Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Biebesheim am Rhein mit Stockstadt am Rhein (Kreis Groß-Gerau)
Jüdische Geschichte / Synagoge

Übersicht:

bulletZur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
bulletBerichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde   
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer 
bulletZur Geschichte der Synagoge   
bulletFotos / Darstellungen  
bulletErinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte    
bulletLinks und Literatur   

    

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english version)      
    
In Biebesheim bestand eine jüdische Gemeinde bis 1938/42. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 16./18. Jahrhunderts zurück. Erstmals wird am 29. März 1557 ein Jude in Biebesheim genannt: Landgraf Philipp gewährte dem Juden Gumprecht das Wohnrecht in dem Dorf. Auch 1630 werden im Zusammenhang mit der Zahlung von "Judengeleit" Juden am Ort genannt. 1728 wird "Schutzjude Mäntle zu Biebesheim" erwähnt. 1736 sind vier jüdische Familien mit zusammen 27 Personen am Ort. Auch 1770 wurden vier jüdische Familien gezählt. Die Familien standen unter hessischem Schutz: noch 1805 wurde ein Schutzbrief des Landgrafen Ludwig (damals für Herz Löb zu Biebesheim) ausgestellt, dem die Bestimmungen der hessischen Judenordnung von 1765 vorangestellt waren.
   
In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts lebten die jüdischen Familien meist in sehr armseligen Verhältnissen von ihren Einnahmen als Hausierer oder Trödler, in der 1. Hälfte des 19. Jahrhundert wurden die Verhältnisse jedoch insgesamt besser. Es gab in Biebesheim unter den jüdischen Einwohnern Textil-, Landesprodukten- und Pferdehändler, Viehhändler sowie Metzger. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhundert  wurden einige Läden und Handlungen am Ort eröffnet, die für das wirtschaftliche Leben in Biebesheim von Bedeutung waren. 

Die Zahl der jüdischen Einwohner entwickelte sich im 19. Jahrhundert wie folgt: 1837 41 jüdische Einwohner, 1858 46, 1861 49 (3,1 % von insgesamt 1.560 Einwohnern), 1871 67, 1880 37 (2,1 % von 1.786), 1885 30, 1900 38 (1,9 % von 2.032), 1910 27 (1,2 % von 2.320). Zur jüdischen Gemeinde Biebesheim gehörten auch die im benachbarten Stockstadt lebenden jüdischen Personen (fünf, später drei jüdische Familien: 1830 17, 1905 18, 1924 10 jüdische Einwohner). Sie besuchten in Biebesheim die Synagoge und waren meist auch im Vorstand der Gemeinde vertreten. Die Familiennamen der Stockstädter Familien waren u.a. Gutjahr, Wolf, Auerbach und Westerfeld. 
Die jüdische Gemeinde Biebesheim gehörte zum orthodoxen Bezirksrabbinat Darmstadt II.  
  
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine Religionsschule, eine Lehrerwohnung sowie ein rituelles Bad. Die Toten der jüdischen Gemeinde wurden in Alsbach und Groß-Gerau beigesetzt. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer angestellt, der zugleich als Vorsänger und als Schochet (Schächter) tätig war. Die Stelle war bei Neubesetzungen immer wieder auszuschreiben (siehe unten Ausschreibungstexte von 1877 und 1889). Aus den Ausschreibungstexten gehen auch zwei Namen von Vorstehern der Gemeinde in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts hervor: Tomas Mayer (um 1876) sowie Moses Mayerfeld (beziehungsweise Meyerfeld, um 1889/90). Ergänzt werden kann der Name des Vorstehers Salomon Wachenheimer, der 1867 im Zusammenhang mit der Einweihung der Synagoge genannt wird.
   
Im Ersten Weltkrieg fiel aus Stockstadt: Vizefeldwebel Ludwig Gutjahr (geb. 13.5.1884 in Stockstadt, gef. 9.1.1915).
   
Um 1924, als noch 25 jüdische Gemeindeglieder gezählt wurden (1 % von insgesamt etwa 2.500 Einwohnern), waren die Vorsteher der Gemeinde Mayer Wachenheimer, Hermann Goldstein und Salomon Westerfeld (Stockstadt). 1932 waren die Gemeindevorsteher (in anderer Reihenfolge wie 1924) Hermann Goldstein (1. Vors.), Mayer Wachenheimer (2. Vors.) und Siegmund Westerfeld (Stockstadt, 3. Vors.). Im Schuljahr 1931/32 gab es sechs schulpflichtige jüdische Kinder am Ort, die in der Religionsschule der Gemeinde ihren Religionsunterricht erhielten.  
An jüdischen Gewerbebetrieben bestanden u.a.: das "Kaufhaus" der Familie Goldschmidt, später "Gemischtwarenhandlung" Ermann (Heinrichstr. 5), die Metzgerei Wachenheimer, die Landesproduktenhandlung Herzlöb bzw. Josef Wachenheimer, Die jüdischen Einwohner waren im Leben des Dorfes vor 1933 völlig integriert. Auch in den örtlichen Vereinen waren sie aktiv wie Liebmann Goldschmidt und sein Sohn Hermann Goldschmidt, die sich im Geflügelzuchtverein engagierten.
   
1933 lebten noch 24 jüdische Personen in Biebesheim, etwa 10 in Stockstadt. In den folgenden Jahren sind alle jüdischen Gemeindeglieder auf Grund der zunehmenden Entrechtung und der Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert. Unter anderem verzog aus Biebesheim Familie Ermann im September 1935 nach Frankfurt, von dort in die USA. Familie Leo Wachenheimer (dieser war von der SA vorübergehend aus nichtigen Gründen in das KZ Osthofen eingesperrt worden) emigrierte im Dezember 1935 nach Südafrika, Familie Goldschmidt im August 1936 in die USA, Familie Mayer Wachenheimer im Februar 1938 nach Südafrika. Aus Stockstadt emigrierte Familie Moses Kahn 1937 in die USA; die Eheleute Siegmund und Frieda Westerfeld verzogen nach Darmstadt, von wo die beiden 1942 deportiert wurden; die Tochter Edith konnte 1936 noch mit einem Kindertransport in die USA gelangen (vgl. unten Literatur - Buch von Fern Schumer Chapman). 
   
