen Bedeutung des 9. November 1938 (dem Beginn des Novemberpogroms) und des 27. Januar 1945 (der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz durch Soldaten der Sowjetarmee). Anschließend wurde in einem Bildvortrag über die Entwicklung des Antisemitismus in Deutschland, speziell in der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg, berichtet - und über den Ablauf des Pogroms in Unterfranken. Dabei kam das Bildmaterial eines Vortrags zum Einsatz, den der Historiker und Publizist Roland Flade aus Würzburg bei seinem Vortrag zum Jahrestag des Novemberpogroms im Jahre 2018 in Altenschönbach verwendet hatte. Anschließend wurde der zeitliche Verlauf des Pogroms in der Region nachgezeichnet, und zwar anhand des Weges des vierköpfigen SS-Zerstörungstrupps, der sich am 10. November um 5 Uhr morgens in Kitzingen 'an die Arbeit machte' und nach dem Anzünden der Synagoge in Kitzingen eine Spur der Verwüstung durch den Landkreis zog. In den einzelnen betroffenen Orten (Marktbreit, Mainbernheim, Rödelsee, Großlangheim, Kleinlangheim, Prichsenstadt und Altenschönbach) standen SA-Leute bereit und auch Ortsbewohner waren an der Schändung der Synagogen, der Zerstörung und Verbrennung von deren Einrichtungen und Ritualien sowie der gewalttätigen Ausschreitungen gegen die jüdischen Bürger der einzelnen Gemeinden beteiligt. Die beiden Referenten Werner Steinhauser und Wolf-Dieter Gutsch vom Arbeitskreis Stolpersteine – Erinnern und Gedenken im Verein Alt Prichsenstadt gingen auf die Vorkommnisse in der Stadt Prichsenstadt und in der Gemeinde Altenschönbach ein. Stellvertretend für die Millionen von Opfern des Nationalsozialismus erfolgte dann ein Totengedenken für die ermordeten 16 jüdischen Bürger von Prichsenstadt und die neun Ermordeten aus Altenschönbach. Jugendliche verlasen die Namen dieser Opfer – unter ihnen Elise Traubel, ein dreijähriges jüdisches Mädchen aus Altenschönbach – wobei sich alle Zuhörer von ihren Plätzen erhoben. Die Gedenkveranstaltung schloss mit dem traditionellen jüdischen Totengebet 'Kaddisch', welches Pfarrer Martin Fromm vortrug. Mit Stücken aus der synagogalen Musik wurde die Veranstaltung von HemosSaxoBaritöne (Wiesentheid) auf sehr würdige Weise umrahmt. Nach der Veranstaltung bestand für die Gäste noch die Möglichkeit zum Gedankenaustausch und persönlichen Gesprächen bei Wein und Gebäck."  
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Juli 2019: Anerkennung für die verlegten Stolpersteine 
Artikel in "infranken.de" vom 15. Juli 2019:  "Stadtrat befürwortet Denkmal vor dem Hauptbahnhof in Würzburg
Stellvertretender Landrat Paul Streng zollte der Initiative großes Lob, in Würzburg, direkt am Vorplatz vom Hauptbahnhof, ein Denkmal für die deportierten und ermordeten jüdischen Mitbürger, den sogenannten 'DenkOrt Aumühle', zu errichten und auf diese Weise den Opfern des Nationalsozialismus Respekt zu erweisen. Zu einer Informationsveranstaltung zum geplanten Deportationsdenkmal 'DenkOrt Aumühle Würzburg' hatte der Verein Alt Prichsenstadt e. V., unter der Federführung seines Arbeitskreises 'Stolpersteine - Erinnern und Gedenken', nicht nur interessierte Mitbürgerinnen und Mitbürger nach Laub eingeladen, sondern auch Vertreter der Kommunalpolitik sowie der weiterführenden Schulen aus der näheren Umgebung.
14 Stolpersteine in Prichsenstadt. Streng bedankte sich beim Verein Alt Prichsenstadt e. V. für dessen langjähriges Engagement in der Erinnerungskultur, welches durch die in Prichsenstadt verlegten 14 Stolpersteine deutlich sichtbar sei. "Gerade in Unterfranken lebten über Jahrhunderte hinweg in mehr als 100 Gemeinden zahlreiche jüdische Mitbürger, die sich stark im gesellschaftlichen Leben ihrer Heimatorte engagierten". Der Sprecher des Prichsenstadter Stolperstein-Arbeitskreises informierte mit Hilfe von Übersichtskarten und Bildern, wie es während der Zeit des Nationalsozialismus zu den Deportationen kam und wie diese organisiert waren. Nur 62 der Deportierten erlebten das Kriegsende, von den Deportierten aus Prichsenstadt und Altenschönbach kehrte kein einziger zurück..."
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März 2020: Weitere "Stolpersteine" wurden verlegt 
Artikel von Jürgen Sterzbach in "Die Kitzinger" ("infranken.de") vom 11. März 2020: "Stolpersteine der jüdischen Familie Reich in Prichsenstadt verlegt
In Prichsenstadt fand vor kurzem die vierte Verlegung von Stolpersteinen für Opfer des Nationalsozialismus statt. Nun sind laut einer Pressemitteilung in der Stadt insgesamt 18 Stolpersteine gelegt worden.

