Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Burgpreppach (Kreis Hassberge)
Texte/Berichte zur Geschichte des Rabbinates / Distriktrabbinates 

    
Die nachstehend wiedergegebenen Texte mit Beiträgen zur Geschichte des Rabbinates / Distriktrabbinates in Burgpreppach wurden in jüdischen Periodika gefunden. Bei Gelegenheit werden weitere Texte eingestellt.  
   
Übersicht:    

bulletAllgemeine Berichte zur Geschichte der jüdischen Gemeinde und der Talmud-Tora-Schule 
-  Bericht über Burgpreppach, den Rabbinatsbezirk und die Talmud-Tora-Schule (1890)   
Bericht des Bezirksrabbiners Saul Munk von 1938   
bulletAus der Geschichte des Bezirksrabbinats Burgpreppach 
Unter Rabbiner Dr. Abraham Adler (1838-1845)  
Wahl der Rabbiners Dr. Adler zum Rabbiner in Burgpreppach (1838)  
Über eine Predigt von Rabbiner Adler (1840)        
-  Dr. Adler verlässt Burgpreppach (1845)    
Unter Rabbiner Dr. Josef Gabriel Adler (Bruder des vorherigen) (1845-1893)  
Rückblick auf die Wahl von Dr. Adler und weitere Mitteilungen (1845)    
Rückblick auf die Besetzung des Rabbinates (1847) - Kritisches aus einer liberal-jüdischen Zeitung    
Religionslehrerkonferenz unter Rabbiner Dr. Adler (1864)   
Zum Tod der Witwe von Rabbiner Dr. Josef Gabriel Adler: Sara Adler (1876)  
Zum Tod von Benjamin Adler in Halberstadt, Sohn von Rabbiner Emanuel Adler (1929)  
Unter Rabbiner Dr. Abraham Hirsch (1878-1885)   
Rundschreiben von Rabbiner Hirsch betreffs der Unterstützung eines Vereins zur Versorgung jüdischer Soldaten mit koscherer Verpflegung (1878)  
Eröffnung der Talmud-Tora-Schule in Burgpreppach durch Rabbiner Dr. Abraham Hirsch (1878)    
Spendensammlung von Dr. Hirsch (1882)   
Über Rabbiner Dr. Hirsch und seine Talmud-Tora-Schule (1884)  
Berichte zum Tod von Rabbiner Dr. Hirsch (1885)   
Ausschreibung der Rabbinatsstelle (1886)   
Gedächtnisfeier für Rabbiner Dr. Hirsch (1886)   
Zum Tod der Rabbinerwitwe (Burgpreppach) Frau Hirsch (1915)  
Unter Rabbiner Dr. Hermann Deutsch (1886-1895)   
Überlegungen nach dem Dienstantritt von Dr. Deutsch (1886)   
Erfolge der Schule unter Rabbiner Dr. Deutsch (1887) 
Bewirbt sich Rabbiner Dr. Deutsch auf andere Stellen? - verbunden mit grundsätzlichen Überlegungen zu den Problemen der Rabbinerwahl (1890)  
Wahl von Rabbiner Dr. Deutsch als Oberrabbiner nach Altona (1893)   
Rabbiner Dr. Deutsch verlässt Burgpreppach (1894)   
Zum bevorstehenden Abschied von Rabbiner Dr. Deutsch (1895)   
Bericht über die Arbeit von Rabbiner Dr. Deutsch (1895)    
Zum Tod von Rabbiner Dr. Hermann Deutsch (Februar 1932 in Fürth)   
Unter Rabbiner Dr. Salomon Bamberger (1895-1901)   
Wahl von Dr. Bamberger zum Nachfolger von Dr. Deutsch (1895)   
Ein Flugblatt des Rabbinatskandidaten Dr. Aschkanaze sorgt für einige Aufregung vor der Wahl (1895)  
Stellungnahme von Dr. M. Aschkanaze zu den gegen ihn gemachten Vorwürfen (1895) 
Dank an Rabbiner Dr. Bamberger (1900)   
Rabbiner Dr. Bamberger verlässt Burgpreppach (1901)       
Zum Tod von Rabbiner Dr. Salomon Bamberger (1920 in Hanau)    
Ausschreibung der Rabbinerstelle (1900)   
Neuwahl des Rabbiners (1901)    
Unter Rabbiner Dr. Naftali Cohn (1901-1903)   
Wahl von Dr. Naftali Cohn aus Altona (1901) 
D
ienstantritt von Rabbiner Dr. Cohn (1901)      
Zum Abschied von Dr. Cohn (1903)  
Unter Rabbiner Dr. Julius Abraham Michalski (1918-1923)   
Abschied von Dr. Michaelski (1924)   
Ausschreibung der Rabbinerstelle (Mai 1924)    
Unter Rabbiner Dr. Salo Ksinki (Kasinski, 1924-1925)     
Dienstantritt von Rabbiner Dr. Ksinski (1924)  
B
eschimpfungen der jüdischen Religion  - Distriktsrabbiner Ksinski erstattet erfolglos Strafanzeige (1926)   
Diskussion um die Zukunft des Bezirksrabbinates (1927)  
Ausschreibung der Rabbinerstelle (1928) 
Unter Rabbiner Dr. Meir Menachem Ephraim (1928-1932)  
Wahl von Dr. Ephraim als Bezirksrabbiner (1929)  
Antrittspredigt von Dr. Ephraim (1929)  
Ausschreibung der Rabbinerstelle (1932)  
Unter Rabbiner Dr. Rafael Saul Munk (1932-1932) 
Feierliche Einführung von Rabbiner Saul Munk (1932) 
G
eburtsanzeige eines Sohnes von Rabbiner Saul Munk und seiner Frau (1933)      
Bezirkskonferenzen des Bezirksrabbinates (1935 und 1936)   
Beitrag von Bezirksrabbiner Saul Munk: "Lernt wieder beten!" (1936)   
  
bulletPersönlichkeiten  
Zur Erinnerung an den aus Burgpreppach stammenden Frankfurter Rabbiner Dr. Leopold Stein (1810-1882)  
Zum Tod des aus Burgpreppach stammenden und in der orthodoxen Judenschaft Frankfurts hoch bedeutenden Jacob Strauß (1850-1931)  

   
   
Allgemeine Berichte zur Geschichte der jüdischen Gemeinde und der Talmud-Tora-Schule  

Bericht über Burgpreppach, den Rabbinatsbezirk und die Talmud-Tora-Schule (1890)  

Burgpreppach Israelit 25081890.jpg (150500 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 25. August 1890: "Frankfurt am Main, 28. Juli (1890). Eine Ferienreise führte mich nach langen Jahren wieder einmal in meine alte Heimat Burgpreppach. Zwei Dinge sind es, die diesem in schöner gebirgiger Gegend, aber ziemlich abseits von der großen Touristenstraße gelegenen Dorfe eine erhöhte Wichtigkeit verleihen; dasselbe ist der Rabbinatssitz eines weit ausgedehnten, mehr als zwanzig Ortschaften umfassenden Rabbinatsbezirks, und es hat eine berühmte Talmud-Tora-Schule. In religiöser Beziehung gehört dieser Distrikt zu den besten im ganzen Bayernlande. Eine betrübende Erscheinung zwar, die allerwärts, nicht zum Segen für das Judentum, sich geltend macht, ist auch hier wahrzunehmen, das ist das allmähliche Verschwinden der kleinen Landgemeinden, hauptsächlich eine Folge von dem Zuge unserer Glaubensgenossen nach der Stadt. Langsamer allerdings als in manchen anderen Gegenden, wo eine größere Stadt in unmittelbarer Nähe liegt, doch unaufhaltsam schreitet auch hier der Auflösungsprozess der kleinen Gemeinden voran, und an mehreren Orten, wo vor Jahrzehnten noch blühende Synagogengemeinden vorhanden waren, sind heute nur noch wenige Familien, verschiedene Gemeinden haben sich ganz aufgelöst. Desto wohltuender und erquickender ist die Beobachtung, dass der moderne Geist der Irreligiosität oder auch nur des Indifferentismus in Bezug auf Religion bis jetzt glücklicherweise in jene stille, friedliche Gegend wenig oder noch gar nicht eingedrungen ist. In nahezu allen Gemeinden des Distrikts herrscht noch echte, streng-jüdische Frömmigkeit, ganz besonders in Burgpreppach selbst, wo ein reges jüdisches Leben pulsiert. Wie mir es sonst nur in den größten Kehilos (Gemeinden) treffen.   
Die Talmud-Thora-Schule genießt einen guten Ruf, und wie wohlverdient derselbe ist, das möchte ich hiermit in weitesten Kreisen bekannt machen; aus diesem Grunde besonders drängt es mich, diese Zeilen zu veröffentlichen.   
 
Burgpreppach Israelit 25081890a.jpg (191535 Byte)Ihre Entstehung verdankte diese Schule einer uralten Stiftung, der sogenannten Grabfeld-Talmud-Tora-Stiftung, aus deren Mitteln von jeher eine kleine Zahl von Jünglingen unterhalten und durch den jeweiligen Distriktsrabbinen unterrichtet wurde. Der verstorbene Rabbiner Abraham Hirsch – das Andenken an den Gerechten ist zum Segen – hat es unternommen, mit Benützung dieser Stiftung eine großartige Schule ins Leben zu rufen, die seinen Namen für alle Zeiten unvergesslich machen wird. Ich muss, wenn ich mir den frommen, gelehrten und doch so bescheidenen Mann vergegenwärtige, immer willkürlich an Pestalozzi denken. Abraham Hirsch hatte nicht das Glück, gleich Pestalozzi der ganzen Menschheit oder nur einem großen Kreise ein Bahnbrecher zu werden, aber in seiner reinen Menschenliebe, vor allem seiner rührenden Liebe zur Jugend, seiner Begeisterung für die Wahrheit und seinem gottesfürchtigen, uneigennützigen Wirken glich er dem großen Pädagogen, dem sie erst neulich in Iferten ein Denkmal gesetzt. Das jüdische Gesetz erlaubt es uns nicht, dass wir unsern großen Männern Monumente aus Erz und Stein errichten, aber das schönste unvergängliche Denkmal hat Abraham Hirsch sich selbst in der von ihm ins Leben gerufenen Talmud-Tora-Schule gesetzt. Und das Wort unserer Weisen  - das Andenken an den Frommen ist zum Segen – bewahrheitet sich auch hier. Das Andenken dieses Frommen und Edlen wirkt zum Segen fort. Sein Geist ist übergegangen auf die Lehrer und Schüler der Anstalt. Im Sinne des so früh dahingeschiedenen Gründers der Talmud-Tora-Schule wirkt der heutige Leiter derselben, der rührige, unermüdlich tätige Rabbiner Dr. Deutsch und dessen Beispiel folgen alle übrigen Herren, die an der Schule tätig sind. Ein Geist ernsten wissenschaftlichen Strebens, verbunden mit aufrichtiger Frömmigkeit und Gottesfurcht durchweht die Anstalt. Dieselbe ist jetzt von der Königlichen Regierung als ordentliche Präparandenanstalt für Lehrer anerkannt; sie ist ganz wie die ähnlichen staatlichen Anstalten organisiert,  und der Unterricht in den profanen Fächern wird in derselben Weise betrieben; auch Musikunterricht wird seit einiger Zeit erteilt. Sie wird gegenwärtig von 47 Schülern aus den verschiedensten Gegenden besucht, und es unterrichten an derselben außer dem Direktor noch drei ordentliche Lehrer, und drei Fachlehrer geben den Musikunterricht. Die überaus befriedigenden, teilweise sogar glänzenden Leistungen, welche die Schüler bei den regelmäßigen Jahresprüfungen, wie bei den Seitens Königlicher Schulräte von Zeit zu Zeit vorgenommenen Revisionen in ihrem
Burgpreppach Israelit 25081890b.jpg (117026 Byte)Wissen und Können zeigen, sind ein beredtes Zeugnis für die Leistungen der Schule; was derselben aber ihre besondere Bedeutung verleiht, das ist die Tatsache, dass an derselben, ihrem Namen und ihrer Bestimmung entsprechend, ein gediegener und gründlicher Unterricht in der Tora gegeben wird, dass die Schüler hingeführt werden zu dem Urquell unserer heiligen Lehre, aus dem sie willig und freudig schöpfen. Mehr als alles hat es mich auch erfreut, zu sehen, wie die Schüler mit Eifer und wahrer Herzenslust stets ganz bei der Sache sind. Gewiss, so musste ich mir sagen, werden die Schüler, die in dieser Anstalt unter so günstigen Vorbedingungen ihre erste Ausbildung erlangen, auch später als Lehrer sich dieselbe Berufsfreudigkeit und die gleiche Pflichttreue bewahren, die für den Bildner der Jugend so sehr nötig sind. Es erübrigt mir noch hinzuzufügen, dass auch das Anstaltsgebäude, überaus luftig und freundlich gelegen, mit seinen geräumigen und schönen Unterrichts- und Wohnzimmer, wie all seinen Einrichtungen einen recht angenehmen Eindruck gewährt und durchaus zweckmäßig erscheint. Der größte Teil der Schüler ist Herrn Lehrer Neumann in Pension übergeben, der seines Amtes mit väterlicher Sorgfalt waltet. Allen Gönnern der Talmud-Tora-Schule, besonders meinen verehrten Mitbürgern, die ihr bisher reiches Wohlwollen entgegengebracht, kann ich dieselbe auch für die Zukunft wärmstens empfehlen. H. Schwab."

 
Bericht des Bezirksrabbiners Saul Munk von 1938 

Burgpreppach Israelit 21071938.jpg (255172 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. Juli 1938: "’Talmud-Tauroh limdinas Grabfeld’. Von Bezirksrabbiner Saul Munk in Burgpreppach
Am nördlichen Ende Bayerns, südlich der Rhön, streckt sich eine Ebene hin, die den Namen Grabfeld führt. Vor Jahrhunderten schon bestanden dort zahlreiche jüdische Gemeinden. Einen Mittelpunkt unter ihnen bildete schon früh die Gemeinde in Burgpreppach. Schwer ist es, den Entstehungszeitpunkt dieser Gemeinde festzustellen. Er soll in der Zeit des Dreißigjährigen Krieges, oder auch noch früher, liegen. Einen Anhaltspunkt dafür gibt der traditionelle Fasttag der Gemeinde am Vortrag des Rausch Chaudesch Siwan, von dessen Ursprung nur noch bekannt ist, dass ein Überfall bewaffneter Scharen der Gemeinde drohte, und dass mit Hilfe der Schlossherrschaft diese Gefahr gebannt wurde.    
Die älteste – uns bekannte – Urkunde teilt mit, dass die Schlossherrschaft den Juden Burgpreppachs im Jahre 1681 ein Gebäude als ‚Schul’ (Synagoge) zur Verfügung stellt, weil ‚ihnen die Schul ziemlich eng wurde’. Ein weiteres Datum ergibt sich aus dem Akrostichon an der Ostwand der jetzigen Synagoge, welches das Datum des Jahres 5524 = 1764 ergibt. Eine andere Urkunde gibt bekannt, dass der Friedhof im Jahre 1706 angelegt wurde.     
Die Gemeinden des Grabfeldes zeigen besonders beispielhaft, wie die Pflege des Torastudiums als vornehmste Aufgabe der jüdischen Öffentlichkeit betrachtet wurde. Wir besitzen ein Protokoll, das in Burgpreppach aufgenommen wurde, und dessen Datum die Jahreszahl 5526 = 1766 aufweist. Die Beschlüsse einer Versammlung vom 24. Tammus des genannten Jahres sind da mit folgender Einleitung verzeichnet:    
‚An den oben bezeichneten Tage versammelten sich hier in Burgpreppach Angehörige der ganzen Landschaft zur Gründung von Thoraschulen in unserer Gegend. Es wurde ein Verein (Chewroh) gegründet. An die Spitze desselben wurden 18 Männer gestellt; aus diesen wurden wieder drei Oberbeamte gewählt (Obergabboim), und zwar …. (folgen Namen). Aus der Menge der angemeldeten Schüler wurden die würdigsten und fähigsten ausgewählt. Es wurden für diese zwei tüchtige Lehrer bestellt. Nach dem augenblicklichen Bedürfnisse wurden zunächst zwei Tora-Schulen gegründet, die eine am hiesigen Platze, die andere in Maßbach’.     
Das Protokoll enthält weitere Angaben über die Verteilung der Schüler auf die beiden Anstalten, über die Finanzierung des Unternehmens durch Anlage eines Grundfonds, über die Verwaltung der Gelder, über die Verewigung der Namen der Spender usw.  Der Stiftung wird der Name ‚Talmud-Thauro limdinas Grabfeld’ gegeben.    
Im Laufe der Jahre ist der materielle Bestand dieser Stiftung ziemlich bedeutungslos geworden. Die Zinsen reichten bald nicht mehr zur Erfüllung der Aufgabe aus. Ein kleiner, materiell unbedeutender Rest hat sich aber über Krieg und Inflation hinweg erhalten und besteht heute noch als ‚Grabfelder Judenlandschaftsschulstiftung’.   
In Burgpreppach aber ist die Idee, die der Stiftung zugrunde liegt, seit ihrer Begründung hoch gehalten worden. Reichten die Zinsen der Stiftung zur Erhaltung einer Schule nicht mehr aus, so flossen reichlich Spenden, um die Tora-Schule oder eine Lernstätte zu unterhalten. So dürften seit dem Jahre 1766 fast ununterbrochen in Burgpreppach jüdische Kinder und Jünglinge ‚Thora’ gelernt haben, sei es in zu diesem Zwecke gegründeten Schulen, sei es als Schüler der dort amtierenden Rabbiner.    
Die letzte Schulgründung erfolgt im Jahre 1875 durch den verewigten Distriktsrabbiner Abraham Hirsch seligen Andenkens. Damals wurde zur Erhaltung der Schule ein besonderer Verein gegründet, der heute noch bestehende ‚Talmud-Thora-Verein’. Nach den Satzungen des Vereins sollte die Schule ‚gründliches, jüdisches Wissen, innige, gediegene Religiosität, in Verbindung mit wahrer edler Bildung’ verbreiten.   
Die Schule hatte jeweils die Form angenommen, die den Zeitbedürfnissen und Zeitverhältnissen entsprach. Jahrzehntelang war es eine Präparandenschule, durch die viele nachmalige Lehrer in Deutschland gegangen sind. Später wurde eine Bürgerschule angegliedert. Als Bürgerschule hat sich die Anstalt bis zu ihrer Schließung im Frühjahr 1938 erhalten. Mag die Tora-Schule in Burgpreppach nur ein winziges Element in der großen Zahl jüdischer Schulen Deutschlands gewesen sein, so dürfte doch dieses Flämmchen jüdischer Lehre, das dort 172 Jahre lang brannte, es verdienen, durch diese Zeilen ganz der Vergessenheit entrissen zu werden."

      
  
Aus der Geschichte der Rabbinates in Burgpreppach  
Unter Rabbiner Dr. Abraham Adler (1838-1845)    
Anmerkung: Abraham ben Pinchas Adler ist 1808 in Kleinsteinach geboren. Er lernte in Burgpreppach bei Rabbiner Abraham Mayländer (1816-1838 Rabbiner in Burgpreppach) sowie seit 1823 an der Jeschiwa in Fürth. Schließlich studierte er an der Würzburger Universität und besuchte gleichzeitig die Würzburger Jeschiwa unter Rabbiner Abraham Bing. Nach seiner Zeit in Burgpreppach wurde er 1845 Rabbiner in Aschaffenburg, wo er bis zu seinem Tod 1880 (?) geblieben ist.   
  
Wahl des Rabbiners Dr. Adler zum Rabbiner in Burgpreppach (1838)  

Burgpreppach AZJ 20091838.jpg (13339 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 20. September 1838: "Für das Rabbinat Burgpreppach ist nunmehr in der Person des Herrn Abr. Adler aus Kleinsteinach gewählt."

  
Über eine Predigt von Rabbiner Adler (1840)     

Burgpreppach AZJ 04071840.JPG (79914 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 4. Juli 1840: "Burgpreppach in Unterfranken. Herr Distriktsrabbiner Adler dahier, erfreute uns am 7. Juni dieses Jahres, also am ersten Tage des Gesetzgebungsfestes, mit einer Herz und Geist ansprechenden Predigt, die in Ihrem geschätzten Blatte rühmend zu erwähnen, Referent sich nicht erwehren kann, ob des tiefen Eindruckes, den solche auf das ganze Auditorium machte. – Das erste der zehn Gebote zum Texte wählend, sprach der Redner, im ersten Teile, über die Wichtigkeit der wahren Gotteserkenntnis; setzte, im zweiten Teile, den praktischen Einfluss, welchen diese Erkenntnis auf Geist und Herz des Menschen übe, in salbungsvoller Rede auseinander; und warnte zum Schlusse, mit hinreißender Beredsamkeit, gesteigerter Energie und heiligem Eifer, mit Bezugnahme auf Lokal-Verhältnisse, vor dem so schädlichen als gefährlichen Laster des Hasse ohne Ursache (unnützer Hass)."

  
Dr. Adler verlässt Burgpreppach (1845)     

Artikel in der Zeitschrift "Der treue Zionswächter" vom 26. August 1845: "Durch die erfolgte Bestätigung des Rabbiners A. Adler in Burgpreppach zum Bezirksrabbinen von Aschaffenburg ist abermals ein Rabbinatssitz aus reformatorischen in konservative Hände übergegangen. Der abgesetzte Rabbiner Neuburger sucht bei der Behörde um ein Handels-Patent nach."       
  
Burgpreppach Israelit19Jh 12101845.jpg (29568 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit des 19. Jahrhunderts" vom 12. Oktober 1845: "Das Rabbinat Burgpreppach. Aus Unterfranken. Das Rabbinat Burgpreppach ist erledigt. Adler ist in Aschaffenburg und eine neue Wahl für seinen früheren Distrikt bereits ausgeschrieben. Die beiden Prinzipien sind auch bei diesen im Kampfe, wir werden sehen, welches den Sieg erhält. – Am 29. dieses Monats ist die Wahl. Über das Resultat will ich Ihnen schreiben."   