Beim Novemberpogrom 1938 wurde in Biebesheim die Wohnung der Familie Josef Wachenheimer in der Rheinstr. 58 überfallen und demoliert, das Haus der Familie Goldstein in der Rheinstr. 23 schwer beschädigt, die Inneneinrichtung völlig zerstört. Dieses Haus wurde Anfang der 1980er-Jahre abgebrochen (Hinweis; eine Seitenwand des  Fachwerkhauses Rheinstr. 23 wurde in der Remise des Heimatmuseums Biebesheim - in der Rheinstraße 44 - wieder aufgebaut und ist dort zu sehen). Nach den Ereignissen in der Pogromnacht verließen auch die Familien Wachenheimer und Goldstein Biebesheim. Damit war der Ort in der NS-Sprache "judenfrei". Nach den Ereignissen in der Pogromnacht verließen auch die Familien Wachenheimer und Goldstein Biebesheim. Damit war der Ort in der NS-Sprache "judenfrei".  
      
Von den in Biebesheim geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945": Stefan (Franz Steffen) Bruchfeld (1929), Rina Bruchfeld geb. Wachenheimer (1899), Liebmann Goldschmidt (1871), Bertha Hofmann geb. Frankfurter (1873), Johanna Mainzer geb. Mayer (1863), Ida Reinheimer geb. Frankfurter (1876, siehe Kennkarte unten), Isaak Wachenheimer (1869). 
Auf dem Grundstück Rheinstraße 20 (Standort eine 1995 abgebrochenen jüdischen Hauses) befindet sich eine Grünanlage mit einem am 29. November 2000 enthüllten Gedenkstein für die aus Biebesheim vertriebenen Juden mit der Inschrift: "1933 - Erinnerung ist das Geheimnis der Versöhnung - Die Gemeinde Biebesheim gedenkt ihrer heimatvertriebenen jüdischen Mitbürger - 1945". 
  
Von den in Stockstadt geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945": Rosel Gutjahr (1914, lebte später in Darmstadt), Franziska Guttman geb. Siesel (1873), Frieda Westerfeld geb. Kahn (1898) und ihr Mann Siegmund Westerfeld (1891; war Viehhändler in Stockstadt, geb. als Sohn von Meyer Westerfeld), Isidor Westerfeld (1898) Settchen Wolf geb. Gutjahr (1890, geb. in Stockstadt, lebte in Frankfurt).
     
     
     
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde 
  
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer  
Ausschreibungen der Stelle des Lehrers / Vorsängers / Schochet  1877 / 1884 / 1889 / 1901 / 1903  

Biebesheim Israelit 03011877.jpg (35407 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. Januar 1877: "Die Stelle eines Lehrers, Vorsängers und Schächters in der Gemeinde Biebesheim am Rhein ist vakant. Bewerber kann jederzeit eintreten. Gehalt inklusive Nebenverdienste circa 700 Mark. Reflektierende wollen sich baldigst an den unterzeichnete Vorstand wenden.
Biebesheim, den 30. Dezember 1876. Der Vorstand Tomas Mayer."
   
Biebesheim Israelit 23041884.jpg (52616 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. April 1884: "Die hiesige Stelle als Vorbeter, Schächter und Religionslehrer kann sofort oder bis zum 1. Juli besetzt werden. Fester Gehalt jährlich 500 Mark nebst freier Wohnung und ca. 150 Mark Nebeneinkommen. Nur unverheiratete Bewerber wollen unter Einsendung ihrer Zeugnisse sich bei uns melden. 
Biebesheim, 21. April 1884. Der Vorstand der Synagogengemeinde."   
 
Biebesheim Israelit 04021889.jpg (41650 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. Februar 1889: "Die hiesige Gemeinde beabsichtigt, einen Religionslehrer anzunehmen, wobei wir auf einen unverheirateten jüngern Mann reflektieren, der Vorsänger und guter Kinderlehrer ist und wo möglich Schochet. Gehalt wurde hier seither 500 bis 550 Mark von der Gemeinde bewilligt. Bewerber wollen sich schriftlich an den Vorstand wenden. 
Biebesheim, 30. Januar 1889. Moses Mayerfeld."
  
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 15. Juli 1901: "Gesucht zum alsbaldigen Einritt wird ein seminaristisch gebildeter Religionslehrer, Chasan und Schochet, unverheiratet, mit einem Gehalt von 550 Mark, freier Wohnung und Heizung; Nebeneinkommen Mark 300. Bewerber wollen sich schriftlich an den vorstand wenden. 
Biebesheim, Juli 1901. M. Mayerfeld."     
     
Biedesheim Israelit 02041903.jpg (48882 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. April 1903: "Bei der israelitischen Gemeinde zu Biebesheim ist die Stelle eines Religionslehrers, Chasan und Schochet alsbald zu besetzen. Bewerber wollen sich schriftlich melden. Gehalt ist bei freier Wohnung Mark 550. 
Der Vorstand: Moses Mayerfeld."  

    
Suche nach einem Hilfsvorbeter für die Feiertage im Herbst 1890    

Biebesheim Israelit 11081890.jpg (36469 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. August 1890: "Die hiesige israelitische Gemeinde sucht für die Feiertage einen Jom Jeroim Chasan. Nach gewünschter Tätigkeit werden Mark 50 nebst freier Station bewilligt. Bewerber wollen sich an den Unterzeichneten schriftlich wenden. 
Biebesheim
. Moses Meyerfeld."  

        

Kennkarte aus der NS-Zeit            
               
Am 23. Juli 1938 wurde durch den Reichsminister des Innern für bestimmte Gruppen von Staatsangehörigen des Deutschen Reiches die Kennkartenpflicht eingeführt. Die Kennkarten jüdischer Personen waren mit einem großen Buchstaben "J" gekennzeichnet. Wer als "jüdisch" galt, hatte das Reichsgesetzblatt vom 14. November 1935 ("Erste Verordnung zum Reichsbürgergesetz") bestimmt. 
Hinweis: für die nachfolgenden Kennkarten ist die Quelle: Zentralarchiv zur Erforschung der Geschichte der Juden in Deutschland: Bestände: Personenstandsregister: Archivaliensammlung Frankfurt: Abteilung IV: Kennkarten, Mainz 1939" http://www.uni-heidelberg.de/institute/sonst/aj/STANDREG/FFM1/117-152.htm. Anfragen bitte gegebenenfalls an zentralarchiv@uni-hd.de       
 