Nach der Verlegung der vier Steine mit Gunter Demnig, der das Projekt 'Stolpersteine' 1992 begründete und mittlerweile in 26 Ländern Europas über 75 000 Steine verlegte, vor dem Anwesen in der Luitpoldstraße 12 fand in der Stadtkirche St. Sixtus die Gedenkfeier für die jüdische Familie Reich mit Max, Grete, Käthe und Willy Reich statt. Volker Mehlert, Vorsitzender des Vereins Alt Prichsenstadt, und Wolf-Dieter Gutsch, Sprecher des Arbeitskreises 'Stolpersteine - Erinnern und Gedenken', hatten zuvor zahlreiche Gäste, darunter Ferdinand Fürst zu Castell-Castell und Michael Glos, begrüßt. Bei der Gedenkfeier sprachen Prichsenstadts Bürgermeister René Schlehr, der stellvertretende Landrat Paul Streng, die Landtagsabgeordneten Barbara Becker und Volkmar Halbleib sowie Oded Baumann, Vorstandsmitglied der Israelitischen Gemeinde in Würzburg. Sie drückten ihre Anerkennung für das Projekt des Altstadtvereins aus. Anschließend wurden die Kurzbiographen der Mitglieder der Familie Reich von vier Schülern der Mittelschule und des Gymnasiums in Wiesentheid vorgetragen. Max Reich setzte 1937 aufgrund des großen psychischen Drucks, den die nationalsozialistischen Machthaber auf ihn ausübten, seinem Leben selbst ein Ende. Grete Reich wurde 1942 nach Auschwitz deportiert und vermutlich gleich nach ihrer Ankunft ermordet. Käthe Reich konnte 1939 nach Großbritannien emigrieren und hat als einziges Familienmitglied überlebt. Sie starb 2011 mit 90 Jahren in New York. Willy Reich wurde 1943 nach Auschwitz gebracht und musste Zwangsarbeit verrichten. Im Februar 1945 wurde er im Konzentrationslager Dachau ermordet. Musikalisch begleitete Guido Saremba die Veranstaltung mit seiner Gitarre. Zum Abschluss der Gedenkfeier versammelten sich die Teilnehmer, darunter die vierte Klasse der Grundschule in Prichsenstadt und die Klasse 10b des Wiesentheider Gymnasiums, noch einmal bei den Stolpersteinen in der Luitpoldstraße 12. Dort sprach Erich Eyßelein für die vier Familienmitglieder das traditionelle und bei Beerdigungen übliche jüdische Gebet 'Kaddisch'." 
Link zum Artikel          Auch als pdf-Datei eingestellt.
 
  Die im März 2020 verlegten "Stolpersteine"
(Fotos: Stefan Polster)
     
    Die "Stolpersteine" für Max Reich, Grete Reich geb. Schönwalter, Käthe Reich und Willy Reich.
   