  
   
Unter Rabbiner Dr. Josef Gabriel Adler (Bruder des vorherigen) (1845-1873)        
Rabbiner Dr. Josef Gabriel Adler ist 1804 in Kleinsteinach geboren. Nach dem Besuch der Jeschiwa in Fürth (bei Rabbiner Wolf Hamburger) war er zunächst Lehrer in Esslingen. 1845 wurde er als Nachfolger seines Bruders Abraham Distriktrabbiner in Burgpreppach. Hier blieb er bis zu seinem Tod 1873. Er wurde im Friedhof Kleinsteinach beigesetzt. Ein Sohn von ihm - Immanuel Adler, verheiratet mit der jüngsten Tochter des Würzburger Raw Seligmann Bär Bamberger - war 40 Jahre Distriktsrabbiner von Kitzingen
    
Rückblick auf die Wahl von Dr. Adler und weitere Mitteilungen (1845)        

Artikel in der Zeitschrift "Der treue Zionswächter" vom 11. November 1845: "Burgpreppach. Unsere Rabbinats-Wahl ist vollbracht. An die Stelle unseres würdigen Rabbinen Adler, der jetzt bereits in Aschaffenburg weilt, ist dessen Bruder, bisher Rabbinats-Kandidat und Lehrer in Rhein-Bayern zum hiesigen Distrikts-Rabbinen erwählt worden. Wie sein Bruder, ist unser jetziger Herr Rabbiner bei vorzüglicher Wissenschaftlichkeit und Beredtheit Anhänger streng konservativer Grundsätze; wir haben durch diese Wahl bewiesen, dass wir ebenfalls Juden bleiben wollen."     
 
Burgpreppach Israelit19Jh 23111845.jpg (130636 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit des 19. Jahrhunderts" vom 23. November 1845: "Das Rabbinat der Lehrer. Die Wahl in Burgpreppach ist vorüber. Nicht mehr als zwei Bewerber waren auf dem Kampfplatze: "Ein Bruder des früheren Rabbiners, Lehrer im Rheinkreise und Kandidat Kahn aus Burgpreppach: Der Erstere wurde gewählt. Es sollen jedoch Reklamationen wegen Wahlumtriebe stattgefunden haben. Mehr Beachtung als dieser Wahlkampf verdient eine Erscheinung, die man mit großem Recht als Rückschritt bezeichnen kann. Es werden nämlich in neuester Zeit wieder Subjekte als Lehrer zu Finalprüfungen zugelassen und angestellt, die kein Schullehrer-Seminar besucht haben, ja fast ohne eine nur halb genügend Vorbildung diesem sich widmen. Schon wusste in unserem Lande und zumal in unserem Kreise Niemand anders, als dass nur Seminaristen angestellt werden könnten und unser Schulwesen nahm trotz seinen vielfältigen Mängeln einen erfreulichen Aufschwung. Welchen Stoß muss dieser erleiden, wenn eine solche Milderung den Jugend-Unterricht wiederum in die Hände von Individuen legt, die ohne wahre Schulbildung von Pädagogik und Didaktik kein Wort verstehen. Zur Ehre der Gemeinden gereicht es, dass von ihnen aus keine Anträge gestellt wurden, aber auch dagegen ist bis jetzt nichts geschehen, und es lässt mit ziemlich Gewissheit sich voraus bestimmen, dass bald solche geprüfte Schullehrer den in Seminar Gebildeten werden vorgezogen werden, besonders in jenen Gegenden, die dem Einflusse gewisser Finsterlinge ganz hingegeben sind. – Für den bevorstehenden Landtag wird auch in unserem Kreise eine Petition vorbereitet und mit Bewilligung der königlichen Kreisregierung demnächst eine Versammlung abgehalten werden."      
 
Artikel in der Zeitschrift "Der treue Zionswächter" vom 6. Januar 1846: "Der zum Bezirks-Rabbiner in Burgpreppach an der Stelle seines Bruders, des jetzigen Aschaffenburger Rabbiners erwählte Lehrer und Rabbinats-Kandidat H. Adler ist von der Regierung als solcher bestätigt worden."    

  
Rückblick auf die Besetzung des Rabbinates (1847) - Kritisches aus einer liberal-jüdischen Zeitung    

Burgpreppach ImdtReich 07021847.jpg (225812 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit des 19. Jahrhunderts" vom 7. Februar 1847: "Rückblick auf das Jahr 1846. (Aus Bayern, im Januar 1847 – Schluss). – Im Laufe des Jahres wurden zwei Rabbinate besetzt, das zu Oettingen mit einem gewissen Dr. Feuchtwangen, und das zu Burgpreppach mit einem J.G. Adler, welcher bis dahin Lehrer in einer pfälzischen Gemeinde gewesen war. Beide huldigen hyperorthodoxen Grundsätzen und gehören zur Partei des Zionswächters. Das wäre nun so ziemlich in der Ordnung. Nicht in der Ordnung aber ist es, dass bei der Wahl des Letzteren allerlei niedrige Kunstgriffe und Umtriebe angewendet wurden, um den Mitbewerber, der noch dazu ein Ortskind war, zu verdrängen! Die Wahl wurde auch wegen Simonie beanstandet, von der Kreisregierung zu Würzburg jedoch genehmigt, und Adler wirklich installiert. Nun kam erst hintendrein eine Entschließung des Ministeriums, wodurch die Wahl als ungültig erklärt und eine neue Wahl, wozu jedoch auch Adler konkurrieren könnte, angeordnet wird. Sollte nun Adler, der seine frühere Stelle natürlich aufgeben musste, nicht wieder gewählt werden, so ist der Mann mit seiner Familie brotlos gemacht. Die abscheulichen Umtriebe, welche seit geraumer Zeit bei den meisten Rabbinerwahlen vorkommen, sind aber auch ein Krebsschaden, welcher an dem religiösen leben nagt und der Synagoge und ihren Dienern alle Achtung nach Innen wie nach Außen raubt. Es kann deshalb nicht oft und nicht nachdrücklich genug auf diesen Umfug hingewiesen werd3en. So wurden für das seit länger als 3 Jahren erledigte Rabbinat Welbhausen bereits zwei Wahlen annulliert, weil sich die Kandidaten die Anklage der Bestechung einander an den Kopf geworfen haben und diese Anklage auch als begründet befunden worden sind. Wenn das so fortgeht, müssen die Behörden doch endlich aufmerksam werden und Kräfte Maßregeln zur Abhilfe ergreifen. Lassen Sie mich nun meinen Bericht mit einer erfreulicheren Nachricht schließen…".

    
Religionslehrerkonferenz unter Rabbiner Dr. Adler (1864)      

Burgpreppach Israelit 05101864.jpg (181416 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. Oktober 1864: "Burgpreppach, den 21. September (1864). In Folgendem erlaub ich mir, über die am 20. September von unserem Herrn Distrikts-Rabbiner Adler hier abgehaltene Religionslehrer-Konferenz in Ihrem geschätzten Blatte Bericht zu erstatten. 
Diese Konferenz wurde von unserem Herrn Distrikts-Rabbiner durch eine schöne Anrede eröffnet. 
Nach geschehener Eröffnung wurden mehrere von den Herren Lehrern des Rabbinats-Bezirks eingelieferte schriftliche Ausarbeitungen über das Thema: ‚Aus welchen Stellen und Geboten der heiligen Schrift ist die Existenz der Tradition, wie deren Unentbehrlichkeit für unser praktisch religiöses Leben erwiesen, und auf welche Weise soll dies im Unterrichte nutzbringend angewendet werden’, von den Verfassern öffentlich vorgetragen. 
Diese sehr guten und praktischen Ausarbeitungen zeugten von dem religiösen Sinn, von dem Ernste und Diensteifer der Herren Religionslehrer des diesseitigen Bezirks, welches auch von Seiten unseres Herrn Konferenz-Vorstandes und eines unserer geschätzten Kollegen öffentliche Anerkennung erhielt. 
Nachdem man hierauf dieses gegebene Thema kollegialisch erörtert, und nach allen Seiten hin fürs praktische Schulleben besprochen, und der Herr Distrikts-Rabbiner herrliche und lehrreiche Bemerkungen hierüber gegeben hatte, schloss derselbe diese Konferenz mit einem herzlichen Abschiedsgruße.  
Alle anwesenden Lehrer des Bezirks waren hoch erfreut, gehoben und belehrt über die treffliche Behandlung dieser fürs praktische Religionsleben tief eingreifenden Konferenz-Aufgabe unseres Herrn Distrikt-Rabbiners, welcher durch seine vieljährige fruchtreiche, der Orthodoxie gewidmete Praxis, wie durch seine Demut und Bescheidenheit sich die ungeteilte Liebe und Verehrung der ihm unterstellten Lehrer, wie die seines ganzen Bezirks zu erfreuen hat.   
Referent entspricht dem Wunsche seiner Kollegen mit Vergnügen, diesen Gefühlen hierdurch öffentlichen Ausdruck zu geben. 
Nach geschlossener Konferenz wurde auch die materielle Besserstellung der Religionslehrer besprochen und besonders ein Antrag dahin gestellt, dass für die Relikten der Religionslehrer ein Fond gebildet werden möge, aus welchem dieselben Pension erhielten. Da die Verwirklichung dieses Planes sehr schwierig ist, und einer reiflichen Überlegung und Auseinandersetzung bedarf, wurde eine weitere Zusammenkunft der Religionslehrer des Bezirks beantragt, um die Ausführung dieser Angelegenheit zu besprechen und Beschluss hierüber zu fassen. 
Es dürfte vielleicht nicht ungeeignet sein, wenn die Herren Religionslehrer des unterfränkischen Kreises eine Petition an das Königliche Staatsministerium um Unterstützung aus verfügbaren Staatsmitteln in dieser wichtigen Angelegenheit richteten."     

  
Zum Tod der Witwe von Rabbiner Dr. Josef Gabriel Adler: Sara Adler (1876)
Sara geb. Scharff wurde im jüdischen Friedhof Kleinsteinach beigesetzt. 

Burgpreppach Israelit 12101876.jpg (172167 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 12. Oktober 1876: "Aus Unterfranken. Ich habe Ihnen heute zu meinem Bedauern über den großen Verlust zu berichten, den eine echt religiöse und biedere Familie, den ganz Israel überhaupt erlitten hat durch den frühen Heimgang einer wahren wackeren Frau in dem würdigsten Sinne dieses Wortes. 
Frau Rabbiner Sara Adler Witwe zu Burgpreppach ist am dritten Tage des Monats Elul (23. August 1876) in ein besseres Jenseits hinübergegangen. Die Verblichene verdient als Muster der aufrichtigsten Religiosität, der nie wankenden Gottesfurcht, der würdigsten Kindererziehung, der opferbereitwilligsten Nächstenliebe unseren Frauen und Töchtern zur Nachahmung empfohlen zu werden. Seit dem vor 3 ½ Jahren erfolgten Tode ihres seligen Mannes, des berühmten Rabbiners Jos. Gabr. Adler – das Andenken des Gerechten ist zum Segen – in Burgpreppach, war sie größtenteils leidend. Eine schmerzliche Krankheit hatte sie seit dem 2. Tage von Pessach fast ausschließend an das Krankenlager gefesselt; hier auf diesem anhaltenden Schmerzenslager strahlte der Kronenschmuck ihrer zahlreichen Tugenden in seinem wahren Glanze.  
Sie verrichtete mit der größten Gewissenhaftigkeit ihre Gebete, sie sorgte mit der größten Ängstlichkeit für die pünktliche, genaue Erfüllung aller religiösen und menschenfreundlichen Pflichten, sie äußerte sich beständig dahin, dass wenn sie der Allgütige von ihrem harten Leiden genesen lasse, ihr Leben dann noch in reichlicherem und kräftigerem Maßstabe den drei jüdischen Grundprinzipien Tora, Gottesdienst und Wohltätigkeit gewidmet sein solle. Die würdigste Besiegelung erhielt dieses Leben durch die Art und Weise, wie sie in das bessere Jenseits hinüber ging. Mit der Worte ächad (sc. letztes Wort des Sch’ma Jisrael) auf der Zunge hauchte sie ihre reine Seele aus. An dem Grabe derselben schilderte ihr Sohn, der Herr Distriktsrabbiner J. Adler zu Kitzingen am Main, mit beredten Worten den Verlust der Familie und der ganzen Versammlung Jeschurun (gemeint: ganz Israel). Nach demselben hielt der Schwiegersohn, der jetzige Herr Rabbiner A. Hirsch zu Burgpreppach, einen längeren, alle Anwesenden tief ergreifenden Hesped (Trauerrede) und hof in demselben namentlich hervor, wie das Hauptverdienst der Verstorbenen in der musterhaften Erziehung ihrer Kinder bestehe, wie es ihr gelungen, Söhne zu erziehen, die in Tora und den Geboten ihr höchstes Streben erkennen, wie sie ihre Töchter an die alten israelitischen Tugenden gewöhnt, an die Einfachheit, Anspruchslosigkeit, Bescheidenheit und an die pünktliche Ausübung aller jüdischen Pflichten. 
Möge der Allgütige lindernden Balsam in die tiefen Wunden der Familie und der Trauernden Israels senden, möge Er geben, dass sich bewahrheite jener Vers in Jesaja: ‚Er macht verschwinden den Tod für immer’ (Jesaja 25,8)."     

      
Zum Tod von Benjamin Adler in Halberstadt, Sohn von Rabbiner Emanuel Adler (1929)   

Burgpreppach Israelit 03011929.jpg (135569 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. Januar 1929: "Nürnberg, 12. Dezember (1929). Ein guter Mensch und Jehudi ist in dem weit bekannten früheren Konditoreibesitzer Benjamin Adler in Halberstadt vorzeitig im 59. Lebensjahr plötzlich verschieden. Als vierter Sohn des Kaufmanns und Rabbiners Emanuel Adler in Burgpreppach widmete er sich aus Vorliebe zum Handwerk dem Bäckerberufe. Seine Gesellenjahre führten ihn, wie es im Handwerk Sitte war und ist, von Würzburg nach Fürth, Altona, München, Wien, von den kleineren Orten wo er zur Hochsaison auf Pessach tätig war, nicht zu reden. Unter Aufsicht und Beistand des alten Halberstädter Rabbiner Dr. S. Auerbach – das Andenken an den Gerechten ist zum Segen – gründete er endlich seine eigene Bäckerei und Konditorei, die sich durch ihre vorzüglichen Erzeugnisse für Pessach einen Ruf erringen konnte. Die Gemeinden Berlin und Leipzig wurden seine Hauptabsatzgebiete. Berlin war es, das unter seiner fachkundigen Meisterschaft den eigenen Bedarf an Mazzos unter Rabbinatsaufsicht 1924/25 bei ihm gebacken hat. Auf einer Provinzialausstellung in Magdeburg, wo er unter anderem einen Riesenberches und die Nürnberger Burg in Schokolade und Marzipan in vollendeten Glanzleistungen ausstellte, wurde er 1907 durch eine liebenswürdige Ansprache des Oberpräsidenten geehrt und erhielt er die goldene Medaille, welcher Ehrung die Halberstädter Innung ihrerseits sich mit dem silbernen Ehrenpreis anschloss. Mit dem tüchtigen und fleißigen Handwerkskünstler verband Benjamin Adler in seiner Persönlichkeit den Menschen von goldenem Humor und echt jüdischer Gewissenhaftigkeit, wodurch er sich die dauernde Zuneigung aller Kreis erwarb. Der Erfolg blieb seinem rastlosen, ehrlichen Streben nicht aus, den er noch gemeinsam mit seiner ihm im Tode vorangegangenen Gattin in der Sonne des wiedererstandnen Friedens genießen konnte. Eine originelle Natur, die mit der verfeinerten Technik des Berufs eminente kaufmännische Fähigkeiten vereinte, eine stolze Freude seines ehrwürdigen Vaters einstmals, eine Blüte und Zierde des schwer ringenden jüdischen Handwerkerstandes ist mit ihm nun in die Ewigkeit eingegangen. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens."    

  
       
Unter Rabbiner Dr. Abraham Hirsch (1878-1885)   
Abraham Hirsch ist 1839 in Poppenlauer als Sohn des Metzgers Jeidel Hirsch und der Babette geb. Lion geboren. Er studierte in Haßfurt bei Rabbi J. Schüler, in Würzburg bei Rabbi Seligmann Bär Bamberger und in Berlin bei Rabbi Michael Landsberger mit Ausbildung zum Rabbiner. Er hat in Miltenberg 1864 eine "Erziehungs- und Unterrichtsanstalt" eröffnet. Diese sollte zu einer Vorbereitungsschule für die Israelitische Lehrerbildungsanstalt werden. Ein Grund für die Eröffnung der Schule in Miltenberg war, dass hier Abrahams älterer Bruder Hirsch Hirsch (geb. 1831 in Poppenlauer) bereits als Lehrer tätig war. Allerdings starb Hirsch Hirsch bereits am 3. August 1866 in Miltenberg an der Cholera, die durchziehende preußische Soldaten in der Stadt hinterlassen hatten. Dies führte zum schnellen Ende der Schule in Miltenberg. Im Oktober 1866 verlegte Abraham Hirsch die Schule nach Mainstockheim. Seit 1875 war Abraham Hirsch als Nachfolger seines Schwiegervaters Rabbiner in Burgpreppach und eröffnete hier eine Talmud-Tora-Schule, die er erfolgreich bis zu seinem Tod am 19. November 1885 geleitet hat. 
        
Rundschreiben von Rabbiner Hirsch betreffs der Unterstützung eines Vereins zur Versorgung jüdischer Soldaten mit koscherer Verpflegung (1878)  

Burgpreppach Israelit 27031878.JPG (235953 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27. März 1878: "Burgpreppach (Unterfranken). Im Interesse einer für das Judentum wichtigen Angelegenheit ersuche Sie hiermit, einen Aufruf, den unser verehrter Herr Rabbiner in seinem Distrikt zirkulieren ließ, zu veröffentlichen.    
Geehrte, edle Glaubensgenossen!    
Der Unterzeichnete fühlt sich verpflichtet, in einer äußerst wichtigen und dringenden Angelegenheit sich mit einer innigen und ergebenen Bitte an Sie zu wenden, Sie zu ersuchen, es möge Jeder nach dem Verhältnisse der Mitte, die ihm zur Verfügung stehen, ein Scherflein beitragen, auf dass ein Unternehmen, das nur den edelsten Absichten sein Entstehen verdankte und das sich eines langjährigen, segensreichen Wirkens rühmen kann, auch für die Zukunft in der Betätigung dieses heilsamen Einflusses nicht gehemmt oder gar unterbrochen werde.    
In Bamberg wurde von verschiedenen edlen und opferbereitwilligen Glaubensgenossen im Jahre 1866 ein Verein gegründet mit der Tendenz, braven, armen, jüdischen Soldaten, die sich dort in Garnison befinden, die Mittel für Koscherkost zu verabreichen. Trotz der vielen Hindernisse, die hier zu besiegen waren, trotz der kritischen Verhältnisse, die in Folge des deutsch-französischen Krieges eingetreten, indem nämlich die Kasse des Vereins so stark in Anspruch genommen wurde, dass die disponiblen Mittel desselben nicht nur erschöpft wurden, sondern dass er selbst gezwungen, sich eine bedeutende Schuldenlast aufzubürgen, trotz all’ dieser Schwierigkeiten, die die Existenz des besagten Vereins so sehr bedrohten, ist es doch der unermüdeten Tätigkeit und der Begeisterung seiner Vorstände gelungen, all jene Unannehmlichkeiten zu beseitigen und bis heutigen Tages das Ziel, das man sich gesteckt hatte, mit rastlosem Streben zu verfolgen.    
In der jüngsten Zeit ereignete es sich aber, dass stets so viele jüdische Soldaten, welche die Unterstützung und die Hilfe des Vereins in Ansprach nahmen, in der dortigen Garnison vorhanden waren, dass der Verein mit bestem Willen nicht mehr die Wünsche all’ dieser Petenten erfüllen kann. Unter diesen Soldaten, die größtenteils aus unserem Kreise, aus Unterfranken, sich rekrutieren, sind sehr viele, die nie vorher Speisen, die das Religionsgesetz den Israeliten zu genießen verbietet, gekostet haben.         
Wenn wir nun verpflichtet sind, jedem Glaubensgenossen ohne Unterschied Mittel und Gelegenheit zu bieten, seiner Religion gemäß leben zu können, so ist unsere Verpflichtung eine umso größere und heiligere, nach Kräften dazu beizutragen, dass unsere jüdischen Soldaten, indem sie dem Vaterlande den vorgeschriebenen Dienst leisten, nicht gezwungen werden, dies ausführen zu müssen mit dem Bewusststein, welches das Gewissen so tief verletzt, dass sie während ihrer dreijährigen Dienstzeit Speisen, die den Israeliten nicht erlaubt sind, zu genießen haben.   
Unsere hohe Staatsregierung hat in gerechter Würdigung, dass der Staat bei den Ansprüchen, die er an jeden Bürger stellen muss, so viel als nur irgendwie möglich, das religiöse Leben der verschiedenen Konfessionen zu berücksichtigen verpflichtet ist, in höchst toleranter Weise die Israeliten vom Speisen in der Menage dispensiert. Sorgen wir nun, dass diese humane Bestimmung unserer Staatsregierung bei vielen jüdischen Soldaten nicht wieder illusorisch wird, indem sie nicht die notwendigen Mitten besitzen, um die ziemlich bedeutenden Kosten, die hierdurch verursacht werden, bestreiten zu können. Wir geben uns daher der an-  
 
Burgpreppach Israelit 27031878b.jpg (124418 Byte)genehmen Hoffnung hin, dass die ewig sprudelnde Wohltätigkeitsliebe unseres Volkes, dieser Nationaltugend Israels, durch allseitige, kräftige Unterstützung uns in die erwünschte Lage versetzen wird, dass wir nicht nur die pekuniären Verlegenheiten, in welchen sich die Vorstände des Bamberger Soldaten-Vereins momentan befinden, beseitigen, sondern, dass wir vielmehr durch hinreichende Mittel, welche wir dem Vereine zufließen lassen, bewirken, dass er alle Ansprüche, die an ihn in dieser Beziehung gestellt werden, vollkommen befriedigen kann. Sie verehrter Herr Kultusvorsteher, werden gewiss mit alle Bereitwilligkeit recht warm die Unterstützung dieses würdigen Unternehmens Ihrer Gemeinde empfehlen und den Betrag einer Kollekte, die sie freundlichst veranstalten, sofort anher einsehen.   
Burgpreppach, den 13. März 1878.  
Mit aller Hochachtung zeichnet   A. Hirsch, Distrikts-Rabbiner.     
Wir beabsichtigen hiermit einen doppelten Zweck:  
1) Wollen wir die 'von ihrem Herzen angetrieben sind' ('die Großherzigen', vgl. 2. Mose 35,5) auch außerhalb dieses Rabbinatsbezirks auf die Unterstützung eines edlen Unternehmens aufmerksam machen.   
2) Soviel uns bekannt, wurde bisher von sämtlichen bayrischen Garnisonsstädten nur in Würzburg und Bamberg armen jüdischen Soldaten Gelegenheit geboten, während ihrer Militärdienstzeit Koscher essen zu können. Am ersteren Orte wird diese Angelegenheit von dem durch seine Gelehrsamkeit und seine Begeisterung für alles Jüdische und Edle allgemein rühmlichst bekannten Distrikts-Rabbiner, Herrn S. B. Bamberger, seit einer sehr langen Reihe von Jahren geleitet. In Bamberg von dem erwähnten Soldaten-Vereine. Wie leicht könnte diese für die allgemeine Religiosität so wichtige Angelegenheit in fast allen bayerischen, ja vielleicht in den meisten deutschen Garnisons-Städten geordnet werden, wenn die betreffenden Rabbinen guten Willen und Energie genug besäßen, diese Sache mit Entschiedenheit in die Hand zu nehmen, oder wenn zu diesem Zwecke sich Vereine bilden würden. Ein Jehudi."