 Kennkarte für die in Biebesheim 
geborene Ida Reinheimer geb. Frankfurter
 
 Biebesheim KK MZ Reinheimer Ida.jpg (92277 Byte)  
  Kennkarte (ausgestellt in Dieburg 1939) für Ida Reinheimer geb. Frankfurter (geb. 24. Juli 1876
 in Biebesheim), wohnhaft in Habitzheim und Dieburg, am 27. September 1942 deportiert 
ab Darmstadt in das Ghetto Theresienstadt, wo sie am 8. Januar 1943 umgekommen ist.
Ida Reinheimer geb. Frankfurter war seit 21. August 1910 verheiratet mit 
Abraham Reinheimer
(geb. 12.11.1874 in Habitzheim)   
 

       
       
       
Zur Geschichte der Synagoge                   
     
In der Kirchenchronik der Evangelischen Kirchengemeinde Biebesheim wird berichtet, dass die jüdischen Familien zwischen 1720 und 1730 eine "Schul", d.h. eine Synagoge beziehungsweise einen Betraum eingerichtet haben. Nach einer hessischen Judenordnung von 1765 war den Juden ein Bau neuer Synagogen nicht erlaubt. Daher wird die zwischen 1720 und 1730 eingerichtete erste Synagoge der jüdischen Gemeinde bis 1818, dem Jahr der Einrichtung einer neuen Synagoge genutzt worden sein. Die Biebesheimer Synagoge auch von den im benachbarten Stockstadt lebenden jüdischen Einwohnern benutzt.

1818 kaufte das jüdische Gemeindeglied Wolf Mainzer ein Haus, das, "solange hier und in Stockstadt Judenschaft bestehe", als Synagoge verwendet werden sollte. Die Regelungen zur weiteren Unterhaltung der Synagoge wurden von drei Stockstadter Juden (Abraham Auerbach, Aaron und Salomon Westerfeld) und vier Biebesheimer Juden (Wolf Löb Mainzer, Herz Wachenheimer, Moses Meierfeld und Jacob Wachenheimer) unterzeichnet. Der Stifter Wolf Mainzer lies eine neue Tora für die Synagoge schreiben und stiftete mehrere Einrichtungsgegenstände (zwei kleine Wandleuchter, der Bronze-Kandelaber mit der Inschrift: "Dieser Leuchter gehört zu Ehren von Wolf, Sohn des Löb Mainzer, und soll hier in der Synagoge in Biebesheim sein und bis in Ewigkeit mit Lichtern besteckt werden").  

Auf Grund der Zunahme der jüdischen Einwohner wurde um 1860 der Neubau einer Synagoge notwendig geworden. Die jüdische Gemeinde ließ sich dazu Zeichnungen anfertigen "zur Umänderung der Scheune neben der Synagoge zu einer Lehrerwohnung, Schule und Bad" und gleichfalls einen "Situationsplan über die Synagoge und deren Umgebung in Biebesheim" erstellen. Zwar wurden diese ersten Pläne nicht verwirklicht, doch geht aus ihnen hervor, dass sich auch die 1818 erbaute Synagoge und ein Israelitisches Schulhaus bereits im Bereich der späteren Bahnhofstraße (frühere Odenwaldgasse) befanden.  

Die neue, am 22. November 1867 eingeweihte Synagoge wurde an Stelle des abgebrochenen Israelitischen Schulhauses/der älteren Synagoge erbaut. Die bürgerliche Gemeinde stellte ein Darlehen von 1.000 Gulden zur Verfügung. Zur Einweihung der Synagoge berichtet die Chronik der evangelischen Kirchengemeinde: "Am 22. November 1867 wurde die in der Odenwaldgasse erbaute Synagoge durch den Rabbiner Dr. Landsberger unter Anwohnung einer großen Einwohnerzahl von hier und vieler auswärtiger Israeliten im Beisein der Großherzoglichen Kirchrats Dr. Böckmann Groß-Gerau und des hiesigen Kirchenvorstandes eingeweiht. Die Israeliten zogen in einem geschlossenen Zuge, voran der erwähnte Großherzogliche Kirchrat, der Ortsvorstand, der Rabbiner etc. etc. vom Hause des israelitischen Vorstehers Salomon Wachenheimer nach der Synagoge, worauf die Einweihung stattfand. Darauf fand ein Festessen bei Metzger Wirthwein statt, an dem sich viele Ortseinwohner beteiligten, am folgenden Tag ein sogenannter Ball von Seiten der Israeliten". 

Die Synagoge in Biebesheim war Mittelpunkt des jüdischen Gemeindelebens bis nach 1933. Nachdem die meisten jüdischen Familien bereits vor 1938 Biebesheim verlassen hatten, wurde das Synagogengebäude im Mai 1938 für 4.200 RM an eine nichtjüdische Familie verkauft, die es zu einem Wohnhaus umbaute (Einbau einer Zwischendecke, Verkleinerung und Begradigung der Fenster). Durch den Verkauf blieb das Synagogengebäude zwar von der Zerstörung beim Novemberpogrom 1938 zwar verschont, trotzdem wurden die Fensterscheiben eingeworfen. 
   
1963
und nochmals vor einigen Jahren wurde das Gebäude weiterverkauft. Es wird bis heute als Wohnhaus mit einem Ladengeschäft verwendet. 
 
Kult- und Einrichtungsgegenstände aus der ehemaligen Synagoge wurden über 50 Jahre lang in London von Max Wachenheimer aufbewahrt. Sie wurden von diesem zur Ausstellung in der ehemaligen Synagoge in Erfelden gestiftet (Wandleuchter, Deckenleuchter, Bücher).  Auch zwei Toraschrein-Vorhänge sind erhalten. Sie sind in der ehemaligen Synagoge in Erfelden beziehungsweise im Heimatmuseum Biebesheim (siehe Fotos unten). 
  
  
Adresse/Standort der SynagogeBahnhofstraße 12    
    
   
Fotos
(Quelle der Darstellungen in der oberen Reihe: http://www.biebesheim.de/Jud_Bhm_neu/Synagogen.htm - Wiedergabe der unter Literatur angegebenen Publikation des Fördervereins jüdische Geschichte usw.; das Foto von 1985 aus: Altaras s.Lit. 1988 S. 136).

