Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Bonnland (heute Übungsdorf innerhalb des 
Truppenübungsplatzes Hammelburg, Kreis Bad Kissingen)
Jüdische Geschichte / Synagoge

Übersicht:

bulletZur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
bulletBerichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde   
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen
Reisebericht durch Unterfranken (1934)      
bulletZur Geschichte der Synagoge   
bulletFotos / Darstellungen   
bulletLinks und Literatur   

   

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english version)        
   
In Bonnland bestand eine jüdische Gemeinde um 1930. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 16./17. Jahrhunderts zurück. Erstmals werden 1575 Juden am Ort genannt ("Natta Jud zuo Bonlant"). 
  
Ihre Blütezeit erlebte die Gemeinde Ende des 18./Anfang des 19. Jahrhunderts. 1816 wurden noch 73 jüdische Einwohner (18,6 % von insgesamt 393 Einwohnern) gezählt, 1833 65.  
  
Bei der Erstellung der Matrikellisten 1817 werden für Bonnland auf 16 beziehungsweise 17 Matrikelplätzen die folgenden jüdischen Familienvorstände genannt (es liegen zwei verschiedene Listen vom März und Juni 1817 vor). Die Inhaber der Matrikelstellen waren (mit bereits neuem Familiennamen, Erwerbszweig und Familienverhältnissen): Gerson Frank (Viehhändler, 66 Jahre, vier Personen), Abraham Frank (Viehhändler, 32 Jahre, Sohn des Gerson, mit Frau und einem Kind), Joseph Stern (Schnittwarenhändler, Vertrieb von Materialwaren, 59 Jahre, mit Frau, einer Tochter und der 93-jährigen Mutter), Aron Dessauer (Schächter und Viehhändler, mit Frau, einem Kind, Magd und drei Geschwistern, Hausbesitzer), Benedict Hecht (Schlachter, 73 Jahre, fünf Personen), Löb Hecht (Unterhändler, Mäkler und Schmuser, 48 Jahre, acht Personen), Moses Schild (Schnittwarenhändler, 63 Jahre, mit Frau), Mendel Goldbach (Schnittwarenhandel und Viehhandel, 37 Jahre, vier Personen), Joseph Fleischhauer (Schächter, Viehhandel, Schlachten, 35 Jahre, mit Frau, Magd und zwei Schwestern), Jacob Reiß (Schmuser, Unterhändler), Bär Älter (Schmuser, Mäkler, 75 Jahre, mit Frau), Isaac Schön (Schnittwaren, 37 Jahre, sechs Personen), Maier Schloß (Kleinwarenhändler (48 Jahre, fünf Personen), Seligmann Katz (Kleinigkeitenhändler, 81 Jahre, ein Sohn), Salomon Klein (Lumpen- und Eisenhandel, 42 Jahre, mit Frau und vier Kindern), Maier Nußbaum (Ölhändler, 52 Jahre, sieben Personen); ohne Matrikelstelle: Isaac Feigenbaum (Judenschulmeister und Schächter, 62 Jahre, fünf Personen).   
  
Die Zahl der jüdischen Einwohner entwickelte nach sich seit der Mitte des 19. Jahrhunderts wie folgt: 1867 50 jüdische Einwohner (13,1 % von 481), 1871 38 (10,4 % von 366), 1894 sieben Familien, 1897 26 (in sechs Familien), 1899 25 (in sechs Haushaltungen), 1900 27 (8,4 % von 321). Die Zahl der jüdischen Familien ging in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts vor allem durch die Abwanderung nach Würzburg zurück. 
Eine charakteristische Familiengeschichte ist die der Familie Hecht: Um 1850/70 wird Jonas Hecht als Metzgermeister in Bonnland genannt. Sein Sohn Bernhard Hecht (geb. 1857 in Bonnland) hatte später eine Wein- und Spirituosenhandlung in Würzburg, der Sohn Jakob Hecht (geb. 1854 in Bonnland) übernahm ebenda eine Versicherungsagentur. Der Vater des in der NS-Zeit umgekommenen Ludwig Hecht (s.u.) war Wolfgang Hecht (geb. 1828 in Bonnland, 1871 nach Würzburg, Immobilienagent, gest. 1907 in Würzburg); Bruder von Ludwig Hecht war der einige Jahre in Werneck als Arzt tätige und früh verstorbene Dr. Berthold Hecht (geb. 1857 in Bonnland, gest. 1891 in Werneck). 
 