        
Eröffnung der Talmud-Tora-Schule in Burgpreppach durch Rabbiner Dr. Abraham Hirsch (1878)  

Burgpreppach Israelit 27111878.jpg (209980 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27. November 1878: "Burgpreppach, 12. November (1878). Es wird den Lesern dieses geschätzten Blattes nicht unlieb sein, wenn ich ausführlich über ein erfreuliches Faktum berichte, das sich hier ereignet, ein Faktum, das leider jetzt in Deutschland zu den Seltenheiten gehört. Heute wurde das neu errichtete Unterrichtslokal der hiesigen Talmud-Tora-Schule durch den Leiter der Anstalt, unseren sehr verehrten Herrn Rabbiner Hirsch – sein Licht leuchte – seiner Bestimmung übergeben. Die Feier war einfach, aber erhebend. Nachdem ein Protokoll aufgenommen worden war, in welchem der Nachwelt der Zweck dieses Gebäudes mitgeteilt wird nebst allen Bedingungen, die hieran geknüpft sind, sprach der besagte Gründer unserer Talmud-Tora-Schule in äußerst gerührter und gehobener Stimmung die BerachaSchähechenu’ (abgekürzt: 'Gelobst seist Du Ewiger, unser Gott, der uns am Leben erhalten... und uns diese Zeit hat erreichen lassen'). Er dankte dem Allgütigen mit begeisterten Worten für die große Huld, die Er ihm gewährt, in so kurzer Zeit ein so hübsches und in jeder Beziehung entsprechendes Gebäude für dieses so notwendige und zeitgemäße Unternehmen herstellen zu lassen und den größten Teil der hieraus erwachsenen Unkosten, die sich auf mehr als 10.000 Mark belaufen, decken zu können. Er zollte die wärmste, aufrichtigste Anerkennung jenen Edlen Israels, die ihn bisher in würdiger Opferbereitwilligkeit unterstützten. Wenn auch momentan die zur Disposition stehenden Mittel noch nicht hinreichen, alle eingegangenen Verbindlichkeiten zu erfüllen, so sprach er die sichere Zuversicht aus, dass das Wohlwollen der vielen Freunde und Gönner der Anstalt, sowie der opferfähige Gemeinsinn, der ja Israels Kindern stets auszeichnete, auch bald diese drückende Sorge von seinen Schultern wälzen werde, sodass er dann seine Aufmerksamkeit einem anderen Zwecke, der Unterstützung unbemittelter Zöglinge in bedeutenderem Maß als dies bisher der Fall sein konnte, zuwenden könne. Sich an die Zöglinge wendend, schilderte er ihnen ausführlich die Motive, die ihn zur Gründung der Anstalt veranlasst und die ihn stets bei der Direktion und bei dem Unterricht geleitet, nämlich Gelegenheit zu bieten, gründliche Kenntnis der Tora nebst wahrem Wissen und würdiger Bildung erwerben zu können, auf dass echte Jehudim, gediegene Charaktere und edle Menschen unsere Lehrer und Führer werden. Um dieses Ziel zu erreichen, müsse von Seite der Lehrer die lebhafteste Begeisterung und die wahrhafteste Hingabe an diese heilige Sache, von Seiten der Schüler aber Fleiß, Aufmerksamkeit und würdiger Eifer vorhanden sein. Was in seinen Kräften stehe, werde er mit aller Beharrlichkeit und Freude zur Erreichung und Behauptung dieser höchsten Güter Israels aufbieten, er erwarte aber auch, dass alle Zöglinge ihre Flicht erfüllen werden. Hierauf wurde der Unterricht in Gemara sogleich eröffnet. 
Mögen die Wünsche und Hoffnungen dieses edlen Mannes sich recht vollkommen realisieren, möge die Anstalt sich stets als eine üppige, segensreiche Pflanzstätte des wahren Torastudiums und der wirklichen Bildung bewähren und möge sich dieses so gemeinnützige Unternehmen zu jeder Zeit des allgemeinen Wohlwollen erfreuen."

  
Spendensammlung von Dr. Hirsch (1882)  

Burgpreppach Israelit 10051882.jpg (143101 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. Mai 1882: "Burgpreppach, 4. Mai (1882). Am vergangenen Schabbat Paraschat Kedoschim (das ist Schabbat mit der Toralesung Kedoschim = 3. Mose 19,1 - 20,27, das war 29. April 1882) benutzte zum wiederholten Male unser allverehrter Herr Rabbiner Hirsch – sein Licht leuchte – seinen Nachmittagvortrag, um zu materiellen Unterstützung unserer so sehr bedrängten russischen Glaubensbrüder aufzufordern und durch Nachweise aus der Sidra dazu anzueifern. Anknüpfend an die Worte 'Ihr sollt nicht beim Blute essen' (3. Mose 19,26) setzte er auseinander, dass es unrecht, gefühllos – ja sündhaft sei, in einer Zeit, in der so viele unserer Glaubensgenossen lediglich ihrer Religion halber der Plünderung, den rohesten Misshandlungen, der Vertreibung aus der lieb gewonnenen Heimat, ja oft dem Tode preisgegeben sind, wenn wir, die wir in Ruhe und Frieden leben, unsere irdischen Glücksgüter auch in Ruhe und Frieden genießen wollten, während jene das Judentum mit ihrem Blute besiegeln. In dieser Zeit, sei es vielmehr Pflicht von Jedem, der den Namen Jehudi führt, den Worten 'öffnen sollst Du Deine Hand'  (5. Mose 15, 8 und 11) wiederholt sollst Du deine Hand den Armen öffnen, entsprechend, immer und immer wieder zu geben. So hatte denn auch die dritte, für unsere russischen Glaubensgenossen dahier vorgenommene Sammlung ein für die hiesige Gemeinde sehr günstiges Resultat. Es ergab sich bei derselben die Summe von 204 Mark. Gleichzeitig brachte Herr Rabbiner Hirsch – sein Licht leuchte – das schon von anderer Seite angeregte Projekt, monatliche Sammlungen vorzunehmen, in Vorschlag, und ließ er zu diesem Zwecke eine Liste auflegen, wobei ebenfalls ein recht guter Erfolg erzielt wurde, indem pro Monat 33 Mark gezeichnet wurden. Gerade das Letzte ist, was dem Schreiber dieses die Feder in die Hand drückt; denn er glaubt, dass gerade dieses Projekt einer allgemeinen Beachtung und einer recht vielseitigen Nachahmung wert sei. ‚Steter Tropfen höhlt den Stein’, sagt ein altes deutsches Sprichwort, so würden auch hier die kleinen, regelmäßigen, monatlichen Beiträge sich zu großen Betragen summieren und würden, einmal angefangen, eine dauernde Quelle zur Unterstützung bilden, was momentane Beiträge, die zwar anfangs größer sind, aber, wenn wiederholt angepocht wird, stets kleiner werden, sicherlich nicht sind."  

   
Über Rabbiner Dr. Hirsch und seine Talmud-Tora-Schule (1884)  
Den Bericht verfasste der Direktor des Israelitischen Handelsinstitutes in Mellrichstadt, Naphtali Ottensoser. 

Burgpreppach Israelit 15091884.jpg (171650 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 15. September 1884: "Mellrichstadt (Bayern), im September (1884). Zurückgekehrt vom Besuche meines Sohnes zu Burgpreppach, sehe ich mich veranlasst, dem Lesepublikum dieses geschätzten Blattes meine Wahrnehmungen dort über die Talmud-Tora-Schule hier niederzulegen.     
An der Spitze, als Begründer, Leiter und Lehrer dieser viel besuchten Schule (63 Zöglingen), steht der hoch geachtete Distrikts-Rabbiner Herr Hirsch.  
Sein unermüdliches Streben, um eine bessere Jugend zu schaffen, sie jüdische religiös zu erziehen, mit jüdischen, sowie mit weitgehenden profan-wissenschaftlichen Kenntnissen auszustatten, ist vom Anfang bis jetzt seine Lebensaufgabe geworden und wird sie auch ferner bleiben.    
Er lebt nur dem vorerwähnten heiligen und edlen Zwecke, an sich denkt er nicht, denn er bezieht für seine Lehrtätigkeit keinen Deut aus den Einnahmen des Institutes.   
Außer Herrn Rabbiner Hirsch wirken vier Lehrer, ausgezeichnet tüchtige Lehrkräfte an dieser Schule.  
Zunächst ist sie eine Bildungsanstalt für jüdische Schulpräparanden; aber auch diejenigen, welche sich für den Kaufmannsstand auszubilden suchen, finden hier Grund und Boden dazu. Man nimmt sehr gern solche junge Leute, die die Schule in Burgpreppach besucht haben, als Lehrlinge ins Geschäft.   
Ich spreche nicht pro domo, denn ich stehe dieser Anstalt durchaus fern. Aber in Anbetracht, dass gerade jetzt die Frage an viele Eltern herantritt, wo man am besten seine Kinder zur Erziehung und Ausbildung unterbringt, plädiere und empfehle ich die Talmud-Tora-Schule zu Burgpreppach.  
Man sollte nun meinen, dass diese so wohltätig wirkende Schule mit den nötigen pekuniären Mitteln ausgestattet wäre, nichts weniger als das. Viele arme Schüler werden unentgeltlich in Pension und Unterricht, soweit die Mittel reichen, aufgenommen, und sucht Herr Rabbiner Hirsch die Kosten durch Inanspruchnahme der Privatwohltätigkeit zu beschaffen. Auch in dieser Richtung erlaube ich mir die Bitte an die Wohltäter in Israel zu richten, dass wer, was im Monat Ellul stets der Fall, Förderer der Wohltätigkeit ist, keinen edleren Zweck fördern kann, als erwähnte Schule zu unterstützen.    
Sollte ich durch vorstehende Deduktion in der einen oder anderen Richtung zum Guten beigetragen haben, bin ich höchlich belohnt.   Ottensoser, Direktor."

     
Berichte zum Tod von Rabbiner Dr. Hirsch (1885)     

Burgpreppach Israelit 30111885.jpg (84791 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. November 1885: "Mainz, 27. November (1885). Der Telegraph bringt uns soeben die Trauernachricht von dem heute erfolgten Hinscheiden unseres teueren und unvergesslichen Freundes, des Distriktrabbiners Hirsch – er ruhe in Frieden – zu Burgpreppach. In der Blüte seiner Jahre wurde er nach langen und schmerzlichen Leiden hinweg genommen. Was das Judentum, was die Menschheit in diesem edlen, vorzüglichen, gelehrten und gottbegeisterten Manne verliert, ist nicht zu beschreiben. Sein ganzes, opferungsreiches Leben war in erster Linie der Jugendbildung gewidmet. Die Vorbereitungsschule für den Lehrerberuf, die der Verewigte gegründet und erhalten, wirkte äußerst segensreich, und viele tüchtige Männer verdanken dem so früh uns Entrissenen die Grundlage ihrer Erziehung, die Bildung ihres Charakters. – Wir erwarten, dass eine berufene Feder uns den Lebensgang und die hohen Eigenschaften des edlen Verblichenen ausführlich schildern wird. Möge der allgütige Gott der trauernden Gattin und all den zahlreichen Freunden Trost spenden! Der Verklärte wird in jenen lichten Gefilden reichen Lohn empfangen für all das Gute, das er hienieden geleistet. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens."
 
Burgpreppach Israelit 07121885.JPG (374011 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. Dezember 1885: "Distrikt-Rabbiner Abraham Hirsch – er ruhe in Frieden – (Burgpreppach in Bayern). Der in der Überschrift Genannte verschied nach einem langen und schweren Leiden im kräftigsten Mannesalter, erst 46 Jahre alt. Mit ihm ist einer der besten und edelsten Menschen, die unsere Zeit aufzuweisen hat, aus dem leben geschieden. Er war eine selbstlose und bescheidene Natur, ganz dem Dienste Gottes und seinen heiligen Geboten lebend und mit einer beispiellosen Hingebung und einer geradezu bewunderungswürdigen Ausdauer für die Verbreitung der heiligen Gotteslehre wirkend. Durch seine Tätigkeit auf dem Gebiete der Schule ist er weiteren Kreisen in rühmlichster Weise bekannt geworden. – Er war in dem Orte Poppenlauer in Unterfranken geboren. Schon als Knabe kam er nach Hassfurt und lernte dort bei Rabbiner Is. Schüler – seligen Andenkens -. Später bezog er die Universität Würzburg und ward dort der Schüler des verewigten Rabbiners Bamberger – seligen Andenkens -, und in Berlin lernte er bei Rabbiner M. Landsberg – seligen Andenkens -. Er hatte zuerst im Jahre 1864 im Verein mit seinem älteren Bruder ein Erziehungsinstitut in Miltenberg am Main begründet. Er wurde dabei von dem Gedanken geleitet, dass gediegenes profanes Wissen in Verbindung mit einer gründlichen Kenntnis unserer heiligen Lehre nicht allein für den Lehrer, sondern auch für den Geschäftsmann wünschenswert sei, und dass nur eine Vereinigung beider dazu führen könne, unsere heranwachsende Jugend gegen alle Stürme und alle Versuchungen zu kräftigen. In diesem Sinne leitete er das Institut, das emporblühte und die schönsten Erfolge versprach. Da nahte der Krieg des Jahres 1866, der das Städtchen Miltenberg schwer heimsuchte. Die Cholera war ausgebrochen, und ihr erlag auch der ältere Bruder des seligen Abraham Hirsch. Da musste das Institut von dort weiterwandern, und es wurde nach Mainstockheim verlegt. Dort bestand es bis zum Jahre 1874, und eine große Anzahl von Jünglingen genoss daselbst ihre Ausbildung; viele sind durch das echt fromme und gediegene Streben, das sie dort kennen lernten, in dem strengen Festhalten an den überlieferten göttlichen Gesetzen bestärkt worden, und sind zu tüchtigen Männern und braven Jehudim herangewachsen.    
Nach dem Todes seines Schwiegervaters, des seligen Rabbiner Joseph Gabriel Adler – seligen Andenkens – aus Burgpreppach, wurde Rabbiner Abr. Hirsch an dessen Stelle gewählt. Seinen Rabbinatspflichten lag er nun mit der größten Gewissenhaftigkeit ob, aber ganz besonders rief er hier eine Schöpfung ins Leben, die, wie wir hoffen, lange, lange erhalten bleiben wird, und durch die der edle Verblichene sich ein unvergängliches Denkmal geschaffen hat, das ist die dortige Talmud-Tora-Schule. Rabbiner Hirsch fand bei dem Antritt seiner Stellung in Burgpreppach eine uralte Stiftung vor, aus deren Mitteln eine ganz geringe Anzahl von Schülern, ich glaube 3, in der Gotteslehre unterrichtet werden sollten. Diese beschränkte Zahl erschien dem lehrbegierigen, vorwärts strebenden Manne zu gering. Er schwärmte ja dafür, alle, alle hinzuführen zu dem Borne der heiligen Lehre, und mit glühender Begeisterung gab er sich diesem seinem Ideale hin, mit einer erstaunlichen Energie und Ausdauer verfolgte er dessen Ausführung. Er zog sofort noch mehr Schüler von auswärts heran und bald strömten wissbegierige Jünglinge aus allen Teilen Deutschlands, ja aus fernen Ländern nach dem kleinen Orte Burgpreppach, und jetzt ist dortselbst eine blühende Talmud-Tora-Schule von 60-70 Schülern, die von vier Lehrern unterrichtet werden. Und nicht allein eiferte der nun selig entschlafene Direktor dieser Schule alle Schüler und Lehrer durch seinen nimmer rastenden, eisernen Fleiß, durch seine Liebe und Freundschaft an (und für alle seine Mühe und alle seine Arbeit beanspruchte er keinen Pfennig Belohnung) er allein schaffte auch die Mittel für den Unterricht und meistens auch die Unterhaltung der zum großen Teile armen Schüler herbei. Von Haus zu Haus und von Ort zu ort wanderte er, um sich Haben für seine Talmud-Tora-Schule zu erbitten, und er war glücklich, wenn er reiche Geschenke bekam. Ich werde es nie vergessen, welche Freude der brave Mann einst empfand, als ihm auf mein Bemühen hin, ein mir befreundeter Wohltäter ein Legat von 700 Gulden für die Talmud-Tora-Schule bewilligte; mehr kann sich keiner freuen, dem Millionen als sein Eigentum zugefallen sind. Aber der außergewöhnlichen Arbeitslust und Anstrengung dieses Mannes war seine körperliche Kraft nicht gewachsen. Ein schweres Nervenleiden ergriff ihn vor längerer Zeit, von dem ihn der Tod erlöst hat. Rabbiner Abraham Hirsch – seligen Andenkens – hinterlässt keine Kinder, aber die Talmud-Tora-Schule, die er ins Leben gerufen, war ihm wie ein Kind an die Seele gewachsen. Alle diejenigen, die diesem Edlen ein gutes Andenken bewahren wollen, mögen nun dazu beitragen, dass die Stätte, die er der Verbreitung unserer heiligen Lehre geschaffen, erhalten bleibe. Der Verstorbene hat es verdient, dass man ihm ein Denkmal errichte. Fürwahr, wir können es, wenn wir dafür sorgen, dass die Talmud-Tora-Schule in Burgpreppach in ihrem jetzigen Glanze erhalten bleibt."   
 
Burgpreppach Israelit 14121885.JPG (389393 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. Dezember 1885: "Burgpreppach, 4. Dezember (1885). In Nr. 93 Ihres geschätzten Blattes haben Sie bereits den herben Verlust, den nicht nur die hiesige Talmud-Tora-Schule durch den Hintritt ihres Gründers und Leiters, sondern das ganze Judentum durch den Tod des allverehrten Herrn Distriktrabbiners Abraham Hirsch – er ruhe in Frieden – erlitten, zum Ausdruck gebracht. Wie der selige Rabbiner bei den ihm unterstellten Gemeinden, sowie in den weitesten Kreisen und namentlich auch bei den Bekennern anderer Religionen in Achtung gestanden, das zeigte sich am trefflichsten bei seinem Leichenbegängnisse. Es waren zu der Beerdigung, die am Sonntag stattfand, Vertreter aus allen Gemeinden des Distriktes erschienen; einzelne Gemeinden waren sehr zahlreich beteiligt. Freunde und Schüler des Verstorbenen, mitunter aus weiter Ferne, eilten herbei, um dem Freunde und dem Lehrer die letzte Ehre zu erweisen. Die politische Gemeinde ehrte das Andenken des nun in lichten Höhen Wohnenden dadurch, dass die Gesamtgemeindeverwaltung, sowie andere angesehene Bürger des Ortes bei der Beerdigung zugegen waren. Auch Geistliche beider christlichen Konfessionen folgte der Bahre des Dahingeschiedenen. Es ist dies der trefflichste Beweis von der Toleranz der genannten Herren.  In dem Sterbehause ergriff Herr Distriktsrabbiner Bamberger – sein Licht leuchte – aus Würzburg das Wort…    Am Grabe sprach der Freund und Studienkollege, Herr Distriktsrabbiner M. L. Bamberger – sein Licht leuchte – aus Kissingen. Unter Zugrundlegung der Worte ‚…denn ein Fürst und ein Großer ist gefallen in Israel’ zeigte er in beredten Worten, wie einer der größten Männer unserer Zeit gefallen, wie der Verstorbene ein Fürst an Charakterstärke und Tugend, groß an Mut und stark an Willenskraft war. ‚Sein leben’, sagte der Redner, ‚war nur dem Höchsten geweiht und bestand in einem fortgesetzten Kampfe für die heiligsten Güter Israels.’ An der Hand des Bibelverses ‚der Gerechte wächst auf die eine Palme’ führte er trefflich aus, wie der Verlebte der Palme stets geglichen. Die Palme ist von allen übrigen Bäumen dadurch merklich unterschieden, dass das Mark derselben stets und ungeteilt nach oben, dem Gipfel zuströmt, so habe auch der Verstorbene stets sein Streben aufwärts gerichtet, sei jederzeit für das Gute und Edle mit aller Manneskraft eingetreten und so habe sich an ihm in der schönsten Weise gezeigt, wie die Frommen im Gegensatze zu anderen Pflanzen ihre Wurzel im Himmel haben, ihre Früchte aber unten hier auf Erde reifen. Die schönste Frucht, die der große Lehrer Abraham Hirsch – er ruhe in Frieden – gezeitigt, ist seine Talmud-Tora-Schule, die bereits in ganz Deutschland einen Ruf sich erworben hat.    Herr Dr. Tachauer, Lehrer der israelitischen Lehrerbildungsanstalt zu Würzburg, welcher nun dem Heimgegangenen einen Nachruf widmete, verglich denselben mit einem Baumriesen, der vom Winde ausgerissen, plötzlich zur Erde fällt. Wie bei dem Baume durch die Wucht des Falles der ganze Wald weit und breit erdröhnt, so seien auch alle Gemüter, die von dem Falle dieses Geistesriesen, dem Verluste, der uns getroffen, Kunde erhielten, tief erschüttert worden. …   Der Verlust der Gerechten ist für uns noch viel herber als der unseres Tempels, denn wer vermag sie zu ersetzen, wer kann ihren ganzen Wirkungskreis voll und ganz ausfüllen! Wie veredelnd der Verblichene stets gewirkt und wie er ein treuer Lehrer gewesen, davon habe er, der Redner, am besten Gelegenheit gehabt, sich zu überzeugen, denn ein großer Teil der Lehrer, die in dem letzten Dezennium aus dem israelitischen Seminar zu Würzburg ausgetreten sind, haben an der hiesigen Talmud-Tora-Schule ihre Vorbildung genossen. Schließlich ermahnte Herr Dr. Tachauer die Lehrer und die Schüler des Verstorbenen, stets in die Fußstapfen ihres großen Lehrers zu treten und sich ihn für alle Zeiten als Muster zu nehmen." 
 
