Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Magdeburg (Sachsen-Anhalt)
Jüdische Friedhöfe  
  

Zur Geschichte der Friedhöfe          
    
In Magdeburg gab es bereits im Mittelalter einen jüdischen Friedhof, der vermutlich im 13. Jahrhundert angelegt wurde (ein Grabstein von 1269 ist noch vorhanden) und vor allem im 15. Jahrhundert häufig genannt wird (als cimeterium Iudeorum oder kever, judenkever von hebräisch kewer = Grab). Dieser Friedhof lag bei Buckau, einem südlich der damaligen Altstadt gelegenen Vorort nahe der Elbe. Der Friedhof wurde 1312 und 1383 erweitert. Nachdem 1493 die Juden aus der Stadt ausgewiesen wurden, ist der Friedhof aufgeteilt, später zerstört und für landwirtschaftliche Zwecke verwendet worden. Die Grabsteine wurden in der Stadt verbaut. 1827 wurden auf dem Gelände des Friedhofes Schädel und Grabsteine gefunden. Grabsteine aus den Jahren 1269 (!), 1306, 1330 und 1346 wurden auf den neuen Friedhof gebracht, wo mindestens zwei davon noch vorhanden sind. Weitere Grabsteine wurden 1946 und in den folgenden Jahren bei der Aufräumung der Trümmer der Altstadt gefunden. 
    
Ein neuer jüdischer Friedhof in Sudenburg wurde 1816 mit einer ersten Beisetzung eingeweiht. Auf dem Gelände, das eine Fläche ca. 2 ha umfasst, befinden sich nach einer neuen Dokumentation 3121 Grabstätten (siehe Presseartikel unten). Der Friedhof wurde bis 1940 nicht beschädigt und nach 1945 wieder hergerichtet. Eine Trauerhalle wurde 1864 umgebaut und erweitert. Sie ist erhalten und wird bis heute genützt. Auf dem jüdischen Friedhof stehen heute drei Gedenksteine: einer für die im ersten Weltkrieg gefallenen 28 jüdischen Gemeindemitglieder, ein weiterer zur Erinnerung an die Verbrechen des Nationalsozialismus, der dritte zum Gedenken an über eine Millionen ermordeter jüdischer Kinder.
   
Ein weiterer Friedhof wurde 1839 erworben. Er wurde allgemein als "Judenkirchhof" bezeichnet. Diese Ruhestätte existierte nur kurz; heute erinnert nichts mehr an sie. 
    
Auf dem städtischen Westfriedhof befindet sich ein Ehrenhain für jüdische Opfer des NS-Regimes. Er besteht aus fünf Einzelgrabstätten. 
    
    
Lage des Friedhofes 
   
Der neue Friedhof liegt Fermersleber Weg 46; der Ehrenhain befindet sich auf dem Westfriedhof (Große Diesdorfer Straße 160).  
    
    
Fotos 
(Fotos: Hans-Peter Laqueur, Bremerhaven; Aufnahmen im Mai 2007)  

Fotos vom Friedhof Fermersleber Weg 46   
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Ältere, rein hebräisch beschriftete Grabsteine aus der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts    
     
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 Gedenkstätte für die Gefallenen 
des Ersten Weltkrieges
   Neuere Gräber 
  
     
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  "Gedenkstätte für die 1.000.000 jüdischen
 Kinder, die in Konzentrationslagern durch den
 Faschismus von 1933-1945 umgebracht wurden".
 
     

      
      
Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte        

November 2019: Führungen über den jüdischen Friedhof in Magdeburg durch die Volkshochschule                                         