In Spendenlisten der jüdischen Gemeinde in der Zeitschrift "Der Israelit" werden ab 1866 folgende Personen aus der jüdischen Gemeinde genannt: Abraham Goldbach (1871 auch als Kultusvorsteher der Gemeinde erwähnt) mit Söhnen Emanuel Goldbach und Jonas Goldbach, Jonas Hecht, Babette Hecht, S. Dessauer, G. Frank. 
Um 1897 war Gemeindevorsteher E. Goldbach (vermutlich Emanuel Goldbach, Sohn von Abraham Goldbach). 1899 bildeten den Gemeindevorstand E. Goldbach und S. Hecht.  
 
Im Ersten Weltkrieg kämpften drei jüdische Männer aus Bonnland an den Fronten. Von ihnen ist keiner gefallen.
  
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde Bonnland einen Betsaal oder eine Synagoge (s.u.), dazu vermutlich auch einen Schulraum und ein rituelles Bad. Die Toten der Gemeinde wurden im jüdischen Friedhof Pfaffenhausen beigesetzt. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war zeitweise ein Lehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war (nach den Begräbnislisten des jüdischen Friedhofes Pfaffenhausen wurde 1772 ein "Schulmeister aus Bonnland Kind" beigesetzt). Bereits 1817 (s.o. Matrikelliste) wird als "Judenschulmeister und Schächter" Isaac Feigenbaum genannt. Im "Statistischen Jahrbuch des Deutsch-Israelitischen Gemeindebundes" wird um 1887/1892 als Lehrer und Kantor A. Goldbach genannt, möglicherweise identisch mit dem o.g. Kultusvorsteher Abraham Goldbach. Ab 1892 war Lehrer in Bonnland J. Bierschild aus Heßdorf; als Schochet wird um 1892/1897 Herr Reuß genannt (in der Liste 1899 der vermutlich identische C. Reis). In Bonnland erhielten 1894 sechs jüdische Kinder Religionsunterricht. Um 1897/1899 unterrichtete in Bonnland die damals wieder zehn, dann sechs schulpflichtigen Kinder Lehrer Anfänger aus Heßdorf. Die Gemeinde gehörte zum Bezirksrabbinat Schweinfurt
 
An jüdischen Vereinen gab es den Wohltätigkeitsverein Gemiluth chassodim (um 1898 unter Leitung von E. Goldbach). 
  
Um 1925
war Vorsteher der jüdischen Gemeinde H. Dessauer. 
   
1933 lebten noch acht jüdische Personen in Bonnland (2,9 % von 273). Zwischen April 1937 und Mai 1938 konnten drei von ihnen in die USA emigrieren. 
      
1938 wurden alle Einwohner Bonnlands umgesiedelt, damit der Ort in den Truppenübungsplatz Hammelburg integriert werden konnte. Spätestens dann haben auch die letzten jüdischen Einwohner Bonnland verlassen. 
   
Nach 1945
entstand der Ort vorübergehend aufs Neue, insbesondere durch Einquartierung von Vertriebenen (darunter keine jüdischen Personen). 1956 wurde allerdings der Truppenübungsplatz wieder errichtet. Bis 1964/65 mussten wiederum alle Einwohner den Ort verlassen.
  
Von den in Bonnland geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Hermann Dessauer (1882), Ernestine Hahn geb. Frank (geb. 1892 in Bonnland, verheiratet mit Benno Hahn aus Nenzenheim; beide wurden am 17. Juni 1943 nach Auschwitz deportiert und ermordet), Ludwig Hecht (geb. 1866 in Bonnland, später als Arzt in Ulm tätig, umgekommen Ghetto Theresienstadt 1943), Regina Katzmann geb. Hecht (geb. 1877 in Bonnland, später verheiratet in Gersfeld, umgekommen Ghetto Theresienstadt 1943/44), Sendy Stein geb. Dessauer (geb. 1910 in Bonnland, später verheiratet in Theilheim, umgekommen Ghetto Izbica)
.  
    
    
    
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde         
  
  
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen   
Stellensuche von S. Dessauer (1925)     

Anzeige in "Der Israelit" vom 23. Juli 1925: "Anfangskontoristin
16 J., m. einjähriger Handelsschule sucht
Stelle
. Samstag geschlossen oder frei bekommt, geht eventuell als Stütze oder zur Gesellschaft der Frau oder einzelner 'Dame, mit Familien-Anschluss Frankfurt bevorzugt.
Offerten erbeten an S. Dessauer, Bonnland, Unterfranken." 