Burgpreppach AZJ 01011886.jpg (30982 Byte)Mitteilung in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 1. Januar 1886: "Aus Burgpreppach (Bayern) wird uns der Tod des dortigen Distriktrabbiners Hirsch und aus Saros-Palak (Ungarn) der des dortigen Rabbiners J. Beier gemeldet." 

  
Ausschreibung der Rabbinatsstelle (1886)

Burgpreppach Israelit 14011886.jpg (139782 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. Januar 1886: "Konkurrenz-Ausschreiben. Betreff: Die Wahl eines Distrikts-Rabbiners für den Rabbinatsdistrikt Burgpreppach. Durch das Ableben des bisherigen Distrikt-Rabbiners Abraham Hirsch ist das Distrikts-Rabbinat Burgpreppach, für welches außer der staatlichen Aufbesserung ein Jahresgehalt von zunächst 900 Mark festgesetzt ist, in Erledigung gekommen. Die Vornahme der Neuwahl eines Distrikts-Rabbiners, welchem bei entsprechender Eignung auch die Vorstandschaft der Talmud-Tora-Schule in Burgpreppach in Aussicht gestellt werden kann, wurde durch Entschließung der königlichen Regierung von Unterfranken, Kammer des Innern, vom 4. vorigen Monats dem unterfertigten Bezirksamte übertragen. Infolge dessen werden jene Rabbiner und geprüften Rabbinatskandidaten, welche sich um diese Stelle bewerben wollen, aufgefordert, ihre mit den erforderlichen Zeugnissen belegten Gesuche bis längstens 3. Februar laufenden Jahres anher einzureichen. Später einkommende Gesuche können nicht berücksichtigt werden. Die rechtzeitig eingelangten Gesuche werden 14 Tage vor der auf 18. Februar laufenden Jahres anberaumten Wahl, sodann während derselben zur Einsicht der Wähler aufgelegt werden. Schließlich wird bemerkt, dass nur gründlich gebildete Bewerber, welche sich durch ein von der zuständigen Distriktspolizeibehörde ausgestelltes Zeugnis über tadellosen Lebenswandel ausweisen, die Bestätigung erlangen können. Königshofen, den 7. Januar 1886. Königliches Bezirksamt: Schalk."

  
Gedächtnisfeier für Rabbiner Dr. Hirsch (1886)

Burgpreppach Israelit 20121886.jpg (79378 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 20. Dezember 1886: "Burgpreppach, 16. Dezember (1886). Am 19. Kislew, dem Todestage des im vorigen Jahre verstorbenen Distriktsrabbiners Abraham Hirsch – das Andenken an den gerechten ist zum Segen – versammelte unser derzeitiger Rabbiner, Herr Dr. Deutsch, die Mitglieder der hiesigen israelitischen Kultusgemeinde, sowie der Gemeinden des Distrikts zur Abhaltung einer Gedächtnisfeier für den Verewigten. Dieselbe nahm um 1 Uhr mittags in hiesiger festlich erleuchteten Synagoge ihren Anfang und wurde durch einen Choral und Psalmrezitationen eingeleitet. Hierauf bestieg Herr Rabbiner Dr. Deutsch die Kanzel zur Abhaltung der Gedächtnisrede. Dieselbe währte eine volle Stunde und wurde mit der diesem Redner eigenen Meisterschaft vorgetragen. Wie wir hören, beabsichtigt die Verwaltung der ‚Talmud-Tora-Schule’ sie dem diesjährigen Rechenschaftsberichte beidrucken zu lassen. Erwähnenswert ist, dass die Geistlichkeit des hiesigen und benachbarten Ortes, der Bürgermeister, sowie zahlreiche angesehene christliche Familien der Feier bis zum Schlusse mit anwohnten und mit Begeisterung von derselben schieden."     

   
Zum Tod der Rabbinerwitwe (Burgpreppach) Frau Hirsch (1915)     

Mainstockheim Israelit 22041915.jpg (139579 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 22. April 1915: "Mainstockheim, 16. April (1915). Am 7. Tag des Pessachfestes (= 5. April 1915) starb hier nach kurzem Leiden unerwartet im Alter von 73 Jahren eine unserer besten und edelsten Frauen, die Rabbinerwitwe Frau Hirsch - sie ruhe in Frieden. Ein vorbildliches Leben hat mit dem Heimgange dieser edlen, für Tora, Gottesdienst und Wohltätigkeit begeisterten Frauengestalt einen würdigen Abschluss gefunden. Als Tochter des Rabbiner J.G. Adler - das Andenken an den Gerechten ist zum Segen - in Burgpreppach hatte sie in einem Hause, in dem alte echtjüdische Frömmigkeit ihren Sitz hatte und an der Seite ihres früh heimgegangenen Gatten, Rabbiner Abraham Hirsch - seligen Andenkens - des Begründers der Israelitischen Präparandenschule, Burgpreppach, das Leben einer wackeren Frau in des Wortes schönster Bedeutung geführt, welche Tugenden sie auch in ihrem Witwendasein treulich hütete. Da ihr der Kindersegen versagt war, so fand sie ihr schönstes Glück darin, wenn sie an den Feiertagen in ihrer stillen Häuslichkeit in Mainstockheim, wohin sie nach dem Tode ihres Mannes übersiedelte, ihre auswärtigen jugendlichen Anverwandten, denen sie mit mütterlicher Liebe und Fürsorge zugetan war, als Gäste bewirten konnte. 
Auf Wunsch der Verstorbenen fand die Beisetzung in Burgpreppach, der Ruhestätte ihres seligen Mannes, statt, wohin eine große Trauerschar aus allen Kreisen der Bevölkerung gefolgt war. Herr Distriktsrabbiner Dr. Cohn schilderte in kurzen, aber beredten und ergreifenden Worten die reichen Tugenden der Dahingeschiedenen. Insbesondere hob er im Auftrage des Kuratoriums der 'Talmud-Tora-Schule' deren reges Interesse für die Förderung der Schule hervor, das sie insbesondere durch eifrige Sammlungen zu Gunsten der Schulklasse zum Ausdruck brachte. Ihre Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens."

    
   
Unter Rabbiner Dr. Hermann Deutsch (1886-1895)      
Fuerth Friedhof 110.jpg (73248 Byte)Anmerkung: Rabbiner Dr. Hermann Deutsch (Schimon Zvi ben Jehuda) stammt aus Frauenkirchen im Burgenland (bis 1920/21 ungarisch, seitdem österreichisch). Er wurde 1886 zum Bezirksrabbiner in Burgpreppach ernannt und blieb auf dieser Stelle fast 9 Jahre, bis er als Waisenhausdirektor nach Fürth berufen wurde (links Grabsteine für Dr. Hermann Deutsch und seine Frau Fanny im jüdischen Friedhof Fürth). 
   
Die Tochter Klara (geb. 1889 in Burgpreppach) heiratete den späteren Würzburger Rabbiner Dr. Siegmund Hanover (Rabbiner 1920-1939). Nach dem Tod von Klara im Mai 1932 in Würzburg heiratete Rabbiner Dr. Hanover eine andere Tochter von Dr. Deutsch: Ernestine (geb. 1888 in Burgpreppach). Die beiden konnten 1939 in die USA emigrieren.
   

      
Überlegungen nach dem Dienstantritt von Dr. Deutsch (1886)  

Burgpreppach Israelit 16121886.jpg (168448 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16. Dezember 1886: "Aus dem Hassgau wird der ‚Neuen Würzburger Zeitung’ geschrieben: Der für den Rabbinatsdistrikt Burgpreppach neu ernannte Rabbiner Herr Dr. Deutsch, welcher die religiösen Interessen der ihm unterstellten Kultusgemeinden mit viel Wärme und Entschiedenheit wahrnimmt, hat mit Rücksicht darauf, dass in Folge der langen Erkrankung des nunmehr verstorbenen Rabbiners Religionsprüfungen in den israelitischen Gemeinden des Distrikts schon seit Jahren nicht vorgenommen werden konnten, die für solche Prüfungen festgesetzte Zeit im Frühjahr nicht abwarten mögen und in den meisten israelitischen Kultusgemeinden des Distrikts dieselben schon jetzt vorgenommen. Wie verlautet, hat Dr. Deutsch die Absicht, die hierbei gemachten Beobachtungen und Wahrnehmungen in ausführlicher Darlegung der königlichen Bezirksbehörde zu unterbreiten und auf die vielfachen Missstände hinzuweisen, die sich in die Kultusverwaltungen infolge der rabbinerlosen Zeit eingeschlichen haben und auch jetzt noch fortbestehen. Wiewohl laut hoher Ministerial-Entschließung vom 29. Juni 1863, unabhängig von dem Widerspruche der Mehrheit der Gemeindemitglieder, jede israelitische Kultusgemeinde zur Erhaltung einer Religionsschule verpflichtet ist, welche ausschließlich der Kompetenz des Distriktsrabbiners unterstellt ist, so soll es dennoch in letzter Zeit vorgenommen sein, dass einzelne Gemeinden, ohne hierzu die Zustimmung des Distriktrabbiners eingeholt zu haben, oder vielmehr trotz der ausdrücklichen Verweigerung derselben, aus bloßem Ersparungstrieb die bestehenden Religionsschulen haben eingehen lassen beziehungsweise den Unterricht dem Lehrer einer benachbarten Gemeinde überwiesen haben, sodass beispielsweise ein Lehrer, entgegen dem Willen des Rabbiners, den Unterricht und die Schächterfunkion in drei Gemeinden, die bisher eigene Lehrer und Schächter hatten, versieht. Es steht sicher zu erwarten, dass Herr Dr. Deutsch, er in seiner früheren Stelle in Frankfurt am Main so viel Energie und Tatkraft entfaltet hat, es hier an derselben nicht fehlen lassen und auf Abstellung dieser Unzuträglichkeiten im Amtswege dringen werde. Die Unterstützung der königlichen Distriktsbehörde ist ihm hierbei sicher." 

  
Erfolge der Schule unter Rabbiner Dr. Deutsch (1887)  

Burgpreppach Israelit 16081887.jpg (166224 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16. August 1887: "Burgpreppach. Die Talmud-Toraschule, Lehrervorbereitungs-Anstalt dahier, hat auch in diesem Jahre 10 Zöglinge ihres oberen Kurses zur Prüfung für die Aufnahme in das israelitische Lehrerseminar nach Würzburg gesandt. Neun davon wurde der Eintritt nach bestandener Prüfung gestattet. Dieser glänzende Erfolgt legt ein ehrendes Zeugnis ab von der Wirksamkeit des Vorstandes der hiesigen Anstalt, Herrn Dr. Deutsch, sowie von jener des Lehrpersonals, welche Faktoren es verstehen durch methodische Pflege des Unterrichts, Lehrgeschicklichkeit und die die besten Lehr- und Lernmittel in der kurzen Zeit von 3 und 4 Jahren den ungeheuren Lernstoff der jüdischen und deutschen Unterrichtsgegenstände lückenlos und zielerreichend zu bewältigen, sodass ihre Pfleglinge nach Verlassen der Anstalt ein abgerundetes positives Wissen im Rahmen den Lehrplanes erlangen, wie solches die heurige Prüfung und die der Vorjahre in ihren Resultaten zu Genüge dartun.   Die Seminare zu Würzburg, Köln, Hannover zählen die ihnen von hier zugeführten Präparanden zu den bessern ihrer Seminaristen, wie sch die betreffenden Interessenten schön öfters dahin äußerten. Aber auch jene, die in Geschäfte eintreten und nur deshalb die Talmud-Tora besuchten, um in unverfälschter Religiosität erzogen zu werden, und gründliches, jüdisches und kaufmännisches Wissen sich anzueignen (denn auch diesem Berufszweig wird womöglichst Rechnung getragen), sind gerne gesuchte Lehrlinge.    Abgesehen davon, dass der erste Zweck des Institutes Studium der Tora vereint mit einem respektvollen Umgang ist, ist aber der andere: Mithilfe armer Familienväter und -Mütter in der Erziehung ihrer Söhne zum Berufe, sei es zum Lehrerberufe oder für eine andere Laufbahn. Die finanziellen Unterstützungen übersteigen einige Tausend Mark, freilich viel, wenn man hört, mit welcher Mühe die Mittel herbeigeschafft werden, um diese gemeinnützige Institution zu erhalten.   Daher die zahlreichen Gesuche um Aufnahme in die Talmud-Toraschule, die schon jetzt, obwohl das neue Schuljahr erst Mitte Oktober beginnt, die Höhe erreicht haben, sodass mit Beginn desselben die Schülerzahl wieder nach dem jetzigen Stand komplett sein wird."

  
Bewirbt sich Rabbiner Dr. Deutsch auf andere Stellen? - verbunden mit grundsätzlichen Überlegungen zu den Problemen der Rabbinerwahl (1890)

Burgpreppach Israelit 21081890.jpg (68261 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. August 1890: "Aus Unterfranken. Herr Distriktsrabbiner Dr. Deutsch in Burgpreppach gibt auf mehrfache Anfragen den Gemeinden seines Bezirks bekannt, dass das Gerücht, er habe sich um die vakante Rabbinerstelle in Sch. beworben, auf Unwahrheit beruhe. Diese Mitteilung hat nicht nur deshalb ein über das Lokale hinausgehendes Interesse, weil sie eine Person betrifft, dessen Erhaltung in seiner gegenwärtigen Stellung, mit welcher die Leitung einer der trefflichsten israelitischen Lehrerpräparandien verbunden ist, der jüdischen Allgemeinheit wertvoll erscheinen muss, sondern mehr noch darum, weil die Tatsache jenes Rundschreibens jedem nur halbwegs Unbefangenen die Augen über einen Missstand öffnen muss, der sich in den letzten Jahrzehnten innerhalb der jüdischen Gemeinden bei Lösung der wichtigsten sie betreffenden Angelegenheit, der Wahl eines religiösen Oberhauptes nämlich, eingeschlichen hat, und welcher dringend einer Abstellung und Beseitigung
Burgpreppach Israelit 21081890a.jpg (197832 Byte)heischt. Wir gehören nicht zu jenen, welche in einseitiger Auffassung gegebene, auf menschheitsgeschichtlicher Entwicklung beruhende Einrichtungen nur deshalb tadeln, weil die Altvordern hierin andere Einrichtungen und Gewohnheiten hatten – dass aber die Sitte, die sich bei Rabbinervakanzen in den Gemeinden – Gott sei Dank noch nicht in allen, wie die jüngst erfolgten Rabbinerwahlen in den Israelitischen Religionsgesellschaften in Frankfurt am Main und Mainz, in den Kultusgemeinden Prag und Hamburg u.a. beweisen – gegenüber dem früheren Brauche herausgebildet hat, keinen Fortschritt, sondern einen Rückschritt schlimmster Art in Rücksicht auf Bildung und Kultus unserer Gemeinden bezeichnet, das dürfte auch derjenige nicht zu bestreiten vermögen, der, ganz in dem Dienste der Mode aufgehend, alles Neue unerwogen als eine wertvolle Errungenschaft zu preisen gewohnt ist. Denn, nichts gereicht der jüdischen Vergangenheit so sehr zur Ehre, als die Scheu und die Achtung, die sie den Trägern der Tora und des Wissens entgegenbrachte. Diese Achtung hat ihren ersten und nachhaltigsten Stoß da erlitten, als man anfing, die Träger des Wissens in den Kreis des Gewöhnlichen und Alltäglichen hinabzuziehen, was zuerst durch die Einrichtung geschah, verdiente Männer nicht mehr wie früher auf die Vertrauensposten, wohin sie gehören, zu berufen, sondern diese nötigte, gleichwie Lehrjungen, Commis und Ammen, in eine Konkurrenz mit Dutzenden anderer einzutreten und alle jene lächerlichen Anforderungen zu erfüllen, die, obgleich für die Beurteilung der wirklichen Erfordernisse eines Rabbiners ganz ohne Wert, dennoch von jener irregeleiteten Mode gefordert werden. In der Tat lässt sich kaum eine größere Herabwürdigung der Tora und des wahren Verdienstes denken, als es durch die Art und Weise geschieht, wie jüdische Gemeinden der Jetztzeit ihre Rabbinen suchen und wählen. In derselben Zeitungsrubrik, die den geschäftlichen Interessen gewidmet ist, findet man oft, neben der Auskündigung einer vakanten Köchinnenstelle, die eines erledigten Rabbinatssitzes, in welcher die Kultusverwaltung, die ja in unserer fortgeschrittenen Zeit bei uns meistenteils aus Laien zusammengesetzt ist, in gespreiztem Tone verkündet, dass nur ‚tüchtige’ Bewerber Aussicht auf Genehmigung haben. Die Überzeugung auf ‚Tüchtigkeit’ bietet dem hohen Rate aber nicht die etwa auszuweisende gründliche Vorbildung, der Ruf gemeinnützigen Wirkens oder anerkannter Bewährtheit im Amte, sondern der Eindruck, den die gut studierte und wochenlang memorierte Probepredigt auf den ungelehrten Haufen ausüben wird; in vielen Fällen ist der Eindruck persönlicher Repräsentation auf interessierte Damen bestimmend, auf welche Personen die heiligsten Interessen der Gemeinde übertragen   
Burgpreppach Israelit 21081890a1.jpg (118601 Byte)werden sollen. Ist es da zu verwundern, wenn Männer von Ansehen und Namen die Zumutung, in einen solchen Wettbewerb einzutreten, als eine ihrer unwürdige von sich weisen; wenn sie sich nicht dazu verstehen wollen, vor modernen Potentaten schmeichelnd und heuchelnd die Ehre der Tora in den Staub zu ziehen, wenn gerade ihr sittliches Bewusststein und das ihrer Befähigung sie nötigt, sich mit kärglichem Anteil zufrieden zu geben, in stiller Bescheidenheit zu wirken und auf bessere materielle Stellung zu verzichten, um nicht gezwungen zu sein, den Menschen eher gehorchen zu müssen als Gott und die eigene Ehre und die der Tora preiszugeben? Fürwahr! Wir könnten hier manch edlen Namen nennen, würde die Scheu vor diesen es uns nicht verbieten. Wohl mögen hie und da drückende Verhältnisse auch manch edlen Charakter gezwungen haben, sich mit schmerzlicher Überwindung den modernen, oft ungeziemenden und ehrverletzenden Anforderungen zu fügen, ohne Nötigung tut es gewiss keiner. Die Art und Weise, wie eine Gemeinde bei der Wahl eines religiösen Oberhauptes verfährt, darf als Maßstab für den Grad sittlicher Bildung gelten, der in ihr herrscht; uns scheint die alte ehrenvolle Sitte der Berufung, der noch einige unserer Gemeinden huldigen, die gebildetere und – indem sie gerade die würdigsten Aspiranten, anstatt zurückzudrängen, heranzieht – auch die zweckentsprechendere zu sein. Wenigstens kamen unter ihr nicht so viele Missgriffe vor, wie in der Zeit, die die Probepredigt und den Eindruck persönlicher Repräsentation maßgebend sein lässt. R."

  
Wahl von Rabbiner Dr. Deutsch als Oberrabbiner nach Altona (1893)    
Anmerkung: Rabbiner Dr. Deutsch hat die Stelle allerdings nicht angetreten, sondern ist im folgenden Jahr als Waisenhausdirektor nach Fürth. 

Burgpreppach AZJ 12051893.jpg (15274 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 12. Mai 1893: "Die israelitische Gemeinde Altona wählte den Rabbiner Dr. Deutsch aus Burgpreppach (Bayern) zum Oberrabbiner."

  
Rabbiner Dr. Deutsch verlässt Burgpreppach (1894)     

Burgpreppach Israelit 24121894.jpg (74300 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. Dezember 1894: "Königshofen in Bayern, 16. Dezember 1894: Auf das Gesuch des Herrn Distrikt-Rabbiners Dr. Deutsch in Burgpreppach um alsbaldige Enthebung von seinem Rabbiner- und Schulamte, nachdem er die Stelle eines Direktors für das bayerisch-israelitische Waisenhaus anzutreten habe, ist seitens hoher Königlicher Regierung, gezeichnet Regierungs-Präsident Graf von Luxburg, folgende Entschließung zu Händen des Königlichen Bezirksamtes hier herabgelangt:   ‚Die Königliche Regierung, indem sie den verdienstvollen Rabbiner nur ungern scheiden sieht, vermag im Übrigen eine Erinnerung gegen die Amtsniederlegung des Herrn Dr. Deutsch nicht zu erheben, nur muss sie es im dienstlichen Interesse, behufs Wahl und Einweisung eines Nachfolgers, für dringend veranlasst erachten, dass Dr. Deutsch noch bis Ende März seinen bisherigen Dienst fortführt.   Ehre dem Manne, dessen Wirken seitens der vorgesetzten unbestechlichen Behörde solche Würdigung erfährt, und Heil dem Lande, dessen Regierung für die geistigen und religiösen Anliegen aller seiner Bewohner so fürsorglich bedacht ist!"   

  
Zum bevorstehenden Abschied von Rabbiner Dr. Deutsch (1895)    

Burgpreppach Israelit 07021895.jpg (90841 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. Februar 1895: "Burgpreppach. Nur mit Wehmut und aufrichtigem Bedauern können wir die Vorbereitungen zum Abzuge unseres hochverehrten Herrn Rabbiners Dr. H. Deutsch verfolgen. Während einer achtjährigen segensreichen Tätigkeit, gleich ersprießlich für den ganzen Bezirk und geradezu aufopfernd für die seiner Aufsicht und Führung unterstellten Präparanden-Schule (Talmud Tora) hat er es verstanden, die Herzen Aller zu gewinnen; auch bei der vorgesetzten Behörde und einer hohen königlichen Regierung erfreute sich Herr Dr. Deutsch großer Gunst und seltener Anerkennung.  Allezeit bereit mit Rat und Tat beizustehen war er uns ein echter Seelenhirte, der mit der Weisheit auch den nötigen Takt zu verbinden wusste, dessen geistreichen beredten Vorträgen man nur mit Vergnügen lauschte Möge dem edlen Manne auch in seinem neuen Wirkungskreis recht viel Glück bescheiden sein. Wir werden ihm stets ein treues Gedenken bewahren. Sigmund Bl."