Artikel von Maria Kurth in der "volksstimme.de" vom 17. November 2019: "Geschichte. Erinnern auf Jüdischem Friedhof in Magdeburg
Seit 20 Jahren engagiert sich Regina Rehländer auf dem Israelitischen Friedhof in Magdeburg. Sie bietet auch Führungen an.
Magdeburg.
Regina Rehländer hat gerade eine große, rechteckige Karte vor sich ausgebreitet. Viele kleine, schraffierte Kästchen sind darauf zu sehen. Es ist ein Lageplan des Israelitischen Friedhofs am Fermersleber Weg im Süden Magdeburgs. Jedes einzelne Kästchen steht für eines der Gräber auf dem im Jahr 1816 errichteten Friedhof. Schraffiert bedeutet dokumentiert. Viele weiße Stellen gibt es nicht.
Geschichte jüdischer Gräber aufgearbeitet. Was vor allem dem großen Engagement von Rehländer zu verdanken ist. Vor 20 Jahren begann hier eine Gruppe unter ihrer Führung, die Geschichte der jüdischen Begräbnisse aufzuarbeiten. Eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme, viele Gemeindemitglieder halfen mit. Eine Ausbildung im Bereich Denkmalpflege? 'Die hatte bei uns niemand, wir mussten uns alles selber beibringen', sagt Rehländer. Die Frau mit der modischen schwarzen Brille und den grazilen Händen trägt einen großen Ordner mit sich herum. Darin zu finden: Fotos aus der Anfangszeit, von Frauen, die am Boden sitzen und mit kleinen Spachteln vorsichtig Inschriften freilegen oder Unkraut zupfen. Papierschnipsel kleben an den Rändern einzelner Dokumente, darauf kleine Notizen. Bloß kein Detail vergessen. Wenn Rehländer mal nach einem Wort sucht, überlegt sie solange bis es ihr einfällt. Gründlich. Gewissenhaft.
Denkmalschutz prüfte die Arbeiten. 'Immer nur eine Spatentiefe durften wir graben, nicht mehr. Sonst hätten wir etwas zerstören können', sagt sie. Auch der Denkmalschutz sei ab und zu da gewesen, um zu überprüfen, ob sie und ihre Mitarbeiter alles nach Vorschrift machen. 'Einige wenige Gräber durften wir auch sanieren.' Mit ihrer ernsten Miene vermittelt Rehländer den Eindruck, diese Vorgabe in all den Jahren auch nie missachtet zu haben. Wer Respekt für jüdisches Leben und die Aufarbeitung seiner Geschichte sucht, ist bei Rehländer gut aufgehoben. 'Sie ist ein großer Glücksfall für uns. Ihr Engagement über all die Jahre kann man gar nicht genug würdigen, wir sind dafür sehr dankbar', sagt Wadim Laiter, Vorsitzender der Synagogen-Gemeinde zu Magdeburg. Das gilt auch für Hobby-Restaurator Lutz Kaufmann. Der Rentner restauriert immer wieder auf eigene Faust Denk- und Grabmäler in Magdeburg. Zuletzt hat er dafür gesorgt, dass die Namen von 28 jüdischen Soldaten wieder lesbar sind, die auf einem Mahnmal für Gefallene des Ersten Weltkriegs auf dem Friedhof stehen. 'Wir sind ihm sehr dankbar für seine Arbeit, er macht das alles freiwillig', sagt Laiter. Auch Rehländer findet nach der Jahrtausendwende, als die Arbeitsbeschaffungsmaßnahme nicht weiter gefördert wird, einen anderen Weg, ihr erworbenes Wissen zur jüdischen Grabstätte weiterzugeben. Seitdem bietet sie Führungen im Auftrag der Volkshochschule Magdeburg an.
Friedhof war in schlechtem Zustand. Und es gibt einiges zu erzählen. Als Rehländer und ihre Mitstreiter vor 20 Jahren ihre Arbeit aufnehmen, ist der Friedhof in einem schlechten Zustand. Unkraut hat sich breitgemacht, viele Gräber sind aus Sandstein und dementsprechend verfallen. Mit einer Kopie des Sterberegisters und wenigen einfachen Werkzeugen beginnt die Arbeit. 'Wir haben jeden einzelnen Grabstein vorsichtig freigelegt und versucht, die Grabnummer zu entziffern', sagt Rehländer. So konnten die Begräbnisse den Personen zugeordnet werden. Zusammen mit einer Mitarbeiterin begann Rehländer den Friedhof zu vermessen. Jedes einzelne Grab, jede Einfassung. Jede Inschrift wurde dokumentiert, ebenso etwaige Besonderheiten. '3121 Grabsteine und die dazugehörigen Personen haben wir ermittelt', sagt Rehländer. 'Das war enorm viel Arbeit, aber wir hatten auch viel Spaß'. Ihr Wissen zu jüdischen Grabstätten hat sie aus alten Dokumenten der Gemeinden oder vom ehemaligen Magdeburger Gemeinderabbiner Benjamin David Soussan, der den Arbeitern einmal wöchentlich alle Fragen beantwortete. Vor allem deshalb wichtig, weil der Israelitische Friedhof einige Besonderheiten birgt.
