Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Ettendorf (Dep. Bas-Rhin / Alsace / Unterelsass) 
Jüdische Geschichte  /  Synagogue / Synagoge

 Übersicht:

bulletZur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
bulletBerichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde   
Aus dem jüdischen Gemeindeleben   
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde   
bulletZur Geschichte der Synagoge   
bulletFotos / Darstellungen   
bulletLinks und Literatur   

   

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde               
    
In Ettendorf bestand eine jüdische Gemeinde bis um 1900. Ihre Entstehung geht in die Zeit des späten Mittelalters zurück. Von besonderer Bedeutung für die gesamte Region wurde seit Anfang des 15. Jahrhunderts der bei Ettendorf gelegene zentrale jüdische Friedhof. der sich über eine Fläche von 18 ha erstreckt. 
 
In Ettendorf selbst entwickelte sich eine zeitweise große jüdische Gemeinde; nach unbestätigten Angaben sollen zu den Blütezeiten der Gemeinde über 600 jüdische Personen am Ort gelebt haben. Eine berühmte rabbinische Schule (Jeschiwa) bestand längere Zeit mit bis zu sechs Lehrern und 150 Schülern.
 
Ende des 18. Jahrhunderts gab es noch 124 jüdische Einwohner in 20 Familien (Zählung von 1784).     
 
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie folgt: 1807 60 jüdische Einwohner, 1846 45, 1861 45, 1866 37, 1893 12 (in drei Familien), 1894/1900 8 (in zwei Familien), 1910 5.  
  
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine jüdische Schule, ein rituelles Bad und der bereits genannte zentrale Friedhof. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war bis zur zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts noch ein Lehrer am Ort, der auch als Vorbeter und Schochet tätig war. 1893 gab es nur noch zwei schulpflichtige Kinder am Ort; damals gab es keinen eigenen Lehrer mehr. Die Gemeinde gehörte zum Rabbinat in Bouxwiller.   
 
1893/94 war - vermutlich letzter - Vorsteher der jüdischen Gemeinde und Friedhofsverwalter Elias Levy. Er starb 1903 und war damals der letzte jüdische Einwohner des Ortes (siehe Bericht unten). Nur einzelne sind in den kommenden Jahren wieder zugezogen. 
 
1936 lebten noch 4 jüdische Personen in Ettendorf. Die Deportation nach Südfrankreich unter der deutschen Besatzung 1940 beendete das jüdische Leben am Ort.
  
Von den in Ettendorf geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Sophie Dreyfuss (1872), Leopold Kauffmann (1885), Sophie Eberlin (1881).    
 
Nach 1945 kehrten keine früheren jüdischen Einwohner nach Ettendorf zurück.   
   
   
   
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde 
    
Berichte aus dem jüdischen Gemeindeleben    
Die Gemeinde Ettendorf löst sich auf (1900)   

Ettendorf Elsass Israelit 01021900.jpg (85600 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. Februar 1900: "Aus dem Unter-Elsaß. Es ist eine nicht zu verkennende Tatsache, dass die kleineren jüdischen Gemeinden auf dem Lande leider von Jahr zu Jahr immer mehr abnehmen, und dagegen die Zahl der jüdischen Bewohner der Großstädte immer mehr wächst. Manche jetzt leerstehende Synagoge in unserem Lande gibt uns einen deutlichen Beweis hierfür. Betrachten wir zum Beispiel das an der Bahnstrecke Straßburg - Obermodern gelegene Dörfchen Ettendorf. In diesem Orte, zu dessen weit ausgedehntem Friedhofe alljährlich zur Zeit der Jomim hanauroim Glaubensgenossen aus allen Teilen des Landes gepilgert kommen, wohnt zur Zeit noch ein einziger Jude, der Pförtner des Friedhofes. Hier war vor Zeiten eine große Gemeinde und ebenso bestand hier auch ein weitberühmtes Lehrhaus. Die fast neue Synagoge ist heute verlassen. Von anderen Gemeinden will ich nur Weinburg und Offweiler bei Ingweiler erwähnten, deren Gotteshäuser jetzt verkauft sind. Noch andere, wie Büsweiler, stehen im Begriffe, sich aufzulösen."    