  
Bericht über die Arbeit von Rabbiner Dr. Deutsch (1895)     

Burgpreppach Israelit 04041895.jpg (210593 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. April 1895: "Burgpreppach. Herr Rabbiner Dr. Deutsch, welcher bis zum ersten April die Stelle eines Distriktrabbiners bekleidete, schied nun definitiv aus dem Kreise seiner Wirksamkeit, den er, nach dessen eigener Aussage, so lieb gewonnen. Die Distriktsgemeinden, insbesondere die hiesige, sieht ihn mit Bedauern aus dem Rabbinat scheiden, weil er es mit bewundernswertem Takte verstanden hat, den seelsorgerischem Verkehr so zu gestalten, dass auch nicht eine Gemeinde mit Wissen sich über die pflichtstrenge Führung der Amtsgeschäfte zu beschweren Anlass hatte. Nebenbei waren freundliches Entgegenkommen gegen Arm und Reich, gegen jeden Stand, vertrauenerweckendes Benehmen gegen jeden Ratsuchenden, bereitwillige und selbsttätige Opferfähigkeit, wo es galt, zu retten oder zu erhalten, allbekannte Charakterzüge, die in kurzer Zeit Gegenliebe erzeugen mussten. Durch Friedensliebe und Friedensbestrebungen musste es ihm gelingen, dass seine Anordnungen und rituellen Entscheidungen von den Parteien gerne Folge gegeben wurde. So ist sein 8 ½ jähriges pflichteifriges freudiges Schaffen und Tun für unsere heilige Tora zu einer Quelle des Blühens und Gedeihens im echten jüdischen leben unseres Distriktes geworden. Nachdem der Herr Rabbiner – sein Licht leuchte – sowohl mündlich als auch schriftlich von den äußeren Kultusgemeinden des Distriktes verabschiedet hatte, richtiger er auch am Schabbat Paraschat Wajekahel in der hiesigen Synagoge einige kurze Abschiedsworte an die stets dankbaren Zuhörer. Kein Auge blieb tränenleer, als er in seinen Schlussworten bemerkte, dass er allezeit in redlicher Absicht bemüht gewesen sei, sein heiliges Amt gerecht und soviel als möglich schonend nach den Vorschriften unseres heiligen Gesetzes zu führen und wie es sein immerwährendes Bestreben war, mitzuhelfen an der Erziehung echten jüdischen gemeindlichen Gedeihens für alles Gute, Edle und Wahre. Die hiesige Gemeinde hat, in einmütiger Würdigung der vielfachen Verdienste ihres scheidenden Freundes und Beraters, in Form eines silbernen Bechers demselben ein Andenken überreichen lassen, damit bezeugend, dass die dankbare Kultusgemeinde niemals, wenn auch nur auf eine ideale Freundschaft, ihres ehemaligen Distriktrabbiners verzichten möchte. Möge Herr Rabbiner Dr. Deutsch auch in der Stellung seiner jetzigen Wirksamkeit recht reiche Erfolge haben in Erziehung armer Waisenkinder zu religiösen und für den bürgerlichen Beruf recht brauchbaren Menschen."   

  
 Zum Tod von Rabbiner Dr. Hermann Deutsch (Februar 1932 in Fürth)  

Fuerth Israelit 18021932de.jpg (55641 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. Februar 1932: "Plötzlich und unerwartet entschlief heute unser lieber 
Dr. Hermann Deutsch   Direktor der Israelitischen Waisenanstalt in Fürth im 76. Lebensjahre. 
Im Namen der Hinterbliebenen: Dr. med. Joachim Deutsch.   
Köln, Fulda, Würzburg, Buenos-Aires, Mannheim, 17. Februar 1932.  
Die Bestattung findet Sonntag, den 21. Februar 12 Uhr in Fürth statt."   
   
Fuerth Israelit 25021932de.jpg (114436 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 25. Februar 1932: "Waisenhausdirektor Rabbiner Dr. Hermann Deutsch – das Andenken an den Gerechten ist zum Segen – Fürth in Bayern, 25. Februar (1932).   
Ganz unerwartet und plötzlich ist wiederum ein Mann von uns gegangen, von den bei uns so hoch geschätzten, aber leider sehr selten gewordenen, ungarischen Toragrößen. Dort in Ungarn in Frauenkirchen, am 27. Oktober 1856 geboren, wuchs Rabbi Schimon Zwi Deutsch heran. Seine talmudische Ausbildung erfuhr er auf ungarischen Jeschiwaus. Zu Füßen des Sohnes  des Ksaw Saufer sitzend, lernte er mit großem Eifer zuletzt auf der Pressburger Jeschiwo und brachte es, mit außergewöhnlichen Geistesgaben ausgestattet, bald dazu, einer der hervorragendsten Talmidim (Schüler= seines großen Meisters zu werden. So lernte er bis zu seinem 22. Lebensjahre. In den Jahren 1878 bis 1880 bekleidete er Hauslehrerstellen in Rawicz und danach bei der bekannten Familie Markus Lehmann in Mainz. Seine Universitätsstudien führten ihn nach Heidelberg, Berlin und Gießen, wo er 1885 über das Thema ‚Die Sprüche Salomons nach der Auffassung in Bibel und Midrasch’ promovierte. Im gleichen Jahre noch nahm er eine Religionslehrerstelle an der Horowitz’schen Religionsschule in Frankfurt an. 1887 wurde er als Leiter der Israelitischen Präparandenschule in Burgpreppach und gleichzeitig zur Bekleidung des dortigen Distriktsrabbinats berufen. Nach 8-jähriger sehr erfolgreicher Tätigkeit im Interesse dieser viel Segenverbreitenden Anstalt wurde er endlich 1895 von der Verwaltung der Israelitischen Waisenanstalt in Fürth zum Direktor der Anstalt als Nachfolger des kurz vorher verstorbenen unvergesslichen Rabbiners Dr. Jonas Königshöfer – das Andenken an den Gerechten ist zum Segen – gewählt. Hier entfaltete sich nun erst richtig die Größe dieses Mannes. Fand er ja eine Kehillo vor, die des religiösen Führers entbehrte, welche Mangel hatte an talmudischen Größen. Was lag da näher, als den durch seine Gelehrsamkeit und pädagogisches Geschick bald bekannt gewordenen
Fuerth Israelit 25021932dea.jpg (302533 Byte)neuen Waisenhausdirektor, für alles, wo es nötig war, zu gewinnen.     
Was Dr. Deutsch den ihm anvertrauten Waisenkindern war, was er im Verein mit seiner ebenbürtigen Gattin Frau Fanny Deutsch geb. Würzburger, die ihm in den Tod 9 Jahre voranging, für die Israelitische Waisenanstalt geleistet hat, davon können die Generationen von ehemaligen Zöglingen der Anstalt berichten, denen er stets ein liebevoller Berater und wahrer Freund gewesen ist und es auch blieb, wenn die Zöglinge längst seinem erziehlichen Einfluss entwachsen waren. Besonders verstand er es, das Waisenhaus auch finanziell derartig zu heben, dass er es wagen durfte, sich mit dem Plan eines groß angelegten Neubaues zu befassen, dessen Gelände bereits erworben wurde und dessen Pläne fertig vorliegen. Leider sah es sich, wie so viele andere, nach der Inflationszeit ungeheuer enttäuscht. So kam es nicht zu der Durchführung dieses Planes.    
Neben dieser hauptamtlichen Tätigkeit übernahm Rabbiner Dr. Deutsch ehrenamtlich den Vorsitz der Ritualkommission der Israelitischen Kultusgemeinde in Fürth und fungierte unter Zurückweisung jeglicher Vergütung als Moro Deasro neben Rabbiner Dr. Simon Rosenblüth – das Andenken an den Gerechten ist zum Segen – und  Rabbiner Markus Faust - er möge leben - und in den letzten Jahren Rabbiner Dr. Leo Breslauer - er möge leben -. Trotz dieser vielseitigen Tätigkeit gab der Verewigte 18 Jahre hindurch ehrenamtlich Religions- und Gemoro-Unterricht in der Israelitischen Realschule. Besonders aber verdient hervorgehoben zu werden, eine der Hauptleistungen dieses Lehrers, nämlich der Raschi-Schiur, den er allwöchentlich über 30 Jahre im Lernverein ‚Auhawe Tauroh’ in Fürth leitete und durch welchen er sich weit über Bayerns Grenzen hinaus berühmt machte. Hatte der vielseitig beschäftigte Lehrer Israels während der Zeit seines rastlosen Schaffens keine Muse finden können, um die vielen Chiduschim und wahrhaft wertvollen und tiefsinnigen Erklärungen schriftlich niederzulegen – für ihn gab es keine Arbeitszeit und keine Urlaubszeit – so bot sich ihm glücklicherweise eine Möglichkeit hierzu in den Jahren des wohl verdienten Ruhestandes, in welchen er im 74. Lebensjahr eintrat. Es ist zu hoffen und zu wünschen, dass es ihm gelungen ist, die köstlichen Früchte seines genialen Geistes der Nachwelt zu erhalten und dass dieselben recht bald der jüdischen Öffentlichkeit zugeführt werden.   
Rabbiner Dr. Deutsch hatte neben den bereits erwähnten Geistesschätzen aber auch viele andere großartige und hervorstechende Eigenschaften, die für seine Person und für seine Lehrmethode charakteristisch sind. Er war ein Mann des Friedens und strebte stets danach, Gegensätze zu überbrücken, jede Schärfe zu vermeiden und erwarb sich auf diese Weise die Liebe und Verehrung weitester auch nichtjüdischer Kreise. Er war stets hilfsbereit, hatte ein offenes Haus für Arme und Kranke, für Notleidende und Bedrückte. Wer ein besonderes Anliegen hatte, konnte sich an ihn wenden und fand ein offenes  Ohr, einen weisen Rat, eine hilfsbereite Hand und tatkräftige Unterstützung. Von unübertrefflichem Bitochaun (Gottvertrauen) erfüllt, das sich zeigte, als er in den letzten Jahren seines Lebens von schweren Krankheiten heimgesucht wurde, war er stets optimistisch und von geistvollem Humor erfüllt. Dieser Humor kam vor allem zum Ausdruck, wenn es ans Lernen ging. Kein Gemoro-Schiur, kein Raschi-Schiur, keine Schulstunde, in welcher nicht durch scherzhafte, sinnvolle Bemerkungen die Lernenden angeregt wurden, so gründlich auch und so ernst auch die Materie bemeistert wurde. Es war eine ganz eigene Methode, die mit der von Rowo wohl Ähnlichkeit hatte, die aber dennoch anders war, eben die Methode von Rabbiner Dr. Deutsch. Viele Schüler, viele Lehrer hat er nach seiner Methode in das jüdische Schrifttum eingeführt und sie für das Judentum und seine Wissenschaft begeistert.      
Es nimmt nicht wunder, dass ein solcher Mann nicht nur aus Fürth, aus den Nachbargemeinden, von den städtischen und staatlichen Behörden, von sämtlichen bayerischen jüdischen Gemeinden mit Anfragen überhäuft wurde und dass insbesondere die schwersten talmudischen Fragen aus aller Welt, aus Deutschland und aus dem Ausland, seiner Beurteilung unterworfen wurden.     
Dementsprechend gestaltete sich auch die Klage um den unersetzlichen Verlust eines so vortrefflichen Mannes, der am Mittwoch, den 10. Adar, in Köln durch einen göttlichen Kuss dem irdischen Dasein entrückt wurde, um am Sonntag in Fürth zur letzten Ruhe gebracht zu werden, zu einer imposanten Trauerkundgebung. Im ersten der zahlreichen Hespedim schilderte in der Neusynagoge, veranstaltet von der traditionell-gesetzestreuen Vereinigung Schaumre Hadaß, deren Raw, Herr Rabbiner Dr. Breslauer, die Wirksamkeit des Verstorbenen für die Orthodoxie.   
Auf dem Friedhof sprachen nacheinander Herr Dr. Behrens für das Distriktsrabbinat, Herr Rabbiner Dr. Hannover, Würzburg, der in besonders herzlicher Weise die Klage der Familie zum Ausdruck brachte, Herr Kommerzialrat Bechmann als Vorsitzender der Israelitischen Kultusgemeinde, Herr Dr. Freudenthal, Nürnberg für die bayerische Rabbinerkonferenz. In groß angelegter Rede zeichnete sodann der derzeitige Direktor der Israelitischen Waisenanstalt, Herr Dr. J. Hallemann, ein wahrheitsgetreues Bild vom Leben und Wirken seines großen Vorgängers. Den Dank der Verwaltung überbrachte der jetzige Vorsitzende, Herr Leopold König. Als Vertreter des Stadtrates und vor allem im Auftrage des Herrn Oberbürgermeisters Dr. Wild überbrachte Herr Stadtrat Kommerzienrat Morgenthau dem scheidenden Bürger die letzten Grüße der  
Fuerth Israelit 25021932deb.jpg (54936 Byte)Stadtgemeinde. Herr Studiendirektor Dr. Fr. Prager, sprach für die Israelitische Realschule. Herr Dr. J. Bamberger für die Israelitische Präparandenschule Burgpreppach. Herr Diplom-Versicherungs-Mathematiker Hugo Heinemann als Vorsitzender des Vereins Auhawe Tauroh und als Präside der Vereinigung jüdischer Akademiker. Endlich Herr Studiendirektor Stoll für das Lehrerseminar in Würzburg.   
Von prominenten Persönlichkeiten waren die Rabbiner der Nachbargemeinden, Herr Rabbiner Dr. Klein, Nürnberg und Herr Rabbiner Dr. Manes, Schwabach, erschienen. Außerdem war das städtische Schulamt und diverse andere Behörden und Vereine offiziell vertreten. Nach dem Schluss aller Trauerreden geleitete die ungeheuer große Trauergemeinde ihren Toten zur letzten Ruhestätte, wo ein stimmungsvolles, von Herrn Kantor Gutmann, vorgetragenen El Molei Rachamim-Gebet die Trauerfreier beschloss. Dem Oraun (Gebet) wurde eine Seifer Tauroh (Torarolle) vorangetragen zur Ehre des Verstorbenen. Sein Verdienst komme uns zugute."  

 
 
Unter Rabbiner Dr. Salomon Bamberger (1895-1901)      
Rabbiner Dr. Salomon Bamberger (geb. 1869 in Frankfurt am Main) war ein Enkel des berühmten "Würzburger Raw", Seligmann Bär Bamberger. Bei der Wahl setzte er sich gegen Dr. Isaak Auerbach aus Halberstadt durch. Vor Burgpreppach war er Rabbiner der Israelitischen Religionsgesellschaft in Bingen. Er blieb nur fünf Jahre in Burgpreppach und trat danach die Stelle des Rabbiners in Hanau an. Noch in der Burgpreppacher Zeit heiratete er Amalie (Male Mirjam) geb. Königshöfer (geb. 1875 in Fürth, umgekommen 1942 nach der Deportation). Rabbiner Dr. Salomon Bamberger starb 1920 in Hanau.  
      
Wahl von Dr. Bamberger zum Nachfolger von Dr. Deutsch (1895)  

Burgpreppach Israelit 07031895.JPG (93558 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. März 1895: "Burgpreppach, 4. März (1895). Zu einer seltenen Kundgabe der Liebe und Verehrung, die als eine Heiligung des Gottesnamens im eminentesten Sinne des Ausdrucks zu bezeichnen ist, gestaltete sich heute die Wahl eines Nachfolgers für den scheidenden Distriktsrabbiner Herrn Dr. Deutsch. Der mit der Wahlhandlung betraute königliche Bezirksamtsassessor Dr. Kopp leitete dieselbe vor versammelten Bezirksangehörigen, worunter zahlreiche Nichtjuden, mit einer Ansprache ein, in welcher er in seinem eigenen Namen, sowie namens der Königlichen Regierung dem tiefsten bedauern über das Scheiden des bisherigen, so vielfach verdienten Rabbiners Ausdruck gab und die Anwesenden ermahnte, nur einem Manne, der von gleichem religiösen Geiste getragen und von gleicher Tatkraft erfüllt ist, ihre Stimme zu geben. Bei der hierauf folgenden Abstimmung wurde der Rabbiner der israelitischen Religionsgesellschaft in Bingen, Herr Dr. Salomon Bamberger aus Frankfurt am Main, Schüler der Herren Rabbinen Biberfeld, Berlin und Breuer, Frankfurt am Main, mit geringer Stimmenmehrheit gegen Dr. Auerbach in Halberstadt gewählt. Möchte es dem Neu gewählten gelingen, das Werk würdiger Vorgänger erfolgreich fortzusetzen und die oft widerstreitenden Geister im Banne des Friedens und des Glaubens gleich seinem Vorgänger zu halten."

   
Ein Flugblatt des Rabbinatskandidaten Dr. Aschkanaze sorgt für einige Aufregung vor der Wahl (1895)

Burgpreppach Israelit 18031895a.jpg (126489 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. März 1895: "Aus dem Grabfelde. Wie schon kürzlich berichtet wurde, ist am 4. März als Nachfolger des scheidenden Distriktsrabbiners von Burgpreppach, des Herrn Dr. Deutsch – sein Licht leuchte, Herr Dr. Salomon Bamberger – sein Licht leuchte – Rabbiner der israelitischen Religionsgesellschaft Bingen, gewählt worden.    
Es waren aufregende Tage, welche der Rabbinatsdistrikt Burgpreppach vor der alles entscheidenden Wahl durchlebt hat! 15 Kandidaten haben sich um das Rabbinat beworben, darunter recht würdige Herren! Das hatte zur Folge, dass mehrere Gemeinden dem einen, mehrere Gemeinden einem anderen Herren sich zuwendeten, und mit aller Energie suchte jede Partei ihrem Kandidaten zum Siege zu verhelfen. Ein heißer Kampf wurde dadurch heraufbeschworen. Es verdient lobend hervorgehoben zu werden, dass der Kampf ehrenvoll ausgefochten wurde. Nie hat sich ein Anhänger des einen Kandidaten zu einer leidenschaftlichen Äußerung gegen den Kandidaten einer anderen Partei hinreißen lassen. Und warum auch? War doch von den in die engere Wahl gekommenen Kandidaten zur Genüge bekannt, dass sie alle in jeder Beziehung befähigt seien, diesen Posten zu bekleiden.    
Einige Tage vor der Wahl wurde nun ein Flugblatt verbreitet, das mit Recht einen Sturm der Entrüstung zur Folge hatte. Dieses Flugblatt sollte Reklame machen für einen der Kandidaten, Herrn Dr. Aschkanaze, Rabbiner a.D. In Straßburg im Elsass, ehemals Rabbiner in Niedersept (Ober-Elsass). Dieser Herr, der jedenfalls unseren elsässischen Glaubensgenossen noch lebhaft im Gedächtnis stehen wird, befindet sich noch in den besten Jahren. Es schien darum von allem Anfang an auffallend, dass dieser Herr schon längere Zeit vom
Burgpreppach Israelit 18031895a1.jpg (196514 Byte)oberelsässischen Konsistorium mit vollem Gehalte in den Ruhestand versetzt worden ist. Die Gründe, die Herrn Dr. Aschkanaze dafür vorbrachte, wollten den interessierten Kreisen nicht einleuchten. Zunächst gab Herr Dr. Aschkanaze an, das Klima in Niedersept sei ihm unerträglich geworden! Merkwürdig! Das Straßburger Klima scheint aber Herr Dr. Aschkanaze gut zu bekommen! Außerdem soll infolge 'eigenartiger Gesetze', die im Elsass noch gehandhabt werden sollen, Herr Dr. Aschkanaze seine Entlassung erhalten haben. Die Amtsenthebung des Herrn Dr. Aschkanaze Ist ferner umso merkwürdiger, als im Elsass infolge des großen Rabbinermangels ohnehin schon ein großer Teil der Rabbinerstellen vakant ist.    Dieses Flugblatt hat nun ganz und gar seinen Zweck verfehlt. Für Herrn Dr. Aschkanaze ist nämlich bei der Wahl auch nicht eine Stimme abgegeben worden. Allgemein hat man dieses Flugblatt als das Machwerk eines Mannes bezeichnet, für dessen Handlungsweise mir der passende Ausdruck fehlt. Und mit Recht! Der Verfasser dieses Pamphlets wagte es nicht, mit offenem Visier zu kämpfen, sondern schmäht in sicherem Versteck all die Kandidaten, die in die engere Wahl gekommen. Schlauerweise sind die Namen der Kandidaten auch nicht genannt, gegen welche die Schmähungen gerichtet sind. Das Flugblatt schmäht zunächst eine Distriktsgemeinde, die sich für einen der Kandidaten besonders warm angenommen. Einzelne Angehörige dieser Gemeinde bezeichnet das Flugblatt als 'im Geheimen wühlende schwarze Männer, die mit aller Gewalt dem Distrikte einen 'Super-Schwarzen', der unser Klima nicht vertragen kann, aufdrängen möchten!' Zum Schlusse warnt diese Schmähschrift nochmals vor den 'gleisnerischen Worten dieser Machthaber, welche die Wähler nur als Stimmvieh (sic!) behandeln wollen.' Dann empfiehlt der Verfasser dieses Flugblattes, einen Mann zu wählen, der 'von vorneherein gezeigt hat, dass er für alle Distriktsgemeinden ein Herz hat, indem er keine Kosten und keine Mühe gescheut, um sich in fast sämtlichen interessierenden Gemeinden vorzustellen, wo er mit ungeteiltem Beifall Vorträge gehalten hat.' Diese Worte sollten für Herrn Dr. Aschkanaze, für den das Flugblatt verbreitet worden ist, Stimmung machen. Dieser Herr hat nämlich, ohne berufen zu sein, fast den ganzen Distrikt bereist, um persönlich für seine Sache zu arbeiten durch Vorträge, die inhaltlich überall gleich lauteten. Auf den Inhalt dieser Vorträge und warum sich einzelne Gemeinden überhaupt herbeigelassen haben, Herrn Dr. Aschkanaze reden zu lassen, wollen wir nicht näher eingehen. Ebenso wollen wir all die Vorzüge, welche dieses Pamphlet Herrn Dr. Aschkanaze nach-
Burgpreppach Israelit 18031895b.jpg (164621 Byte)rühmt und auf all die schändlichen Angriffe, die dieses Blatt den angeführten Worten folgen lässt, übergehen und uns nur noch der letzten 'Kraftstelle' zuwenden. Sie lautet: 'Hüten wir uns vor einem Separatler! Geben wir keine Stimme einem Kandidaten, der bis jetzt seine Existenz nur dem Geiste der Trennung der Gemeinde zu verdanken hat. Wählen wir keinen Mann zum Rabbiner, der den Geist der Separatler, der Intoleranz, des Unfriedens, der bizarren Bigotterie mit der Muttermilch eingesaugt hat. Sehet euch die Verwandtschaft eines solchen Kandidaten an.... Glaubet nicht, dass dieser eine Ausnahme mache. Glaubet überhaupt nicht den Worten der Anhänger dieses exklusiven Kandidaten. Der Apfel fällt nicht weit vom Baum.' Welcher Kandidat mit diesen raffiniert boshaften Worten getroffen werden soll, liegt sehr nahe! 'Der Apfel fällt nicht weit vom Baume,' meint der Verfasser dieser Schmähschrift. Heil diesem Kandidaten, wenn er als 'Apfel'  nicht weit vom Baum fällt! Denn diese 'Bäume' sind keine geringeren, als der selige Distrikts-Rabbiner S. B. Bamberger in Würzburg und der selige Oberrabbiner S.W. Klein in Kolmar im Elsass, über deren Bedeutung wir nicht nötig haben, ein Wort zu verlieren. Sehr interessant sind auch die Schlussworte des Flugblattes: 'Unser Kandidat, Herrn Dr. Aschkanaze, wird wärmstens empfohlen von den Kultusvorständen der Gemeinden: Oberlauringen, Ermershausen, Aidhausen, Autenhausen, Maroldsweisach, Reckendorf.' Durch diese Worte sollen die bezeichneten Kultusvorstände offenbar als die Verfasser des Pamphlets hingestellt werden, was absolut undenkbar ist. Zunächst hat keiner dieser Herren sich irgendwie bemüht, die Kandidatur des Herrn Dr. Aschkanaze zu unterstützen. Dann aber auch haben einzelne sich bemüht, den Verfasser zu ermitteln, um ihn für diesen Missbrauch zu Rechenschaft zu ziehen.    Die verehrten Leser wollen es gütigst entschuldigen, wenn der Schreiber dieser Zeilen sich manchmal zu einem herben Wort hat hinreißen lassen. Aber angesichts solcher Tatsachen wäre es sündhaft, den Verfasser dieses Pamphlets schonend zu behandeln, der so am allerwenigsten die Sache des Herrn Dr. Aschkanaze gefördert hat."