Gewächshäuser auf dem Friedhof. Im frühen 19. Jahrhundert errichtet, findet um 1864 auch eine Trauerhalle auf dem Gelände Platz. Gewächshäuser folgen, werden aber später wieder abgerissen, weil der Platz eng wird. Erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts wird eine Friedhofsmauer gebaut, die noch heute dafür sorgt, dass die Grabstätte von außen unscheinbar wirkt und viele Magdeburger hier im Süden gar nicht wissen, dass nebenan ein großes Stück jüdischer Geschichte liegt. In der Regel werden Juden mit den Füßen gen Osten, in Richtung Jerusalem, begraben. Da die Grabstätte am Fermersleber Weg aber eine besonders starke, rechteckige Form hat, wurden Juden hier in Nord-Süd-Richtung begraben. Während viele andere jüdische Friedhöfe zur Nazi-Zeit komplett zerstört wurden, blieb der Israelitische Friedhof verschont. 'Aber hier, schauen Sie mal, dort an der Wand, da erkennt man noch den Bombeneinschlag, den es dann im Zweiten Weltkrieg gegeben hat', sagt Rehländer und zeigt mit weit geöffneten Augen Richtung Friedhofsmauer. Noch immer ist der schwarze Ruß erkennbar, einzelne Mauerteile fehlen. Hier auf dem ersten von drei Feldern stehen Gräber, die bis 1899 errichtet worden sind. Es sind vor allem Kindergräber. Bis zu 28 Kinder seien früher pro Reihe bestattet worden. 'Es war ein Zentralfriedhof, hier wurden also auch Menschen aus Osterburg, Haldensleben und anderen Städten drumherum beerdigt', erzählt Rehländer.
Juden verzichten auf Blumenschmuck. Auf Blumenschmuck verzichten Juden, stattdessen werden Gräber mit Steinen und Efeu bedeckt. Und ein Gang über den knapp 1,5 Hektar große Friedhof zeigt auch die Entwicklung bei den Grabsteinen. Während das Feld eins im vorderen Teil vor allem aus schlichten, kleinen Steinen besteht, findet man im hinteren Teil und überwiegend auch auf dem Mittelfeld teils große, säulenförmige Grabsteine und viele Obelisken. Beim Gang über den Friedhof wird man als Besucher unweigerlich mit dem dunkelsten Kapitel der deutschen Geschichte konfrontiert. Auch deshalb ist Rehländers Engagement so wichtig. Sie leistet ihren Beitrag, wenn es um das 'Nicht vergessen' geht, worüber viele mit Blick auf den Nationalsozialismus reden, aber nur wenige etwas dafür tun. Doch hier am Fermersleber Weg wird man mit den Grabsteinen an die Juden, die im Warschauer Ghetto ums Leben kamen, die in den Konzentrationslagern ermordet wurden, konfrontiert. Rehländer steht gerade im dritten Feld des Friedhofes. 'Oh nein, das sieht aber nicht gut aus hier', sagt die Rentnerin und geht zu einem umgestürzten Grabstein. Die Witterung hat ihre Spuren hinterlassen. Rehländer berührt das ehrlich. Sie steht nur wenige Meter vom Grabstein der Familie Blumenfeld entfernt. Viele Mitglieder der großen Familie, die ihr Zirkusunternehmen bis zur großen Weltwirtschaftskrise Ender der 1920er Jahre erfolgreich führte, wurden im Holocaust ermordet.
Jüdische Gräber bleiben ewig. Am Ende des dritten Feldes angekommen, breitet sich vor uns ein kleines Stück freie Fläche aus. 'Viele Plätze sind hier bereits reserviert', sagt Laiter. Der Platz ist begrenzt. Denn während christliche Gräber nach Ablauf der Ruhefrist eingeebnet werden können, ist das im Judentum streng verboten. Jüdische Gräber bleiben für die Ewigkeit.
Führungen über den Jüdischen Friedhof in Magdeburg können hier gebucht werden www.vhs.magdeburg.de."
Link zum Artikel    

    
    

 
    

Links und Literatur  

Links:   

bulletWebsite der Landeshauptstadt Magdeburg  
bulletWebsite der Synagogen-Gemeinde Magdeburg  
bulletLaura Quensell: Kurze Darstellung der Geschichte der Juden in Magdeburg.  

Literatur:  

bulletGermania Judaica III,2 S. 772-783 (mit Lit.). 
bullet Zeugnisse jüdischer Kultur S. 197-201.  
bullet Brocke/Ruthenberg/Schulenburg S. 487-485. 

   
     

                   
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Stand: 15. Oktober 2013