Bauzeichnungen und Grundriss von 1867 und Leuchter von 1818    
 Biebesheim Synagoge 100.jpg (13665 Byte) Biebesheim Synagoge 221.jpg (43248 Byte) Biebesheim Synagoge 222.jpg (74053 Byte) Biebesheim Synagoge 101.jpg (21585 Byte)
Bauzeichnungen der Synagoge von 1867: links
 Straßenfront mit drei hohen Rundbogenfenstern
 und einem rundbogigen Doppelfenster im Giebel
 (Symbol der Gebotstafeln); rechts mit Eintragung
 von Eingang sowie der Frauenempore innen. 
Bauzeichnung der Synagoge 
von 1867: Grundriss des Erdgeschosses, 
rechts der nach Osten ausgerichtete 
Betsaal mit Anordnung der Bänke 
im Betsaal der Männer )
Der von Wolf Mainzer für die 
zweite Synagoge (1818) gestiftete 
Leuchter, heute in der ehemaligen 
Synagoge Erfelden.
  
     
Die erhaltenen Toravorhänge 
aus Biebesheim 
Biebesheim Toravorhang 010.jpg (44427 Byte) Biebesheim Synagoge 102.jpg (19991 Byte)  
   Toravorhang mit Stifterinschrift 
von 1867 (gestiftet durch "Michael, 
Sohn des Meir seligen Andenkens" (wird
 gezeigt in der restaurierten ehemaligen
 Synagoge in Erfelden
  
   Toravorhang mit Stifterinschrift von 1877:
 "Unsere Krone ist die Tora / Dies wurde
 gestiftet / durch Jona Sohn des Michael / 
und seiner Frau Ester Tochter des Chaim / 
von Biebesheim
/ im Jahr 5637 / und wurde
 restauriert durch ihre Kinder / als ihr Vater starb / im Jahr 5668
"; 
wird gezeigt im Heimatmuseum Biebesheim )
  
     
Das Gebäude der 
ehemaligen Synagoge nach 1945 
Biebesheim Synagoge 220.jpg (61128 Byte) Biebesheim Synagoge 150.jpg (87392 Byte)
    Das ehemalige Synagogengebäude nach 1945, rechts im August 1985 
           
Das Gebäude der 
ehemaligen Synagoge 2007 
(Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 6.7.2007)
Biebesheim Synagoge 145.jpg (59482 Byte) Biebesheim Synagoge 146.jpg (53560 Byte)
  Blick auf die ehemalige Synagoge von der Bahnhofstraße
   
Biebesheim Synagoge 147.jpg (49483 Byte) Biebesheim Synagoge 148.jpg (43317 Byte)
   Historische Fenster als Erinnerung an die Zeit als Synagoge
   
Biebesheim Denkmal 010.jpg (111819 Byte) Biebesheim Denkmal 012.jpg (102063 Byte) Biebesheim Denkmal 011.jpg (67997 Byte)
Gedenkstein auf dem Grundstück Rheinstraße 20

   
   
Hinweis auf die jüdische Abteilung im Biebesheimer Heimatmuseum 
(Abschnitt wurde erstellt unter Mitarbeit und Fotos von Norbert Hefermehl, Heimat- und Geschichtsverein Biebesheim e.V.)    

Biebesheim Museum 021.jpg (59935 Byte)Im Biebesheimer Heimatmuseum gibt es eine kleine Abteilung zur jüdischen Geschichte. 

Neben dem oben abgebildeten Toravorhang von 1876/77 (jüdische Zählung 5637) werden in der Abteilung u.a. zwei religiöse Bücher gezeigt, die der Heimat- und Geschichtsverein Biebesheim mit Unterstützung des Hessischen Museumsverbandes und des Hessischen Ministeriums für Wissenschaft und Kunst Wiesbaden restaurieren ließ. Die Bücher werden in einer Vitrine unter einem früheren Sandstein-Fenstergewand vom Gebäude der ehemaligen Synagoge in der Bahnhofstraße präsentiert (vgl. links; unter der Büchervitrine eine Hinweistafel zur Geschichte der Synagogen in Biebesheim.        
 
Biebesheim Buch 025.jpg (82620 Byte)Ein Machsor (Gebetbuch für das ganze Jahr): es handelt sich um den 2. Teil eines Gebetbuches, das dem Festzyklus des Jahres folgt. In dem Buch sind Tierkreiszeichen abgebildet. Es beginnt mit dem Laubhüttenfest. Es fehlen das Neujahrsfest und der Versöhnungstag.
Drucker: Ahron Hirsch Bad Homburg v.d.H.  Handschriftlicher Eintrag: Biebesheim.  
 
Biebesheim Buch 026.jpg (91522 Byte)Eine kommentierte Teilausgabe der hebräischen Bibel. Sie enthält die Bücher der drei großen Propheten Jesaja, Jeremia und Hesekiel sowie das Buch der Chronik mit Erklärungen und Übersetzungen in "Jüdisch-Deutsch". Da die hebräische Bibel (= Altes Testament) insgesamt aus den Fünf Büchern Moses, den weiteren Prophetenbüchern und den Büchern der Schriften (u.a. dem Buch der Psalmen) besteht, dürfte es sich um ein Buch aus einer Bibelausgabe von zusammen vier bis fünf Büchern handeln.
Druck: 5498 in Sulzbach (= 1738 nach christlicher Zeitrechnung)
Die handschriftlichen Einträge belegen die Nutzung des Buches in Biebesheim: "Dieses Buch gehört (Name unleserlich) Biebesheim
Dieses Buch 24 (=Bibel) gehört Hesekiel Bibsum Jakov Barschlomo seeligen Angedenkens aus Biebesheim
Lehrer/Unterrichter bei dem hochwürdigen Hesekiel und auch bei Josef im Jahre 5527 am 27. Tamus (=23. Juli 1767 unserer Zeitrechnung)
Dajan (= Rabbiner, Mitglied des Rabbinatsgerichtes) Nathan".  
 
Informationstafeln zur jüdischen Geschichte
 im Heimatmuseum Biebesheim 
Biebesheim Infotafel 02.jpg (116303 Byte) Biebesheim Infotafel 03.jpg (152510 Byte)
     
 Erinnerung an ein ehemaliges jüdisches Wohnhaus 
(Fotos: Heimatmuseum Biebesheim)  
Biebesheim Museum 1501.jpg (90528 Byte) Biebesheim Museum 1502.jpg (69808 Byte)
 

Seitenwand des Hauses der Familie Josef Goldstein (früher Rheinstraße 23). 
Dieses Haus wurde beim Novemberpogrom 1938 überfallen und demoliert. 
Nach Abbruch des Hauses blieb diese Wand erhalten und wurde im Museum aufgebaut.  