    
Stellungnahme von Dr. M. Aschkanaze zu den gegen ihn gemachten Vorwürfen (1895)  

Burgpreppach Israelit 21031895a.jpg (104613 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. März 1895: "Straßburg, Elsass, 19. März (1895). Bezugnehmend auf die Korrespondenz 'Aus dem Grabfelde' in der jüngsten Nummer Ihrer Zeitung, bitte ich Sie um Aufnahme folgender tatsächlicher Berichtigung: Es ist nicht zutreffend, dass meine Versetzung in den Ruhestand seitens des oberelsässischen Konsistoriums verfügt wurde, sondern ich stellte das diesbezügliche Gesuch auf Grund eines ärztlichen Attestes an das Kaiserliche Ministerium und zwar am 10. Oktober 1893. Das Konsistorium wusste ebenso wenig von diesem von mir unternommenen Schritte wie die Herren Ullmann und Adler aus Burgpreppach. Erst nachdem mein heiß ersehnter Wunsch von der hohen Behörde in der wohlwollendsten Weise genehmigt wurde, trotzdem gar keine 'eigenartigen Gesetze' an meiner Seite waren, wurde dieser in Aussicht genommene Beschluss seitens des Kaiserlichen Ministeriums dem Konsistorium behufs Rückäußerung mitgeteilt, wobei mir ausführlich kompetenderseits angedeutet wurde, dass dieses Einfordern eines Gutachtens nur pro forma sei, indem das Gesetz es vorschreibt, dass bei fakultativer Gewährung von Pensionen in Ruhestand tretende Religionsdiener das Gutachten der betreffenden Kirchenbehörde vorher einzuholen sei. Das Konsistorium im Oberelsass bemerkte in seinem am 15. November 1893 eingetroffenen Gutachten, dass mein körperliches Unbehagen im Sundgau ihm unerkannt wäre. Diese Bemerkung ist in An-   
Burgpreppach Israelit 21031895b.jpg (191964 Byte)betracht des von mir beigebrachten ärztlichen Attestes unbeachtet geblieben, und so wurde bereits am 1. November 1893 mein Antrag genehmigt, und zwar mit Urlaub bis zum 1. Januar 1894 und von da ab Versetzung in den Ruhestand mit  Beibehaltung des vollen Gehaltes.   Mir wurde auf die zuvorkommendste Weise sofort von dieser günstigen Entscheidung mündliche Mitteilung gemacht, während der vorgeschriebene Instanzenweg es verlangte, die bezüglichen Schriftstücke – die ich der löblichen Redaktion zur gefälligen Einsicht hier beilege – mir durch die Kirchenbehörde – Konsistorium zustellen zu lassen.   Der Referent, Herr Ministerialrat Hamm hier,  hat mich seinerzeit ermächtigt, bei eventueller Bewerbung um eine andere Rabbinerstelle 'drüben in Deutschland' ihn als Referenz anzugeben. Dass das Klima im Oberelsass, namentlich im Sundgau, wo Niedersept liegt, rau und für manchen eingewanderten Deutschen unerträglich ist, das ist hierzulande allgemein bekannt, und lauten die amtlichen Briefe über die Statistik der dortigen Krankheitsfälle – Herz- und Lungenkrankheit – recht ungünstig.   
Dass im Elsass ein großer Rabbinermangel vorhanden sein soll, ist ebenfalls unzutreffend. Man ist im Gegenteil besorgt, wohin man die vielen Kandidaten, die demnächst ihre Studien absolvieren, anbringen solle, da keine entsprechende Zahl von halbwegs auskömmlichen Rabbinaten vorhanden ist.    Dass ferner der sogenannte Rabbinatsausschuss im Grabfelde unter den 15 Bewerbern nur einen einzigen Kandidaten zur Probe berufen hatte, war es eben, was von den übrigen Distriktsgemeinden gerügt wurde, andererseits wollten auch sie keine Kosten tragen und daher sagten sie – in der Versammlung zu Hofheim am 18. Februar – man solle noch einige Kandidaten hören, nur müssen sie selber – die Kandidaten – die Kosten tragen. Nicht nur ich allein war da, sondern auch Dr. Auerbach aus Halberstadt und Dr. Plato aus Brandenburg, ohne vom Rabbinatsausschuss dazu berufen worden zu sein.   
Endlich ist es Tatsache, dass die Herren Vorstände aus: Oberlauringen, die stärkste Gemeinde des Distrikts im Grabfelde – Ermershausen, Autenhausen, Maroldsweisach – sämtlich schriftlich, Aidhausen und Reckendorf mündlich meine Kandidatur bestens und wärmstens empfohlen hatten. Nun aber kam nach mir ein Kandidat, dessen Familie einen sehr guten Klang in Deutschland hat, und von der man sich große Unterstützung für die Präparandenschule des Bezirks versprochen, weswegen derselbe viele Anhänger bekommen, sodass sich meine Freunde gesagt haben, um nicht in der Minorität zu bleiben, demselben auch ihre Stimmen zu geben, was bekanntlich auch bei Präsidentenwahlen in unserem stolzen Nachbarlande schön häufig vorgekommen ist. Dr. M. Aschkanaze. Rabbiner a.D."

    
Dank an Rabbiner Dr. Bamberger (1900)    

Burgpreppach Israelit 06091900.jpg (90752 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 6. September 1900: "Burgpreppach, im September (1900). Wir werden um Aufnahme folgender Zuschrift gebeten: Angesichts der höchst bedauerlichen Angriffe, die doch nur die momentane Erregung über nicht erfüllte Wünsche veranlasst haben kann, halten wir es für eine Ehrenpflicht, unserem allverehrten Rabbiner, Herrn Dr. Salomon Bamberger, unsere wärmste Sympathie und aufrichtige Anerkennung für sein ersprießliches, sichtbar gottgesegnetes Wirken und seine rastlose Tätigkeit auszusprechen. Allezeit treu auf der Wacht, wo es gilt, für das Judentume und seine Bekenner einzutreten, ist er so ganz das Bild eines durch wahre Herzensgüte, wrkliche echte Frömmigkeit und hervorragende Geistesgaben gleich ausgezeichneten Mannes. Dass sein edles Streben auch die genügende Würdigung findet, möge ihm die Hochachtung Aller bezeugen und die Anerkennung, dessen sich derselbe an höchster Stelle erfreut. So sehr wir dem als Schulmann wie als gewandten Redner gleich bedeutenden Manne die höchsten Ehrenposten gönnen, so lebhaft würden wir es bedauern, ihn aus unserem Distrikte scheiden zu sehen. Möge ihn Gott noch recht viele viele Jahre in solch hervorragender geistiger und körperliche Frische erhalten und sein edles Wirken segnen zum Heile für ganz Israel. (Wir schließen uns den Wünschen der Gemeinde Burgpreppach aus vollstem Herzen an. 'Wie ihn, möge es viele geben in Israel.' Redaktion des 'Israelit')."   

   
Rabbiner Dr. Bamberger verlässt Burgpreppach (1901)   

Burgpreppach Israelit 21011901.jpg (88008 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. Januar 1901: "Burgpreppach, 15. Januar (1901). (hebräisch und deutsch:) Das Scheiden des Frommen aus einem Orte lässt eine fühlbare Lücke zurück! Die Wahrheit dieses Ausspruches sollen auch wir tief empfinden. Herr Dr. Bamberger wird demnächst die Stätte seiner seitherigen segensreichen Wirksamkeit verlassen, um einem ehrenvollen Rufe als Rabbiner in Hanau zu folgen. Mit seinem Weggange verlieren wir einen Führer voll heiligen Ernstes, voll inniger Liebe, dem das geistige Wohl seiner Gemeinde und das Gedeihen der seiner Leitung anvertrauten Talmud-Toraschule dahier warm am Herzen lag. Sein Einfluss wirkte auf alle, die mit ihm in Berührung kamen, veredelnd und anregend. Nicht allein in religiöser, sondern auch in jeder anderen Angelegenheit stand er jedem mit Rat und Tat gerne zur Seite. Durch seine Friedensliebe und Menschenfreundlichkeit gewann er viele für Tora, Gottesdienst und Wohltätigkeit". 

   
Zum Tod von Rabbiner Dr. Salomon Bamberger (1920 in Hanau)  

Hanau Israelit 11111920ba.jpg (465772 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. November 1920: "Provinzialrabbinat Dr. Salomon Bamberger – das Andenken an den Gerechten ist zum Segen. 'Am Mittag ist die Sonne untergegangen.' Eine Leuchte, die Licht und Wärme spendete, ist nicht mehr. Als ihr voller Strahlenglanz uns noch soeben erfreut hatte, ist sie plötzlich erloschen. Das Klagewort unserer Weisen 'Am Mittag ist die Sonne untergegangen' beschreibt in treffender Weise die unversehens hereinbrechende Dunkelheit, wenn der Allgütige in Seinen Garten geht, um eine kostbare Menschenblüte zu sich hinauf in die ewigen Höhen zu nehmen. Nur nach dieser Seite ist der Vergleich mit dem Verschwinden der im Zenith stehenden Sonne gemeint. Es soll damit aber nicht gesagt werden, dass der in der Vollkraft seines Wirkens hinweggenommene Große, wenn er bei uns geblieben wäre, gleich der Sonne bald vom Höhepunkt herabgestiegen wäre. Nein, die Toralehrer nehmen mit dem Alter an Wissen und Wirken zu. Der vielgeliebte und vielbewunderte Meister, der am Rüsttage des jüngsten Sabbat im Hause des Gebets nach vollendetem Gebet seine reine Seele aushauchte, hat uns verlassen, mitten in einem reich gesegneten Leben stehend. Wir aber hatten nicht anders gedacht, als dass wir mit jedem neuen Lebensjahre, wenn es uns vergönnt gewesen wäre, immer neue und immer reichere Früchte seiner Tätigkeit hätten genießen dürfen. Ein Alter nur von 51 Jahren hat Salomon Bamberger erreicht, doch wie unsagbar viel hat er in diesem allzu kurzen Leben geleistet. In früher Jugend schon bewunderte man in seiner Geburtsstadt Frankfurt am Main seine hohe Begabung. Der Allgütige hat auch diesem Salomon Weisheit geschenkt. Ein Sohn herrlicher Eltern aus edelstem Stamm, hatte er das Glück, in dem unvergessenen Rabbi Sekel, dem Sohne des großen Rabbi Seligmann Bär, und in seiner klugen und zielbewussten Mutter, der würdigen Tochter des hoch geschätzten Kolmarer Rabbiners R. Salomon Klein, verständige Pfleger und Wächter seiner Herzens- und Geistesgaben zu finden.      Früh schon und erfolgreich wurde er zum Studieren des Talmud geführt, und weit schneller als die Altersgenossen durcheilte er die Klassen der Realschule der Frankfurter Religionsgesellschaft und des Goethegymnasiums. Die Erfolge des Studenten auf Torahochschulen und Universitäten machten die Hoffnungen wahr, die man auf den Schüler gesetzt. In seiner Dissertation behandelte er den arabischen Text der Erklärung des Maimonides zu dem schwierigen Traktat Kilaim; und die Vereinigung der talmudischen und philologischen Kenntnisse des jungen Autors machte seine Erstlingsschrift zu einem kleinen Meisterwerk. 25 Jahre alt, wurde er Rabbiner der Religionsgesellschaft in Bingen, leitete dann einige Jahre Distriktsrabbinat und Präparandenschule Burgpreppach, um dann zwei Jahrzehnte hindurch mit sich von Jahr zu Jahr steigerndem Erfolge Provinzialrabbiner von Hanau zu sein. Seine gewissenhaft geleistete amtliche Arbeit genügte ihm nicht, nach den verschiedensten Seiten hin bemühte er sich, der jüdischen Allgemeinheit nützlich zu werden. In den orthodoxen Rabbinervereinigungen gewann er bald eine führende Stellung. In den Jugendorganisationen, ob es Kaufleuten galt in der jungen Aguda, oder Studenten in dem Verein jüdischer Akademiker, stets war er ein hoch willkommener Lehrer und Mitarbeiter. Wohltätigkeitsvereine aller Art wusste er zu fördern, die altjüdischen Unternehmungen in und für Palästina rechneten auf ihn, im Kampf gegen die Feinde des jüdischen Gesetzes und des jüdischen Volkes stand er seinen Mann. Eifrig ergeben war er dem Studium der höchsten und ersten Wissenschaft, dem Forschen im Talmud. Auch auf sonstigen wissenschaftlichen Gebieten fehlte er nicht. Bekannt ist sein großes Verdienst um die Herausgabe des vor zwei Jahren erschienenen nachgelassenen Bandes Dorot Harischonim des R. Jizchak Halevi. Die Hauptarbeit der Jüdisch-literarischen Gesellschaft Frankfurt am Main ruhte auf seinen Schultern.      
Dr. Salomon Bamberger war der verdienstvolle Redakteur der dreizehn, sich immer steigender Anerkennung erfreuenden Jahrbücher dieser wissenschaftlichen Gesellschaft. Er war kein Streiter, aber ein Sieger. Auch hier trug er den Namen Salomon nicht umsonst. Ohne Kriege erreichte es König Salomo durch Weisheit, dass das Israelitische Reich den höchsten Gipfel an Macht und Ansehen gewann. Unser Salomo erzielte in seinen Gemeinden und für seine Gemeinden reibungslos, was er sich vorgesetzt; bei allgemeinen und öffentlichen Angelegenheiten setzte er sich durch, ohne als Kämpfer auf den Plan zu erscheinen. Sein untrügliches Gefühl für Recht und Gerechtigkeit, seine Selbstlosigkeit, Klugheit, sein klarer Blick in Verbindung mit stets sich gleichbleibendem liebenswürdigem und sonnigem Wesen gaben ihm in Frieden Erfolge, wie sie andere durch Streit und Kampf selten nur erringen. Und dieser, in den vordersten Reihen des öffentlichen Lebens stehende Mann, wie musterhaft war er als Familienvater! In edelster Harmonie mit seiner Gattin, der würdigen Tochter des in Fürth in dankbarer Erinnerung lebenden Waisenhausdirektors Königshöfer, bemühte er sich mit Liebe und Verständnis, seine Kinder zu wackeren, echten Jehudim zu erziehen. Nächst seiner Familie gehörte seine Liebe seinen Gemeinden. In den letzten Gesprächen, die ich mit ihm führte, erörterte er mit liebevoller Sorge, wie sich in den jetzigen schweren Zeiten der wünschenswerte Umbau oder Neubau der Synagoge in Hanau bewerkstelligen ließe. Die letzte Arbeit für das nächste Jahrbuch, das er in die Druckerei trug, war eine auf seine Anregung zurückgehende Studie eines hervorragenden Geschichtsforschers über die Hanauer Rabbiner. In seinem weiten, trefflichen Herzen fand sich Raum für die jüdische Allgemeinheit, für Gemeinde und Familie. Doch damit erschöpfte er sich nicht. Jedes einzelne Gemeindemitglied stand ihm nahe, ein seltener, herzensguter Bruder war er den Geschwistern, der treueste Freund den Freunden.      
Wie vielen ist mit ihm eine Sonne leider allzu früh untergegangen! Fügen wir uns in
Hanau Israelit 11111920baa.jpg (289496 Byte)Demut dem Willen des Höchsten – gepriesen sei er; danken wir Ihm, dass er unserer Zeit und uns einen solchen Mann geschenkt hat. 
Es war ein ergreifendes und zugleich ein erhebendes Bild, das Hanau am Montag in seinen Straßen erlebte: 'Und es sah der Bewohner, und sie sprachen, eine schwere Trauer ist diese...' Schon nach Ankunft der ersten Morgenzüge strömten die endlosen Scharen vom Bahnhof durch die Stadt. Gegen 10 Uhr war das Rabbinerhaus und der ganze Platz davor von einer wogenden Menge angefüllt. Im Lernzimmer, wo der Verstorbene in stiller Abendstunde bei seinen Büchern saß, fing gegen ½ 11 Uhr die Abschiedsfeier an, ein würdiger Auftakt zu der beredten Trauerkundgebung, die sich bis tief in den Mittag hineinzog. Zunächst beweinte im Namen der Familie Herr Lehrer Ochsenmann in herzlichen, schlichten Worten den Verlust mit der Klage des Propheten: 'Es fiel die Krone von unserem Haupte'. Herr Distriktsrabbiner Dr. Stein, Schweinfurt, sprach als Freund des Verblichenen von den Tagen des gemeinsamen Studiums und des gemeinsamen Wirkens in Bayern und als letzter im Hause hatte auch Herr Distriktsrabbiner Dr. Bamberger, Kissingen, Worte treuen Gedenkens.    
Nun bewegte sich der unabsehbare Zug durch die Straßen, wo die Läden zum Zeichen der Trauer geschlossen waren und die Straßenbahnen den Verkehr einstellen mussten, zur Synagoge. Auf der Kanzel, von wo aus der Verstorbene zwei Jahrzehnte das Wort Gottes verkündet hatte, stand nun der Amtskollege Landrabbiner Dr. Walter aus Kassel, der dem Schmerz der großen Trauerversammlung in kunstvoller Rede würdigen Ausdruck zu geben wusste. Er dankte im Namen der Gemeinden des Bezirkes. Ergreifend war es, als nun Rabbiner Dr. Bondi, Mainz seinem intimen Freund und wissenschaftlichen Mitarbeiter Worte der Liebe, des Abschiedes und des Dankes widmete. Er sprach auch von den Verdiensten Bambergers um die Literarische Gesellschaft, die jedem Leser des Jahresbuches zur Genüge bekannt sind, wie als Mitarbeiter, Interpret und Popularisator des großen Historikers Halevy. Er dankte auch im Namen des traditionellen Rabbinerverbandes. Wieder klang tief empfundener Schmerz der Familie aus dem Munde des Schwagers des Verstorbenen, Oberrabbiners Biedenburg aus Arnheim und des Herrn Rabbiner Dr. Wolf, Köln. Dann traten nacheinander Vertreter verschiedener Korporationen und Vereine an die Bahre, den Scheidegruß und den Dank der Körperschaften überbringend, denen der Verstorbene nahe stand. Herr Jacob Rosenheim – Frankfurt am Main sprach herzliche Worte im Namen der Israelitischen Religionsgesellschaft, Frankfurt am Main, der Jeschiwa Frankfurt am Main (die außerdem durch zwei Herren vertreten war), der 'Freien Vereinigung' und der Palästina-Verwaltung. Herr Dr. Hofmann sprach im Namen der Agudas Jisroel-Jugendorganisation und des Bundes Jüdischer Akademiker. Es sprachen noch Herr Rabbiner Dr. Marx – Darmstadt im Namen des Orthodoxen Rabbinerverbandes, Herr Rabbiner Dr. Michalski – Burgpreppach für das Kuratorium und die Bildungsanstalt Burgpreppach, wo der Entschlafene seine erste rabbinische Wirksamkeit und Lehrtätigkeit ausgeübt hatte, und Herr Dr. Martin  Marx – Frankfurt am Main im Namen des Zentralvereins.    
Es war bereits Nachmittagsstunde, als der Zug den Weg von der Synagoge nach dem Friedhof antrat. Neben den Leidtragenden hinter der Bahre, die den ganzen Weg von Männern des Heiligen Vereins getragen wurde, gingen die offiziellen Vertreter der Stadt und der staatlichen Behörden, eine große Anzahl von Rabbinern (von den Rabbinern der weiten Umgegend dürfte kein einziger gefehlt haben). Dann sah man in geordneter Gruppe die Schüler der Religionsschule und hinter ihnen die nach vielen Hunderten zählende Menge der Trauergäste. Auf dem Friedhofe angelangt, sprachen als Freunde und Nachbarkollegen Provinzialrabbiner Dr. Cohn – Marburg und Provinzialrabbiner Dr. Cahn – Fulda. Den Dank der Gemeinde Hanau brachte Herr Vorsteher Rosenberg zum Ausdruck, den des Vorsteheramtes Herr Julius Stern, für die Kreisvorsteherämter Herr Rechtsanwalt Dr. Koreff. Zuletzt sprachen noch Herr Lehrer Sulzbacher – Hanau den Dank der Gemeindebeamten und der Lehrerschaft des Bezirkes aus und Herr Josef Rothschild als geborener Hanauer legte der verwaisten Gemeinde nahe, im Sinne des Verstorbenen Hanau zu einer 'Stätte der Tora' zu machen. Viele Redner, so auch Vertreter des Frankfurter 'Mekor Chajim', der Orts- und Jugendgruppe der Agudos Jisroel, konnten wegen der vorgerückten Stunde nicht mehr zu Wort kommen.      
Nach einem kalten Morgen war inzwischen die Sonne in herrlich klarem Herbstglanze aufgegangen, und in die dumpfe Trauer schlich sich, als man still zur Bahn pilgerte, das trostreiche Wort der Weisen zum Schriftsatze 'Es geht neue Sonne auf, wenn in Israel eine Sonne untergeht...'  
Hanau Israelit 02121920.jpg (162925 Byte)Die Trauerkundgebung für den Hanauer Raw.  Die Räume des Mekor Chajim konnten am letzten Sonntag abend die Menge der Erschienenen, die wohl nach mehreren Hunderten zählten, nicht fassen, und wer zu spät kam, musste sich mit einem bescheidenen Stehplatz vor der Türe begnügen. Alles war gekommen, was das Bedürfnis in sich fühlte, das Andenken Bambergers zu ehren. Und der Verehrer dieses Mannes und Menschen, sind eben nicht wenige.   Auf dem Podium stand als Dozent des Mekor Chaim, Herr Redakteur Schachnowitz, der auch im Auftrage der Jugendorganisation, Ortsgruppe, Jugend- und Mädchengruppe der Agudas Jisroel in Frankfurt wie in Hanau sprach. Er erzählte einleitend von den Weisen, die, vom Grabe Raws zurückgekehrt, zum zweiten Mal ihre Kleider zerrissen, da sie für die erste an sie herantretende Frage die letzte Entscheidung des Meisters nicht mehr anrufen konnten. Anknüpfend an diesen Talmudbericht sprach er von den vielen Fragen, die mit dem Tode Bambergers unbeantwortet, von den vielen Aufgaben, die jetzt ungelöst blieben. Rabbi Elieser wird auf seinem Krankenbette nach Talmud 'Sanhedrin' Regentropfen, auch Sonnenball genannt und zuletzt wird seine Wirksamkeit mit der von Vater und Mutter verglichen. Diese drei Bezeichnungen nimmt Redner zum Ausgangspunkt für die Schilderung des Charakters und der Wirksamkeit Bambergers als Rabbiner und Lehrer, als Gelehrter und als Mensch. In seiner wissenschaftlichen Bedeutung war er einer jener Saburäer, die nach Jahrhunderten gewaltiger geistiger Produktion mit einer Selbstverleumdung ohnegleichen unter Hintansetzung ihrer eigenen Ansichten, ja ihres Namens nur ordneten und sichteten, und Epigonen wurden, wo sie Wegweiser hätten sein können. An diesem historischen Bild bespricht Redner eingehend die Verdienste Bambergers um die Ausgabe des arabischen Urtextes vom Mischnakommentar des Maimonides und auch insbesondere seinen hervorragenden Anteil am Lebenswerke Jizchok Halevis. Dann stellte Redner aus einer Reihe menschlicher Züge des Heimgegangenen ein anschauliches Charakterbild des Menschen Bamberger zusammen und schloss mit homiletischen Ausdeutungen von Bibel- und Talmudstellen, die Trauer wie Trost in solchen Fällen schmerzlicher Verluste widerspiegeln.    
Die Stille und Weihe des großen Auditoriums während des ganzen Vortrages zeigte, wie tief und innig die Verehrung für den heimgegangenen Lehrer in aller Herzen saß. Ein Sohn sagte darauf das Kaddisch und mit dem Maariw-Gebete schloss die eindrucksvolle Gedenkfeier."