   
   
In einem jüdischen Reisebericht durch Unterfranken aus dem Jahr 1934 wird Bonnland unter den "ganz ausgestorbenen" jüdischen Gemeinden erwähnt:  

Bonnland BayrGZ 01091934.jpg (49981 Byte)Artikel in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 1. September 1934: "So sind die jüdischen Gemeinden in Bonnland, Bischwind, Werneck, Euerbach und in anderen Orten ganz ausgestorben. 
In langsamer Fahrt durchquere ich diese Dörfer. Ich suche nach einstigen jüdischen Häusern und finde sie. Auch wenn ich nicht die Stelle am Türpfosten sehe, wo früher die Mesusah befestigt war. Vor solchen Häusern schlägt mein Gefühl aus wie die Wünschelrute, wenn sie auf wertvolle Erzadern stößt. Mein sicheres Gefühl sagt mir deutlich, dass dort jüdisches Leid gewohnt und da in stiller Freude Sabbatruhe gehalten wurde. Die alten Zeiten rühren mich geisterhaft an. Und mein Blick trübt sich und mein Herz flattert."

    
    
    
Zur Geschichte der Synagoge           
    
Ein Betsaal oder eine Synagoge war auf Grund der relativ hohen Zahl der jüdischen Einwohner noch im 19. Jahrhundert sicher vorhanden. Über ihren Standort liegen keine Informationen vor. Israel Schwierz (s.Lit.) hat Anfang der 1980er-Jahre mit Einverständnis der zuständigen Dienststellen der Bundeswehr jedes Haus sorgfältig und gründlich untersucht, jedoch keine Hinweise auf das Vorhandensein einer Synagoge gefunden. Möglicherweise ist ein früheres Synagogengebäude nach 1938 absichtlich zerstört worden. 
   
Weitere Informationen bitte an den Webmaster von "Alemannia Judaica", Adresse siehe Eingangsseite.  
   
   
Adresse/Standort der Synagogeunbekannt     
   

   
Fotos    

Es liegen keine Fotos vor, zumal auch der Standort einer ehemaligen Synagoge oder eines Betsaales unbekannt ist; 
über Hinweise freut sich der Webmaster von "Alemannia Judaica", Adresse siehe Eingangsseite  
 
     

    
     

Links und Literatur

Links:

bulletWebsite www.bonnland.de: Informationen zur Ortskampfanlage und zum Truppenübungsplatz Hammelburg  

Literatur:  

bulletBaruch Z. Ophir/Falk Wiesemann: Die jüdischen Gemeinden in Bayern 1918-1945. Geschichte und Zerstörung. 1979 S. 272-273.
bulletIsrael Schwierz:  Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in Bayern. Eine Dokumentation der Bayerischen Landeszentrale für politische Bildungsarbeit. A 85. 1988 S. 43.
bulletPinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany - Bavaria. Hg. von Yad Vashem 1972 (hebräisch) S. 426.
bulletReiner Strätz: Biographisches Handbuch - Würzburger Juden 1900-1945. I. Teilband. 1989 (Mitglieder der Familie Hecht S. 241-243).
bulletVolker Rieß: Sie gehören dazu... Erinnerungen an die jüdischen Schüler der Lateinschule und des Progymnasiums – verbunden mit einigen Aspekten zur Geschichte der Juden in der Stadt Hammelburg und ihren Stadtteilen (Frobenius-Gymnasium Hammelburg. Festschrift zum Schuljubiläum 1994), Hammelburg 1994, S. 83-102.
bulletDers.: Jüdisches Leben in und um Hammelburg. Katalog zur Ausstellung im Stadtmuseum Herrenmühle 12. Oktober – 10. Dezember 2000, Hammelburg 2001.
bulletCornelia Binder und Michael (Mike) Mence: Last Traces / Letzte Spuren von Deutschen jüdischen Glaubens im Landkreis Bad Kissingen. Schweinfurt 1992. 
bulletdieselben: Nachbarn der Vergangenheit / Spuren von Deutschen jüdischen Glaubens im Landkreis Bad Kissingen mit dem Brennpunkt 1800 bis 1945 / Yesteryear's Neighbours. Traces of German Jews in the administrative district of Bad Kissingen focusing on the period 1800-1945.  Erschienen 2004. ISBN 3-00-014792-6. Zu beziehen bei den Autoren/obtainable from: E-Mail.    Info-Blatt zu dieser Publikation (pdf-Datei).  
bulletDirk Rosenstock: Die unterfränkischen Judenmatrikeln von 1817. Eine namenkundliche und sozialgeschichtliche Quelle. Reihe: Veröffentlichungen des Stadtarchivs Würzburg Band 13. Würzburg 2008. S. 88-89.    

  
    


 

Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the Holocaust". 
First published in 2001 by NEW YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad Vashem Jerusalem, Israel.

Bonnland Lower Franconia. Jews numbered 73 in 1816 and eight in 1933 (total 273); three are known to have emigrated to the United States in 1937/38.    
      
       

                   
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Copyright © 2003 Alemannia Judaica - Arbeitsgemeinschaft für die Erforschung der Geschichte der Juden im süddeutschen und angrenzenden Raum
Stand: 30. Juni 2020