 Gedenkstunde in der evangelischen
Stadtkirche St. Sixtus in Prichsenstadt
     
Oktober 2022: Einweihung des "DenkOrtes Prichsenstadt"    
Am 9. Oktober 2022 wurde in Prichsenstadt eine Einweihungsfeier für den "DenkOrt Prichsenstadt" (mit einem Kofferdenkmal im Zusammenhang mit dem DenkOrt Deportationen Würzburg) durchgeführt.
Bericht von Wolf-Dieter Gutsch: "DenkOrt Prichsenstadt eingeweiht.
Am 9. Oktober 2022 wurde im Rahmen einer feierlichen Veranstaltung der 'DenkOrt Prichsenstadt' eingeweiht. Hierzu konnte Bürgermeister René Schlehr eine Reihe von Ehrengästen begrüßen, allen voran einen Nachkommen der jüdischen Familie Löwenberger aus Prichsenstadt. Avi Zoran lebt in Israel und ist ein Urenkel des im Ersten Weltkrieg 1914 gefallenen Isaak Löwenberger sowie dessen 1942 nach Ostpolen deportierten und dort ermordeten Ehefrau Martha Löwenberger. Avis Großvater Justin Jehuda Löwenberger konnte 1937 noch nach Palästina emigrieren und so sein Leben retten, ebenso dessen Bruder Ludwig 1938 durch Emigration in die USA.
Schon im Juli 2022 besuchte Avi Zoran Prichsenstadt und nahm jetzt - gemeinsam mit seiner Frau Hagit - die Gelegenheit wahr, an der Einweihung des DenkOrts Prichsenstadt teilzunehmen. Er hielt auch eine kleine Rede in englischer Sprache mit deutscher Übersetzung, die von allen Teilnehmern als sehr persönlich und bewegend empfunden wurde.
Der DenkOrt Prichsenstadt befindet sich an an einem repräsentativen Platz, vor dem Eingang zum Stadtfriedhof auf der rechten Seite. Links vom Eingang ist das Denkmal für die Gefallenen des 1. Weltkrieges mit nun insgesamt 17 Gedenktafeln, davon 4 für jüdische Soldaten. Dieses Denkmal wurde im Jahre 1932 eingeweiht und nach dem 2. Weltkrieg mit Gedenktafeln für die Opfer dieses Krieges ergänzt.
Insgesamt besteht der DenkOrt Prichsenstadt aus vier Teilen, nämlich
1. dem Duplikat des Kofferdenkmals, welches an die 1942 aus Prichsenstadt deportierten jüdischen Mitbürger erinnert und dessen Original am DenkOrt Deportationen vor dem Hauptbahnhof in Würzburg aufgestellt ist, 
2. einer Reihe von fünf Tafeln zur Erinnerung an die 17 Opfer des Nationalsozialismus aus Prichsenstadt, wovon 16 jüdisch waren und eines ein nichtjüdisches Opfer der Euthanasie,
3. einer Gedenktafel der Stadt Prichsenstadt, die bereits 1987 an einem anderen Standort in der Stadt angebracht und nun hier in den DenkOrt Prichsenstadt integriert wurde,
4. am Denkmal für die Opfer des 1. Weltkriegs als Nachtrag eine Gedenktafel für einen (jüdischen) Teilnehmer am 1. Weltkrieg, der sich im Russlandfeldzug eine damals unheilbare Krankheit zuzog, an welcher er 1920 starb.
Sowohl das Original als auch das Duplikat des Kofferdenkmals wurden von Herrn Richard Gebert gestiftet, ebenso die fünf Tafeln für die Opfer des Nationalsozialismus. Sein Mitarbeiter Mehdi Emini besorgte die künstlerische Ausführung der Koffer und die Installation der 'Denkstücke'. Die unter 3. genannte Gedenktafel wurde seinerzeit vom Künstler Wolfgang Adamek geschaffen, die Tafel für das späte Opfer des 1. Weltkriegs stammt aus der Hand des Bildhauers Sascha Fidyka.
Auch der Verein Alt Prichsenstadt e. V. und sein Arbeitskreis 'Stolpersteine - Erinnern und Gedenken' beteiligten sich ideell und materiell am DenkOrt Prichsenstadt, nämlich durch Planung und Finanzierung der 'neuen' Gedenktafel am Gefallenendenkmal sowie einer Erläuterungstafel am Sockel des Kofferdenkmals - und ohne das tatkräftige Mitwirken des Vereinskassiers Ludwig Meder wäre die Realisierung des DenkOrts Prichsenstadt wohl überhaupt nicht denkbar gewesen!"   
(Fotos unten von Wolf-Dieter Gutsch) 
     
 Blick auf die Gedenkstätte vor dem Friedhof
(Foto: Wolf-Dieter Gutsch)
 Enthüllung des Kofferdenkmales - mit Bürgermeister René Schlehr,
Richard Gebert und Mehdi Emini (Foto: Hans Schröter)  
 Avi Zoran bei seiner Ansprache
(Foto: Hans Schröter)
       
