Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Greußenheim (VG Hettstadt, Kreis Würzburg)
Jüdische Geschichte / Synagoge

Übersicht:

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde  
Berichte aus dem jüdischen Gemeindeleben   
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde   
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen     
Zur Geschichte der Synagoge   
Fotos / Darstellungen
Links und Literatur   

    

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde       
    
In Greußenheim bestand eine jüdische Gemeinde bis etwa 1925. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 18. Jahrhunderts zurück. 
 
1820
wurden bei der Erstellung der Matrikelliste für Greußenheim neun jüdische Familienvorstände genannt (mit neuem Familiennamen; in Klammer das Alter des Haushaltsvorstehers, die ersten acht Personen waren alle verheiratet, Kinder werden in der Liste nicht aufgeführt): Joseph Linz (74), Isaac Horn (62), Marx Fröhlich (42), David Fröhlich (40), Löw Goldschmitt (40), Aaron Fröhlich (38), Löw Linz (31), Isaac Goldschmitt (33), Simon Fröhlich (36, ledig). Die Familien "Fröhlich" schrieben sich zunächst noch "Fröhlig". Als Erwerbszweig wird bei fast allen "Nothandel mit Vieh und Waren" aufgeführt; nur Isaac Goldschmitt lebte vom "Spezereihandel".  
   
1840
lebten laut Pfarrarchiv zehn jüdische Familien mit etwa 40 Personen am Ort. Auch im Bericht von 1869 (siehe unten) ist von zehn - "nicht sehr bemittelten" jüdischen Familien die Rede.    
    
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge (s.u.), eine Religionsschule sowie ein rituelles Bad. Die Toten der jüdischen Gemeinde wurden auf dem jüdischen Friedhof in Laudenbach beigesetzt. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war zumindest zeitweise ein Lehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war.
   
Um 1924, als noch 11 jüdische Gemeindeglieder gezählt wurden (in drei Haushaltungen; 1,22 % von insgesamt 900 Einwohnern), war (letzter) Vorsteher der jüdischen Gemeinde ein Herr Linz (vermutlich der unten genannte Julius Linz). Die Gemeinde war dem Distriktsrabbinat Würzburg zugeteilt. Wenig später wurde die Gemeinde aufgelöst. 
   
Bis 1936 hatten alle jüdischen Einwohner den Ort verlassen. Unter den letzten waren Mayer Linz, Nathan Eppstein und Max Simon Fröhlich. Mehrere der früheren Greußenheimer Juden wurden von anderen Orten aus deportiert, darunter der Studienrat Dr. Benno Hirnheimer, der in Würzburg an der Israelitischen Lehrerbildungsanstalt unterrichtet hatte sowie Jette Eppstein geb. Hirnheimer, die zuletzt in Würzburg (Dürerstraße 20) lebte (Frau des Toraschreibers Nathan Eppstein, siehe Anzeige unten).   
    
Von den in Greußenheim geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Jette Eppstein geb. Hirnheimer (1865), Ferdinand Fröhlich (1898), Rike (Ricka) Fröhlich (1872), Dr. Benjamin (Benno) Jakob Hirnheimer (1897, war Seminarlehrer in Höchberg), Gitt (Githa) Hirnheimer geb. Hirnheimer (1862), Jakob Beno Hirnheimer (1897), Sofie Katz geb. Hirnheimer (1898), Julius Linz (1872). 
       
    
   
   
Berichte aus der jüdischen Gemeinde 
  
Berichte aus dem jüdischen Gemeindeleben   
Die jüdischen Familien in Greußenheim sammeln Spendengelder (1869)  
Anmerkung: es ging um einen Aufruf zu Sammlung von Spenden für die von einer schweren Hungersnot betroffenen jüdischen Gemeinden in Westrussland       

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. April 1869: "In Greußenheim bei Würzburg wohnen 10 nicht sehr bemittelte israelitische Familien. Angeregt durch den Artikel 'Wohltätigkeit' von Maskil el Doll in Nr. 12 und 13 dieses Blattes, welchen der Vorsteher, Herr Emanuel Hirnheimer, in der Synagoge vorgelesen hat, haben diese 10 Familienväter 117 fl. 33 kr. gesammelt und nach Würzburg geschickt. Dies zur Nachahmung!   St."        

  
  
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde  
Zum Tod von Mendel Emanuel Hirnheimer (1898)   

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. April 1898: "Greußenheim (Unterfranken). Einen schweren Verlust erlitt unsere Gemeinde durch das am Schabbat Paraschat Para erfolgte Hinscheiden des Herrn Mendel Hirnheimer - das Andenken an den Gerechten ist zum Segen - welcher durch seine aufrichtige Frömmigkeit, hohe Gelehrsamkeit und seinen biederen Sinn in weiten Kreisen verehrt und geschätzt wurde. Aus braver, durch ihre Verdienste um Pflege und Verbreitung von Tora berühmter Familie stammend, besuchte der Verblichene lange Jahre die Jeschiwa des gelehrten Rabbiners Wechsler - das Andenken an den Gerechten ist zum Segen - in Schwabach, wo er sich jenes große Wissen, jene Anspruchslosigkeit und Bescheidenheit aneignete, welche ihn während seines ganzen, von Prüfungen und herben Erfahrungen oft begleiteten Lebens auszeichneten. So trauert nicht nur seine Familie um den liebevollen Gatten und Vater, sondern sein Hinscheiden lässt auch eine klaffende Lücke in unserer Gemeinde und im Kreise aller derjenigen, welche dem edlen Manne im Leben nahe standen und sein Andenken stets hochhalten werden."   
Angaben zur Person (nach Strätz I S. 134): Mendel Emanuel Hirnheimer, Kaufmann, war verheiratet mit Babette geb. Goldschmidt. Tochter Jette geb. Hirnheimer war mit Nathan Eppstein verheiratet, siehe unten)  