   
Ausstellung 2014/15 im Heimatmuseum    
 Biebesheim Ausstellung 2014.jpg (16031 Byte)

Ausstellung Heimatmuseum Biebesheim: Das Volk des alten Bundes - Unsere älteren Brüder und Schwestern.
Aus dem Begleittext zur Ausstellung: "Vielfach gehen die ersten Assoziationen bei 'Judentum' an Holocaust und Drittes Reich. Dass die Juden als 'das Volk, zu dem Gott, zuerst gesprochen hat' (Karfreitagsliturgie), die ersten und ältesten Bundespartner Gottes und 'unsere älteren Brüder und Schwestern' (hl. Johannes Paulus II.) im Glauben sind, wird vielfach übersehen. Mit der Ausstellung sollen Betrachtungsmomente zur jüdischen Religion geliefert werden, sowie die Anregung, Wurzeln und Parallelen zum christlichen Glauben zu entdecken. 
Das Heimatmuseum Biebesheim präsentiert in seiner Dauerausstellung einige Objekte der ehemaligen Biebesheimer Synagoge in der Bahnhofstraße, wie einen Toraschreinvorhang, zwei Bücher die nachweislich dort verwendet wurden sowie das Fragment eines Fensterbogensteines. Zusätzlich sind Informationstafeln angebracht, auf denen die ehemaligen Wohnplätze der jüdischen Mitbürger gekennzeichnet sind, Informationen zu den beiden Friedhöfen, auf denen die Biebesheimer Juden bestattet wurden und zur Synagoge. Diese Objekte wurden in dieser Sonderausstellung durch weitere Exponate ergänzt . Im Bildarchiv des Museums gibt es eine relativ große Anzahl an Bildern auf denen ehemalige jüdische Mitbürger abgebildet sind. Diese werden ebenfalls in der Ausstellung zu sehen sein".
Die Ausstellung wurde am 12. September 2014 um 20.00 Uhr eröffnet und war bis zum 1. März 2015 zu sehen.      

  
Anschrift und Kontakt:  Heimatmuseum, Rheinstr. 44, 64584 Biebesheim am Rhein, Tel.: 06258 / 81 599, Fax: 06258 / 97 10 48, 
E-Mail
 = museumbiebesheim[et]aol.com. Öffnungszeiten: Sonntag von 10.00 bis 12.00 Uhr  -  Der Eintritt ist kostenlos 
  
  
  
Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte 

Mai 2017: Kommunalpolitische Auseinandersetzungen um die Verlegung von "Stolpersteinen" in Biebesheim 
Anmerkung: Erstmals wollte die Fraktionen der "Grünen" im Gemeinderat im Jahr 2014 einen Antrag auf Verlegung von "Stolpersteinen" am Ort stellen, doch zeichnete sich damals ab, dass sich dafür keine Mehrheit finden würde. Ein erneuter Antrag sollte im Mai 2017 gestellt werden, doch sprach sich - anders als in fast allen anderen Kommunen (!) - die SPD-Fraktion klar gegen Stolpersteinverlegungen in Biebesheim aus. Stattdessen sollten andere Formen des Gedenkens gefunden werden (z.B. eine "Eisen-Menora").   
Artikel in der "Bürstädter Zeitung" vom 18. April 2017: "Zweiter Anlauf für Stolpersteine
BIEBESHEIM -
(ute). Die Grünen in Biebesheim starten eine erneute Initiative in der Gemeindevertretung. Ihr Ziel: Auch in Biebesheim sollen endlich Stolpersteine zur Erinnerung an die überwiegend jüdischen Opfer des Nationalsozialismus verlegt werden können. Darüber informieren die Mitglieder in einer Pressemitteilung. 2015 hätten sie aufgrund eines sich abzeichnenden Neins der Mehrheit im damaligen Ortsparlament einen Antrag mit der gleichen Zielsetzung dazu zurückgezogen, heißt es weiter in dem Papier. Dieser hatte vorgesehen, dass die Verlegung von Stolpersteinen auf öffentlichen Wegen und Plätzen vor den ehemaligen Wohnsitzen der vertriebenen und ermordeten Biebesheimer Juden mit Unterstützung der Gemeinde hätte stattfinden sollen. Der aktuelle Antrag sieht dagegen vor, dass die Gemeinde lediglich die Erlaubnis erteilt, dass Stolpersteine verlegt werden dürfen. Biebesheimer Bürgern oder den Nachfahren ehemaliger jüdischer Biebesheimer soll damit die Möglichkeit gegeben werden, in eigener Regie im öffentlichen Raum Stolpersteine zum Gedenken an die Opfer zu verlegen. Biebesheim habe bereits einige Schritte getan, um das Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus wach zu halten, loben die Grünen in dem von ihrem Fraktionsvorsitzenden Albert Lautenschläger unterzeichneten Antrag. Es sei aber an der Zeit und nur folgerichtig, diese Schritte um die Erlaubnis zur Verlegung von Stolpersteinen auf öffentlichen Flächen fortzusetzen.
Nachfahre ist Verlegung verwehrt worden.
Anlass für die erneute Initiative, künftig auch in Biebesheim Stolpersteine wider das Vergessen verlegen zu können – eine Praxis, die bereits in anderen Orten des Kreises Groß-Gerau üblich ist –, ist nach Darstellung der Grünen, dass vor Kurzem ein Nachfahre verfolgter jüdischer Biebesheimer in der Gemeindeverwaltung um die Erlaubnis einer Stolpersteinverlegung auf eigene Kosten vor dem damaligen Wohnsitz der Familie ersucht habe. Die Erlaubnis dafür sei dem Mann aber verweigert worden. 'Wie muss ein Nachfahre von Opfern des Nationalsozialismus sich fühlen, wenn ihm das Gedenken vor dem Stammhaus seiner Familie verwehrt wird?', fragen die Grünen in der Antragsbegründung. Die Verlegung von Stolpersteinen sei eine Form des Gedenkens, bei dem die Erinnerung an die Vertreibung und Vernichtung der Juden, der Sinti und Roma, der politisch Verfolgten, der Homosexuellen, der Zeugen Jehovas und der Euthanasieopfer im Nationalsozialismus mitten in den Alltag geholt werde. Ihr Wert und ihre Besonderheit lägen gerade darin, dass die Stolpersteine Aufmerksamkeit erzeugten, ohne dass etwa ein Museumsbesuch, der Gang zu einem besonderen Ort oder aufwendiges Beschaffen von Informationen aus der Literatur nötig seien. Die Stolpersteine erzeugten außerdem Interesse und gäben Denkanstöße. 'Gerade in einer Zeit', betonen die Biebesheimer Grünen in ihrer Begründung, 'in der rechtsradikale Tendenzen und rechtspopulistische Parteien und Vereinigungen leider auch in Deutschland verstärkt tätig sind, ist es umso wichtiger, mit vielfältigen und öffentlich sichtbaren Aktionen auf die Folgen einer menschenverachtenden rechten Ideologie hinzuweisen.'"
Link zum Artikel   
Artikel von Dirk Winter in der "Lampertheimer Zeitung" vom 6. Mai 2017: "Biebesheim. Hauptausschuss: Streit über 'Stolpersteine' flammt wieder auf..."  
Link zum Artikel:  Hauptausschuss: Streit über 'Stolpersteine' flammt wieder auf (Lampertheimer Zeitung, 06.05.2017)   
 