  
Ausschreibung der Rabbinerstelle (1900)  

Burgpreppach Israelit 05111900.jpg (114272 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. November 1900: "Konkurrenz-Ausschreiben
Die Stelle des Distrikts-Rabbiners für den Rabbinats-Distrikt Burgpreppach wird sich demnächst erledigen und ist wieder zu besetzen.   Mit dieser Stelle sind zur Zeit folgende Jahresbezüge verbunden:  
a) aus der Rabbinatskasse 1.200 Mark (hierunter 300 Mark widerrufliche Zulage;)  
b) an Staatszuschuss 720 Mark.   
Der Vorstand des Talmud-Tora-Vereines in Burgpreppach beabsichtigt, die bisher mit dem Rabbinat verbundene Leitung der Talmud-'Tora-Schule mit einem Anfangsgehalte von circa 650 Mark jährlich und freier Wohnung dem neu aufzustellenden Rabbiner gleichfalls zu übertragen, falls derselbe zur Übernahme des Amtes geeignet und bereit ist.  Bewerber um die Stelle wollen ihre mit den erforderlichen Zeugnissen, eventuell auch mit den Nachweisen über Befähigung zur Leitung der Talmud-Tora-Schule, bis längstens 20. November laufenden Jahres bei dem unterfertigten Amte einreichen.  
Hofheim, den 2. November 1900.  Königliches Bezirksamt: Neubert.    
Diejenigen Herren, die sich beim Königlichen Bezirksamte Hofheim um das hiesige Rabbinat bewerben, werden in ihrem eigenen Interesse gebeten, Abschriften ihrer Bewerbungen nebst Beilagen auch an uns gelangen lassen zu wollen. Burgpreppach, 2. November 1900. Die Verwaltung des Talmud-Tora-Vereins."

   
Neuwahl des Rabbiners (1901) 

Burgpreppach Israelit 27121900.jpg (24109 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27. Dezember 1900: "Würzburg. Zur Neuwahl eines Rabbiners des Rabbinatsdistrikts Burgpreppach ist Termin auf Mittwoch, 9. Januar 1901, vormittags 19 Uhr, im Rathaussaale zu Hofheim anberaumt."  

   
  
Unter Rabbiner Dr. Naftali Cohn (Cohen, 1901-1903)    
Anmerkung:  Rabbiner Dr. Naphtali Cohen (Cohn) (geb. 1874 in Altona, gest. Juli 1939 in Jerusalem): studierte an den Universitäten Berlin, Halle und Erlangen sowie am Rabbiner-Seminar in Berlin; 1899 Lehrer an der S.R. Hirsch-Schule in Frankfurt, 1900 an der Talmud-Tora-Schule in Köln; 1901 bis 1903 Distriktrabbiner und Leiter der Talmud-Tora-Schule (Präparandenanstalt) in Burgpreppach, danach Direktor am Israelitischen Lehrerseminar in Köln; von 1918 bis 1934 Provinzialrabbiner in Marburg, 1937 bis 1938 leitender Lehrer an der Jeschiwa in Fulda; 1938 verhaftet, 1939 nach Palästina emigriert..  
 
Wahl von Dr. Naftali Cohn aus Altona (1901)   

Burgpreppach Israelit 10011901.jpg (21955 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. Januar 1901: Burgpreppach, 9. Januar. Vorbehaltlich amtlicher Genehmigung, wurde heute Herr Dr. Naftali Cohn aus Altona, Schüler des Berliner Rabbinerseminars und seither Lehrer an der Realschule der israelitischen Religionsgesellschaft zu Frankfurt am Main, zum Distrikts-Rabbiner für den hiesigen Kreis gewählt."  
 
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 18. Januar 1901:  "In Burgpreppach wurde Dr. N. Cohn aus Altona, ein Zögling des Berliner Seminars, zum Kreisrabbiner gewählt."     

  
Dienstantritt von Rabbiner Dr. Cohn (1901)    

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. Mai 1901: "Burgpreppach, 28. April (1901). Am 22. dieses Monats hielt unser neuer Rabbiner und Direktor der Talmud-Thora-Schule, Herr Dr. Cohn aus Hamburg, dahier seinen Einzug. Dessen Amtsvorgänger, Herr Rabbiner Dr. Bamberger - Hanau, der durch seine hervorragende Tätigkeit und eminent liebenswürdiges, freundliches Wesen ein Plätzchen in den Herzen Aller sich gesichert, hatte sich eigens zu seiner Begrüßung und Einweisung eingefunden. Den Ruf großer Gelehrsamkeit, der unserem neuen Rabbiner vorausgeht, scheint derselbe auch vollauf zu rechtfertigen. Seine in der Talmud-Thora-Schule gehaltene Ansprache, wie auch insbesondere seine heutige Antrittspredigt, der Form wie dem Inhalte nach gleich meisterhaft und fesselnd, zeugen von ehrlichem Streben, redlichem Wollen und gediegenem Wissen, sodass er sich die Herzen seiner Zuhörer im Sturm erobert hat. Am verflossenen Sabbat fand in der hiesigen Synagoge die feierliche Installation des Herrn Distriktsrabbiners statt. Zu dieser Feier waren auch der katholische Geistliche, die Lehrer, sowie andere Mitglieder der christlichen Gemeinde erschienen. Nach einem einleitenden, wirkungsvollen Gesange bestieg Herr Dr. Cohn die Kanzel und hielt eine inhaltsreiche Antrittspredigt, die ihre Wirkung auf die Zuhörer nicht versagte und volle Befriedigung bei den Festteilnehmer hervorrief. Er entwickelte an der Hand des Bibelverses (3. Mose 16,17) 'Und er sühne sich und sein haus und die ganze Versammlung Israels' ein Programm seiner künftigen Tätigkeit im neuen Wirkungskreise. Ein stimmungsvolles Gebet für den König und das erlauchte Herrscherhaus schloss die erhebende Feier. Möge seine Amtstätigkeit, der hier so reiches Feld geboten, gleich der seiner bewährten Herrn Vorgänger, eine Gottgesegnete sein, möge insbesondere unsere Talmud-Thora-Schule, das Werk unseres unvergesslichen verlebten Rabbiners Hirsch seligen Andenkens sich unter seiner Leitung immer weiter entwickeln und gedeihen. Unsere besten Wünsche geleiten ihn und in diesem Sinne rufen wir dem neuen Führer ein fröhliches Glück auf und herzliches Willkommen zu. K."

    
Zum Abschied von Dr. Cohn (1903)  

Burgpreppach Israelit 29091903.jpg (101768 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. September 1903: "Aus dem Distriktsrabbinat Burgpreppach. Nach kaum 2 1/2-jährigem, segensreichen Wirken wurde unser Rabbiner, Herr Dr. Naphtali Cohn, als Direktor des israelitischen Lehrerseminars in Köln berufen, wodurch der Posten eines Distriktsrabbiners in unserem Bezirk wieder neu zu besetzen ist. Bei dem häufigen diesseitigen Rabbinatswechsel sind die einzelnen Distriktsgemeinden wahlmüde geworden. Da es sich hier nicht, wie anderswo, um einen Prinzipienkampf handelt, in dem nur Kandidaten der streng-orthodoxen Richtung Aussicht haben, bringt man der Personalfrage kein  besonderes Interesse entgegen. Mutatis mutandis - auch hier haben sich die alten, guten Gebräuche geändert. Die Herren Supplikanten machen ja zum Teil landauf, landab ihre persönliche Aufwartung, halten Predigten, wodurch reichlich Gelegenheit geboten ist, dieselben nach ihrer rhetorischen Begabung etc. kennen zu lernen. Für die Gemeinden, die an der Peripherie des Kreises wohnen, bedeutet eine Neuwahl meist große Opfer an Zeit und Geld. Aus diesem Grunde wird für die bevorstehende Wahl der ernstgemeinte Vorschlag gemacht, durch eine Eingabe an die hohe, königliche Kreisregierung die Erlaubnis zu erwirken, die vom zuständigen Bürgermeisteramte beglaubigten Stimmen der einzelnen Gemeindemitglieder durch einen Delegierten schriftlich abgeben zu dürfen. Außerdem würde durch diesen Modus das hässliche Moment der Wahlbeeinflussung am Wahltage und am Wahlorte wegfallen, was wir als bedeutenden moralischen Gewinn ansehen würden."  

  
  
Unter Rabbiner Dr. Julius Abraham Michalski (1918-1923) 
Abschied von Dr. Michalski (1924)

Burgpreppach Israelit 21081924.jpg (62279 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. August 1924: "Burgpreppach, 17. August (1924). Herr Distriktsrabbiner Dr. Michalski hat sich in seiner Ansprache am letzten Sabbat in herzlicher Weise von der hiesigen Gemeinde verabschiedet. Herr Rabbiner Michalski war uns ein treuer Hirte. Seinen Schülern war er ein wahrhaft väterlicher Freund und Berater in allen Angelegenheiten. Während seiner sechsjährigen Amtszeit hat er für den ganzen Distrikt segensreich gewirkt, als Direktor und Leiter der Schule in schwerer Zeit bewundernswerte Arbeit geleistet. So sehen wir den Mann, dessen wahrhafte Herzensgüte in erfolgreichem Wirken sich ein unvergängliches Denkmal geschaffen, mit lebhaftem Bedauern scheiden; unsere besten Wünsche geleiten ihn in seinen neuen Wirkungskreis."    

  
Ausschreibung der Rabbinerstelle (Mai 1924)  

Burgpreppach Israelit 29051924.jpg (65106 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. Mai 1924: "Infolge Berufung unseres Distriktsrabbiners, des Herrn Dr. Michalski, nach Karlsruhe, suchen wir einen streng orthodoxen, akademisch gebildeten, auch pädagogisch erfahrenen Rabbiner. Gehalt Gruppe 10. freie, große Dienstwohnung mit Garten. Bei Übernahme der Schulleitung, entsprechende Funktionszulage. Bewerbungen sind unter Beifügung von Zeugnisabschriften zu richten an die Israelitische Kultusgemeinde Burgpreppach (Unterfranken).  Der Rabbinatsausschuss."   

  
  
Unter Rabbiner Dr. Sali Ksinski (Kasinski, 1924-1925)  
Dienstantritt von Rabbiner Dr. Ksinski (1924)  

Burgpreppach Israelit 06111924.jpg (96363 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 6. November 1924: "Burgpreppach, 9. Oktober (1924). Am Sabbat Paraschat Ki tawo hat dahier Herr Distriktsrabbiner Dr. Ksinski sein Amt angetreten. In seiner Antrittsrede entwarf er sein Programm, dessen Leitsatz die Heranziehung der Jugend zur Tora ist. Hauptsächlich will er das als Direktor der weit bekannten, hiesigen Präparanden- und Bürgerschule Talmud Thora verwirklichen. Dabei werden ihm wohl seine langjährigen Erfahrungen als Leiter eines jüdischen Realgymnasiums gut zustatten kommen. Herr Dr. Ksinski hat sich schon mit seiner Probepredigt bei allen Zuhörern aufs beste eingeführt, sodass der Rabbinatsdistrikt an ihn einen einstimmigen ehrenvollen Ruf ergehen ließ, wofür er nunmehr dankte und um die Hilfe Gottes bat zur Erfüllung des ihm entgegengebrachten Vertrauens."

  
Beschimpfungen der jüdischen Religion  - Distriktsrabbiner Ksinski erstattet erfolglos Strafanzeige (1926)   

Anzeige in der "CV-Zeitung" (Zeitschrift des "Central-Vereins", Monatsausgabe) vom Oktober 1926:     


Diskussion um die Zukunft des Bezirksrabbinates (1927)   

Burgpreppach BayrGZ 15071927.jpg (136933 Byte)Artikel in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 15. Juli 1927: "Das Bezirksrabbinat Burgpreppach.   Der Rat des Verbandes beschloss in der Sitzung vom 26. Mai 1927, eine Bezirksgemeindeversammlung der Bezirks Burgpreppach einzuberufen, um einen zuverlässigen Anhalt dafür zu gewinnen, ob das durch den Weggang des Rabbinats Ksinski erledigt Rabbinat wieder besetzt werden soll.    
Die Versammlung fand am 26. Juni 1927 in Schweinfurt statt. Es waren anwesend die Vertreter der meisten Bezirksgemeinden, die Rabbbiner Dr. Stein (Schweinfurt), Dr. Rülf (Bamberg), Dr. Wohlgemuth (Kitzingen) und der frühere Rabbiner des Bezirks Dr. Michalski (Karlsruhe), der Vorsitzende des Kuratoriums der Präparanden und Bürgerschule Burgpreppach Schloss (Hamburg) und der aus dem Bezirk hervorgegangene Konrektor Einstädter (Frankfurt am Main), vom Verband Oberlandesgerichtsrat Dr. Neumeyer (München), Justizrat Dr. Hommel (Schweinfurt), Kommerzienrat Braunschweiger (Würzburg) und Rechtsanwalt Dr. Silberschmidt (Kissingen), ferner die Mitglieder der Kultusverwaltung Schweinfurt.    
Der Versammlung wurde als Material der unten abgedruckte Altersaufbau der israelitischen Bevölkerung des Bezirks vorgelegt.   Von den Vertretern der Bezirksgemeinden sowie von den Herrn Dr. Michalski, Schloss und Einstädter wurde die Widerbesetzung des Rabbinats für notwendig erachtet. Der durch Zuwahl vergrößerte Bezirksausschuss Burgpreppach wird Vorschläge über die Neuorganisation des Bezirks machen, insbesondere auch dahin, ob Gemeinden außerhalb des Bezirks in diesen aufzunehmen seien, ob Gemeinden aus dem Bezirk ausgeschieden werden könnten und ob der Sitz des Bezirks an einen anderen Ort zu verlegen sei, des weiteren, welcher Bestimmung die Schulgebäude in Burgpreppach zugeführt werden könnten. Erörtert wurde die Möglichkeit einer Verwendung für eine landwirtschaftliche Schule, ein Alters- und Rekonvaleszentenheim, Ferienheim u.a.   
Der Ausschuss wird nach Ablauf von drei Monaten berichten." 

  
Ausschreibung der Rabbinerstelle (1928)    

Burgpreppach Israelit 04041928.jpg (82136 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. April 1928: "Die Gemeinden des Rabbinats Burgpreppach beabsichtigen, mit Zustimmung des Verbandes Bayerischer Israelitischer Gemeinden die freigewordene Rabbinerstelle wieder zu besetzen. Die Anstellung erfolgt zunächst mit provisorischem Charakter. Es besteht die Möglichkeit, dass ein Teil der Gebäude des Talmud Thora Vereins zu einer Altersversorgungsanstalt Verwendung findet. Ob die Errichtung der Schule in naher Zukunft möglich sein wird, entzieht sich vorläufig der Beurteilung. Die Besoldung erfolgt nach Gruppe X der bisherigen Besoldungsverordnung mit Überleitung in die entsprechende Gruppe der neuen Besoldungs-Ordnung. Rabbiner streng konservativer Richtung werden gebeten, ihre Bewerbung beim Rabbinats-Distrikts-Ausschuss in Burgpreppach zu Händen des Unterzeichneten einzureichen.   Burgpreppach, den 2. April 1928." 

     
   
Unter Rabbiner Dr. Meir Menachem Ephraim (1928-1932)    

Wahl von Dr. Ephraim als Bezirksrabbiner (1929)   

Schweinfurt Israelit 10011929.jpg (149652 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. Januar 1929: "Schweinfurt, 28. Dezember (1929). In der heutigen Gegenwart, die nur allzuviel Recht zur Klage einer materialistischen Lebenseinstellung gibt, berührt es doppelt angenehm, Beispiele einer idealeren Lebensauffassung zu finden. Erhebliche finanzielle Mehrbelastung trotz drückend hoher Kultussteuern nicht scheuend, haben die kleinen Ortschaften und Dörfchen des bayerischen Bezirksrabbinats Burgpreppach sich die allergrößte Mühe gegeben, ihrem Bezirke wieder einen geistigen Führer zu sichern.  Im Anschlusse an eine geschichtlich bedeutungsvolle Vergangenheit und in lebhafter Erinnerung an eine Reihe edler und arbeitsfreudiger Führer herrscht allgemeine Freude darüber, dass es gelungen ist, in dem Herrn Dr. Ephraim einen Mann gewonnen zu haben, der alle Gewähr dafür gibt, mit Gottes Hilfe die Hoffnungen erfolgreich in die Tat umzusetzen. In seiner Anrittspredigt gab Herr Bezirksrabbiner Dr. Ephraim – seine Licht leuchte – auch dem Gedanken Ausdruck, dass es aus dem Gefühl der Verantwortung heraus, die das Erbe der Vergangenheit darstellt, Pflicht sei, offenen Auges die Gegenwart zu prüfen und zu betrachten, um den schweren Aufgaben der Zukunft gerecht werden zu können. Die Freude, die der ganze Bezirk über den Einzug seines neuen Rabbiners empfindet, und das herzliche Willkommen, das ihm ungeteilt entgegengebracht wird, sind der beste Beweis für die Notwendigkeit der Wiederbesetzung der Bezirksrabbinatsstelle, eine Tatsache, der auch der Verband bayerischer israelitischer Gemeinden entgegenkommenderweise Rechnung getragen hat. Möge es dem neu gewählten Herrn mit Gottes Hilfe gelingen, die Erwartungen und Hoffnungen zu erfüllen, die nicht nur der Bezirk, sondern weite Kreise hegen, die mit Burgpreppachs Vergangenheit innig verbunden sind und denen noch immer Burgpreppach ein Programm bedeutet."


Antrittspredigt von Dr. Ephraim (1929)  

Burgpreppach BayrGZ 01021929.jpg (133057 Byte)Artikel in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 1. Februar 1929: "Burgpreppach. Erhebliche finanzielle Mehrbelastung trotz drückend hoher Kultussteuern nicht scheuend. haben die Gemeinden des bayerischen Bezirksrabbinats Burgpreppach sich die allergrößte Mühe gegeben, ihrem Bezirk wieder einen geistigen Führer zu sichern. Im Anschlusse an eine geschichtlich bedeutungsvolle Vergangenheit und in lebhafter  Erinnerung an eine Reihe edler und arbeitsfreudiger Führer herrscht allgemeine Freude darüber, dass es gelungen ist, in dem Herrn Dr. Ephraim einen Mann gewonnen zu haben, der alle Gewähr dafür gibt, mit Gottes Hilfe die Hoffnungen erfolgreich in die Tat umzusetzen. In seiner Antrittspredigt gab Herr Bezirksrabbiner Dr. Ephraim auch dem Gedanken Ausdruck, dass es aus dem Gefühl der Verantwortung heraus, die das Erbe der Vergangenheit darstellt, Pflicht sei, offenen Auges die Gegenwart zu prüfen und zu betrachten, um den schweren Aufgaben der Zukunft gerecht werden zu können. Die Freude, die der ganze Bezirk über den Einzug seines neuen Rabbiners empfindet, und das herzliche Willkommen, das ihm ungeteilt entgegengebracht wird, sind der beste Beweis für die Notwendigkeit der Wiederbesetzung der Bezirksrabbinatsstelle, eine Tatsache, der auch der Verband bayerischer israelitischer Gemeinden entgegenkommenderweise Rechnung getragen hat. Möge es dem neu gewählten Herrn mit Gottes Hilfe gelingen, die Erwartungen und Hoffnungen zu erfüllen, die nicht nur der Bezirk, sondern weite Kreise hegen, die mit Burgpreppachs Vergangenheit innig verbunden sind und denen noch immer Burgpreppach ein Programm bedeutet." 