        
  
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen 
Anzeige des Sofer (Torarollen-Schreibers) Nathan Eppstein (1928)  

Heidingsfeld Israelit 27091928.jpg (52467 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27. September 1928: "Meinen verehrten Kunden teile ich hierdurch mit, dass ich von Greußenheim nach Heidingsfeld verzogen bin. Ich halte mich weiterhin für Lieferung von Tefillin, Mesusos usw. und Sofer-Arbeiten jeder Art in bekannter gewissenhafter Ausführung bestens empfohlen. (Referenzen orthodoxer Rabbiner stehen zu Diensten). Nathan Eppstein, Sofer, Heidingsfeld, Johannitergasse 14."
Angaben zur Person (nach Strätz I S. 134): Nathan Eppstein (geb. 1865 in Mönchsroth als Sohn des Toraschreibers Simon Eppstein, gest. 1942 in Würzburg), war neben seinen Tätigkeiten als Toraschreiber als Kaufmann, auch als Hausierer/Reisender unterwegs. 1891 hatte er ein Kolonialwarengeschäft in Greußenheim übernommen, 1928 kam er nach Heidingsfeld und war hier auch als Friedhofspfleger der israelitischen Gemeinde Heidingsfeld tätig. Bis 1938 betrieb er auch einen Hausierhandel mit Wäsche. Seit März 1939 im Israelitischen Pfründnerheim Würzburg Dürerstr. 20. Seine Frau Jette geb. Hirnheimer, geb. 1865 in Greußenheim (als Tochter des oben genannten Mendel Emanuel Hirnheimer) ist 1943 im Ghetto Theresienstadt umgekommen.  

       
       
       
Zur Geschichte der Synagoge         
   
Die Synagoge wurde um 1850 erbaut. Es dürfte sich um ein jüdisches Gemeindezentrum mit Synagoge, Lehrerwohnung und Schule gehandelt haben. Die Synagoge war bis mindestens Anfang der 1920er-Jahre (Auflösung der Gemeinde 1923) Mittelpunkt des jüdischen Gemeindelebens am Ort. 1934 wurde das Gebäude verkauft. 
 
Über mehrere Jahrzehnte wurde das Gebäude als Lagerhalle der Fa. Raiffeisen verwendet. Inzwischen ist es umgebaut zu einem Wohn- und Geschäftshaus. Eine Hinweis- oder Gedenktafel ist nicht vorhanden. Von der baulichen Substanz des ehemaligen Synagogengebäudes dürfte Wesentliches noch erhalten sein. Die beiden kleinen Giebelfenster dürften auch noch im Original vorhanden sein.   
   
 
Adresse/Standort der SynagogeRaiffeisenstraße 2     
   
           

Fotos   

Die ehemalige Synagoge in Greußenheim
Greussenheim Synagoge 141.jpg (66486 Byte) Greussenheim Synagoge 142.jpg (62815 Byte) Greussenheim Synagoge 140.jpg (59345 Byte)
Beim Gebäude der ehemaligen Synagoge in Greussenheim dürfte es sich - wie in vielen
 anderen Orten auch - um ein jüdisches Gemeindezentrum gehandelt haben: die eine
 Hälfte des Gebäudes war Synagoge, die andere Lehrerwohnung und Schule
Erkennbar im Giebel: ein kleines
 Giebelfenster, das noch im Original
 vorhanden sein dürfte
       

         
            

Links und Literatur

Links:

Website der Gemeinde Greußenheim   
Seite des Landeskreises Würzburg mit Informationen zur ehemaligen Synagoge in Greußenheim  

Literatur:  

Kein Abschnitt zu Greußenheim bei Baruch Z. Ophir/Falk Wiesemann: Die jüdischen Gemeinden in Bayern 1918-1945. Geschichte und Zerstörung. 1979. 
Israel Schwierz:  Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in Bayern. Eine Dokumentation der Bayerischen Landeszentrale für politische Bildungsarbeit. A 85. 1988 S. 62.  1992² S. 67. 
Kein Abschnitt in Pinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany - Bavaria. Hg. von Yad Vashem 1972 (hebräisch).    
Jutta Sporck-Pfitzer: Die ehemaligen jüdischen Gemeinden im Landkreis Würzburg. Hg. vom Landkreis Würzburg. Würzburg 1988. S. 65. 
Dirk Rosenstock: Die unterfränkischen Judenmatrikeln von 1817. Eine namenkundliche und sozialgeschichtliche Quelle. Reihe: Veröffentlichungen des Stadtarchivs Würzburg Band 13. Würzburg 2008. S. 193.   

      

                   
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Stand: 01. Juli 2012