Artikel von Dirk Winter in der "Bürstädter Zeitung" vom 11. Mai 2017: "Keine Stolpersteine in Biebesheim
BIEBESHEIM -
Nach immer wieder aufflammender Diskussion gab es lediglich ein Meinungsbild. Doch am Dienstagabend hat die Gemeindevertretung einen klaren Beschluss gefasst: In Biebesheim werden keine 'Stolpersteine' verlegt. Diesen SPD-Antrag, in Konkurrenz zu einer gegensätzlichen, früher eingereichten Initiative der Grünen gestellt, hat das Parlament mit 18 zu sechs Stimmen beschlossen. Mit der SPD stimmten die Freien Wähler, die CDU votierte dagegen, die Grünen enthielten sich...
SPD-Antrag wird zuerst behandelt. Mit dem Parlamentsbeschluss war der Grünen-Antrag hinfällig geworden. Bei der Entscheidung, über welche Initiative zuerst abzustimmen sei, hatte sich Gemeindevertretervorsteher Klaus Barth (SPD) auf die Geschäftsordnung berufen: Demnach komme – da nicht feststellbar sei, welcher Antrag der weitergehende sei – zuerst der konkurrierende Hauptantrag an die Reihe. Ursula Hammann (Grüne) kritisierte Barths Einschätzung als 'sachlich falsch', die Initiative ihrer Fraktion sei sehr wohl inhaltlich umfassender. Die Grünen hatten ihren Antrag kurzfristig erweitert: Außer der Forderung, Privatpersonen die Verlegung von Stolpersteinen im öffentlichen Raum zu gestatten, wurden auch individuelle Formen des Gedenkens aufgenommen. Auch die 2015 in einem von den Grünen initiierten Bürgerdialog angedachte 'Eisen-Menora' mit Glasplatten findet sich in diesem neuen Antrag: Auf dieser Plastik würden die Familiennamen der Biebesheimer Juden stehen, die Opfer des Holocaust wurden. QR-Codes sollen zu umfassenden Informationen führen. Alle diese Gedenkformen halten die Grünen für sinnvoll, wie Fraktionsvorsitzender Albert Lautenschläger betonte: 'Man kann das eine tun, ohne das andere zu lassen.' Joachim Freitag (SPD) stellte fest, dass die Grünen Teile des SPD-Papiers übernommen hätten. Im Unterschied zur Ökofraktion wolle die SPD aber keine Stolpersteinverlegung in Biebesheim. Lautenschläger sieht indes 'keine rationellen Gründe', Stolpersteine nicht wenigstens zu gestatten. Hans-Georg Krings (SPD) entgegnete auf die Forderung von Ursula Hammann, die SPD solle sich einen Ruck geben und über ihren eigenen Schatten springen: 'Der Schatten ist zu lang.' Gerhard Geipert (CDU) begründete die Haltung seiner Fraktion mit den vielen schon realisierten Biebesheimer Gedenkprojekten, die im SPD-Antrag aufgelistet sind – darunter Buchveröffentlichungen, Ausstellungen und Gedenksteine. Außerdem unterstellte Geipert dem Künstler Demnig ein kommerzielles Interesse an den Stolpersteinen. Ursula Hammann entgegnete: Demnig habe keinerlei Profit von dem Projekt, für das er vielfach ausgezeichnet worden sei. Für Bürgermeister Thomas Schell (SPD) ist die Frage, ob man sich für eine ortsübergreifende Gedenkform wie die Stolpersteine oder eine ortsbezogene entscheide: 'Hier würde ich immer der ortsbezogenen den Vorzug geben.' Auch Jürgen Ditz (Freie Wähler) hob auf die Gedenkkultur der Riedgemeinde ab: 'Biebesheim braucht sich da nicht zu schämen.' Für ihn ist das Thema Stolpersteine ein für alle Mal abgehakt."
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2023: Neue Art des Gedenkens und der Geschichtsvermittlung    
Mitteilung von Norbert Hefermehl, Heimatmuseum Biebesheim / Heimat- und Geschichtsverein Biebesheim am Rhein www.heimatmuseum-biebesheim.de  vom 9. März 2024: "In Biebesheim am Rhein wurde eine neue/andere Art des Gedenkens an ehemalige jüdische Mitbürger im vergangenen Jahr (2023) eingeweiht.
In Biebesheim gab es schon vor den Diskussionen zur Frage nach einer möglichen 'Stolpersteinverlegung' (s.o.) diverse Gedenken an ehemals hier lebende Juden. Der Arbeitskreis 'Jüdische Geschichte' erforschte bereits in den 70er Jahren die Geschichten der Biebesheimer Juden. Dieser Arbeitskreis hat die Wege der ehemaligen jüdischen Mitbürger im Einzelnen erforscht und u. a. hat das Ehepaar Marwitz Objekte der ehemaligen Synagoge Biebesheims wieder von England nach hier gebracht, die dort über 50 Jahre verwahrt wurden. Man vertrat dort die Meinung, dass die Stücke wieder an ihren ursprünglichen Ort zurückkommen sollten. In Biebesheim zeigten wir im Museum davon einen Toraschreinvorhang und zwei Bücher, die nachweislich in der Synagoge verwendet wurden. Sowohl den Toravorhang als auch die beiden Bücher hat der HGV unter großem finanziellem Aufwand restaurieren lassen. Was von nahezu allen jüdischen Besuchern, ehemals in Biebesheim lebender Juden und heute überwiegend deren Nachfahren, sehr begrüßt wird. Angesprochen auf das Thema Stolpersteine waren nahezu alle jüdischen Besucher der Meinung diese Art des Gedenkens sei unangemessen, da man i.d.R. nicht darüber 'stolpert', sondern viel mehr das Gedenken mit Füßen trete. Unsere Art des Gedenkens erscheine ihnen als eine sehr gute Art an das ehemalige jüdische Leben in Biebesheim am Rhein zu erinnern. Wir richteten im Heimatmuseum eine kleine Abteilung ein in der die Objekte gezeigt wurden und Informationen zu Biebesheims ehemaligen jüdischen Mitbürgern. Der Stellvertretende Vorsitzende Thomas Schell verfasste in 'Familienbuch der Biebesheimer Juden' und zuletzt gaben wir das Buch 'Jüdisches Leben in Biebesheim' unseres Mitglieds Timo Kolb heraus. Die Gemeinde Biebesheim hat auf dem Grundstück Ecke Rheinstraße/Anglerweg, das einmal in jüdischem Besitz war, einen Gedenkstein mit einer Bronzeplakette errichtet, womit der ehemaligen Biebesheimer Juden gedacht wird, wo auch die Gedenkmenora errichtet werden wird. Gemeindevorstand und Gemeindevertretung haben dieser neuen, weiteren Art der Erinnerung an die ehemaligen jüdischen Mitbürger Biebesheims zugestimmt.
Auf der Suche nach einer weiteren Möglichkeit, die Erinnerung an diese Menschen zu erhalten, entwickelte 2017 der Vorsitzende des Heimat- und Geschichtsvereins Biebesheim e.V. und Museumsleiter Norbert Hefermehl die Idee mit der Menora. Diese Idee wurde mit der Werkstätte für Gestaltung Hans Engstner geplant und mit der Schlosserei Tragesser umgesetzt. Man entschied sich für eine unregelmäßig, schräg geschnittene Platte aus Cortenstahl und darauf eine bedruckte Plexiglasplatte, auf der über jedem Menora-Arm der Name einer Familie steht, die von 1933 bis 1935 Biebesheim verlassen mussten. Dazu wird jeweils auch ein QR-Code gedruckt, sowie auch für die ehemalige Synagoge und die gesamte Geschichte der Biebesheimer Juden. Diese sieben Informationen sind auf der Homepage des Heimatmuseums hinterlegt und können damit abgerufen werden. Damit wird, in Kooperation mit dem Kulturamt der Gemeinde Biebesheim am Rhein, eine Möglichkeit der Information geschaffen, die weit über die wenigen Angaben die auf Stolpersteinen zu lesen wären, hinausgeht. Diese Menora, die zwischenzeitlich fertiggestellt wurde, wurde Anfang April 2023 aufgestellt. Neben dem Davidstern ist die Menora eines der wichtigsten Symbole des Judentum. Von daher erschien es Norbert Hefermehl als das einzig Richtige dieses für diese neue Art des Gedenkens zu wählen. Nach der biblischen Überlieferung erhielt Moses auf dem Berg Sinai den Auftrag, einen sechsarmigen Leuchter aus einem Zentner reinem Gold zu fertigen. Ebenso wurde ihm das Aussehen, drei Arme pro Seite mit Mandelblütenartigen Verzierungen sowie eine mittlere Leuchte, ausführlich erklärt. Als Teil des Mischkan, eine Art portables Heiligtum, sollte dieser Leuchter nach dem Auszug aus Ägypten dem Volk Israel auf seinen Wanderungen den Weg leuchten. Das Mischkan, oder auch Stiftszelt genannt, sollte als Heiligtum dienen, bis ein permanentes Zentralheiligtum errichtet worden ist. Laut Bibel trugen die Israeliten die Mischkan samt Menora stets bei sich, bis sie nach der vierzigjährigen Wanderung im Tempel in Jerusalem ihren Platz fanden und integriert wurden. Der Leuchter symbolisiert das Licht, welches von Gott geschaffen wurde. Es soll Leben spenden und Erleuchtung bringen und so soll Israel selbst zu einem Licht unter Völkern werden. Jeder Arm steht für einen Tag der Schöpfungsgeschichte inklusive dem Schabbat, dem Ruhetag. Meist auf dem Altar inmitten der Synagoge hat die Menora heute einen zentralen Platz, auch wenn sie selbst nur noch selten in Gebrauch ist. Heutzutage erinnert das 24 Stunden brennende, sogenannte ewige Licht, in einer Synagoge an die ursprüngliche Funktion der Menora. 1948 wurde die Menora zum offiziellen Wappen Israels ernannt. Umgeben von Olivenzweigen und auf einem zweistufigem Podest stehend bildet die Menora den Mittelpunkt des blauweißen Emblems."   
  Fotos zur Einweihung der Gedenkmenora (Fotos: Heimatmuseum Biebesheim)  
   Gemeindevertretervorsteher Hans-Georg Krings, Bürgermeister Thomas Schell sowie Museumsleiter und Vorsitzender des Heimat- und Geschichtsvereins Norbert Hefermehl      Gedenkstein und
Gedenkmenora 
   
