Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Lindow (Mark) (Kreis Ostprignitz-Ruppin) 
Jüdischer Friedhof
(erstellt unter Mitarbeit von Hans-Peter Laqueur; Dank für die Texte auch an Dirk Bock, Lindow)

Übersicht:

bulletZur Geschichte des Friedhofes  
bulletLage des Friedhofes     
bulletFotos  
bulletLinks und Literatur   

    

Zur Geschichte des Friedhofes  
    
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde - Artikel von 1929 aus: Erich Becker: Lindow - Stadt, Kloster und Umgebung in Vergangenheit und Gegenwart. Verlag: Lindow (Mark)Verlag: Karl Elling. 1929 1.Aufl.:
"Die jüdische Gemeinde. Eine jüdische Gemeinde besteht heute in Lindow nicht mehr. Die Zahl der jüdischen Familien ist zu sehr gesunken. Anders war es um die Mitte des vorigen (sc. 19.) Jahrhunderts! Damals bildete Lindow geradezu das Zentrum der jüdischen Religionsübung für die Umgebung: Rheinsberg, Himmelpfort, Gransee vereinigten sich mit den verhältnismäßig zahlreichen hiesigen Juden zum Gottesdienste. Der Grund lag darin, dass die sehr wohlhabende, wohl älteste jüdische Familie Michaelis in ihrem Hause einen 'Tempel' oder eine Synagoge eingebaut hatte. Es war dies ein einfacher Saal, heute ein Bodenraum im Kaufmann Schumacherschen Grundstück. Desgleichen wurde ein jüdischer Friedhof angelegt, der auch heute noch benutzt wird. Eine auf ihm erbaute kleine Halle birgt nur noch einen alten, halb zerfallenen Leichenwagen. - In jener Blütezeit der Gemeinde war auch ein besonderer Kultbeamter, ein sogenannter 'Kantor', der auch den jüdischen Religionsunterricht erteilte, angestellt. Der erste war ein Kantor Löwenthal, der dann nach Neuruppin übersiedelte, der zweite der Kantor Schweitzer. Zu den Gottesdiensten an den hohen Feiertagen kam ein Rabbiner aus Berlin. - Der allgemeine Niedergang Lindows in kommerzieller Hinsicht mag die Ursache dafür sein, dass der jüdische Bevölkerungsteil unserer Stadt sehr zurückging. Viele Familien zogen weg, andere starben aus. Als nun Ende des 1. Jahrzehntes dieses (sc. 20.) Jahrhunderts auch die Familie Michaelis Lindow verließ und ihr Grundstück mit dem 'Tempel' in andere Hände überging, löst sich die jüdische Gemeinde als solche auf und wurde in die in Neuruppin bestehende Kultgemeinschaft aufgenommen. Die gottesdienstlichen Einrichtungsgegenstände, wie schmückende Decken und Vorhänge, der Trauhimmel, unter dem die Brautpaare getraut wurden, u.a., gingen in den Besitz des jüdischen Lehrerseminars in Breslau über. In dem ehemaligen Betsaal sind ein leerer Wandschrank für die Geräte und einige - wie in strenggläubigen jüdischen Familien überall - an den rechten Türpfosten befindliche Kapseln für die Torarollen, d.h. für die auf Papierrollen geschriebenen zehn Gebote, die, stets mit den Anfangsbuchstaben sichtbar, beim Gottesdienst aufgerollt und vorgelesen wurden, die letzten Erinnerungszeichen an die frühere Bestimmung jenes Raumes."    
Einige weitere Informationen in: Wolfgang Weißleder: Der gute Ort: Jüdische Friedhöfe im Land Brandenburg. Verlag: Verein zur Förderung antimilitaristischer Traditionen der Stadt Potsdam e.V. 2002. Seite aus dieser Publikation zu Lindow eingestellt als pdf-Datei.      
    
Der jüdische Friedhof in Lindow wurde 1824 angelegt und bis 1938 belegt. Auf ihm wurden auch in Rheinsberg, Himmelpfort und Gransee verstorbene Juden beigesetzt. Es dürften etwa 50 Gräber belegt worden sein. Die Friedhofsfläche umfasst 6,08 ar (von ursprünglich etwa 7 ar).
 
Bis um 1970 war der Friedhof noch in relativ gutem Zustand. Nach 1970 wurden die kleine Friedhofshalle (für den Leichenwagen) und die Vordermauer des Friedhofes abgebrochen, als eine Asphaltstraße als Zufahrt zu entstehenden Garagen auf dem angrenzenden Gelände angelegt wurde. 1985/86 wurde der Friedhof abgeräumt, bis dahin waren noch etwa 25 Grabsteine vorhanden. 1988 wurde der Friedhof wieder - soweit möglich - hergerichtet. Etwa 20 Grabsteine wurden wieder herbeigeschafft und aufgestellt, einige zusammengesetzt. Auch die Mauer wurde ausgebessert, der vordere Teil und der Eingang neu gemauert. Der älteste erhaltene Stein datiert von 1847 (Friederike Naumann). Der Friedhof wird seit 1988 von Mitgliedern einer kirchlichen "Jungen Gemeinde" gepflegt. Als Eigentümer im Grundbuch ist seit 1889 der Kaufmann Lesser Michaelis eingetragen.
 