   
   
Berichte zu einzelnen Personen aus der jüdischen Gemeinde 
Über das Ehepaar Salomon und Fanny Metzger (1896)   

Ettendorf Elsass Israelit 14051896.JPG (138888 Byte) Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. Mai 1896: "Ettendorf im Elsass. Bei meiner vorgestrigen und gestrigen Besichtigung des hiesigen altehrwürdigen Friedhofes, konnte ich nicht umhin, den hier wohnhaften, mit der Krone des Greisenalters geschmückten Eheleuten, Salomon und Fanny Metzger einen Besuch abzustatten. Herr S. Metzger ist 92, die Frau F. Metzger 90 Jahre alt. Sie sind 64 Jahre miteinander verheiratet. Sie waren nie und sind auch jetzt nicht mit Glücksgütern gesegnet, umso rühmender muss es hervorgehoben werden, dass unsere israelitischen Mitbrüder, die bekanntlich barmherzige Menschen sind, der Eheleute Metzger in liebevoller Weise sich annehmen. Aus weiter Ferne gehen ihnen Geldspenden zu, und namentlich haben unsere wohlhabenden Brüder, deren Angehörige auf dem hiesigen Friedhof bestattet werden, stets eine offene Hand für die alten, bedürftigen Metzger. Auch unsere Regierung hat schon mehrere Male dem ehrwürdigen Greisenpaar namhafte Unterstützungen zukommen lassen, jedoch reichten diese zur Unterstützung des Ehepaares nicht aus. Bei meinem Abschiede von diesem durch die Last der Jahre und der Armut gebeugten und gebrechlichen Ehepaare, frug ich dasselbe, ob ich ihm irgendwelchen Wunsch noch erfüllen könnte. Einen Wunsch haben wir, antwortete das Greisenpaar lächelnd, den Sie aber uns nicht erfüllen können, Gott allein kann dieses tun und wir hoffen auch, dass er es tun wird. Wir wünschen das hundertste Lebensjahr miteinander zu erreichen, vorher aber wollen wir noch das 70-jährige Hochzeitsjubiläum feiern und von unserm guten, lieben Kaiser einen Orden und viel Geld erhalten."       

   
Zum Tod des letzten jüdischen Einwohners in Ettendorf Elias Levy (1903)   

Artikel in der "Jüdischen Rundschau" vom 10. April 1903: "Der letzte seines Stammes, der Friedhofsverwalter Elias Levy, ist laut 'Elsässer' als letzter Bürger der jüdischen Gemeinde von Ettendorf zu Grabe getragen worden. Ettendorf zählte früher über 100 jüdische Familien. Im Laufe der letzten Jahrzehnte hat sich jedoch dort die gleiche Erscheinung bemerkbar gemacht, wie in den sundgauischen Dörfern in der Nähe Basels, die früher starke jüdische Kolonien beherbergten. Die jüdische Bevölkerung zieht sich immer mehr teils freiwillig, meist aber unter den Druck widriger Verhältnisse vom Lande nach den Städten."      

   
   
   
Zur Geschichte der Synagoge       
   
Eine Synagoge wurde im 17. Jahrhundert erbaut. Sie drohte in den 1860er-Jahren auf Grund von Baufälligkeit einzustürzen. 
  
1867/68
wurde die Synagoge nach Plänen des Architueten Louis Furst neu erstellt, aber nur noch wenige Jahrzehnte genutzt. Bereits in den 1890er-Jahren stand sie leer. Um 1900 wurde berichtet (siehe Artikel oben): "Die fast neue Synagoge ist heute verlassen".  Das Synagogengebäude wurde in den 1930er-Jahren zur Remise eines daneben stehenden Bauernhauses umgebaut.  
  
  
Adresse/Standort der Synagoge  86 rue des Tilleuls   
  
  
Fotos

Das Gebäude der 
ehemaligen Synagoge 
Ettendorf Synagoge 130.jpg (63372 Byte) Ettendorf Synagoge 131.jpg (60160 Byte)
   Über dem Eingang die Portalinschrift aus Psalm 55,15: "Zum Hause Gottes gehen wir 
inmitten der Menge" mit Jahreszahl 5628 = 1867/68
     
 Foto aus der Seite des
Ministère de la Culture 
(siehe Link unten) 
 Ettendorf Synagoge 140.jpg (85262 Byte)  
     

   
   

Links und Literatur  

Links:  

bulletWebsite der politischen Gemeinde Ettendorf  
bulletFranzösische Informationsseite zur Synagoge in Ettendorf 
bulletInformationen zum Synagogengebäude in Ettendorf in einer Website des Ministère de la Culture   
bulletZur Seite über den jüdischen Friedhof in Ettendorf  (interner Link)  

Literatur:  

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Ettendorf: ein jüdisches Heiligtum im Elsaß. Schulbetrieb in alten Zeiten. In: Israelitisches Wochenblatt für die Schweiz 1927 Nr. 44ff.

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M. Ginsburger: Ettendorf. Les premiers établissements juifs. In: Souvernir et Schience. Année 2 1931 No. 1.  

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Alsace Lit 010.jpg (67412 Byte)Michel Rothé / Max Warschawski: Les Synagogues d'Alsace et leur Histoire. Ed. 'Chalom Bisamme' Jerusalem 1992.  S.32.76.  

  
     n.e.

               

                   
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Copyright © 2003 Alemannia Judaica - Arbeitsgemeinschaft für die Erforschung der Geschichte der Juden im süddeutschen und angrenzenden Raum
Stand: 30. Juni 2020