  
Ausschreibung der Rabbinerstelle (1932)   

Burgpreppach Israelit 21071932.jpg (59187 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. Juli 1932: "Die freie Bezirksrabbinerstelle Burgpreppach mit dem Sitz in Burgpreppach ist per 1. Oktober zu besetzen. Es wird ein jüngerer, streng konservativer, akademisch gebildeter Rabbiner gesucht, der außer seiner Rabbinerfunktion auch der Leitung der Bürger- und Handelsschule, Talmud-Tora bevorzustehen hat. Die Anstellung erfolgt gemäß der Beamten- und Besoldungsordnung des Verbandes Bayerischer Israelitischer Gemeinden. Bewerbungen sind bis zum 7. August zu richten an Bezirksrabbinatsausschuss zu Händen des Herrn Abraham Adler, Burgpreppach."  

 
  
Unter Rabbiner Dr. Rafael Saul Munk (1932-1939)  
Rabbiner Saul Munk (geb. 1899 im Lemberg, gest. 1969 in Ra'anana, Israel): war der letzte Rabbiner in Burgpreppach und letzter Inhaber des 300 Jahre alten Grabfelder Rabbinates in Burgpreppach. Nach 1933 trafen ihn die Härten der nationalsozialistischen Zeit mit unzähligen Behinderungen, Schikanen und Verboten. Das Verbot für jüdische Jugendliche, allgemeine weiterführende Schulen zu besuchen, führte noch einmal zu einem Anwachsen der Schülerzahl in Burgpreppach. 1938 verhaftet und in das KZ Dachau eingeliefert; im Februar 1939 mit Familie nach Palästina/Erez Jisrael emigriert; war bis 1951 Schulleiter, danach Rabbiner einer orthodoxen Gemeinde in Tel Aviv; 1955 schwer erkrankt, dadurch Aufgabe des Amtes; die Familie lebte 1958 in Bnej Brak bei Tel Aviv. 
    
Feierliche Einführung von Rabbiner Saul Munk (1932)   

Burgpreppach Israelit 15121932.jpg (97828 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 15. Dezember 1932: Burgpreppach, 10. Dezember (1932). Herr Rabbiner Saul Munk aus Berlin, Mitglied einer bekannten, hoch angesehenen Rabbinerfamilie, übernahm am 5. Dezember das Bezirksrabbinat Burgpreppach und die Leitung der damit verbundenen Talmud Thora-Schule. Mit Rücksicht auf den Ernst der Zeit sah die Gemeinde von einer größeren Feier ab und beschränkte sich auf einen schlichten, aber herzlichen Empfang. Am Freitagabend wurde der Herr Rabbiner mit Gesängen im Gotteshause empfangen und am Sabbatmorgen durch eine Reihe Chorgesänge während des Gottesdienstes geehrt. Mit großer Hingabe und viel Geschick hatte Herr Lehrer Linz seinen Knabenchor geschult, dessen Leistungen uneingeschränkte Anerkennung aller Zuhörer fanden. In einer geistvollen Antrittspredigt verstand es sodann Herr Rabbiner Munk, sich die Herzen der Gemeindemitglieder zu gewinnen. Er erinnert auch daran, dass die Gemeinde Burgpreppach und die Gemeinden des Bezirksrabbinats sowohl um die Erhaltung des Rabbinats gekämpft haben, als auch darum, einen Rabbiner zu bekommen, der Torageist verbreitet. Diesen Geist in Verbindung mit ihrem Rabbiner in die Tat umzusetzen, muss das Bestreben der Gemeinde sein. In seinen Schiurvorträgen, die im Laufe des Schabbos weiter stattfanden, ließ der neue würdige Raw seinen begeisterten Zuhörern einen Blick in das weite Feld seines talmudischen Wissens und seiner hervorragenden Bibel-(Tanach-)Kenntnisse tun.   Möge der Gemeinde Burgpreppach und dem Rabbinatsbezirk das bestimmt segensreiche Wirken eines solchen Führers auf viele Jahre erhalten bleiben."   
 
Burgpreppach BayrGZ 01011933.JPG (102039 Byte)Artikel in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 1. Oktober 1933: weitgehend derselbe Artikel wie oben. 

  
Geburtsanzeige eines Sohnes von Rabbiner Saul Munk und seiner Frau (1933)      

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. Oktober 1933: "Gott sei gepriesen
In dankbarer Freude zeigen die Geburt eines kräftigen Knaben an 
Rabbiner Saul Munk und Frau Eva geb. Schlessinger. Burgpreppach."       

    
Bezirkskonferenzen des Bezirksrabbinates (1935 und 1936)  

Burgpreppach Bayr GZ 15041936.jpg (59847 Byte)Anzeige in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 15. April 1936: "Tätigkeitsbericht der Bezirkskonferenz Burgpreppach im Jahre 1935. Während im Jahre 1934 unsere Bezirkskonferenzen, trotz weiter Wegentfernungen der einzelnen Kollegen, ziemlich häufig stattfinden konnten. Brachte uns das Jahr 1935 eine große Enttäuschung. Am 27. Februar 1935 konnten wir die Mitglieder nur zu einer einzigen Konferenz nach Königshofen im Grabfeld vereinigen. Das Programm dieses Tages setzte sich zusammen: 1. Bezirksrabbiner S. Munk, Burgpreppach: Lernvortrag über die Noachidengesetze (Sanhedrin); 2. Nußbaum, Burgpreppach: 'Mischneh Tora' (Rambam).  3. Heller-Adler, Königshofen im Grabfeld: 'Behandlung der aktuellen Vereinsangelegenheiten.' Anschließend fand in der Synagoge eine 'Maimonides-Feier' statt. Die Festrede hatte Herr Bezirksrabbiner S. Munk übernommen. Er verstand es, in fesselnder Weise die Persönlichkeit dieser Geistesgestalt zu zeichnen. So wurde uns diese Feier ein Erlebnis. H. Heller-Adler, Obmann."  
 
Artikel in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 15. Dezember 1936: "Bezirkskonferenz Burgpreppach. Im Kalenderjahr 1936 konnten wir dank der Initiative unseres Herrn Bezirksrabbiners S. Munk und unter dessen Leitung fünf Konferenzen veranstalten. Unsere jüdisch-wissenschafltiche Fortbildungsarbeit bestand zunächst in der gründlichen Durchnahme der Vorschriften über die Toraverlesung; dann in der Durchsprache der ersten P'rokom der beiden Mischnatraktate Pea und D'mai. Eine Quellen-Interpretation der 'Ethik des Judentums', Maimonides 'Vorrede zu den Sprüchen der Väter' gab Linz (Burgpreppach) in zwei Vorträgen. Über "Das Wesen des Mussar und seine Geschichte' hielt Nußbaum (Burgpreppach) ein Referat. Eine Sichah leitete Hamburger (Burgpreppach). Eine Aussprache über einige Punkte der Würzburger Tagung erbrachte manche Klarstellung und Anregung für die Gestaltung des Deutsch- und Geschichtsunterrichts. Erwähnenswert ist das Interesse und die vollzählige Beteiligung der Kollegen unseres Rabbinatsbezirks sowie die erfreuliche Tatsache, dass einige Herren aus Nachbarbezirken sich trotz ungünstiger Verbindungen zu unserer Tagung hierher bemühten. Die nächsten Konferenz kann aus technischen Gründen erst im Januar 1937 - so Gott will - sein. Linz, Vorsitzender."        

   
Beitrag von Bezirksrabbiner Saul Munk: "Lernt wieder beten!" (1936)   

Burgpreppach Israelit 30071936.jpg (193914 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. Juli 1936:    
Burgpreppach Israelit 30071936a.jpg (167683 Byte)   

     
     
     
Persönlichkeiten 
Anmerkung: aus dem streng orthodox geprägten Burgpreppach entstammten ganz unterschiedlich geprägt Persönlichkeiten, wie in der Nebeneinanderstellung des liberal gesinnten Rabbiners Dr. Leopold Stein und dem streng orthodox gesinnten Jacob Strauß deutlich wird.  
    
Zur Erinnerung an den aus Burgpreppach stammenden Frankfurter Rabbiner Dr. Leopold Stein (1810-1882)

Burgpreppach AZJ 18111910a.jpg (178912 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 18. November 1910: "Zur Erinnerung an  Dr. Leopold Stein. Von Dr. Adolph Kohut.  Unter den großen Reformatoren des deutschen Judentums im 19. Jahrhundert nimmt der vor gerade einem Jahrhundert – am 5. November 1810 – zu Burgpreppach in Unterfranken geborene und am 2. Dezember 1882 in Frankfurt am Main verblichene Dr. Leopold Stein einen der ersten Plätze ein. Ausgerüstet mit dem ganzen reichen Schatz der jüdischen Wissenschaft, aber auch der Bildung und Kultur seiner Zeit, und durchglüht von der leidenschaftlichen Liebe zu seinem Volksstamme und zu seiner Religion, hatte er es sich zur Lebensaufgabe gemacht, den freiheitlichen und freisinnigen Ideen auch in Israel zum Siege zu verhelfen und Hyperorthodoxie, Fanatismus, Unduldsamkeit und Rückständigkeit mit allen Waffen seines glänzenden Geistes zu bekämpfen. Es erschien ihm des Schweißes der Edelsten, namentlich der Rabbiner und Prediger, wert, das Judentum mit dem Deutschtum zu versöhnen, die fortschrittlichen Gedanken auch auf theologischem Gebiete zu verwirklichen und starre, morsch gewordene und der Lebensfähigkeit entbehrende Dogmen zu beseitigen, ohne freilich die Grundfeste der jüdischen beziehungsweise mosaischen Lehre erschüttern zu wollen. Gleich einem Abraham Geiger, Ludwig Philippson, Samuel Holdheim und andern namhaften Führern des fortschrittlichen deutschen Judentums war auch er in Wort und Schrift bestrebt, den uralten Schutt von verrotteten Überlieferungen, die mit dem Zeitbewusstsein in schroffem Widerspruche stehen, aufräumen zu helfen. Doch wollte er nicht nur niederreißen beziehungsweise das ohnehin Wankende, Schwankende und des innern Halts Entbehrende abtragen, sondern auch auf den Trümmern einer dem Untergang geweihten Kulturwelt ein neues, unerschütterliches, in sich gefestigtes und zukunftsreiches Monumentalgebäude einer religiösen, ethischen und moralischen Lebens- und Weltanschauung aufrichten.      
Während jedoch die meisten anderen berufenen und auserwählten Reformatoren des deutschen Judentums in erster Linie durch ihre haarscharfen logischen Beweisführungen, ihre meisterhafte Dialektik und ihre gründlichen Geschichtskenntnisse allen gebildeten und parteilos denkenden Schichten des Gesellschaft die Notwendigkeit einer Reform zum Bewusststein führten verfügte Leopold Stein neben diesen geistigen Eigenschaften noch über eine andere seltene Gabe, die in erster Linie an das Gemüt und an die Einbildungskraft appellierte, nämlich die der Dichtung. Als Lyriker, Dramatiker, Erzähler, Parabeldichter und hochbegabter Übersetzer beziehungsweise kongenialer Nachdichter hat er die deutsche Literatur im allgemeinen und die Israelis insbesondere mit einer Fülle anmutiger und lieblicher poetischer Schöpfungen bereichert, die, ohne absichtlich reformatorische Zwecke zu verfolgen, dennoch unwillkürlich durch den Schatz lichtvoller Gedanken und Ansichten fesselten und die Herzen Israels gewannen. 

Burgpreppach AZJ 18111910b.jpg (340226 Byte)Leopold Stein gebührt auch das Verdienst, dass er, was leider so selten ist, nicht allein den Mut der eigenen Meinung und Überzeugung hatte, sondern auch nie Anstand nahm, denselben auch öffentlich zu bekennen, ohne Rücksicht nach unten und oben, ohne Furcht und Tadel, nur seinem Gott und seinem Gewissen folgend.   In zahlreichen Artikeln, offenen Sendschreiben und Werken usw. hat er mit größter Klarheit und Entschiedenheit seine Grundsätze ausgesprochen und die Richtlinien seines Verhaltens als Rabbiner Prediger, Lehrer und Führer in Israel vorgezeichnet. Mag hier nur aus dem offenen Sendschreiben, das er am 7. Februar 1872 in seiner damaligen Eigenschaft als Prediger bei der Emanuel-Westend-Union zu Frankfurt am Main an die Mitglieder der israelitischen Gemeindeverwaltung zu Nürnberg gerichtet hat, einiges hervorgehoben werden. Er stand zu jener Zeit als Rabbiner und Prediger in der Nürnberger Gemeinde zur Wahl, doch nahmen einige Mitglieder daran Anstoß, dass er angeblich die Speisegesetze einem nicht nach dem herkömmlichen Ritual bereiteten öffentlichen Mahl sich beteiligt habe.    
'Es sind also nicht meine seit so vielen Jahren in Wort und Schrift kundgegebenen Gesinnungen,' so heißt es in diesem offenen Sendschreiben, 'es ist nicht das von mir an verschiedenen Orten, insbesondere in der Rabbinerversammlung zu Breslau, bereits im Jahre 1846 gegen die rabbinischen Speisegesetze abgegebene Urteil, nein, es ist lediglich die Tat, die Bewährung meiner Grundsätze, welche mich zum öffentlichen Lehrer der Religion in einer Gemeinde, die notorisch in ihrer überwiegenden großen Mehrzahl in diesem Punkte denkt und handelt wie ich, ungeeignet erscheinen lassen soll. Was also sonst in unserer bedeutungsvollen Epoche, welche namentlich auf religiösem Gebiete Männer braucht, Männer, treu in Wort und Tat, dem Mann zur höchsten Ehre gereicht, dem tief zu beklagenden aufgeklärten Rabbiner der Neuzeit gereicht es zur Verdammnis. Sein orthodoxer Kollege, den Schulchan Aruch als Panier in der Hand, ist der Mann der Entschiedenheit, der Mann des Fortschritts, seine Fahne tragend, worauf die Inschrift fehlt, ist der Mann der Halbheit. Das aber ist der bedauerliche Umstand, woran wir leiden, dass, mag einer noch so aufgeklärt sein, er die falsche Ansicht hegt: 'Wir können tun, was wir wollen – der Rabbiner muss den althergebrachten Formen im Leben huldigen', es ist jenes triviale, aller sittlichen Denkart entfremdete Sprichwort: 'Der Kutscher muss nüchtern bleiben; die im Wagen sitzen, können betrunken sein'. Aber nie und nirgends, weder in Bibel noch in Talmud, habe ich gefunden, dass die Lehrer in Israel ihre Gemeinde vom hohen Sitze aus geführt hätten. Die frommen Männer, die einfachen gingen voraus, um nüchterne Führer ihrer nüchternen Gemeinden zu sein, die ihnen vertrauensvoll nachfolgten, und, so meine ich, Vernunft und Religion gebieten es, namentlich für unsere in religiösen Dingen so zerfahrene Zeit, aufs dringendste, dass der Rabbiner in allem mit dem rechten Beispiel vorangeht. Aber leider sind die Rabbiner der Gegenwart mehr Gefährte als Führer. Das ist es, was unsere religiösen Zustände so unhaltbar macht; die meisten jüdischen Gemeinden erziehen ihre Rabbiner zu Heuchlern'.   
Nun geht Leopold Stein an das offene Bekenntnis seines rabbinischen Glaubensgrundsatzes, der sich in die Worte zusammenfassen lässt, dass er, seit er fähig sei, sich durch Studium, Erfahrung und ungetrübtes Urteil eine klare eigene Meinung zu bilden, auf biblisch-mosaischem Standpunkt stehe. Er verwerfe keineswegs den Talmud, wie zum Beispiel die Karaoten, vielmehr erkenne er verehrend an, dass der Talmud in der großen Entwicklungsgeschichte des Judentums Großes geleistet habe, aber er sei in seinem Gewissen in bezug auf die Religion verpflichtet, in dem Falle anderer Meinungen zu ein als der Talmud, wo dieser durch Erweiterungen und Erschwerungen tausendfacher Art das einfache Bibelwort in dessen Reinheit und Lauterkeit beinträchtige. In dem hohen Geiste der mosaischen Gesetze erkenne er eine göttliche Kundgebung und daher mit Moses Mendelssohn die Verpflichtung der Israeliten zu deren Beobachtung an. Auch die mosaischen Speisegesetze seiuen ihm heilig und er beobachte sie gewissenhaft. Aber im Laufe trauriger Jahrhunderte haben die erschwerenden Speisegesetze eine starre Form angenommen. Seitdem jedoch der Frühlingsodem eines milderen Jahrhunderts die Starrheit überall gelöst und seitdem ein Hauch der Liebe im Geiste der Annäherung über die Menschen gekommen, der aus Gott sei und dessen die Israeliten, die solange die Parias der Menschheit gewesen, sich am meisten zu erfreuen haben, sei es die Pflicht, ja sogar ein heiliges von Gott gebotenes Werk, für das Judentum, dass es der sich ihm nähernden Menschheit entgegenkomme und festhaltend an den biblischen Grundgeboten manche starre Formen ablöse, Formen, die sich in den Tagen des Geistesdrucks und der menschentrennenden Sonderheiten der reinen Lehre angefügt und die Israeliten von der Welt abgeschlossen haben. Die erschwerenden Speisegesetze und ähnliche Ritualien seien einst notwendig gewesen, um die Juden von einer sie feindseligen Welt abzuschließen. Wie im Winter zukunftsvolle Saaten unter einer kalten Schneedecke verborgen ruhen, so haben sich eben die ewigen Lehren und Gebote der israelitischen Religion unter jener Hülle geborgen und erhaltne in einer rauen Zeit. Nun aber mache sich die neue Zeit mit ihren so sehr veränderten Anschauungen und Forderungen gelten. 'Wir fragen', so sagt er wörtlich, 'kann das rabbinische Speisegesetz in seiner unerbittlichsten Konsequenz beobachtet werden von dem Geschäftsmann, der in entferntesten Gegenden Wochen und Monate lang sich unter Nichtisraeliten erhalten muss? Und sagt nicht unsere heilige Tora: 'Beobachtet meine Satzungen, welche der Mensch üben soll, dass er durch sie lebe' und setzt nicht der Talmud
Burgpreppach AZJ 18111910c.jpg (280419 Byte)selbst hinzu: 'dass er durch sie lebe, aber nicht, dass er durch sie umkomme?' Und stellt er nicht an einem anderen Orte den Grundsatz auf: 'Niemals dürfen die Rabbiner eine Erschwerung auferlegen, wobei die Menschheit nicht bestehen könnte!' Wann und wo wir daher in betreff der biblischen Speisegesetze, bei denen die Welt nicht mehr bestehen kann, dem unberatenen Volke gewissenhaft Abhilfe leisten können, da sollte es überall geschehen nach jenem über zeitgemäße Gesetzesänderungen und überlieferten Ausspruch des großen Maimonides, welcher Theologe und Arzt in gleicher hoher Berühmtheit war: 'Es ist besser, man nimmt ein Glied ab, wenn man dadurch den Gesamtorganismus retten kann.'  …." 
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Zum Tod des aus Burgpreppach stammenden und in der orthodoxen Judenschaft Frankfurts hoch bedeutenden Jacob Strauß (1850-1931)  
 

Burgpreppach Israelit 17121931.jpg (175450 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17. Dezember 1931: "Jacob Strauß – das Andenken an den Gerechten ist zum Segen. Frankfurt am Main, 16. Dezember (1931). Satt an Tagen, im einundachtzigsten Lebensjahre, ist am fünften Tewes mit Jacob Strauß – das Andenken an den Gerechten ist zum Segen – eine Persönlichkeit abberufen worden, deren Wesen und Wirken von einer allem Repräsentativen, allem Hervortreten abgeneigten Sprödigkeit überschattet war, und die es gerade darum mehr als viele offizielle Größen verdient, dass man ihr nun, da ein reiches Leben abgeschlossen vorliegt, in annähernder Erkenntnis wenigstens gerecht zu werden versucht.     
Jacob Strauß war ein Kind des altbayerisch-jüdischen Dorfmilieus, in Burgpreppach stand seine Wiege. Das Burgpreppach jener Tage wird am besten dadurch charakterisiert, dass inmitten eines kräftig pulsierenden Gemeindelebens neben einem Raw von hervorragender Gelehrsamkeit, wie der Heimgegangene oft erzählte, fünf oder sechs Baalebatim wirkten, die in ihrer Jugend noch zu Fuß den Weg zu Rabbi Mordechai Baneth – das Andenken an den Gerechten ist zum Segen – nach Nikolsburg zurückgelegt hatten, um sch dort zu rechten Talmide Chachomim heranzubilden. In diesem Milieu, in dem sich die urwüchsige Kraft lebendigen Torageistes mit der problemlosen Ungebrochenheit dörflicher Naturnähe begegneten, wuchs die Seele des Knaben ins Leben hinein. Hier entwickelten sich Charakter und Intellekt zu seltener Harmonie und Gesundheit, und dort ward sicherlich das Fundament gelegt, auf dem sich, in den Wander- und Lehrjahren in Fürth und Karlsruhe gefestigt, die Eigenart der geistig-religiösen Persönlichkeit des Heimgegangenen herausbildete. Das beherrschende Element in diesem Innenleben war die Tora; ein reiches, sicheres Torawissen, das der Knabe und Jüngling in sich aufgenommen, das der Mann und der Greis unablässig Tag und Nacht gemehrt, es war von einem glänzenden Gedächtnis bewahrt, und es schuf allmählich einen geradezu wunderbaren Instinkt für die treffsichere Beurteilung jeder Lebenssituation unter dem Gesichtswinkel der Halacha. Aber das war noch nicht das Besondere, das ihn auszeichnete. Wohl aber darf man als ein Besonderes betrachten die Synthese einer in höchstem  
Burgpreppach Israelit 17121931a.jpg (452129 Byte)Maße kritisch angelegten, manchmal geradezu hyperkritisch zu nennenden Geisteshaltung mit einer klassischen, selbstverständlichen Gottesfurcht, wie sie nur wahrhafte Toragelehrsamkeit erzeugen kann. Er hatte die Bildung der Zeit mit all ihrem Rationalismus und Skeptizismus in vollen Zügen ergriffen, er war gewöhnt, nirgends im Leben naiv zu glauben, sondern immer zu zweifeln und zu prüfen – aber die ehrfürchtige Liebe zu dem in schriftlicher Tora und mündlicher Tora niedergelegten Gotteswort, die Liebe zum Talmud vor allem, hatte in seinem Innern gezündet..."  
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Stand: 30. Juni 2020