Im April 1993 kam es zu einer Friedhofsschändung. Es wurden Grabsteine umgeworfen.   
 
Auf dem Friedhof befindet sich eine Gedenktafel für die in der NS-Zeit ermordeten/umgekommenen Juden der Stadt mit dem Text: "Sie waren Bürger von Lindow und sind umgebracht worden, weil sie Juden waren. Alfred Frankfurter, *18.4.1902, getötet 1942 in Izbica. Pauline Frankfurter * 1.5.1866, am 26.11.1942 in den Tod getrieben.  Max Kreide *18.5.1858, am 26.1.1943 getötet in Theresienstadt.  Fanny Michaelis *17.2.1863, am 2.12.1942 getötet in Theresienstadt. ER schaffe Frieden unter uns und für ganz Israel. Darauf sprechet Amen! Kaddisch".  
Ergänzender Hinweis: nach den Angaben des Bundesarchives sind aus Lindow außerdem umgekommen: Lucia/Lucie Heilborn geb. Michaelis *30.11.1886 in Lindow, später wohnhaft in Berlin, dort Suizid am 21.6.1942; Hildegard Lehmann geb. Kreide *8.4.1911 in Lindow, später wohnhaft in Berlin, ermordet in Auschwitz; Else Markuse geb. Michaelis *19.7.1899 in Lindow, später wohnhaft in Stettin, ermordet 1942 im Distrikt Lublin; Antonie Elisbeth/Elisabeth Michaelis *3.4.1882 in Lindow, später wohnhaft in Berlin, ermordet 1942 in Riga; Leonhard Michaelis *24.8.1883 in Lindow, später wohnhaft in Hannover, deportiert in das Ghetto Theresienstadt, umgekommen; Max Steinhard *16.6.1860 in Lindow, später wohnhaft in Stettin und Stralsund, umgekommen im Ghetto Glusk 1940; Betty Warschawsky geb. Michaelis *16.9.1897 in Lindow, später wohnhaft in Berlin, ermordet 1943 in Auschwitz.     
     
   
Lage des Friedhofes     
    
Der Friedhof liegt in der Nähe des städtischen Friedhofes; Zugang gegenüber Harnackstraße 35.    

    Lage des jüdischen Friedhofes in Lindow auf dem Stadtplan:
https://www.map-one.eu/AmtLindow/   "Harnackstraße 35" eingeben. 

     
     
Fotos
 
(Fotos: Hans-Peter Laqueur; Aufnahmen vom Herbst 2018) 

         
 Der Gedenkstein für die aus Lindow
umgekommenen / ermordeten Juden 
 Teilansicht des Friedhofes
 
 Grabstein für Cäcilie Michaelis
geb. Sänger
(1859-1933)
     
     
  Teilansichten des Friedhofes
     
   
 Teilansicht des Friedhofes
  
 Mehrere der noch erhaltenen Grabsteine
zeigen Spuren gewaltsamer Zerstörungen 
 
       
     
 Grabstein für Sara Tochter des Schmuel -
 hebräisch beschriftet 
 Grabstein für den Kaufmann
Hermann Michaelis
aus Gransee (1836-1899)
 Grabstein für Joseph David Fürstenberg
(1779-1861)
     

    
   
Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte   

November 2021: Zur Pflege des Friedhofes  
Artikel in der "Märkischen Allgemeinen" vom 8. November 2021:  "Gemeinde engagiert sich Jüdischer Friedhof in Lindow: Steinerne Erinnerung am Rande der Neubauten
Gegen das Vergessen: Der jüdische Friedhof in Lindow wird von Dirk Bock und der Jungen Gemeinde gepflegt. Jahrzehnte war das Gräberfeld unweit der Harnackstraße ein unbeachteter Ort gewesen...".
Link zum Artikel (für Abonnenten)       

     
      

Links und Literatur 

Links:   

bulletWebsite der Stadt Lindow (Mark)      
bulletWebsite juedische-friedhoefe.info mit Seite zum jüdischen Friedhof Lindow:  https://www.juedische-friedhoefe.info/friedhoefe-nach-regionen/brandenburg/oberhavel/lindow.html   
bullet Dokumentation Uni Potsdam zum jüdischen Friedhof Lindow (Text: Anke Geißler)    

Literatur:  

bulletZeugnisse jüdischer Kultur. Erinnerungsstätten in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Berlin, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen. Projektleitung: Kathrin Wolff. Gesamtredaktion: Cordula Führer. Berlin 1992. S. 98. 
bulletMichael Brocke/Eckehart Ruthenberg/Kai Uwe Schulenburg: Stein und Name. Die jüdischen Friedhöfe in Ostdeutschland (Neue Bundesländer/DDR und Berlin). Berlin 1994. S. 465-466.      
bulletWolfgang Weißleder: Der gute Ort: Jüdische Friedhöfe im Land Brandenburg. Verlag: Verein zur Förderung antimilitaristischer Traditionen der Stadt Potsdam e.V. 2002 (siehe oben).   

      
       

                   
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Copyright © 2003 Alemannia Judaica - Arbeitsgemeinschaft für die Erforschung der Geschichte der Juden im süddeutschen und angrenzenden Raum
Stand: 30. Juni 2020