       
Koffer-Denkmal mit Erläuterungstafel
(siehe unten*)  
 (Foto: Wolf-Dieter Gutsch)  
  
  
    
Gedenktafel von 1987: "Die Stadt Prichsenstadt
gedenkt ihrer ehemaligen
jüdischen Mitbürger
zur Erinnerung und Mahnung"
   (Foto: Wolf-Dieter Gutsch)
    
Das Denkmal für die Opfer des Ersten Weltkriegs aus Prichsenstadt in der Kriegergedächtnisstätte vor dem Friedhof. Genannt werden auch die jüdischen Gefallenen Leutnant Paul Strauss (geb. 11.12.1889 in Prichsenstadt, vor 1914 in Nürnberg wohnhaft, gef. 1.9.1914) und Vizefeldwebel Siegfried Hahn (geb. 9.1.1892 in Prichsenstadt, vor 1914 in Nürnberg wohnhaft, gef. 16.2.1916) sowie Unteroffizier/Kanonier Otto Hahn (geb. 8.3.1893 in Prichsenstadt, vor 1914 in Kitzingen wohnhaft, gest. an einer Kriegsverletzung 17.2.1920). Rechts: Tafel für Otto Hahn (Fotos: Wolf-Dieter Gutsch)   
  
*Text der Gedenktafel: "Mit diesem Koffer-Denkmal erinnern wir an die jüdischen Frauen, Männer und Kinder aus Prichsenstadt, die durch den NS-Staat sowie seine Helferinen und Helfer in den Jahren von 1933 bis 1945 entrechtet, beraubt, deportiert und schließlich ermordet wurden. Ihr Schicksal ruft uns zu Zivilcourage und zum Kampf gegen Hass und Unmenschlichkeit auf. Ein zweites Modell dieses Koffers steht am DenkOrt Deporationen vor dem Hauptbahnhof in Würzburg. Von Würzburg fuhren die meisten der Deportationszüge aus Unterfranken nach Osten ab. Sie brachten etwa 2.000 jüdische Menschen aus unserer Region in den Tod. Darunter waren 10 Mitbürgerinnen und Mitbürger aus Prichsenstadt. Ihre Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens." 

  
    

Links und Literatur

Links:

bulletWebsite der Stadt Prichsenstadt  
bulletAkten und Urkunden zur Geschichte der Juden in der Grafschaft Castell im Fürstlich Castell'schen Archiv   
bulletDie Namen der Gefallenen des Ersten Weltkrieges auf der Liste des Hauses der Bayerischen Geschichte   

Literatur:  

bulletGermania Judaica III,2 S. 1154-1155. 
bulletBaruch Z. Ophir/Falk Wiesemann: Die jüdischen Gemeinden in Bayern 1918-1945. Geschichte und Zerstörung. 1979 S. 386-387.
bulletIsrael Schwierz:  Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in Bayern. Eine Dokumentation der Bayerischen Landeszentrale für politische Bildungsarbeit. A 85. 1988 S. 103-104. 
bulletPinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany - Bavaria. Hg. von Yad Vashem 1972 (hebräisch) S. 539-540.
bulletPrichsenstadt Buch 01.jpg (45628 Byte)Werner Steinhauser: Juden in und um Prichsenstadt: Prichsenstadt, Altenschönbach, Brünnau, Kirchschönbach, Järkendorf. Prichsenstadt 2002. Anfragen/Bestellungen über den Verfasser (E-Mail).
bulletDirk Rosenstock: Die unterfränkischen Judenmatrikeln von 1817. Eine namenkundliche und sozialgeschichtliche Quelle. Reihe: Veröffentlichungen des Stadtarchivs Würzburg Band 13. Würzburg 2008. S. 133-134.   

  
    


 

Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the Holocaust". 
First published in 2001 by NEW YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad Vashem Jerusalem, Israel.

Prichsenstadt Lower Franconia.  Jews were present in 1462 and were living under various letters of protection from 1528. They numbered 74 in 1880 (total 761), and 53 in 1911. Sixteen left up to early 1938. On Kristallnacht (9-10 November 1938), the synagoge was vandalized and religious articles set on fire in the street. The Jews were then forced to sell their homes and reside in a single house. By 1941 another 17 had left. Of the remaining ten, seven were deported to Izbica in the Lublin district (Poland) via Wuerzburg on 25 April 1942 and three to the Theresienstadt ghetto on 23 September. 
    
     

                   
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Stand: 30. Juni 2020