Gedenkmenora
mit QR-Codes

   
 

  

     
   
Links und Literatur

Links:  

bulletWebsite der Gemeinde Biebesheim  
bulletWebsite des Fördervereins Jüdische Geschichte und Kultur im Kreis Groß-Gerau  
bulletWebportal HS 010.jpg (66495 Byte)Webportal "Vor dem Holocaust" - Fotos zum jüdischen Alltagsleben in Hessen 
mit Fotos zur jüdischen Geschichte in Biebesheim    Fotos zur jüdischen Geschichte in Stockstadt  

Quellen:   

Hinweis auf online einsehbare Familienregister der jüdischen Gemeinde Biebesheim   
In der Website des Hessischen Hauptstaatsarchivs (innerhalb Arcinsys Hessen) sind die erhaltenen Familienregister aus hessischen jüdischen Gemeinden einsehbar: 
Link zur Übersicht (nach Ortsalphabet) https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/llist?nodeid=g186590&page=1&reload=true&sorting=41              
Zu Biebesheim sind vorhanden (auf der jeweiligen Unterseite zur Einsichtnahme weiter über "Digitalisate anzeigen"):    
HHStAW 365,82   Geburts-, Trau- und Sterberegister der Juden von Biebesheim am Rhein  1764 - 1807, enthält Geburtsregister 1764 - 1807, Trauregister 1796 - 1803 
und Sterberegister 1798 - 1800  https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/llist?nodeid=s44260&page=1&reload=true&sorting=40          
HHStAW 365,959  Geburts-, Trau- und Sterberegister der Juden von Biebesheim am Rhein  1823 - 1875  https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v3542189     
   
Zu Stockstadt sind vorhanden (auf der jeweiligen Unterseite zur Einsichtnahme weiter über "Digitalisate anzeigen"):    
HHStAW 365,941   Geburts-, Trau- und Sterberegister der Juden von Stockstadt am Rhein  1783 - 1808   https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v3735164       
HHStAW 365,942   Geburts-, Trau- und Sterberegister der Juden von Stockstadt am Rhein  1783 - 1808 (Dublette von 941)   https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v2400246      

Literatur:  

bulletPaul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang - Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. I S. 70. Bd. II S. 299-300 (Stockstadt)  
bulletThea Altaras: Synagogen in Hessen. Was geschah seit 1945? 1988 S. 136-137.  
bulletdies.: Das jüdische Rituelle Tauchbad und: Synagogen in Hessen. Was geschah seit 1945 Teil II. 1994. S. 116.  
bulletAngelika Schleindl: Verschwundene Nachbarn. Jüdische Gemeinden und Synagogen im Kreis Groß-Gerau. Hg. Kreisausschuss des Kreises Groß-Gerau und Kreisvolkshochschule. Groß-Gerau 1990.  
bulletStudienkreis Deutscher Widerstand (Hg.): Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der Verfolgung 1933-1945. Hessen I Regierungsbezirk Darmstadt. 1995 S. 154.177.
bulletPinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany Volume III: Hesse -  Hesse-Nassau - Frankfurt. Hg. von Yad Vashem 1992 (hebräisch) S. 97.
bulletFörderverein jüdische Geschichte und Kultus im Kreis Groß-Gerau in Zusammenarbeit mit dem Arbeitskreis jüdische Geschichte in Biebesheim (Hg.): Die Geschichte der Juden in Biebesheim. Erfelder Heft 1. Online zugänglich (pdf-Datei). 
Der Band enthält Beiträge von Ilse Fehr, Volker Hain, Anke Joisten-Pruschke, Elfriede Marwitz, Ernst Standhartinger
    
bulletBiebesheim Lit 015.jpg (111924 Byte)Aus der Reihe "Biebesheimer Geschichtsblätter", hrsg. vom Heimat- und Geschichtsverein Biebesheim e.V., Heft Nr. 5:
Thomas Schell: Familienbuch der Biebesheimer Juden. Biebesheim 2003. 34 S.  ISBN 3-9807543-8-3  
Das Familienbuch enthält größtenteils Informationen zu jüdischen Einwohnern, die ab Mitte des 18. Jahrhunderts in Biebesheim lebten bzw. verzeichnet waren. Es werden 344 Personen in 121 Familien genannt. Es konnten Verbindungen zu insgesamt 84 unterschiedlichen Orten hergestellt werden.  
bulletStockstadt Lit 020.jpg (13195 Byte)Fern Schumer Chapman: Is it Night or Day? 
Hinweis: ein Jugendbuch, in dem die Reise der zwölfjährigen Edith geb. Westerfeld aus Stockstadt und ihre ersten Jahre bei Verwandten in Chicago verarbeitet werden.  
Website der Verfasserin mit Informationen zu diesem und dem nachstehenden Buch.  
bulletStockstadt Lit 021.png (28918 Byte)dies.: Motherland - Beyond the Holocaust. A Daughter's Journey to Reclaim the Past.  
Als Taschenbuch im Reprint 2001 erschienen. Penguin (Non-Classics). 190 S.    Amazon   
  
auch in deutscher Übersetzung von Dörte Eliass erschienen unter dem Titel:  
Fern Schumer : Mutterland ... nach dem Holocaust. Eine Tochter fordert die Erinnerung zurück.  
Christel Göttert Verlag Rüsselsheim 2002  ISBN 3-922499-58-9  22,50 €    Informationen auf Verlagsseite     Amazon    
bulletBiebesheim Lit 2017.jpg (618811 Byte)Timo Kolb: Jüdisches Leben in Biebesheim. Hardcover 203 S.  2017. ISBN 978-3-00-055206-9.  
Die Publikation wurde bei einer Veranstaltung des Heimat- und Geschichtsvereins Biebesheim e.V. am 21. Januar 2017 vorgestellt. Sie wurde von Timo Kolb erstellt, von Norbert Hefermehl bearbeitet und in druckfähige Form gebracht. Die Künstlerin Jana Haft hat das Cover gestaltet. Mit diesem Buch wurde erneut ein umfassendes Werk zur Geschichte der Biebesheimer Juden veröffentlicht. Es wird darin versucht, Besonderheiten des jüdischen Landlebens aufzuzeigen und detailliert darzustellen. Die jüdischen Familien waren einst ein fester Bestandteil der Biebesheimer Bürgerschaft und über Jahrhunderte fest in das Gemeindeleben integriert. Diese Veröffentlichung ist mittlerweile die dritte Arbeit über die ehemaligen jüdischen Mitbürger Biebesheims. Neben dem Buch, das bereits vor Jahren beim Arbeitskreis für jüdische Geschichte erschien, hat der Heimat- und Geschichtsverein die genealogische Schrift "Familienbuch der Biebesheimer Juden" herausgegeben. Damit hat liegen über die ehemaligen jüdischen Mitbürger Biebesheims mit die umfangreichsten Informationsquellen im Kreis Groß-Gerau vor. Das Buch wird zum Preis von € 11,80 verkauft und kann beim Heimat- und Geschichtsverein Biebesheim e.V. und in allen Buchhandlungen erworben werden. Kontakt: Heimat- und Geschichtsverein Biebesheim e.V. - Heimatmuseum Biebesheim museumbiebesheim@aol.com  Tel. 06258-6509.   
Dazu Presseartikel in der "Lampertheimer Zeitung" vom 24. Januar 2017: "Eine Form des Gedenkens" 

     
      


 

Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the Holocaust". 
First published in 2001 by NEW YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad Vashem Jerusalem, Israel.

Biebesheim Hesse. Numbering 49 (3.1 % of the total) in 1861, the community dwindled to 22 in 1933. By the end of 1938 all the Jews had emigrated.  
     
      

                   
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Stand: 30. Juni 2020